OGH 9ObA70/94

OGH9ObA70/9425.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Michael Manhard und Herbert Wolf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leo H*****, Public-Relations-Berater, ***** vertreten durch Dr.Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** Public Relations GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Meyenburg M.C.J., Rechtsanwalt in Wien, wegen S 501.860,37 brutto abzüglich S 30.638,30 netto sA (Revisionsstreitwert S 499.060,37 brutto abzüglich S 30.638,30 netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.September 1993, GZ 34 Ra 16/93-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.September 1992, GZ 9 Cga 1036/90-14, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 18.387,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.064,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel erster Instanz können nach ständiger Rechtsprechung nicht neuerlich in der Revision als Mängel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (SZ 62/88; RZ 1989/16, RZ 1992/57; DRdA 1991/10; 9 Ob A 1-3/94 ua). Es kommt nicht darauf an, ob der Geschäftsführer in einem Vieraugengespräch mit der Prokuristin zum Ausdruck brachte, daß der Kläger betrügerisch Überstunden verrechnet habe oder daß er "gelinkt" worden sei, sondern daß er, was auch als erwiesen angenommen wurde, gesagt hat, daß die Überstundenabrechnung nicht stimme und er beweisen könne, daß der Kläger Überstunden gar nicht geleistet habe. Damit legte das Berufungsgericht nicht Behauptungen des Klägers in der Klage, sondern erwiesene Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob der Kläger wegen erheblicher Ehrverletzung berechtigt ausgetreten ist, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes entgegenzuhalten:

Überstunden sind dann zu bezahlen, wenn sie ausdrücklich oder schlüssig angeordnet wurden oder wenn der Arbeitgeber Arbeitsleistungen entgegennahm, die auch bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht in der normalen Arbeitszeit erledigt werden konnten. Hat der Dienstgeber die Leistung der Überstunden geduldet und entgegengenommen, so kann die Bezahlung grundsätzlich nicht verweigert werden (Martinek-M.Schwarz und W.Schwarz AngG7 181 mwN). Die Beklagte hat die vom Kläger bisher immer in den Überstundenlisten verzeichnete Mehrarbeit nie untersagt, sondern immer bezahlt. Wenn der Kläger nun auch die strittigen und tatsächlich geleisteten Überstunden (Beilage B) in der gewohnten Form verzeichnete, konnte die Beklagte die Bezahlung nicht mit der Begründung ablehnen, daß sie sie nicht angeordnet habe, ohne vorher die bisherige Übung dahin zu ändern, daß nur mehr ausdrücklich angeordnete Überstunden bezahlt würden.

Da feststeht, daß der Kläger die verzeichnete Mehrarbeit auch geleistet hat, ergibt sich zwangsläufig, daß die Erklärung des Geschäftsführers, die Überstundenabrechnung stimme nicht, der Kläger habe die Überstunden gar nicht geleistet, den unberechtigten Vorwurf eines groben Vertrauensmißbrauches beinhaltet, der um so schwerer wiegt, als gerade bei einem selbständig arbeitenden Dienstnehmer die gegenseitige Vertrauensbasis wesentliche Grundlage des Dienstverhältnisses ist (Martinek-M. und W.Schwarz aaO 583). Die auch über Aufforderung des Klägers, die Vorwürfe zu konkretisieren oder sich zu entschuldigen, begründungslos gebliebenen und daher den Rahmen einer berechtigten Kritik überschreitenden Äußerungen des Geschäftsführers waren daher als Vorwurf einer niedrigen Gesinnung objektiv geeignet ehrverletzend zu wirken und rechtfertigten den Austritt des Klägers.

Ob der Kläger seinerseits einen Austritt aus dem Dienstverhältnis schon längere Zeit geplant hat und die Absicht hatte, die beklagte Partei zu verlassen, ist, wie auch der dazu geführte Beweis deshalb ohne Bedeutung, weil der festgestellte Austrittsgrund auch tatsächlich vorlag, ausschließlich von der beklagten Partei zu vertreten ist und nicht vom Kläger provoziert wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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