OGH 6Ob562/94

OGH6Ob562/9419.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Lore R*****, ***** und

2. Lucia S*****, ***** ***** beide vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Helga B*****, ***** vertreten durch Dr. Heinz Knoflach und Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 22. Dezember 1993, GZ 2 a R 636/93-41, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 28. Juli 1993, GZ 17 C 731/92x-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.189,12 (darin S 531,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Die Beurteilung, wann ein Verzicht auf einen Kündigungsgrund im Sinne des § 863 ABGB anzunehmen ist, hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes, daß Auflösungsgründe und Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen (WBl 1992, 143 uva), immer auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die Einräumung eines Mitmietrechtes durch die Hauseigentümerinnen in voller Kenntnis, daß die das Mitmietrecht fordernde Beklagte kein dringendes Wohnbedürfnis an der aufgekündigten Wohnung hatte, weil sie schon seit vielen Jahren ihren Lebensmittelpunkt nicht in der aufgekündigten Wohnung in Innsbruck, sondern in Wien hatte, wo sie seit vielen Jahren arbeitete, als Verzicht auf die künftige Geltendmachung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 6 MRG anzusehen ist.

Der vorliegende Fall ist auch keineswegs geeignet, von der bisher einhelligen und umfangreichen Rechtsprechung zum dringenden Eigenbedarf im Sinne des § 30 Abs 2 Z 8 und 9 MRG, der nicht durch eine Interessenabwägung ersetzt werden kann und an welchen ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. hiezu MietSlg. 37.453; 39.467 ua), abzugehen: Den beiden Töchtern der Erstklägerin steht eine 4-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoß und eine zusätzliches Zimmer im ersten Stock zur Verfügung. Nur eine Tochter bewohnt mit ihrem Ehemann ständig die genannten Räumlichkeiten, während die andere in Kärnten wohnt, dort ihren Arbeitsplatz und ihren ständigen Freund, der Lehrer in Kärnten ist, hat. Fest steht nur, daß sie den Wunsch hat, nach Innsbruck zurückzukehren, nicht aber, daß ihre Rückkehr mit Sicherheit in naher Zukunft zu erwarten ist, hat sie doch nach ihren eigenen Angaben, weil sie als Völkerkundlerin in Innsbruck keine Anstellung gefunden hat, ihren Vertrag in Kärnten verlängert. Diese Umstände des Einzelfalles reichen für die Annahme eines dringenden Eigenbedarfes an der aufgekündigten Wohnung nicht aus, denn keinesfalls kann auf vage, in der Zukunft liegende Umstände Bedacht genommen werden (WoBl 1991/13).

Mangels erheblicher Rechtsfrage war die Revision daher zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung, in welcher auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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