OGH 15Os62/94

OGH15Os62/9426.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr.Würzburger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wilhelm Heinrich M***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wilhelm Heinrich M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.März 1994, GZ 5b Vr 505/94-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Bassler und der Verteidigerin Dr.Mühl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Wilhelm M***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Heinz K***** enthält, wurde Wilhelm (zu ergänzen: Heinrich) M***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 3 StGB (1. und 2.) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien fremde bewegliche Sachen (zu ergänzen: Verfügungsberechtigten der Pfarre: "A*****") durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern,

zu 1. am 8.Jänner 1994 vier Schlüssel durch Aufbrechen eines Schlüsselkastens, sohin eines Behälters, sowie

zu 2. gemeinsam mit Heinz K***** im einverständlichen Zusammenwirken als Mittäter am 9.Jänner 1994 durch Eindringen in die Kanzlei sowie den Pfarrsaal mit widerrechtlich erlangten Schlüsseln einen Videorecorder sowie Wein und Lebensmittel in nicht mehr feststellbarem Wert.

Dieses Urteil, und zwar - wie im Gerichtstag von der Verteidigung klargestellt wurde - lediglich im Punkt 1., bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf den Grund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützt wird.

Mit der Behauptung, er hätte nicht den Vorsatz gehabt, sich durch die Wegnahme der Schlüssel zu bereichern, bringt der Beschwerdeführer die Rechtsrüge, deren prozeßordnungsgemäße Ausführung den Vergleich des festgestellten Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er die Konstatierung, die vier Schlüssel mit Bereicherungsvorsatz gestohlen zu haben (US 6), übergeht.

Sofern er aber behauptet, der Diebstahl der vier Schlüssel sei lediglich als (straflose) Vorbereitung des anschließenden Einbruchsdiebstahls in die Kanzlei und den Pfarrsaal der Kirche anzusehen, ist er nicht im Recht.

Obwohl das Schöffengericht konstatierte, daß der Angeklagte den Einbruchsdiebstahl in das Schlüsselkästchen bereits in der Absicht beging, die vier Schlüssel für einen Einbruchsdiebstahl in die Pfarräume zu verwenden, ist der Diebstahl der Schlüssel nicht als sogenannte unbestrafte Vortat (als Fall bloß scheinbarer Realkonkurrenz) zu beurteilen. Voraussetzung für die Konsumtion der Vortat durch die Nachtat ist nämlich, daß diese gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist und daß die Folgen der Vortat ganz im Schaden der Haupttat aufgehen (Leukauf-Steininger Komm3 § 28 RN 49; Pallin in WK, Vorbem zu § 28, RN 20; Triffterer, Österr.Strafrecht, AllgTeil2, 462, RN 85; Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht JBl 1978, 464). Diese (verbo: und) kumulativen Erfordernisse liegen nach Lage des Falls nicht vor. Denn die Täter haben beim Einbruch in die (Pfarr- oder Caritas-)Kanzlei und in den Pfarrsaal (US 6) lediglich höchstens zwei der vier Schlüssel (zur Pfarrkanzlei, zum Pfarrsaal, zur Caritaskanzlei und zum Jugendzentrum - US 6) benützt, während die weiteren Schlüssel bei der Haupttat keine Verwendung fanden, sodaß schon deshalb von einem Aufgehen in die Folgetat nicht gesprochen werden kann, ganz abgesehen davon, daß die Diebe durch die Wegnahme der Schlüssel jedenfalls eine zusätzliche Vermögensschädigung der genannten Pfarre herbeigeführt haben, die über die übrigen Folgen des betreffenden Diebstahls hinausgeht (10 Os 27/85). Mit Recht hat das Schöffengericht daher in bezug auf die erwähnten Einbruchsdiebstähle echte Realkonkurrenz angenommen.

Nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt hinwieder ist der weitere Einwand in der Rechtsrüge, "das Aufbiegen von Blech" reiche zur Herstellung der Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB (Diebstahl der Schlüssel) nicht aus. Denn der Beschwerdeführer übergeht die Konstatierung, daß er das Schlüsselkästchen, sohin ein Behältnis, unter Beschädigung des tosischen Schlosses (S 51) aufgebrochen hat (US 3 und 6), sodaß die Annahme der Beschwerde, der Täter hätte sich den Zugriff zu den Schlüsseln lediglich durch Aufbiegen von Blech verschafft, urteilsfremd ist.

Hiezu ist allerdings anzumerken, daß dieser Diebstahl daher nicht, wie im Urteil angenommen, die Qualifikation nach § 129 Z 3 StGB, sondern jene nach der Z 2 dieser Gesetzesstelle erfüllt, was dem Angeklagten aber angesichts der Gleichwertigkeit der Qualifikation der Z 1 bis 3 des § 129 StGB (Leukauf-Steininger aaO § 129 RN 46) nicht zum Nachteil gereicht; vielmehr unterblieb zu seinem Vorteil die Annahme der zusätzlichen Qualifikation des § 129 Z 2 StGB neben jenem der Z 1 und 3 leg.cit.

Da das Ersturteil somit keinen dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Rechtsfehler aufweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Wilhelm M***** nach § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen zweier Straftaten, den hohen Schuldgehalt der gegen eine karitative Organisation gerichteten Diebstähle, den raschen Rückfall und einundzwanzig einschlägige Vorstrafen, als mildernd hingegen das volle und reumütige Geständnis.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig angeführt. Daß der Angeklagte die Diebstähle wegen seiner "verzweifelten" finanziellen Lage, die auf unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit beruht, begangen hat, kann ihm deswegen nicht als ins Gewicht fallender Milderungsgrund zugute gehalten werden, weil er dessen ungeachtet vorhandene Mittel für Alkoholkonsum aufzuwenden pflegt (vgl S 44); überdies würde eine besondere Gewichtung dieses Strafzumessungsumstandes einem Freibrief für künftige strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen gleichkommen. Von einem geringen Wert der Diebsbeute aber kann bei einem Diebstahl (auch) eines Videorecorders nicht mehr gesprochen werden.

Der Umstand, daß die Diebstähle gegen eine karitative Organisation gerichtet waren, ist sehr wohl erschwerend, war doch die Tat gegen eine Organisation gerichtet, die den Berufungswerber vielfach unterstützte; darin liegt ein besonders verwerflicher Beweggrund iSd § 33 Z 5 StGB (Leukauf-Steininger aaO § 33 RN 11).

Für die Abwägung der Schuld des Täters entscheidend sind aber die einundzwanzig einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, nur ca sechs Wochen nach dem letzten Strafvollzug.

Ausgehend von der Tatsache, daß beim Angeklagten die Bestimmung der Strafschärfung bei Rückfall anwendbar wäre und demnach gemäß §§ 39 und 129 StGB die Möglichkeit der Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu siebeneinhalb Jahren gegeben wäre, erweist sich die von den Tatrichtern ausgemessene Freiheitsstrafe im Ausmaß von achtzehn Monaten nicht als überhöht.

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