OGH 4Ob57/94

OGH4Ob57/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Martin Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24. Februar 1994, GZ 1 R 14/94-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24.November 1993, GZ 38 Cg 322/93a-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 526 Abs 2 letzter Satz ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes liegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 528 Abs 1 ZPO) nicht vor:

Schon am 22.März 1994 - also vor der Erhebung des Revisionsrekurses (6.April 1994) - hatte der erkennende Senat ein völlig gleichlautendes Sicherungsbegehren zu beurteilen, mit dem einem anderen Unternehmen der Möbel- und Einrichtungsbranche eine inhaltlich gleiche Werbeaktion verboten werden sollte (4 Ob 24, 25/94). Diesem Begehren gab der Oberste Gerichtshof mit folgender Begründung statt:

"Nach § 9 a Abs 1 Z 1 UWG kann ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt. Als Zuwendung (Prämie) und damit als Zugabe gilt - wie sich insbesondere aus § 9 a Abs 2 Z 8 UWG ergibt - auch die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Dieser Vorteil muß mit der Hauptware (Leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware (Leistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein (ÖBl 1985, 47 und 108, jeweils mwN; SZ 62/10; MR 1993, 69; EvBl 1993/130 ua). Welcher Art der Vorteil ist, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein die Abhängigkeit vom Kauf der Hauptware und die Eignung, Werbe- oder Lockmittel zu sein.

Die Beklagte kündigt an, Käufern ihrer Waren den Kaufpreis rückzuerstatten, wenn der Kauf an einem bestimmten, im nachhinein bekanntgegebenen Tag getätigt wurde. Der Durchschnittsinteressent versteht diese Ankündigung dahin, daß mit einem Einkauf bei der Beklagten die Chance verbunden ist, einen Geldbetrag in der Höhe des bereits entrichteten Kaufpreises zu erhalten und damit letztlich gratis einzukaufen. Mit dem Kauf von Ware der Beklagten (= Hauptware) ist demnach nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise ein zusätzlicher Vorteil verbunden. Daß dieser Vorteil geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zu beeinflussen, bei der Beklagten einzukaufen, ist offenkundig. Zwar wird niemand allein deshalb Möbel kaufen, weil er sie vielleicht letztlich gratis erhält; wer aber ohnedies beabsichtigt, Möbel zu erwerben, wie sie die Beklagte anbietet, wird seine Chance auf einen Gratiseinkauf wahren wollen und das Anbot der Beklagten daher jenem ihrer Mitbewerber vorziehen.

Daß der mit einem Warenkauf bei der Beklagten verbundene Vorteil in der möglichen Rückerstattung des Kaufpreises besteht und daher, wenn der Kunde am richtigen Tag eingekauft hat, zu einem Gratiseinkauf führt, schließt die Qualifikation als Zugabe nicht aus. Nicht auf die Art des Vorteiles kommt es an, sondern - wie bereits ausgeführt - auf die Abhängigkeit vom Kauf der Hauptware und auf die Eignung, Werbe- und Lockmittel zu sein. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Daß der Käufer, hat er am richtigen Tag eingekauft, den Kaufpreis rückerstattet und damit einen Geldbetrag zugezählt erhält, macht den ihm gewährten Vorteil nicht zu einem Geldrabatt. Die Beklagte kündigt ja nicht an, allen oder bestimmten Kunden einen Preisnachlaß zu gewähren, sondern sie verspricht jedem die Chance, zu jenen zu gehören, die, weil sie den richtigen Einkaufstag gewählt haben, den Kaufpreis rückerstattet erhalten und damit gratis einkaufen. Durch die Ausnahmebestimmung des § 9 a Abs 2 Z 5 UWG sollte der übliche Geldrabatt freigegeben werden (s MGA UWG5 Anm 8 zu § 9 a). Von einem üblichen Geldrabatt kann bei der Werbeaktion der Beklagten keine Rede sein.

Diese Aktion ist daher schon wegen Verstoßes gegen § 9 a Abs 1 Z 1 UWG unzulässig. Der Beklagten wäre aber auch nicht geholfen, wenn die Chance, den Kaufpreis rückerstattet zu erhalten, nicht als Zugabe zu werten wäre. Ihre Aktion verwirklicht all das, was das Zugabenverbot verhindern will: Die Beklagte lockt Kunden mit der Aussicht an, die Ware letztlich gratis zu erhalten, und wirbt damit mit sachfremden (- der Kunde kauft nicht, weil er die Ware für die beste hält, sondern weil er sie vielleicht gratis bekommt -) zusätzlichen Vorteilen, die die Kunden in ihrem Kaufentschluß beeinflussen sollen. Umgehungen des Zugabenverbotes sind sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG (ÖBl 1979, 66). Ob die Werbeaktion der Beklagten auch aus anderen Gründen gegen § 1 UWG verstößt, braucht nicht mehr geprüft zu werden."

Da somit der Oberste Gerichtshof die im Revisionsrekurs aufgeworfenen Rechtsfragen bereits in einem völlig gleichgelagerten Fall beantwortet hat, ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO mehr zu lösen. Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 510 Abs 3 letzter Satz, § 528 a ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen hat, diente ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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