OGH 6Ob616/93

OGH6Ob616/9328.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine W*****, vertreten durch Dr.Manfred Puchner und Dr.Ernst Dejaco, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei L***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Huber und Dr.Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 339.325,20 sA und Feststellung (Streitwert S 50.000), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4.Mai 1993, GZ 1 R 60/93-45, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.Dezember 1992, GZ 41 Cg 396/90-38, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin hat von der beklagten Partei mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 22.10.1987 129/580-Anteile an der Liegenschaft ***** mit dem damit verbundenen Wohnungseigentum am Reihenhaus top.Nr.1 erworben. Die beklagte Partei hat sich zur Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses verpflichtet. Dieses wurde am 1.8.1988 übergeben.

Mit der am 15.11.1990 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin vorerst den Betrag von S 201.000 samt 11 % Zinsen seit Klagszustellung. Am 11.9.1992 dehnte sie ihr Zahlungsbegehren auf S 347.785,20 samt 12 % gestaffelter Zinsen aus und stellte das weitere Begehren "es werde festgestellt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für alle Mängel, Schäden und sonstigen nachteiligen Folgen, insbesondere auch für einen infolge der vorhandenen Mängel bei einem Verkauf der Liegenschaft erzielten Mindererlös hafte, wenn die Mängelbehebungskosten, Schäden, nachteiligen Folgen und der Mindererlös auf die nicht sach- und fachgerechte Erstellung des Hauses auf dieser Liegenschaft durch die beklagte Partei und deren Subunternehmer zurückzuführen sind und die Schäden und Behebungskosten den in diesem Verfahren zugesprochenen Hauptsachenbetrag übersteigen."

Die Klägerin stützte ihr Begehren darauf, daß zahlreiche in der Klage im einzelnen aufgelistete Mängel an dem von der beklagten Partei errichteten Reihenhaus vorhanden seien, die erst nach der Übergabe aufgetreten oder erkennbar geworden seien. Die beklagte Partei habe trotz Rüge und Aufforderung zur Mängelbehebung und Setzung einer Nachfrist bis 5.11.1990 nicht reagiert und die Mängel nicht behoben. Soweit geringfügige Behebungsversuche vorgenommen worden seien, seien diese gescheitert. Mangels Vertrauens sei die Klägerin mit einer Behebung der Mängel nicht mehr einverstanden, sondern begehre den Behebungsaufwand. Dieser betrage S 402.000. Aus prozeßökonomischen Gründen werde vorbehaltlich einer Ausdehnung vorerst nur ein Betrag von S 201.000 geltend gemacht. Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens, in welchem die Mängelbehebungskosten nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnten, erfolgte die Klagsausdehnung sowie das Feststellungsbegehren. Diese Begehren seien nicht verjährt, weil die Gewährleistungsansprüche im einzelnen innerhalb von drei Jahren geltend gemacht worden seien.

Die beklagte Partei habe die Klägerin überdies über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache in Irrtum geführt, insbesondere hinsichtlich der Wärmedämmung des Hauses; insoweit werde Vertragsanpassung gefordert. Der Ersatzanspruch werde nicht nur auf Gewährleistung, sondern auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt, weil die beklagte Partei den Schaden schuldhaft zugefügt habe.

Die beklagte Partei wandte ein, das Haus sei vereinbarungsgemäß am 1.8.1988 übergeben und besichtigt worden. Die dabei im Übergabeprotokoll gerügten Mängel seien behoben. Auf alle anderen damals bereits erkennbaren Mängel sei damit verzichtet worden. Die in der Klage angeführten Mängel seien zum Teil überhaupt nicht vorhanden, zum Teil erst nach Übergabe des Hauses nicht von der beklagten Partei verursacht entstanden und aufgetreten. Die beklagte Partei sei verbesserungsbereit gewesen; es stehe daher kein Geldersatz zu. Alle nicht in der Klage geltend gemachten Mängel, das Feststellungsbegehren und die ausgedehnten Beträge seien verjährt.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit einem Betrag von S 339.325,20 samt 12 % gestaffelter Zinsen sowie dem Feststellungsbegehren statt und wies ein Mehrbegehren von S 8.460 samt 12 % Zinsen unter Zugrundelegung folgender wesentlicher Feststellungen ab:

In dem am 22.10.1987 geschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag ist festgehalten, daß die Verkäuferin das Bauvorhaben im eigenen Namen und auf eigene Rechnung selbst als Bauherr bis zur schlüsselfertigen Übergabe errichten wird. Die Übergabe des Objektes erfolgt in Anwesenheit eines Bautechnikers der Firma C*****gesellschaft mbH, welcher von den Vertragsparteien als Bausachversätndiger für die Abnahme des Bauvorhabens und Feststellung allfälliger Mängel beauftragt wird. Mit dem Tag der Abnahme des Vertragsobjektes gehen Besitz und Genuß, Wag und Gefahr sowie Zufall auf die Käuferin über. Die Käuferin leistet Gewähr dafür, daß die verkauften Anteile geldlastenfrei übergeben werden. Im übrigen üernimmt sie keine Gewährleistung für eine bestimmte Eignung oder ein bestimmtes Maß des Kaufgegenstandes; die Käuferin verzichtet diesbezüglich auf die Geltendmachung allfälliger Gewährleistungsansprüche. Ausgenommen davon sind nur die aus der Bauführung resultierenden gesetzlichen Gewährleistungsfälle bzw Ansprüche gemäß den Bestimmungen des ABGB.

Die Übergabe erfolgte am 1.8.1988. Neben dem Geschäftsführer der beklagten Partei und dem Vertreter der Firma C***** war als Vertreter der Klägerin jenem Freund anwesend, welchen die Klägerin mit einer Blankounterschrift zur Übernahme bevollmächtigt hatte, der aber vom Baufach nichts versteht und deshalb auch keine Mängel wahrnehmen konnte. Die Vollmacht wurde vom Geschäftsführer der beklagten Partei formuliert, nachdem der Vertreter der Klägerin diesem das Blankounterschriftenblatt übergeben hatte. Die Klägerin selbst hatte ihrem Freund nicht gestattet, auf die Geltendmachung von Mängeln zu verzichten und ihm auch nicht aufgetragen, das Haus auf Mängelfreiheit zu überprüfen. Sie ging davon aus, daß die Vollmacht zur Schlüsselübergabe nötig sei. Daß jemand von der Firma C*****anwesend sein sollte, war weder der Klägerin noch ihrem Freund bekannt. Im Zuge der Besichtigung des Reihenhauses unterfertigte der Vertreter der Klägerin ein "Protokoll über die endgültige Abnahme von Bau- bzw Professionistenarbeiten bzw Übergabe und Übernahme", welches das Ende der Gewährleistungsfrist mit 31.7.1991 festlegte. Zu dem Passus "bei der am heutigen Tag erfolgten Begehung bzw Besichtigung des oben angeführten Objektes wurden nachstehende Mängel festgestellt" machte der Vertreter der Firma C***** die handschriftlichen Bemerkungen "Außenanlagen sind noch fertigzustellen, in Küche fehlt Fliesenstreifen - wird einvernehmlich fixiert, KG - bei Stiegenhaus muß noch geweißelt werden, E-Arbeiten:

Erdung anschließen und Umstellung auf Nachtstrom für Boiler fehlt noch - wird bis 6.8.1988 fertiggestellt!".

Noch am Tag der Übergabe bezogen Mieter der Klägerin das Haus. Die in der Folge zutage tretenden Mängel wurden dem Geschäftsführer der beklagten Partei sowohl von den Hausbewohnern als auch der Klägerin zur Kenntnis gebracht. Am 2.10.1990 forderte der Klagevertreter die beklagte Partei unter detaillierter Aufzählung der vorliegenden Mängel, wie sie auch im Klagevorbringen enthalten sind, zur Verbesserung auf und setzte eine Nachfrist bis 5.11.1990 mit Klagsandrohung. Trotzdem wurde das Reihenhaus nicht in einwandfreien Zustand versetzt. Einschließlich Reinigungskosten, Baustelleneinrichtung und Bauleitung sind zur Behebung der Mängel unter der Annahme, daß stets die günstigere Behebungsmethode laut dem Sachverständigengutachten zur Mängelbeseitigung ausreicht, Gesamtkosten inklusive Mehrwertsteuer von S 347.785,20 zu veranschlagen, um die im Ersturteil im einzelnen festgestellten Mängel und Folgeschäden zu beheben. Sollten sich hingegen in allen im Gutachten nicht vollständig geklärten Ursachen der aufgetretenen Mängel die dafür alternativ angenommenen Mehrkosten als notwendig erweisen, wäre ein Gesamtbetrag von S 399.103 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer erforderlich. Die Klägerin nimmt Bankkredit in einer die Klagsforderung übersteigenden Höhe in Anspruch, welcher mit 12 % p.a. zu verzinsen ist.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, da das Reihenhaus am 1.8.1988 übergeben worden sei, seien alle in der Klage angeführten und auch festgestellten Mängel fristgerecht und innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht worden. Aus dem Übergabeprotokoll sei ein Verzicht auf die spätere Geltendmachung von Mängeln nicht zu erkennen. Die festgestellten Mängel seien alle bei Übergabe des Objektes bereits vorhanden gewesen; sie seien auch zur Gänze mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand behebbar. Da die beklagte Partei den mehrfachen Aufforderungen zur Behebung, zuletzt unter Fristsetzung, nicht nachgekommen sei, sei die Klägerin berechtigt, die Verbesserungskosten zu fordern. Die Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden könne sie wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten durch die beklagte Partei aus dem Titel des Schadenersatzes begehren. Da bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung eine Klärung aller Mangelursachen ebensowenig möglich gewesen sei wie die Bestimmung der zur Sanierung endgültig erforderlichen Kosten, bestehe ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Mängel, Schäden und sonstigen nachteiligen Folgen, die in Zukunft hervorkommen könnten. Das Feststellungsbegehren sei wegen rechtzeitiger Klagsführung und der damit verbundenen Unterbrechung des Ab- bzw Fortlaufes der Gewährleistungsfrist rechtzeitig gestellt. Da die Klägerin einen mit 12 % zu verzinsenden Kredit aufgenommen habe, sei auch das Zinsenbegehren als Verzögerungsschaden berechtigt. Lediglich ein Mangel am Kaminkopf, dessen Behebung einen Betrag von S

8.460 erfordere, sei erst anläßlich der Befundaufnahme am 1.10.1990, somit nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, geltend gemacht worden und damit verfristet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das erstinstanzliche Verfahren sei, zum Großteil aus rechtlichen Gründen, mangelhaft geblieben. In der Klage seien zwar die einzelnen Mängel und Mangelfolgeschäden detailliert angeführt, nicht aber die einzelnen für den Verbesserungsaufwand erforderlichen Beträge ziffernmäßig aufgegliedert; hier sei nur auf das vorgelegte Privatgutachten verwiesen, welches ebensowenig wie das in der Folge erstattete Sachverständigengutachten Prozeßbehauptungen ersetzen könne. Es bedürfe daher eines Verbesserungsversuches, bei dessen Erfolglosigkeit eine unzureichend begründete Klage abzuweisen wäre. Die Zulässigkeit einer solchen Verbesserung und damit die erstmalige Konkretisierung der einzelnen Klagsansprüche trotz Ablaufes der Präklusivfrist sei wohl noch zu bejahen.

Ein Anspruch auf Verzugszinsen entstehe erst nach Einmahnung (hier Konkretisierung) einer ziffernmäßig bestimmten Forderung. Es werde daher auch die Fälligkeit der Klagsforderung und damit die Zinsenentscheidung hinsichtlich des Beginnes und Zinsenlaufes einer besonderen Überlegung und Begründung bedürfen. Gleiches gelte auch für die Höhe des Verzögerungsschadens. Die Klägerin begehre einen Vorschuß für die voraussichtlichen Mängelbehebungskosten, habe also hiefür noch kein Kapital aufwenden müssen. Grundsätzlich bestehe der Schadenersatz bei Verzögerung einer Zahlung nur in den gesetzlichen Zinsen, in übersteigender Höhe bei Einsatz von Fremdkapital. Es werde daher zu klären sein, ob die Mangelbehebungskosten den Stand 1.8.1988 betreffen - in diesem Fall erscheine eine Verzinsung ab Fälligkeit gerechtfertigt - oder allenfalls den Stand zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung, weil dann die aufgewerteten Beträge wohl erst frühestens ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen wären.

Die Vereinbarung im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag über die Mitwirkung eines Technikers der Firma C***** an der Feststellung allfälliger Mängel könne in Verbindung mit der Übernahme des Hauses am 1.8.1988 und der Unterfertigung des Übernahmeprotokolles wohl nur bedeuten, daß augenfällige Mängel nach Übernahme ohne Mängelrüge nicht mehr geltend gemacht werden könnten, wie dies ohnehin der Regelung des § 928 ABGB entspreche. Es fehle aber eine Feststellung, ob und welche Mängel augenfällig bereits bei Übergabe erkennbar gewesen seien. Überdies bedürfe es weiterer Feststellungen zur Beurteilung, ob und welche Ansprüche der Klägerin mittlerweile verfallen seien, soweit sie über den Betrag von S 201.000 hinausreichten: Der Fristablauf für Gewährleistungsansprüche beginne bei Sachmängeln grundsätzlich mit der physischen Übergabe. Nur dort, wo ein Mangel seiner allgemeinen Natur nach typischerweise zum Übergabezeitpunkt nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkannt werden könne (Dichtheit des Daches, der Kellerwände oder das Auftreten von Wasserflecken im Hausinneren seien typischerweise erst nach Regen oder Schneefällen zu beurteilen), sei daher der Zeitpunkt des erstmaligen möglichen Erkennens festzustellen. Für jene Mängel, deren Erkennbarkeit vor dem 11.9.1989, also mehr als drei Jahre vor der Klagsausdehnung am 11.9.1992 gelegen sei, werde eine höhere Geltendmachung eines gegenüber der Klage erhobenen Verbesserungsaufwandes wegen Anspruchsverfalles nicht mehr möglich sein. Hinsichtlich dieser Mängel sei auch kein Feststellungsbegehren, auch nicht in Richtung Schadenersatzleistung in der Zukunft, berechtigt. Die rechtzeitige Geltendmachung eines Teilanspruches könne, zumal mit der Klage bereits ein Verbesserungsaufwand von mehr als S 400.000 behauptet worden und der Klägerin in diesem Umfang bekannt gewesen sei, nicht den Anspruch auf den gesamten Verbesserungsaufwand perpetuieren. Nur wenn sich im Laufe des Verfahrens herausstelle, daß anstelle etwa eines Verbesserungs- ein Minderungs- oder Wandelungsanspruch treten müsse (wegen unverhältnismäßiger Kosten oder Unmöglichkeit einer Verbesserung), sei nach Ablauf der Verfallfrist eine Klagsänderung zulässig. Nur für diesen Fall wäre wohl auch ein Feststellungsbegehren zulässig. Im vorliegenden Fall gebe es aber keinen Hinweis dafür, daß die Verbesserung unmöglich oder unwirtschaftlich sei. Es erscheine auch unzumutbar, der Klägerin bei mehreren möglichen Ursachen der aufgetretenen Mängel jeweils eine Behebungsvariante kostenmäßig zuzuerkennen und darüber hinaus noch die Haftung der beklagten Partei - sozusagen bis in alle Ewigkeit - für alle künftigen Mängel und Schäden festzustellen. Da die Klägerin behauptungs- und beweispflichtig sei, werde sie auch bei mehreren möglichen Varianten der Mangelursachen und entstehenden unterschiedlichen Behebungskosten nachzuweisen haben, welche Variante vorliege. Im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensaufwand erscheine jedenfalls die Vornahme jener Arbeiten, die zur Ermittlung der Schadensursachen und des Behebungsaufwandes erforderlich seien, zumutbar. Schließlich könne vom Sachverständigen auch ein nach Erfahrungssätzen angemessener Zuschlag für "Unvorhergesehenes" ermittelt werden, um eine endgültige Festlegung der Mängel- und Schadenbehebungskosten zu ermöglichen.

Wenn die Klägerin den gesamten erforderlichen Verbesserungsaufwand vorschußweise erhalte ,soweit er nicht verfallen oder bei augenfälligen Mängeln unbegründet sei, habe sie selbst für die gehörige Verbesserung aufzukommen und nachträglich auftretende Schäden und Mängel selbst zu vertreten. Nach Behebung der Mängel sei auch ein Mindererlös beim Verkauf schwer denkbar. Schäden und Mängel, die noch nicht hervorgekommen und typischerweise noch nicht erkennbar seien, rechtfertigten für sich allein noch kein Feststellungsbegehren, weil, sollten solche Schäden wider Erwarten noch auftreten, eine Verjährung oder Verfallsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zu den Fragen der Präzisierung von Einzelansprüchen nach Ablauf von Verfallsfristen im Wege eines Verbesserungsverfahrens und zur Möglichkeit und zum Umfang eines Feststellungsbegehrens zur Wahrung von Gewährleistungsansprüchen und unvorhergesehenen verborgenen Schäden im Interesse der Rechtssicherheit eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheine.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Schlüssigkeit einer Klage ist die Präzisierung der Klagsforderung nach rechtserzeugenden Tatsachen, die den Anspruch begründen, erforderlich. Die Klägerin hat Gewährleistung durch Ersatz des Verbesserungsaufwandes und Schadenersatz wegen verschuldeter Schlechterfüllung auf Grund konkret behaupteter Mängel in einer Gesamtsumme begehrt und ein Sachverständigengutachten vorgelegt, in welchem die einzelnen Positionen auch der Höhe nach mit Zirka-Beträgen aufgeschlüsselt sind. Daß zur Ermittlung der tatsächlichen Höhe der Klagsforderung ein gerichtliches Sachverständigengutachten erforderlich sein werde, war evident. Das Erstgericht hat auch in seinen Feststellungen dem Gutachten folgend eine Aufgliederung vorgenommen. Von einer Unschlüssigkeit der Klage kann, da sie alle Anspruchsvoraussetzungen und auch den geforderten Gesamtbetrag enthält, nicht gesprochen werden. Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall allerdings zu Recht, ohne daß dies die Folge einer Verfristung nach sich zöge, eine Aufgliederung der Einzelansprüche durch die Klägerin gefordert, weil die Möglichkeit besteht, daß einzelne Mängel und der hiefür geforderte Verbesserungsaufwand sowie das Feststellungsbegehren verjährt sind und damit eine Abgrenzung erforderlich ist.

Die Klägerin hat ihr Feststellungsbegehren sowohl auf ihre Gewährleistungsansprüche als auch auf das Bestehen einer Schadenersatzpflicht gestützt, sodaß die Berechtigung des gestellten Begehrens, da beide Ansprüche nebeneinander bestehen können, unter beiden Gesichtspunkten zu prüfen ist. Die Rechtsprechung hat ein Feststellungsinteresse zur Wahrung von Gewährleistungsansprüchen dann anerkannt, wenn noch nicht feststeht, welche einklagbare Rechtswirkungen (Wandlungs-, Preisminderungs-, Verbesserungsanspruch, aber auch Schadenersatzanspruch, infolge Verzuges des Gewährleistungspflichtigen mit der Verbesserung in Form des Ersatzes der Mängelbehebungskosten) der Leistungsstörung entsprechen. Es ist für den Gewährleistungsberechtigten nicht immer möglich, auf Grund seiner mangelhaften Kenntnisse der Ursachen der unzureichenden Qualität der Leistung und der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Behebung den einen oder anderen der aus dem vorhandenen Qualitätsmangel ableitbaren konkreten Ansprüche mit Leistungsklage geltend zu machen, also Wandlung oder Preisminderung oder Verbesserung bzw Nachtrag des Fehlenden zu begehren (EvBl 1982/32). Gleiches muß gelten, wenn der Berechtigte, dem das Wahlrecht zusteht, Verbesserung oder den Verbesserungsaufwand oder Preisminderung zu begehren, der aber an die einmal getroffene Wahl gebunden bleibt, es sei denn eine Verbesserung kommt wegen Unwirtschaftlichkeit nicht in Betracht, die Höhe des Sanierungsaufwandes nicht abschätzen kann. Will er nicht Kostenfolgen wegen erheblicher Überklagung oder eine Verfristung eines die geltend gemachte Summe tatsächlich übersteigenden Verbesserungsaufwandes riskieren, dann muß er innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Feststellungsbegehren erheben. Eine Klagsausdehnung um bisher nicht geltend gemachte Beträge für bestimmte Mängel kommt nach Ablauf der Verjährungsfrist ebensowenig in Betracht wie ein erst danach gestelltes Feststellungsbegehren, das ja gerade dazu dienen soll, den Ablauf der Frist zu verhindern.

Auf die vom Berufungsgericht zitierte Ansicht Reischauers in Rummel2 Rz 3 a zu § 933, daß der Fristablauf für Gewährleistungsansprüche für Mängel, die ihrer allgemeinen Natur nach typischerweise zum Übergabezeitpunkt nicht erkennbar seien, nicht schon mit der physischen Übergabe, sondern erst ab Erkennbarkeit zu laufen beginne, muß hier nicht näher eingegangen werden, weil die Klägerin ihr Begehren auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt hat und die Verjährung eines solchen Anspruches, aber auch eines auf ein bestimmtes Schadenereignis gestütztes Feststellungsbegehrens erst in Gang gesetzt wird, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und damit auch der Ursachenzusammenhang sowie die Person des Ersatzpflichtigen so weit bekannt wurden, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann. Die Kenntnis des Schadens ist ohne Zweifel dann anzunehmen, wenn der Schaden auch schon der Höhe nach bekannt ist, doch ist dies nicht erforderlich, weil der Eintritt der Verjährung durch Feststellungsklage verhindert werden kann (SZ 62/150 uva). Die vom Berufungsgericht für den Beginn des Laufes der Gewährleistungsfrist angenommenen Zeitpunkte der Erkennbarkeit der Mängel hat jedenfalls den Lauf der Verjährung der Schadenersatzansprüche in Gang gesetzt, soweit nicht hinsichtlich der augenfälligen, für jedermann bei normaler Sorgfalt leicht erkennbaren Mängel bei Übergabe durch mangelnde Geltendmachung und Aufnahme in das unterfertigte Übernahmeprotokoll Verzicht anzunehmen ist.

Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß die Klägerin, die den Ersatz des Aufwandes für Verbesserungskosten gewählt hat, für deren Höhe auch behauptungs- und beweispflichtig ist und die zweifelsfreie Ermittlung der Schadensursachen und des Behebungsaufwandes im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensaufwand und auch die seit Auftreten der Mängel verstrichene lange Zeit einerseits hinsichtlich der den größten Teil der Mängel ausmachenden Wasserschäden die Ursachenerforschung erleichtern müßte, andererseits aber auch wegen zunehmender Beweisschwierigkeiten eine endgültige Klärung erfordert. Der Zuspruch der Kosten einer von mehreren Ursachen- und Behebungsvarianten unter gleichzeitigem Vorbehalt weiterer Varianten in einem Feststellungsurteil ohne zeitliche Eingrenzung kommt, auch wenn Verjährung noch nicht eingetreten sein sollte, nicht in Betracht. Einem Begehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für derzeit noch gar nicht erkennbare künftige Schäden, nachteilige Folgen oder einen Mindererlös aus einem zukünftigen Verkauf aber fehlt das rechtliche Interesse, weil für solche noch gar nicht absehbare, allenfalls in Zukunft auftretende Schäden, die nicht schon aus dem bisherigen Schadenereignis abgeleitet werden können, eine Verjährungsfrist erst ab Kenntnis zu laufen begänne.

Ein kumulatives Begehren auf Ersatz der Mangelbehebungskosten und eines Minderwertes käme nur dann in Betracht, wenn die Mängel nur teilweise behoben werden könnten, nicht aber, wenn, wie hier, der Erfüllungsmangel zur Gänze beseitigt werden kann (JBl 1984, 203).

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zum Zinsenbegehren sind zutreffend. Verzugszinsen sind nur bei Geldschulden zu zahlen, weil das Gesetz bei Geldschulden unterstellt, daß diesen Ertrag jedermann hätte erzielen können. Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin aber die Bevorschussung der von ihr selbst vorzunehmenden Naturalrestitution, nämlich den Wert der Leistung, die Behebungskosten, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wird nicht der Wert zum Übergabezeitpunkt, sondern zu einem späteren Zeitpunkt gefordert, darf die Verzinsung dieses Wertes nicht schon von einem früheren Zeitpunkt an begehrt werden (SZ 25/128). Eine Verzinsung, die mangels eines Kapitaleinsatzes durch die Klägerin nur in Höhe der gesetzlichen Zinsen berechtigt ist, kann daher erst ab jenem Zeitpunkt gefordert werden, auf welchem die Berechnung der Höhe der Behebungskosten beruht.

Durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles tritt das Verfahren in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zurück. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin ist es der beklagten Partei nicht verwehrt, ihre Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und Beweisanbote, welche vom Erstgericht im ersten Rechtsgang wegen Verspätung und Verschleppungsabsicht nicht berücksichtigt wurden, nunmehr neuerlich geltend zu machen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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