OGH 13Os35/94

OGH13Os35/9411.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Reinhard S***** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 15. Dezember 1993, GZ 7 Vr 1564/93-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Reinhard S***** des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 24. Mai 1993 in Hatzendorf vor Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark nachgenannte Personen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzte, indem er diese der Mittäterschaft eines in der Nacht zum 19.Mai 1993 in Fehring erfolgten Einbruchsdiebstahls in den Würstelstand zum Nachteil des Wolfgang K*****, mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB wissentlich fälschlich bezichtigte, und zwar

1. Gerhard P*****, indem er den erhebenden Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark gegenüber erklärte, beim Mittäter handle es sich um einen Mann mit dem Vornamen "F*****" aus Altenmarkt bei Riegersburg, der ca 23 Jahre alt sei, langes brünettes Haar, einen Schnauzbart trage, meist mit Jeans, Turnschuhe und Leibchen bekleidet sei; dieser habe auch eine Schwester, die kurze blonde Haare und einen Brille trage, es sei diesem der Führerschein abgenommen worden und dieser sei bei der Baufirma D***** in Fürstenfeld beschäftigt gewesen und derzeit arbeitslos;

2. Jürgen K***** durch die Behauptung, dieser sei sein Mittäter,

wobei der Angeklagte wußte (§ 5 Abs 3 StGB), daß die Verdächtigungen falsch waren.

Der Angeklagte wurde hiefür nach § 297 Abs 1 zweiter Strafsatz StGB (unter Anrechnung der Vorhaft) zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, wovon gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Strafteil von acht Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Von der weiteren Anklage, er habe in der Nacht zum 19.Mai 1993 in Fehring

1. im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter als unmittelbarer Täter dem Wolfgang K***** bzw Berechtigten der Firma Sch***** fremde bewegliche Sachen im unbekannten, 25.000 S nicht übersteigenden Gesamtwert, nämlich Bargeld in der Höhe von insgesamt mindestens 1.670 S, eine Kaffeemaschine der Marke Saeco, einen Mikrowellenherd der Firma Panasonic, originalverpackt, 6 Stangen Zigaretten verschiedener Marken, ein Radiogerät der Marke Philips Sound-Machine durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen der Eingangstüre zum Würstelstand des Genannten und durch Aufbrechen von Behältnissen, nämlich einer Geld- und einer Zigarettenlade sowie verschiedener Warenautomaten, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und

2. dadurch, daß er im Inneren des angeführten Würstelstandes Benzin-Öl-Gemisch verschüttete und dieses entzündete, wodurch der Würstelstand samt dort befindlichen Geräten ausbrannte und zum Nachteil des Wolfgang K***** ein Schaden von ca 500.000 S entstand, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Berechtigten eine Feuersbrunst verursacht, wurde Reinhard S***** gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte wendet sich mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Strafausspruch, die Staatsanwaltschaft mit einer solchen gemäß Z 5 leg cit gegen den Freispruch; beide Beschwerden gehen jedoch fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Die Beschwerde behauptet, das Erstgericht habe durch Nichtanwendung des § 43 Abs 1 StGB in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen, weil die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe zur Gänze bedingt nachzusehen gewesen wäre.

Die Erstrichter haben die Nichtanwendung des § 43 StGB mit der personalen Tatschuld des Angeklagten begründet und sich dazu auf die massive Verleumdung von zwei Personen sowie deren zumindest vorübergehende Arbeitsplatzgefährdung gestützt (US 20, 21).

Auch der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO erfordert das Festhalten an den im Urteil festgestellten Strafzumessungstatsachen. Die Nichtigkeit des Strafausspruches kann in diesem Zusammenhang nur aus dem Vergleich der diesbezüglichen Urteilskonstatierungen und sonstiger für die Strafbemessung herangezogener Kriterien mit dem Gesetz nachgewiesen werden (15 Os 149/92). Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten übergeht die vom Schöffengericht in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen und wendet sich der Sache nach mit der Forderung, die bedingte Strafnachsicht wäre nicht in Form des § 43 a Abs 3 StGB, wie dies das Erstgericht tat, sondern in jener des § 43 Abs 1 StGB anzuwenden gewesen, lediglich gegen das dem Urteilsgericht diesbezüglich eingeräumte Ermessen und gelangt demnach nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Anklagebehörde bekämpft den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Einbruchsdiebstahls und der Brandstiftung mit Mängelrüge (Z 5), in welcher Aktenwidrigkeit, Unvollständigkeit und unzureichende Begründung des erstgerichtlichen Ausspruches, daß die insoweit leugnende Verantwortung des Angeklagten nicht widerlegt worden sei, eingewendet wird.

Der Begründungsmangel der Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder einer Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer-Rieder StPO3, ENr 185; Foregger-Kodek, StPO6, Anm V, S 398; beides zu § 281 Z 5).

In Wahrheit behauptet die Nichtigkeitsbeschwerde aber gar nicht, daß dem Schöffengericht ein solcher Fehler in bezug auf gutächtliche Äußerungen über die Brandursache unterlaufen wäre. Die Staatsanwaltschaft strebt vielmehr lediglich eine bestimmte Interpretation einer Antwort des Sachverständigen Ing.Gerger (AS 355) an, welche in dem vom Hauptverhandlungsprotokoll vermittelten inhaltlichen Zusammenhang keineswegs eindeutig ist. Im übrigen betrifft es aber gar keine entscheidende Tatsache, ob eine andere Brandursache als Brandstiftung in Betracht kommen kann, weil das Schöffengericht die Frage eines Brandlegungsgeschehens durchaus offengelassen und den bezüglichen Freispruch demnach nicht mit einem fehlenden Tatnachweis, sondern - zudem in einer geschlossenen selbständigen Argumentation - mit dem fehlenden Täterschaftsnachweis begründet hat (US 15 ff). Da aber auch diese Folgerungen der Tatrichter der Anfechtung standhalten, ist es nicht entscheidungswesentlich, welche mit Handlungen des Angeklagten nicht zusammenhängenden Ereignisse die Brandursache sein konnten.

Die Staatsanwaltschaft releviert des weiteren mit dem Einwand der Unvollständigkeit die Unterlassung einer weitergehenden Erörterung der Aussagekraft von Einzelheiten aus den (widerrufenen) schriftlichen und mündlichen Geständnissen des Angeklagten vor der Gendarmerie. Bei Beachtung der auf eine gedrängte Darstellung der wesentlichen Erwägungen beschränkten Begründungspflicht des Gerichtes (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) bedurfte es dessen jedoch nicht. Zur denkrichtigen Begründung dafür, daß aus diesen Ergebnissen nicht die zweifelsfreie Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten abgeleitet wurde, reichen die ohnehin sachbezogen entwickelten Überlegungen des Schöffengerichtes aus, wonach ein Teil der fragmenthaften geständigen Angaben erwiesenermaßen falsch war.

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde räumt zutreffend ein, das Erstgericht habe keineswegs übersehen, daß ein beträchtliches Ausmaß der Aussagen des Angeklagten in diesem Zusammenhang mit den Erhebungsergebnissen über das vermutliche Täterverhalten übereinstimmte. Die Tatrichter folgten bei Lösung der Schuldfrage jedoch dennoch den auf logischer Grundlage - nämlich den angenommenen partiellen Unrichtigkeiten - entwickelten Zweifeln an der vollen Verläßlichkeit dieser damaligen Schilderungen. Darin liegt ein im Rechtsmittelverfahren nicht überprüfbarer und hinsichtlich seiner Richtigkeit gar nicht zur Entscheidung stehender Beweiswürdigungsakt. Zu dessen formell mangelfreier Begründung bedurfte es nicht der konkreten Aufklärung, auf welchem Weg ein an der Tat nicht Beteiligter derartige Kenntnisse über die Verhältnisse am Tatort zur Tatzeit erlangt haben könnte. Es genügt, daß das Erlangen eines derartigen Wissens logisch und empirisch nicht ausschließbar ist.

Gleiches gilt für den vom Erstgericht ohnehin berücksichtigten, aber nicht als verläßlichen Täterschaftsbeweis gewerteten Umstand, daß der Angeklagte für seine in den Vormittagstunden des 19.Mai 1993 geäußerte Kenntnis von dem Brandgeschehen keine plausible Erklärung hatte.

Demgemäß gelingt es der Staatsanwaltschaft nicht, einen den angerufenen Nichtigkeitsgrund entsprechenden formellen Begründungsmangel des angefochtenen Freispruchs aufzuzeigen.

Somit war in Übereinstimmung mit der Meinung der Generalprokuratur (die sich bezüglich des Rechtsmittelbegehrens des Angeklagten darauf beschränkt hat, diesem ohne weitere Ausführungen entgegenzutreten, bezüglich der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft jedoch bloß zugunsten des Angeklagten Stellung genommen hat; s § 35 Abs 2 StPO) die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten als nicht gesetzmäßig ausgeführt, jene der Staatsanwaltschaft aber als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 und 2 iVm 285 a Z 2 StPO).

Über die zugleich erhobene Berufung des Angeklagten hat demnach das zuständige Oberlandesgericht Graz zu entscheiden (§ 285 i StPO).

Der Angeklagte hat gemäß § 390 a StPO auch die Kosten des auf die Erledigung seiner Beschwerde entfallenden Teiles des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

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