OGH 11Os50/94

OGH11Os50/9410.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Obafemi Bariyu A* wegen des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 2. Februar 1994, GZ 3 b E Vr 15.248/93‑24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Kodek, und des Verteidigers Dr.Drexler, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0110OS00050.9400000.0510.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 2. Februar 1994, GZ 3 b E Vr 15.248/93‑24, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 270 Abs 1 StGB.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 270 Abs 1 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben und es wird gemäß § 292 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Obafemi Bariyu A* wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (Punkt B) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (Punkt C) nach §§ 28269 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 a Abs 3 StGB wird ein Teil der Strafe im Ausmaß von fünf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem ‑ rechtskräftigen, gemäß § 488 Z 7 StPO gekürzt ausgefertigten ‑ Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 2.Februar 1994, GZ 3 b E Vr 15.248/93‑24, wurde Obafemi Bariyu A* - abweichend vom Strafantrag ON 9 ‑ der Vergehen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB (Punkt A des Urteilsspruchs) des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (B) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (C) schuldig erkannt und zu einer (gemäß § 43 a Abs 3 StGB teilbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Urteilsspruchs hat er

(zu A) am 30.Oktober 1993 während einer Amtshandlung Bezirksinspektor Karl F* tätlich angegriffen, indem er ihn in den kleinen Finger biß;

(zu B) am 21.November 1993 Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Abschiebung, dadurch gehindert, daß er namentlich angeführten Polizeibeamten Fußtritte versetzte und

(zu C) am 21.November 1993 (richtig: 30.Oktober 1993) "durch die unter A des Strafantrages angeführte Tätlichkeit, wodurch der Beamte eine Bißwunde erlitt, (zu ergänzen: Bezirksinspektor Karl F*) vorsätzlich am Körper verletzt, wobei er die Tat an einem Beamten während der Erfüllung seiner Pflichten begangen hat".

Der Schuldspruch steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Das Vergehen der schweren Körperverletzung (an einem Beamten) nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB kann zwar ‑ wie im Strafantrag ON 9 (ungeachtet der irrigen Bezeichnung der Tatzeit beim Faktum B) unter A/1 und B ersichtlich angenommen ‑ mit dem Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB, nicht aber mit jenem des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs. 1 StGB eintätig zusammentreffen. Hat somit der tätliche Angriff gegen einen Beamten ‑ wie hier ‑ eine Körperverletzung zur Folge, so wird § 270 StGB durch § 84 Abs 2 Z 4 StGB verdrängt (Foregger‑Kodek StGB5 Erl I; Leukauf‑Steininger Komm3 RN 5 je zu § 270; Burgstaller WK Rz 78; Kienapfel BT I3 RN 75 je zu § 84). Die Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB erfolgte daher rechtsirrig.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde war daher der bezeichnete Schuldspruch (A) aufzuheben.

Infolge der damit verbundenen Aufhebung auch des Strafausspruchs war die Strafe neu zu bemessen. Dabei war das Zusammentreffen zweier Vergehen erschwerend, mildernd hingegen das Geständnis.

Ausgehend davon erwies sich die bereits im ersten Rechtsgang verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten, die im Ausmaß von fünf Monaten bedingt nachgesehen wurde, bei unverändertem Sachverhalt als sowohl der Tatschuld als auch dem verwirklichten Unrecht angemessen, sodaß insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.

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