OGH 11Os47/94

OGH11Os47/9410.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Krzysztof B* und einen anderen wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Krzysztof B* sowie die Berufung des Angeklagten Krzysztof Pawel P* gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 1993, GZ 4 a Vr 13.269/93‑39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00047.9400000.0510.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Krzysztof B*betreffenden Schuldspruch und demzufolge in dem ihn betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Krzysztof B*auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Krzysztof P*werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Krzysztof B* und Krzysztof P*des Verbrechens des "Bandendiebstahls und des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 130 zweiter Strafsatz (gemeint zweiter bis vierter Fall) StGB" schuldig erkannt.

Darnach haben sie in Wien in Gesellschaft eines nicht ausgeforschten Beteiligten als Mitglieder einer Bande fremde bewegliche Sachen, nämlich Personenkraftwagen in einem 500.000 S übersteigenden Wert, durch Einbruch in den im angefochtenen Urteil detailliert dargestellten fünf Fällen den dort Genannten mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die schweren Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Wert der Diebsbeute übersteigt insgesamt 5,5 Mio S.

Nur der Angeklagte Krzysztof B*bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, beide Angeklagten wenden sich gegen den Strafausspruch mit Berufung.

Der Rechtsrüge (Z 10) des Angeklagten B*, mit welcher er eine rechtsirrige Beurteilung der Tat bzw. das Vorliegen von Feststellungsmängeln mit der Behauptung geltend macht, er selbst habe - nach den Feststellungen des angefochtenen Urteiles - auf die Begehung der Diebstahlstaten keinen Einfluß ausgeübt, sein Verhalten sei daher, mangels ausreichender Tatsachenbasis für die Annahme eines Diebstahls, rechtsrichtig als Hehlerei zu beurteilen, kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Den Urteilsfeststellungen ist nämlich tatsächlich nicht zu entnehmen, daß der Erstangeklagte bei den Sachwegnahmen auch nur zugegen war. Die erstrichterlichen Feststellungen (US 7) gehen vielmehr dahin, daß B*die Fahrzeuge erst nach vollendetem Diebstahl zum Weitertransport von Österreich nach Polen - mit allerdings für diesen Zweck bereits von ihm nach Österreich mitgebrachten deutschen Kennzeichentafeln und entsprechenden (falschen) Zulassungsscheinen, die P*aus gleichfalls vom Beschwerdeführer überbrachten Blankoformularen angefertigt hatte (US 8) - übernahm. Da nach der Aktenlage unmittelbare Täterschaft des Erstangeklagten B*ebensowenig indiziert ist wie Bestimmungstäterschaft, wäre die Beurteilung seines Verhaltens als gewerbsmäßiger schwerer Bandendiebstahl durch Einbruch nur dann rechtlich vertretbar, wenn sich aus den Urteilskonstatierungen eine den Voraussetzungen für eine Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zu diesem Delikt entsprechendes Tatsachensubstrat ergäbe. Wenngleich die jedenfalls rechtsirrige Annahme unmittelbarer Täterschaft für sich allein angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit aller im § 12 StGB angeführten Täterformen keine materielle Nichtigkeit begründet (Mayerhofer‑Rieder StGB3 E 2 ff zu § 12), bedürfte es doch einer ausreichenden Feststellungsgrundlage für die Annahme zumindest einer Beitragstäterschaft; andernfalls wäre die Mitwirkung des Angeklagten B*an der Verbringung (und anschließenden Verwertung) der Personenkraftwagen im Sinne des Beschwerdevorbringens lediglich als Hehlerei zu beurteilen.

Eine noch vor der Diebstahlstat gegebene Zusage für eine erst nach der Vollendung des Diebstahls zu gewährende Hilfeleistung bei der Verwertung der Diebsbeute (vgl US 7) könnte zwar als psychische Beitragstäterschaft gewertet werden (siehe dazu Kienapfel BT II3 § 127 RN 237 und die dort angeführten weiteren Zitate, Leukauf‑Steininger Komm3 § 164 RN 88, Bertel‑Schwaighofer BT I3 § 127 Rz 27), diese Annahme ist aber von einem kausalen Zusammenhang zwischen der Zusage und der Diebstahlstat, wie sie sich tatsächlich ereignet hat, abhängig. Für die Annahme eines solchen für jegliche Form der Beitragstäterschaft vorausgesetzten ursächlichen Zusammenhanges ist es nicht erforderlich, daß der Beitrag zur Ausführung der Tat notwendig war und die Tat ohne ihn unmöglich gewesen wäre; es ist aber jedenfalls erforderlich, daß sie ohne den Beitrag nicht in der konkreten Form verwirklicht worden wäre (Leukauf‑Steininger aaO § 12 RN 47). Einer eingehenden Prüfung dieser ursächlichen Beziehung zwischen Beitrag und Tat in ihrer individuellen Erscheinungsform bedarf es ganz besonders dann, wenn (bloß) psychische Beitragstäterschaft in Betracht zu ziehen ist (siehe dazu Kienapfel AT4 E 5 RN 17). Ein psychischer Tatbeitrag ist nämlich dann nicht anzunehmen, wenn der unmittelbare Täter den Tatentschluß bereits definitiv gefaßt hat und daher einer Beratung, Belehrung oder Bestärkung nicht mehr bedarf (Kienapfel, aaO RN 18).

Feststellungen, die eine Überprüfung dieser Problematik ermöglichen, wurden vom Erstgericht unterlassen, obwohl sie schon deswegen indiziert gewesen wären, weil das Urteil von der Zugehörigkeit der unmittelbaren Täter P*und (vermutlich) W*zu einer internationalen Autodiebstahls- und Schieberbande ausgeht (US 7). Angesichts der einer solchen kriminellen Organisation zu Gebote stehenden Möglichkeiten versteht es sich nämlich keineswegs von selbst, daß der Angeklagte B*durch seine Beistandszusage die konkrete Tatbegehung zu beeinflußen vermochte und eine derartige Förderung der Diebstahlstat (und nicht bloß der nachfolgenden Verwertungshandlungen) auch in seinen Vorsatz aufgenommen hat.

Wegen der von der Beschwerde zutreffend aufgezeigten Feststellungsmängel ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden. Es war deswegen gemäß § 285 e StPO der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*Folge zu geben, den ihn betreffenden Schuldspruch aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte B*auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten P*ist gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien berufen.

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