Spruch:
Durch den angefochtenen Beschluß wurde Anton G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Anton G***** befand sich im oben bezeichneten, wegen des dringenden Verdachtes des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB geführten Verfahren zunächst seit 28.Jänner 1994 in Untersuchungshaft (ON 23).
Mit Beschluß vom 22.Februar 1994 ordnete der Untersuchungsrichter gemäß § 429 Abs 4 StPO aus dem - damals noch aktuellen - Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO die vorläufige Anhaltung des Genannten im Psychiatrischen Krankenhaus des Landes Tirol an (ON 36) und verfügte nach Durchführung einer Haftverhandlung am 8.März 1994 deren Fortsetzung (ON 43).
Der vom Betroffenen dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 29.März 1994, AZ 8 Bs 146/94, nicht Folge (ON 47).
Es ging, ebenso wie das Erstgericht, nach dem Ergebnis der Voruntersuchung und konform mit dem von der Staatsanwaltschaft am 25. Februar 1994 gestellten Einweisungsantrag nach § 21 Abs 1 StGB (ON 39) vom dringenden Verdacht aus, daß Anton G***** am 28.Oktober 1993 unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhenden Zustandes (§ 11 StGB) Maria G***** mit Gewalt und durch Drohung mit dem Tod zur Herausgabe eines vinkulierten Sparbuches und in der Folge zur Unterlassung der Anzeigeerstattung genötigt habe, indem er ihr Schläge versetzte, sie zu Boden warf und würgte, ihr ein Messer anhielt und sie mit dem Umbringen bedrohte. Im Hinblick auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof.Dr.P***** (ON 33) bejahte das Oberlandesgericht auch die dringende Gefahr der Begehung weiterer strafbedrohter Handlungen mit schweren Folgen.
Mit - noch nicht rechtskräftigem - Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 18.April 1994 wurde Anton G***** mittlerweile gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Das Fortbestehen der Tatbegehungsgefahr leitete der Gerichtshof zweiter Instanz aus dem durch zahlreiche Vorstrafen wegen Vermögens- und Gewaltdelikten schwer getrübten Vorleben des Betroffenen und der vom Sachverständigen angenommenen wachsenden Tendenz zu erheblichen Aggressionen ab. Auf Grund dieser Prognose nahm das Beschwerdegericht auch an, daß Anton G***** weiterhin nicht ohne Gefahr für andere auf freiem Fuß bleiben könne (§ 429 Abs 4 StPO).
Die gegen diesen Beschluß ausgeführte Grundrechtsbeschwerde ist unbegründet.
Als Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit (§ 3 Abs 1 GRBG) macht sie allein geltend, daß dem Oberlandesgericht bei Prüfung der Gefährlichkeitsprognose eine ausreichende Beurteilungsgrundlage gefehlt habe, weil ein vom Sachverständigen Dr.Z***** im Dezember 1991 erstattetes Gutachten mit günstiger Prognose im konkreten Fall die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen erfordert hätte und überdies objektive Anhaltspunkte dafür fehlten, daß Anton G***** in Hinkunft konkrete Straftaten mit schweren Folgen begehen werde.
Keines dieser Beschwerdeargumente trifft zu.
Der Sachverständige Univ.Prof.Dr.P***** hat aus der beim Betroffenen diagnostizierten asozialen Psychopathie, seiner Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht in Verbindung mit einem auf eine seit Jahren bestehende Aidserkrankung zurückzuführenden hirnorganischen Abbauprozeß die große Wahrscheinlichkeit weiterer - der Beschwerde zuwider - konkreter, der Anlaßtat etwa entsprechender Aggressionshandlungen dargelegt. Die vom Sachverständigen Dr.Z***** mehr als zwei Jahre vorher unter gänzlich anderen Voraussetzungen im Rahmen eines Vollzugsverfahrens für die Begründung einer günstigen Prognose herangezogenen Prämissen, daß Anton G***** nur mehr ganz kurze Zeit zu leben habe und seine kriminelle Energie durch die fortgeschrittene Aidserkrankung praktisch zum Erliegen gekommen sei, haben sich als unzutreffend herausgestellt. Die seinerzeitigen gutächtlichen Schlußfolgerungen sind solcherart nicht mehr aktuell.
Damit war die auch im Einweisungsverfahren nur ausnahmsweise gebotene Beiziehung eines weiteren Sachverständigen (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 4 zu § 429) weder unter dem Gesichtspunkt der §§ 125 f StPO, noch - mangels erkennbarer Schwierigkeit der Beobachtung und Begutachtung - nach §§ 118 Abs 2, 134 Abs 1 StPO erforderlich, sodaß das im Rahmen der Voruntersuchung eingeholte Sachverständigengutachten im Beschwerdeverfahren bei Beurteilung der vom § 429 Abs 4 StPO geforderten Fremdgefährdung einerseits und des dringenden Verdachtes der Begehung weiterer strafbedrohter Handlungen mit schweren Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 StGB andererseits eine tragfähige Grundlage darstellte.
Da bei Wertung einer Tat als solche mit schweren Folgen nicht nur der tatbestandsmäßige Erfolg, sondern auch das Gesamtgewicht aller ihrer konkreten Auswirkungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu berücksichtigen ist (Mayerhofer-Rieder StGB3 E 16 zu § 21), wird mit dem weiteren Einwand, das (80-jährige) Tatopfer habe im konkreten Fall lediglich Verletzungen leichten Grades (nämlich eine massive Weichteilquetschung im Gesicht, eine Rißquetschwunde an der Unterlippe und Blutunterlaufungen im Bereich des rechten Schlüsselbeines) sowie einen Vermögensschaden von (nur) 11.000 S erlitten, angesichts der brutalen und im Hinblick auf das Alter des Opfers gefährlichen Begehungsweise sowie der durch die Aidserkrankung bestehenden Ansteckungsgefahr (vgl S 183) die Gefährlichkeitsprognose nicht in Frage gestellt.
Einer abschließenden Prüfung kann diese erst im Rechtsmittelverfahren unterzogen werden.
Mangels Feststellung einer Grundrechtsverletzung war die Beschwerde somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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