OGH 12Os32/94

OGH12Os32/945.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Mai 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Gründl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Werner P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 zweiter und dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 22. Oktober 1993, GZ 20 k Vr 259/93-84, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, des Angeklagten Werner P***** und des Verteidigers Dr.Bernhauser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 9 (neun) Jahre erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner P***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen (A./) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 und Abs. 3 zweiter und dritter Fall StGB, (B./) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB, (C./) des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 und Abs. 2 dritter Fall StGB, (D./) des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie 15 StGB, (E./) des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB und (F./) des Verbrechens (richtig: Vergehens) des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 erster (richtig: zweiter) Fall StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruches hat er

A./

nachgenannte Personen mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt beziehungsweise durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme und Duldung des Beischlafes und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, wobei die nachgenannten vergewaltigten Personen durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt und in besonderer Weise erniedrigt worden sind, und zwar:

1.) am 9.Jänner 1993 in Wien die Prostitutierte Ruth S*****, dadurch, daß er sie an den Haaren riß, ihr Schläge versetzte und ihr wiederholt ein in Funktion befindliches Elektroschockgerät an ihrem Körper ansetzte, zur Vornahme und Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich zum Oralverkehr, wobei er ihr während des gesamten Tatherganges die Augen verbunden hatte;

2.) die Prostituierte Anna B***** in Salzburg

a) Ende November/Anfang Dezember 1992 dadurch, daß er wiederholt mit einem Ledergürtel auf sie einschlug und sie wiederholt mit dem Umbringen bedrohte, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zur wiederholten Durchführung des Oralverkehrs, wobei er sie cirka 4 Stunden in seinem Fahrzeug gefangen hielt und sodann aus dem Fahrzeug warf;

b) am 20.Dezember 1992 dadurch, daß er sie mit dem Umbringen bedrohte und ihr mehrfach Schläge versetzte, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zur Vornahme des Oralverkehrs, wobei er ihr während des gesamten Tatherganges die Augen mit einem Plastikklebeband verbunden hatte, sie cirka 4 1/2 Stunden in seinem Fahrzeug gefangen hielt und sodann aus dem Fahrzeug warf;

B./

nachgenannte Personen durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme und Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zum Oralverkehr genötigt, und zwar

1.) am 21.Dezember 1992 in Salzburg die Prostituierte Gertraud L***** dadurch, daß er ihr ein in Funktion befindliches Elektroschockgerät mehrmals am Oberschenkel ansetzte, wobei er ihr während des gesamten Tatherganges die Augen verbunden hatte;

2.) Anfang November 1992 in Salzburg die Prostituierte Anna B***** dadurch, daß er sie mit dem Umbringen bedrohte, wiederholt an den Haaren riß, und um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, mit einem Messer ihre Kleidung zerschnitt, wobei er sie cirka 3 Stunden in seinem Fahrzeug gefangen hielt:

C./

Mitte Dezember 1992 in Salzburg Gerlinde Y***** dadurch, daß er sie an den Haaren riß, ihr ein Messer am Hals ansetzte und sie mit dem Abstechen bedrohte, sohin mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, nämlich zum Lecken an seinen Hoden genötigt, und die genötigte Person in besonderer Weise dadurch erniedrigt, daß er ihr während der gesamten Zeit die Augen verbunden hatte:

D./

nachgenannte Personen mit Gewalt beziehungsweise durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt, beziehungsweise zu nötigen versucht, indem er mit dem Tod drohte, beziehungsweise nachgenannte Genötigte durch die nachgenannten Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzte, und zwar:

1.) am 9.Jänner 1993 in Wien die Prostituierte Ruth S***** genötigt, seine Exkremente zu schlucken, ihm die Füße zu küssen und Kekse und Wein zu konsumieren, indem er ihr die Augen für einen Zeitraum von mehreren Stunden verband, ihr mit einem Elektroschockgerät mehrere Stromstöße versetzte und auf sie einschlug;

2.) Ende November/Anfang Dezember 1992 in Salzburg die Prostitutierte Anna B*****

a) genötigt, seine Exkremente zu schlucken,

b) zu nötigen versucht, seinen Urin zu trinken,

indem er sie mit dem Umbringen bedrohte und wiederholt mit dem Ledergürtel auf sie einschlug,

3.) Mitte Dezember 1992 in Salzburg Gerlinde Y*****

a) genötigt, sich auszuziehen,

b) zu nötigen versucht, seinen Urin zu trinken;

4.) am 21.Dezember 1992 in Salzburg Gerlinde L***** genötigt, seinen After zu lecken, indem er ihr ein Elektroschockgerät am Oberschenkel ansetzte;

E./

Mitte Dezember in Salzburg Gerlinde Y***** dadurch widerrechtlich gefangen gehalten, daß er sie mit dem Umbringen bedrohte und ihr wiederholt ein Messer am Hals ansetzte, wobei die cirka 6 1/2 Stunden dauernde Freiheitsentziehung auf solche Weise begangen wurde, daß sie der Festgehaltenen besondere Qualen bereitete, da sie nahezu während der gesamten Dauer ihrer Freiheitsentziehung die Augen verbunden hatte und Schlägen und brutalen Mißhandlungen ausgesetzt war;

F./

am 9.Jänner 1993 in Wien dadurch, daß er als Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen SL 94 FZ seine Fahrgeschwindigkeit erhöhte und auf den Sicherheitswachebeamten Rev.Insp.Josef S*****, der ihn durch deutlich sichtbare Handzeichen mit einer Taschenlampe anhalten wollte, zufuhr, wobei der Genannte sein Überfahrenwerden nur durch einen Sprung zur Seite abwenden konnte, einen Beamten mit Gewalt und durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich an seiner Anhaltung gehindert.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch in den Punkten A./, B./, C./ und D./ mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 10 a und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Da die Rechtsrüge (Z 12) nur insoweit eine gesetzmäßige Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes enthält, als darin auf der Grundlage der im Wahrspruch festgestellten Tatsachen verschiedene Subsumtionsirrtümer eingewendet werden, bedarf sie nur in diesem Umfang einer meritorischen Erwiderung; diese fällt jedoch durchwegs negativ aus:

In Ansehung der Frage, ob das im Wahrspruch zur Hauptfrage 1 (Schuldspruchsfaktum A/1) konstatierte Verhalten zu Recht als schwere Gewalt iS des § 201 Abs 1 StGB qualifiziert wurde, ist davon auszugehen, daß darin - der Beschwerde zuwider - nicht nur der Einsatz überlegener physischer Kraft zu verstehen ist, die auf die Überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstand des Opfers gerichtet ist und einen höheren Grad der Intensität oder Gefährlichkeit erreicht, sondern auch eine solche Gewaltausübung, die diese Kriterien zwar nicht erfüllt, aber so nachhaltig ist, daß sie durch ihre längere Dauer eine gleichartige Wirkung zu entfalten geeignet ist (Leukauf-Steininger Komm3 § 201 StGB RN 12, Pallin WK § 201 StGB Rz 8a). Eben diese Voraussetzungen sind aber vorliegend gegeben, weil das Opfer laut Wahrspruch durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde.

Zum Schuldspruch laut Punkt A/2 genügt es, der Beschwerde zu entgegnen, daß sie mit der darin aufgestellten Behauptung irrt, wonach eine Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 201 Abs. 1 StGB regelmäßig nicht durch bloße Äußerung, sondern nur bei Hinzutreten eines die Ankündigung untermauernden Begleitverhaltens verwirklicht werden könne. Die Drohung muß zwar die Gegenwärtigkeit der schweren Gefahr zu erkennen geben und daher die unmittelbar bevorstehende Verwirklichung umfassen, doch geht das Gesetz keineswegs davon aus, daß dies nur bei einer entsprechenden Demonstration oder Attacke des Täters der Fall ist. Vielmehr kann - der Beschwerde zuwider - dieses Tatbestandselement sehr wohl auch durch bloße Äußerungen hergestellt werden. Ob bei den in Rede stehenden Vergewaltigungen der Anna B***** neben den derart qualifizierten Drohungen auch noch das Nötigungsmittel der schweren Gewalt zum Einsatz kam, kann mithin im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Begehungsweisen dahingestellt bleiben.

Die geschlechtliche Nötigung laut Punkt C./ des Schuldspruches sowie die teils beim Versuch gebliebene schwere Nötigung laut Punkt D./3./ des Schuldspruches sind keineswegs bereits mit dem Schuldspruch wegen Freiheitsentziehung laut Punkt E./ des Schuldspruches abgegolten, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß das Nötigungsverhalten zu jenen anderen Umständen hinzutrat, die dem gefangengehaltenen Opfer besondere Qualen bereiteten und für die Freiheitsentziehung die qualifizierte Strafdrohung gemäß § 99 Abs. 2 zweiter Fall StGB nach sich zogen. Die geschlechtliche Nötigung und die sonstigen Nötigungsakte sind keine "typischen Begleittaten" einer qualifizierten Freiheitsentziehung und der Schuldspruch wegen der letztgenannten Straftat könnte für sich allein den gesamten Unrechtsgehalt des Täterverhaltens nicht erfassen (siehe Kienapfel BT I3 § 99 RN 36 ff insbesondere RN 36 a und RN 37). Demnach liegt - wie die Beschwerde im ersichtlichen Bestreben, das Gegenteil zum Ausdruck zu bringen, an sich richtig formuliert - insoweit Idealkonkurrenz der betreffenden Delikte vor. Der in der Nichtigkeitsbeschwerde auf § 201 Abs. 3 StGB gestützten Argumentation kann nur erwidert werden, daß diese Norm für die angesprochenen Fakten nicht zur Anwendung kam und die Beschwerdeposition hier nicht nachvollziehbar ist.

Bei der Vergewaltigung laut Punkt A./1./ des Schuldspruches und der schweren Nötigung laut Punkt D./1./ des Schuldspruches sowie bei der Vergewaltigung laut Punkt A./2./a des Schuldspruches und der teils versuchten schweren Nötigung laut Punkt D./2./ des Schuldspruches sowie bei der Vergewaltigung laut Punkt B./1./ des Schuldspruches und der schweren Nötigung laut Punkt D./4./ des Schuldspruches handelt es sich jeweils um das mehrtätige Zusammentreffen von Nötigungen zum Sexualverhalten einerseits und zu sonstigen Verhaltensweisen andererseits, wobei nicht ersichtlich ist, weshalb der jeweilige Schuldspruch wegen Vergewaltigung auch die in eine andere Richtung gesetzte schwere Nötigung konsumiert haben soll. Entgegen der über die unzutreffende Behauptung einer "Idealkonkurrenz" hinaus nicht weiter begründeten Meinung des Beschwerdeführers ist in der genannten rechtlichen Beurteilung eine unrichtige Rechtsanwendung nicht zu erblicken.

Zum verbleibenden weitwendigen Vorbringen muß dem Beschwerdeführer der Hinweis genügen, daß Rechtsrügen, welche mit angeblichen, in den Wahrspruch nicht aufgenommenen Ergebnissen des Beweisverfahrens argumentieren und ferner unter Verkennung eines wesentlichen Unterschiedes in der Anfechtbarkeit schöffengerichtlicher und geschworenengerichtlicher Urteile von rechtsirrig unterlassenen Feststellungen durch die Geschworenen ausgehen, den Voraussetzungen der prozeßordnungsgemäßen Darstellung des relevierten Nichtigkeitsgrundes nicht gerecht werden (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 ENr 2, 3, 4a; § 345 Z 12 ENr 8). Dies gilt auch für die isolierte Anfechtung einer von mehreren rechtlich gleichwertigen Begehungsweisen eines Delikts, wobei die Untauglichkeit der Einwände schon daraus deutlich wird, daß der Beschwerdeführer gar kein anderes Strafgesetz bezeichnen kann, welches seiner Ansicht nach heranzuziehen gewesen wäre (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Z 12 ENr 6).

Auf der Basis der vorstehenden rechtlichen Erwägungen erweist sich auch die Verfahrensrüge (Z 5) als nicht begründet:

Angesichts dessen, daß beim Schuldspruchsfaktum A./1. - siehe oben - die Qualifikation des Verhaltens des Angeklagten als "schwere Gewalt" aus der Summe der während eines längeren Zeitraums gegen das Opfer gerichteten Gewaltakte - darunter die wiederholte Anwendung des in Rede stehenden Elektroschockgerätes - resultierte, entbehren die unter Beweis gestellten Umstände - der Schockapparat ziehe keine erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen nach sich; durch ihn werde weder eine schwere Gefahr für Leib oder Leben noch ein qualvoller Zustand herbeigeführt (250, 279/II) - im gegebenen Zusammenhang der rechtlichen Relevanz und wurden mithin durch die Abweisung der bezüglichen Beweisanträge Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht geschmälert.

Die Abweisung des Antrages, den Personenkraftwagen des Angeklagten durch einen Chemiker auf Spuren von Kot und Urin untersuchen zu lassen (250/II), wurde vom Schwurgerichtshof damit begründet, daß das Fehlen solcher Spuren keinerlei Beweiswert hätte. Dieses Argument vermag der Beschwerdeführer mit seinen Einwänden, welche die Glaubwürdigkeit der Zeugin Ruth S***** in Frage stellen, ohne auf die beweismäßige Bedeutung des angestrebten negativen Ergebnisses einer Spurensuche einzugehen, in keiner Weise zu entkräften. Zum weiteren Verlangen, durch eine Untersuchung des Personenkraftwagens zu klären, daß im Wege der Zentralverriegelung die Beifahrertüre nicht verschlossen werden kann, wurde anläßlich der Antragstellung keinerlei Vorbringen erstattet, wonach mit dieser Erhebung eines nebensächlichen technischen Details die Glaubwürdigkeit einer Zeugin erschüttert werden sollte. Das erst in der Nichtigkeitsbeschwerde bezeichnete Beweisziel kann im Rechtsmittelverfahren keine Berücksichtigung finden (SSt 41/71). Bei den Anträgen auf Beweisaufnahmen zum Nachweis einer Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten anläßlich der Taten blieb unberücksichtigt, daß derartige Ermittlungen nur bei insoweit bestehenden Zweifeln anzustellen sind (§ 134 StPO). Es wurde aber nicht dargelegt, weshalb der Schwurgerichtshof auf Grund einer am 1.Oktober 1993 nach einem Selbstmordversuch stattgefundenen Einlieferung des Angeklagten in das Wilhelminenspital entsprechende Zweifel zu hegen gehabt hätte, obwohl er in der Hauptverhandlung am 30.September 1993 die Gutachten eines Sachverständigen für Psychiatrie und eines Sachverständigen für Psychologie über das Fehlen von Hinweisen auf eine Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten in den Tatzeitpunkten gehört hatte. Der Beweisantrag entbehrt somit jenes Mindestmaß an substantiellem Gehalt, das bei realitätsbezogener Einschätzung eine erfolgversprechende Erweiterung der zur Wahrheitsfindung dienlichen Prämissen erwarten läßt.

Keinerlei Verfahrensfehler unterlief dem Erstgericht auch bei Ablehnung des Antrages, einen Bericht der Bundespolizeidirektion Salzburg (in der Nichtigkeitsbeschwerde: Wien) zum Nachweis dafür einzuholen, daß die Zeugin B***** immer nur an dem Standort "Zeitungskiste" stehen darf und tatsächlich steht. Das Beschwerdevorbringen, welches die Relevanz dieses Begehrens behauptet, bleibt jegliche Argumentation dafür schuldig, weshalb die vom Schwurgerichtshof für das Absehen von der Beweisaufnahme angegebenen Gründe nicht stichhältig sein sollen. Dem Schwurgerichtshof ist darin beizupflichten, daß auch bei einem Beweisergebnis im Sinne der Antragstellung die Darstellung der Zeugin B*****, an einer anderen Örtlichkeit in den Personenkraftwagen des Angeklagten eingestiegen zu sein, nicht auszuschließen wäre.

Die Tatsachenrüge (Z 10 a) ist zum einen Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie sich gar nicht gegen den Wahrspruch, sondern den Schuldspruch richtet, zum anderen Teil aber unbegründet, weil sich aus den Bezugnahmen auf Details des Beweisverfahrens im Lichte der vollständigen Aktenlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen ergeben.

Hiezu sei noch angemerkt, daß bei Annahme mehrerer rechtlich gleichwertiger Begehungsformen ein- und desselben Deliktes - wie hier von Vergewaltigungen nach § 201 Abs. 2 StGB (Punkt B./ des Schuldspruches) einerseits durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger Gfahr für Leib und Leben sowie andererseits zwecks Abnötigung des Beischlafs und einer gleichzusetzenden Handlung - dem Täter rechtlich ohnehin nur eine Straftat zur Last liegt. Daraus folgt, daß ein Angeklagter durch die zusätzliche subsumierende Annahme einer weiteren Begehungsart jedenfalls dann nicht beschwert ist, wenn es sich um eine Teilkomponente ein und desselben Tatbildverhaltens handelt. Diese Annahme bedeutet weder einen Schuldspruch wegen einer zusätzlichen strafbaren Handlung, noch die Unterstellung der Tat unter eine Strafbestimmung, auf die sie nicht anzuwenden ist, weshalb ein solcher Ausspruch für sich allein mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht bekämpft werden kann. Auf der Tatsachenebene liegt nämlich mangels Einfluß bei der Subsumtion keine entscheidende Tatsache vor und in rechtlicher Beziehung bliebe die Unterstellung unter eine bestimmte Strafdrohung auch bei Wegfall einer Begehungsalternative unverändert. Demgemäß gehen insbesondere die dem Sinne nach gegen die in der Bejahung der Eventualfrage 6 enthaltene Feststellung gerichteten Einwände des Angeklagten, es sei beim Vergewaltigungsfaktum laut Punkt B./ 2./ jedenfalls nicht zu Bedrohungen des Opfers gekommen, von vornherein ins Leere.

Die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu vewerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 201 Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Dabei wertete es - zusammengefaßt wiedergegeben - das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Wiederholung gravierender Straftaten, die besondere Brutalität ihrer Ausführung sowie den Umstand, daß die gegen Frauen gesetzten Straftaten Opfer betrafen, die als Außenseiter der Gesellschaft und als bemitleidenswerte Existenzen zu betrachten seien, als erschwerend, als mildernd hingegen die vernachlässigte Erziehung des Angeklagten und sein im Grundsätzlichen abgelegtes Geständnis.

Diesen Strafausspruch bekämpfen beide Prozeßparteien mit Berufungen. Während die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Erhöhung des Strafausmaßes unter Relativierung der vom Erstgericht angenommenen Milderungsumstände mit spezial- und generalpräventiven Erfordernissen begründet, strebt der Angeklagte unter Hinweis auf seine "psychische Absonderheit", seine Bereitschaft zur Schadensgutmachung und den vermeintlich geringen Unrechtsgehalt der Taten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung ist dem Angeklagten, der zu den Tatzeiten bereits das 30.Lebensjahr vollendet hatte, der Milderungsumstand der vernachlässigten Erziehung (§ 34 Z 1 StGB) nicht mehr zuzubilligen. Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit der in Rede stehenden Art zählen zu den gravierendsten Formen kapitaler Delinquenz. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, daß die Erreichung des Strafzwecks in diesem Kriminalitätsbereich aus general- wie spezialpräventiver Sicht den Ausspruch von Sanktionen erforderlich macht, die dem besonderen - vom Erstgericht an sich richtig erkannten - Tatunrecht und dem akzentuierten gesellschaftichen Störwert entsprechend Rechnung tragen. Bei der hier aktuellen Sachkonstellation, insbesondere der von einschlägiger Aggressionsbereitschaft, Sadismus und exzessiv gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung geprägten Täterpersönlichkeit des Angeklagten erweist sich somit eine nicht einmal die Hälfte der gesetzlichen Strafobergrenze erreichenden Freiheitsstrafe nicht vertretbar. Insbesondere spezialpräventive Gründe erheischen vielmehr die Erhöhung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe, weshalb in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft spruchgemäß zu erkennen war.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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