OGH 10ObS43/94

OGH10ObS43/9411.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Zimmermann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Margarete Heidinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Friedrich H*****, ohne Beschäftigung,***** vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.November 1993, GZ 32 Rs 138/93-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 16. Juni 1993, GZ 15 Cgs 54/92-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat dem Kläger binnen vierzehn Tagen die einschließlich 301,92 S Umsatzsteuer mit 1.811,52 S bestimmten halben Kosten der Revision zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 7.2.1990 erkannte die Beklagte dem Kläger eine mit 31.10.1991 befristete Invaliditätspension wegen vorübergehender Invalidität zu.

Noch vor dem Wegfall dieser Pension beantragte der Kläger deren Weitergewährung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19.12.1991 ab, weil die Invalidität seit 1.11.1991 nicht mehr weiterbestehe.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Weitergewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß und trug dem Versicherungsträger eine vorläufige Zahlung von (monatlich) 5.000 S auf.

Nach den wesentlichen Feststellungen kann der am 18.2.1968 geborene Kläger wegen eines seit dem Weitergewährungsantrag bestehenden schizophrenen Defektzustandes mit schlecht angepaßter Affektregulierung, Sprunghaftigkeit und verminderter Realitätskontrolle bei dauernder Beaufsichtigung leichte und mittelschwere einfache Arbeiten ohne dauernden, besonderen Zeitdruck während der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Pausen leisten. Da der schizophrene Defektzustand aber auch schon seit dem erstmaligen Eintritt des Klägers in das Berufsleben bestand, hätte dieser bei den jeweils nur kurzfristig ausgeübten, vom Erstgericht näher festgestellten, verschiedenen Beschäftigungen dauernd angeleitet und beaufsichtigt werden müssen, um eine ersprießliche Arbeitsleistung zu erzielen.

Wegen der erforderlichen dauernden Anleitung und Beaufsichtigung nahm das Erstgericht an, daß der Kläger auf das besondere Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen und deshalb vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei. Da seine Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG seit Wegfall der befristeten Invaliditätspension weiterbestehe, sei das Weitergewährungsbegehren gemäß § 256 leg cit berechtigt. Das Gericht habe im Rahmen der sukzessiven Kompetenz nur zu prüfen, ob weiterhin Invalidität bestehe. Die Nichtberücksichtigung des Umstandes, daß der Versicherte seinen Leidenszustand in das Versicherungsverhältnis mitgebracht habe bei der Erlassung des Bescheides über die Zuerkennung der befristeten Invaliditätspension könne im Weitergewährungsverfahren nicht saniert werden.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger nicht beantworteten, mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründeten Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil durch Abweisung des Klagebegehrens ab.

Während eine (laufende) Leistung nach § 99 ASVG nur bei einer wesentlichen Änderung der objektiven Grundlagen entzogen werden dürfe, weil sonst die Rechtskraft der Gewährungsentscheidung entgegenstünde, bestehe nach Ablauf der Dauer, für die eine Pension zuerkannt wurde, also nach dem Erlöschen eines befristeten Anspruches auf eine laufende Leistung gemäß § 100 Abs 1 lit b leg cit, keine vergleichbare Schranke. Deshalb sei aus einem Bescheid über die Zuerkennung einer befristeten Invaliditätspension kein "Anerkenntnis" bestimmter Anspruchsvoraussetzungen für die Zeit nach dem Erlöschen dieses Anspruches abzuleiten. Während eine unbefristete Leistung nicht wegen eines bei ihrer Gewährung unterlaufenen Fehlers entzogen werden dürfe, könnten die Anspruchsvoraussetzungen im Weitergewährungsverfahren von neuem geprüft werden. Da feststehe, daß der Kläger nie arbeitsfähig gewesen sei, habe der Versicherungsfall der Invalidität (während des Versicherungsverhältnisses) nicht eintreten können.

In der Revision beantragt der Kläger, das Berufungsurteil durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 3 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.

(Die folgenden Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des ASVG.)

Der Kläger, der in erster Instanz zur Gänze obsiegt und sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt hat, wäre grundsätzlich berechtigt, ihm nachteilige Feststellungen des Erstgerichtes im Rahmen seiner Vollrevision zu bekämpfen. Dabei ist es unerheblich, unter welchem Revisionsgrund er diese Tatsachenrüge ausführt. Da der Oberste Gerichthof aber auch in einem solchen Fall keine Tatsacheninstanz ist, führt eine gesetzgemäß ausgeführte Beweisrüge zur Aufhebung des Berufungsurteils (SSV-NF 7/31 mwN).

Die Revision erklärt zwar, unrichtige Tatsachenfeststellung geltend zu machen, führt die Beweisrüge aber nicht gesetzgemäß aus. Der bekämpfte erste Halbsatz des vorletzten Satzes der Berufungsentscheidung (Urteilsseite 4) "Es steht daher fest, daß der Kläger nie arbeitsfähig war" enthält keine Feststellung einer Tatsache, sondern eine rechtliche Beurteilung. Er verneint nämlich - ausgehend von den im Berufungsverfahren unbekämpften, in der Revision aber nicht berücksichtigten Feststellungen des Erstgerichtes, daß der Kläger seit dem Eintritt in das Berufsleben ohne dauernde Anleitung und Überwachung keine ersprießliche Arbeitsleistung erbringen kann - seine Fähigkeit, eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeit auszuüben, weil er auf besonderes Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen wäre. Ob ein Versicherter infolge seines Gesundheitszustandes zu einer solchen Tätigkeit nicht mehr imstande und daher invalid iS des § 255 Abs 3 ist, ist eine Rechtsfrage.

Die Behauptungen des Revisionswerbers, das Erstgericht hätte die wiedergegebenen Feststellungen nicht getroffen und auch nicht festgestellt, daß er seinen Leidenszustand nicht in das Versicherungsverhältnis eingebracht habe, sind aktenwidrig. Daher entbehrt der inhaltlich den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit und der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 2 und 3 ZPO) zuzuordnende Vorwurf, das Berufungsgericht hätte diesbezüglich ohne jede Nachprüfung und Begründung nur das Vorbringen der Beklagten übernommen, jeder Grundlage.

Der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt wurde vom Berufungsgericht rechtlich richtig beurteilt.

Nach § 256 kann bei vorübergehender Invalidität - eine solche liegt vor, wenn zu erwarten ist (begründete Aussicht besteht: § 1276 RVO und § 53 AVG), daß sich der körperliche und/oder geistige Zustand des Versicherten, der das Absinken seiner Arbeitsfähigkeit unter das gesetzliche Mindestmaß herbeigeführt hat, in absehbarer Zeit so weit bessern wird, daß Invalidität nicht mehr vorliegt (MGA ASVG 56. ErgLfg 1298/19 FN 1a mwN) - die Invaliditätspension für eine bestimmte Zeit zuerkannt werden (Satz 1). Besteht nach Ablauf dieser Frist Invalidität weiter und wurde die Weitergewährung der Pension spätestens innerhalb eines Monates nach deren Wegfall beantragt, so ist die Pension für die weitere Dauer der Invalidität zuzuerkennen (Satz 2). Gegen den Ausspruch, daß die Pension auf die Dauer einer bestimmten Zeit gewährt wird, darf eine Klage an das Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht bzw das Arbeits- und Sozialgericht Wien nicht erhoben werden (Satz 3).

Diese Gesetzesstelle findet sich bereits in der Stammfassung des ASVG. (In der vorher geltenden RVO war eine befristete Rentenzuerkennung für die Zeit nach dem Zuerkennungsbescheid nicht vorgesehen.) Die 9. ASVGNov BGBl 1962/13 ersetzte lediglich die Wörter "Invaliditätsrente" und "Rente" durch "Invaliditätspension" und "Pension". Der dritte Satz, der in der Stammfassung "Gegen den Ausspruch, daß die Rente auf die Dauer einer bestimmten Zeit gewährt wird, ist ein Rechtsmittel nicht zulässig" lautete, wurde - zuletzt durch die 44. ASVGNov BGBl 1987/609 - den geänderten Verfahrensbestimmungen angepaßt.

Nach den EB der RV zu § 256, 599 BlgNR 7. GP 86 sollte durch die zeitlich begrenzte Zuerkennung der Invaliditätsrente bei vorübergehender Invalidität dem Rentenberechtigten klar zum Ausdruck gebracht werden, daß es sich um einen auf die voraussichtliche Dauer der Krankheit zeitlich beschränkten Rentenbezug handelt, er also mit einem Wegfall der Rente nach Ablauf der Frist, für die sie zuerkannt ist, rechnen muß. Die Möglichkeit der zeitlich begrenzten Zuerkennung der Rente wirke auch verwaltungsvereinfachend, da ein Entziehungsverfahren erspart werde (MGA ASVG 56. ErgfLfg 1320 FN 1).

Der Oberste Gerichtshof befaßte sich mit § 256 erstmals in der E 5.7.1988 SSV-NF 2/77 = SVSlg 33.313 und 35.564.) Er führte unter Hinweis auf die zit EB der RV zur Stammfassung des ASVG aus, daß eine zeitlich begrenzte Invaliditätspension nach Ablauf der Frist wegfällt, ohne daß es eines weiteren behördlichen Aktes bedarf. Die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Pension wirke daher zumindest für die Frage der Invalidität nicht über die Frist hinaus, weil gerade die Tatsache, daß es sich um eine bloß vorübergehende Invalidität handle, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension gewesen sei. Dem stehe nicht entgegen, daß das im § 256 verwendete Wort "Weitergewährung" auf einen gewissen Zusammenhang mit der zuerkannten Leistung hindeute, weil eine andere Auslegung mit dem Zweck der Zuerkennung einer zeitlichen Invaliditätspension nicht vereinbar wäre. Ob etwas anderes für die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzung(en) für den Leistungsanspruch zutreffe (vgl hiezu die E des OLG Wien SSV 11/53), habe hier nicht geprüft werden müssen. Der Anspruch auf Weitergewährung der Invaliditätspension hänge daher davon ab, ob der Versicherte nach Ablauf der Frist (noch, erstmals oder wieder) als invalid iS des § 255 gelte. Ein Vergleich mit den Verhältnissen zur Zeit der Zuerkennung, wie er bei der Entziehung einer (unbefristeten) Leistung notwendig sei, sei (nach einer befristeten Leistung) nicht anzustellen.

An diesen Grundsätzen hielt der erkennende Senat in der Folge fest (zB 2/119, 6/17 uva).

In der bezogenen E SSV 11/53 (= SVSlg 20.377 und 21.975) führte das OLG Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen aus, bei einem fristgerechten Antrag auf Weitergewährung könne und dürfe Gegenstand des Verfahrens lediglich die Frage sein, ob Invalidität (Berufsunfähigkeit) über den Zeitpunkt der Befristung hinaus weiterbestehe. Das Verfahren auf Weitergewährung gestatte keine neuerliche Überprüfung der allgemeinen Voraussetzungen und der Höhe der bescheid- oder urteilsmäßig festgesetzen Pension. Dafür spreche vor allem der Wortlaut des § 256, nach dem bei rechtzeitigem Antrag lediglich der Fortbestand der Invalidität gefordert werde. Eine neuerliche Prüfung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe der Leistung sei somit nicht vorgesehen. Bestehe (Invalidität oder) Berufsunfähigkeit weiter, so habe der Versicherungsträger die bereits zuerkannte Pension weiterzugewähren. Der Gesetzgeber gehe damit selbst von der weiteren Rechtskraftwirkung jenes Bescheides (Urteiles) im Rahmen der Pensionshöhe aus, der (das) zum seinerzeitigen Zuspruch der Pension geführt habe. Das OLG Wien vertrat auch in den E 25.10.1982 SVSlg 27.796, 9.5.1983 SVSlg 29.850, 24.1.1984 SVSlg 29.854 = SSV 24/9 und 4.2.1985 SVSlg 29.854 die Rechtsansicht, daß es im Falle des § 256 nur der (neuerlichen) Prüfung bedürfe, ob im Zeitpunkt des Ablaufes der Befristung die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Weitergewährung der Pension wegen (Weiterbestehens der) Invalidität gegeben waren.

Nach § 223 Abs 1 Z 2 lit b gilt der Versicherungsfall bei vorübergehender Invalidität mit dem Ablauf der 26.Woche ihres Bestandes als eingetreten, wobei Zeiträume einer auf der gleichen Ursache beruhenden Invalidität zusammenzurechnen sind. Wenn auch die übrigen (materiellen) Voraussetzungen des § 254 Abs 1 erfüllt sind, entsteht mit dem Eintritt des Versicherungsfalles der Anspruch (das Recht) auf Invaliditätspension bei vorübergehender Invalidität (§ 85 iVm § 254 Abs 1 Z 2).

Der Versicherungsfall gehört zu den primären materiellen Leistungsvoraussetzungen. Er bezeichnet bestimmte Lebenssituationen, die in den Sozialversicherungsgesetzen als schutzwürdige soziale Risken anerkannt sind (in der Pensionsversicherung zB Alter, geminderte Arbeitsfähigkeit und Tod) und für deren Bewältigung bestimmte Leistungen zur Verfügung gestellt werden (in der Pensionsversicherung insbesondere Alterspensionen, Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit und Hinterbliebenenpensionen), und ist somit die sinngebende Leistungsvoraussetzung (Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechs4 Rz 64; ders in Tomandl, SV-System 5. ErgLfg 138f; jeweils mwN).

Nach § 100 Abs 1 lit b erlischt zwar ua auch der Anspruch (das Recht) auf eine zeitlich begrenzte (befristete) Invaliditätspension nach Ablauf der Dauer, für die sie zuerkannt wurde, ohne weiteres Verfahren. Besteht jedoch nach Ablauf dieser Frist Invalidität weiter und wurde die Weitergewährung der Pension spätestens innerhalb eines Monates nach deren Wegfall beantragt, so ist die Pension gemäß § 256 S 2 für die weitere Dauer der Invalidität zuzuerkennen.

Liegen die im ersten Halbsatz der letztzit Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen, also lückenloses Weiterbestehen von Invalidität als einzige materielle Voraussetzung und fristgerechter Weitergewährungsantrag als einzige formelle Voraussetzung der Weitergewährung, vor, dann ist die für eine bestimmte Frist zuerkannte Invaliditätspension von dem auf den letzten Tag der ursprünglichen Frist folgenden Tag an für die weitere Dauer der Invalidität zuzuerkennen (weiterzugewähren).

Da das Gesetz diese Zuerkennung nur an das Weiterbestehen von Invalidität - daraus, daß nicht vom Weiterbestehen der Invalidität gesprochen wird, ergibt sich, daß diese nicht auf der gleichen Ursache beruhen muß wie die für die Gewährung der zeitlich begrenzten Invaliditätspension maßgebliche - und an einen fristgerechten Weitergewährungsantrag knüpft, sind im Weitergewährungsverfahren andere Anspruchsvoraussetzungen, zB die Erfüllung der Wartezeit, nicht mehr zu prüfen. Der fristgerechte Weitergewährungsantrag löst im Falle des lückenlosen Weiterbestehens von Invalidität keinen neuen Versicherungsfall der Invalidität aus und auch keinen neuen Stichtag iS des § 223 Abs 2. Bei der Weitergewährung der Pension bedarf es nämlich nicht der Feststellung, in welchem Zweige der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß die Leistung gebührt.

In diesem Zusammenhang darf nicht außer gelassen werden, daß das Erlöschen des Anspruches auf eine befristete Invaliditätspension iS des § 100 Abs 1 lit b die materielle Rechtskraft des Bescheides oder Urteiles über die seinerzeitige Zuerkennung dieser befristeten laufenden Leistung nicht berührt. Infolge der Bindungswirkung dieser Zuerkennungsentscheidung ist davon auszugehen, daß der Versicherte in dem in dieser Entscheidung bestimmten Zeitraum gegen den betreffenden Versicherungsträger Anspruch auf Invaliditätspension in einem bestimmten Ausmaß hatte. Hingegen entfaltet die Zuerkennungsentscheidung bezüglich der Frage der Invalidität keine über den befristeten Zuerkennungszeitraum hinausreichende Bindungswirkung (idS schon SSV-NF 1/7). Die Frage, ob die Invalidität in das Versicherungsverhältnis eingebracht wurde, war daher nur für die seinerzeitige Zuerkennung der befristeten Invaliditätspension präjudizell. Die Lösung dieser Frage in der seinerzeitigen Zuerkennungsentscheidung beschränkt sich jedoch in ihrer Wirkung auf die zuerkannte befristete Leistung und wirkt nicht über den Fristablauf hinaus. Der erkennende Senat hat daher bereits in der E SSV-NF 2/77 ausgeführt, daß (der Bescheid über) die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Pension für die Frage der Invalidität zeitlich nicht über die Frist hinauswirkt, weil gerade die Tatsache, daß es sich um eine bloß vorübergehende Invalidität gehandelt habe, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension gewesen sei.

Bei der Entscheidung über einen rechtzeitigen Antrag auf Weitergewährung einer befristeten Invaliditätspension ist daher neu zu prüfen, ob nach Ablauf der Frist Invalidtiät iS des § 255 ASVG weiterbesteht. Zu diesem Invaliditätsbegriff gehört nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates (zB SSV-NF 5/14 = SZ 64/12 mwN; SSV-NF 5/100; SSV-NF 6/28) auch die Voraussetzung, daß sich der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten nach dem Beginn der Erwerbstätigkeit in einem für die Arbeitsfähigkeit wesentlichen Ausmaß verschlechtert hat. Ein bereits vor Beginn der Erwerbstätigkeit eingetretener und damit in das Versicherungsverhältnis eingebrachter, im wesentlichen unveränderter körperlicher oder geistiger Zustand kann daher bei Leistungen aus den Versicherungsfällen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht zum Eintritt des Versicherungsfalles führen. Nur in der Krankenversicherung werden die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit auch gewährt, wenn die Krankheit im Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung bereits bestanden hat (§ 122 Abs 1 S 2).

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes besteht der schizophrene Defektzustand des Klägers seit dem erstmaligen Eintritt in das Berufsleben. Der Kläger hätte daher bei den jeweils nur kurzfristig ausgeübten Beschäftigungen dauernd angeleitet und beaufsichtigt werden müssen, um eine ersprießliche Arbeitsleistung zu erbringen. Seine Arbeitsfähigkeit hat sich daher nicht erst während der Erwerbstätigkeit entscheidend verschlechtert. Der Kläger war vielmehr infolge seines geistigen Zustandes schon beim Eintritt in das Erwerbsleben nicht imstande, eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete Tätigkeit auszuüben. Deshalb besteht nach Ablauf des 31.10.1991 Invalidität iS des § 255 Abs 3 ASVG nicht weiter.

Das Berufungsgericht hat daher das auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab 1.11.1991 gerichtete Klagebegehren ohne Rechtsirrtum abgewiesen.

Unter Bedachtnahme auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers war diesem nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG der Ersatz der halben Revisionskosten zuzubilligen.

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