OGH 7Ob548/94

OGH7Ob548/9427.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nadja S*****, ***** vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wider die beklagte Partei ***** Z***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 86.187,16 sA, infolge außerordentlicher Revision beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 28. April 1993, GZ 48 R 231/93-20, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 16. November 1992, GZ 9 C 57/92h-13, infolge Berufung der beklagten Partei teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß es insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Das Begehren der klagenden Partei, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 86.187,16 sA binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 33.668,40 (darin enthalten S 4.810,80 Umsatzsteuer und S 4.800,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.094,-- (darin enthalten S 849,-- Umsatzsteuer und S 6.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagende Partei wird mit ihrer außerordentlichen Revision auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Hauptmieterin einer Halle in M*****, und zur Untervermietung berechtigt. Sie bot einen noch abzutrennenden Teil dieser Halle der beklagten Partei zur Anmietung an. Der angebotene Hallenteil verfügte weder über eine eigene Zufahrt noch über ein Einfahrtstor. Die Klägerin bot der beklagten Partei, die sich geweigert hatte, dieses Tor und die Zufahrt herzustellen an, Zufahrt und Tor auf eigene Kosten unter der Bedingung zu errichten, daß die beklagte Partei die anteiligen Kosten in Höhe von 1/36 der Kosten der Tor- bzw. Auffahrtserrichtung pro Monat ersetzen sollte, falls der Untermietvertrag vor Ablauf von drei Jahren ende. Anläßlich dieser Besprechung wurde vom Vater der Klägerin (dem Eigentümer der Liegenschaft) auch erwähnt, daß hinsichtlich der Einfahrtsrampe ein Niveauunterschied von 40 cm bestehe. Dies wurde von einem Mitarbeiter der beklagten Partei, der mit der Führung der Vorverhandlungen betraut war, zur Kenntnis genommen. Er machte weder die Klägerin noch ihren Vater darauf aufmerksam, daß bei einem größerem Niveauunterschied die Halle für die Zwecke der beklagten Partei unbrauchbar sei, sondern erwähnte nur, daß das Tor so beschaffen sein müsse, daß auch LKWs in das Innere der Halle gelangen könnten. Weitere technische Details über die Einfahrt wurden nicht besprochen. Der Klägerin wurden nur die Tormaße bekanntgegeben. Der Mitarbeiter der beklagten Partei holte in der Folge die Zustimmung der Direktion der beklagten Partei ein und ersuchte die Klägerin wegen der Dringlichkeit der Arbeiten, mit deren Durchführung sobald als möglich zu beginnen. Im Büro der Klägerin wurde gemeinsam ein Untermietvertrag aufgesetzt, der die mündlich getroffene Vereinbarung festlegen sollte. Der Vertragsentwurf wurde im Original an die beklagte Partei übermittelt, von deren Prokuristen unterfertigt und zur Unterfertigung durch die Klägerin in deren Büro gebracht. Bei Durchsicht des Vertrages durch den Vater und den Bruder der Klägerin stellten diese fest, daß Punkt 10 Abs 2 des Vertrages (betreffend den Aufwandersatz bei vorzeitiger Vertragsauflösung) insofern mißverständlich bzw. unvollständig formuliert war, als dieser nicht exakt der mündlichen Vereinbarung entsprach, worauf sie im Einvernehmen mit dem - mit der Führung von Vorverhandlungen beauftragten - Mitarbeiter der beklagten Partei den Vertragsentwurf mit Bleistift korrigierten. Dieser Mitarbeiter erklärte nicht, daß die beklagte Partei vom Vertragsabschluß Abstand nehmen werde, wenn die Klägerin nicht sofort unterzeichne, sondern sicherte ihr vielmehr auf deren Ersuchen, den Vertragsentwurf wieder mitzunehmen und die Unterfertigung zu veranlassen zu, daß dies nur eine Formsache sei und jeder wisse, was gemeint sei. Er zeigte sich auch darüber ungehalten, weil nunmehr der ganze "Instanzenzug" nochmals durchschritten werden müsse. Der Mitarbeiter der beklagten Partei nahm den Originalvertrag wieder mit; eine Kopie des Vertrages verblieb bei der Klägerin. Die Klägerin gab unmittelbar darauf die Arbeiten zur Herstellung der Auffahrtsrampe in Auftrag. Während der Herstellungsarbeiten waren öfters Mitarbeiter der beklagten Partei auf dem Gelände, über die gegenständlichen Arbeiten wurde aber nichts mehr gesprochen. Der Originalmietvertrag wurde von der beklagten Partei nicht mehr unterfertigt, die Klägerin fragte aber bei der beklagten Partei nicht nach. Nach Erstellung der Einfahrtsrampe und Einbau des Hallentores besichtigten die Klägerin, der Vater und Mitarbeiter der beklagten Partei die Halle. Diese bemängelten, daß die Einfahrtsrampe zu steil sei. Die beklagte Partei erklärte, die Halle aus diesem Grunde nicht mieten zu können und verweigerte die Bezahlung der Kosten für die durchgeführten Arbeiten.

Die Klägerin begehrt ausgehend von diesem Sachverhalt die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung der Herstellungskosten der Einfahrtsrampe und des Hallentores. Die beklagte Partei sei vorzeitig vom wirksam geschlossenen Untermietvertrag zurückgetreten und habe daher vereinbarungsgemäß die Kosten für die Errichtung der Einfahrtsrampe und des Tores zu ersetzen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zwar ein Angebot zum Abschluß eines Untermietvertrages vorgelegen, doch habe dies die Klägerin nicht angenommen. Ein Untermietvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Die Einfahrt habe den Anforderungen der beklagten Partei nicht entsprochen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ein Untermietverhältnis sei zwar nicht gültig zustandegekommen, doch sei durch das Verhalten der für die beklagte Partei agierenden Personen bei der Klägerin der Glaube erweckt worden, daß der Unterzeichnung des schriftlichen Vertrages nichts mehr im Wege stehe und diese nur mehr eine Formsache sei. Die Klägerin habe aufgrund der Aufforderung des Mitarbeiters der beklagten Partei, mit den Arbeiten sofort zu beginnen, und weil dieser während der Arbeiten auf dem Gelände anwesend gewesen sei, darauf vertrauen können, daß der Vertrag zustandekommen werde. Die Klägerin sei aufgrund des Verhaltens des Mitarbeiters der beklagten Partei zum Tätigwerden veranlaßt worden und sei daher berechtigt, den Vertrauensschaden in Höhe der tatsächlich gemachten Aufwendungen zu begehren.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung nur teilweise Folge. Zwar habe sich die Klägerin in ihren Klagsbehauptungen nur auf das Zustandekommen eines Untermietvertrages gestützt, doch hindere dies das Gericht nicht, den Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Entgegen der Rechtsmeinung des Erstgerichtes sei es zum Abschluß eines Untermietvertrages gekommen. Es sei nicht behauptet worden, daß für das Zustandekommen des Bestandvertrages die Schriftform gewählt worden sei. Im Büro der Klägerin sei eine Untermietvertragsurkunde aufgesetzt worden, die das mündlich Besprochene festlegen sollte. Die Klägerin sei durch Übermittlung des Vertragsentwurfes an den zeichnungsberechtigten Prokuristen der beklagten Partei an ihre Willenserklärung (dokumentiert im Vertragsentwurf) gebunden. Dieses Anbot sei von der beklagten Partei angenommen worden, ohne daß es einer weiteren Unterfertigung des Vertrages durch die Klägerin bedurft hätte. Dieses von der beklagten Partei angenommene Angebot sei insoferne von Bedeutung, als es den Nachweis des bereits erklärten Willens der Klägerin darstelle. Allfällige von ihr angestrebten Änderungen dieser Beweisurkunde könnten nur als neues Angebot gewertet werden, das von der beklagten Partei nicht mehr angenommen worden sei. In dem von der Klägerin der beklagten Partei vorgelegten Untermietvertrag seien die Umbaukosten mit S 80.000,-- festgelegt worden, sodaß nur dieser Betrag zuzusprechen sei.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.

Gegen dieses Urteil richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin strebt die Abänderung der Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung, die beklagte Partei dagegen im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens an.

Die Klägerin hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann von einem bereits zustandegekommenen Untermietvertrag nicht ausgegangen werden.

Nach den Feststellungen verhandelte die Klägerin mit einem zum Vertragsabschluß nicht berechtigten Mitarbeiter der beklagten Partei, der lediglich zur Führung von "Vorverhandlungen" befugt war. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wurde in einem Vertragsentwurf festgehalten, der schließlich von den zeichnungsberechtigten Vertretern der beklagten Partei unterfertigt und der Klägerin zur Gegenzeichnung rückgemittelt wurde. Erst bei dieser Gelegenheit bemängelte der Vater der Klägerin, daß der Vertragsentwurf nicht den mündlichen Vereinbarungen entspreche, worauf der schriftliche Vertrag von der Klägerin nicht unterfertigt sondern korrigiert und der beklagten Partei zur neuerlichen Unterfertigung wieder übermittelt wurde. Der mit der Übermittlung beauftragte Mitarbeiter der beklagten Partei sicherte zwar zu, die Unterfertigung durch die zeichnungsberechtigten Vertreter (neuerlich) zu veranlassen, zeigte sich aber ungehalten, weil nunmehr der ganze "Instanzenzug" nochmals durchschritten werden müsse.

Die Klägerin hat daher mit der Weigerung, den ihrer Meinung nach den mündlichen Vereinbarungen nicht entsprechenden Vertrag zu unterfertigen, entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes eindeutig zu erkennen gegeben, sich an diesen Vertrag nicht gebunden zu erachten, sondern vielmehr ein neuerliches, geändertes Anbot an die beklagte Partei gestellt, das von dieser nicht mehr angenommen wurde. An dieses neuerliche Anbot ist aber die Klägerin bis zur Annahme durch die beklagte Partei gebunden.

Durch die Korrektur des bereits von den zeichnungsberechtigten Vertretern der beklagten Partei unterfertigten Vertragsentwurfes und durch die Übermittlung des korrigierten Entwurfes zur neuerlichen Unterfertigung ist der mangelnde Bindungswille der Klägerin an den ursprünglichen Vertrag dokumentiert. Sie mußte auch aus der Mitteilung, daß nunmehr der ganze Instanzenweg nochmals durchlaufen werden müsse, selbst erkennen, daß ein beide Teile bindender Untermietvertrag noch nicht zustandegekommen ist. Der Klägerin ist der ihr obliegende Nachweis, sich bereits vor Unterfertigung des Vertrages binden zu wollen, nicht nur nicht gelungen (vgl. Rummel in Rummel Rz 2 zu § 884), sondern sie hat im Gegenteil durch die verweigerte Unterfertigung ihren mangelnden Bindungswillen ausdrücklich bekundet.

Hat sie aber selbst die Unterfertigung des Originalvertrages abgelehnt, kann sie den ursprünglich von ihr nicht genehmigten Vertrag nicht dadurch wieder ins Leben rufen, daß sie einseitig die ihr verbliebene Kopie des Vertrages unterfertigt, nachdem sie bereits ein anderes Anbot an die beklagte Partei gerichtet hatte.

Ist aber ein Untermietvertrag nicht zustandegekommen, kann der allein auf das Zustandekommen eines solchen Vertrages gestützten Klage kein Erfolg beschieden sein.

Da sich die Klägerin in ihrer Klage auf diesen Rechtsgrund beschränkt hat und Tatsachenvorbringen, das eine weitergehende rechtliche Überprüfung zuließe, im Verfahren erster Instanz nicht erstattet hat, konnte dem Begehren auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund, etwa aus dem Titel des Vertrauensschadens, stattgegeben werden (JBl 1986, 537, RdW 1986, 271).

Der Revision war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Klägerin wird mit ihrer Revision auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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