OGH 12Os48/94(12Os49/94, 12Os63/94)

OGH12Os48/94(12Os49/94, 12Os63/94)21.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.April 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sonja P***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7.Oktober 1993, GZ 20 h Vr 4721/93-66, ferner über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den gleichzeitig mit diesem Urteil gefaßten Beschluß auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO und den Antrag der Angeklagten auf Erteilung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelausführungsfrist, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung wird verweigert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die außerdem von der Staatsanwaltschaft erhobene Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Sonja P***** wurde aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Demnach hat sie am 8.April 1993 in Wien Alfred E***** durch einen Stich mit einem Küchenmesser in die linke Brustkorbhinterseite vorsätzlich getötet.

Die Angeklagte meldete in der Hauptverhandlung vom 7.Oktober 1993 unmittelbar nach der Urteilsverkündung (jeweils ohne Bezeichnung einzelner Anfechtungsgründe) die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Nachdem ihrem Verteidiger eine Ausfertigung des angefochtenen Urteils zur Rechtsmittelausführung am 13.Jänner 1994 zugestellt worden war, gab dieser die Rechtsmittelschrift erst am 10.Februar 1994, sohin nach Ablauf der hier gesetzlich maßgebenden Ausführungsfrist von 14 Tagen (§§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 StPO jeweils aF; Art IV Abs 6 StPÄG 1993) zur Post.

Dem mit der verspäteten Rechtsmittelausführung verbundenen Antrag auf Erteilung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung kommt keine Berechtigung zu. Der in der Antragsbegründung ausführlich dargelegte personelle Engpaß im Bereich der Verteidigerkanzlei stellt zwar eine nachvollziehbare Erklärung für die dem Verteidiger (unter dem solcherart gesteigerten Arbeitsdruck) persönlich unterlaufene Fehlkalendierung des Fristendes dar, läßt aber selbst unter Berücksichtigung der glaubhaft bescheinigten Begleitumstände dieser anwaltlichen Fehlleistung die angestrebte Wiedereinsetzung aus der Sicht des § 364 Abs 1 Z 1 StPO auch nach der im Strafprozeßänderungsgesetz 1993 normierten Neufassung nicht zu. Handelt es sich doch bei der - wenn auch durch den verstärkten Arbeitsdruck infolge Übernahme von Kanzleiagenden geförderten - Falscheintragung des prozeßrechtlich zentral bedeutsamen, weil die Rechtsmittelausführung betreffenden Fristenvormerks nicht um ein Versehen bloß minderen Grades. Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen war die Wiedereinsetzung daher zu verweigern.

Als Konsequenz davon war die - allein auf § 345 Abs 1 Z 10 a StPO gestützte, im übrigen nach Lage des Falles vorweg offenbar unbegründete - Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten schon in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, weil der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht schon bei der Anmeldung bezeichnet, die Rechtsmittelausführung jedoch verspätet überreicht wurde (§§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2, 344 StPO).

Über die Berufungen sowie die weiters von der Staatsanwaltschaft gegen den gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO gefaßten Beschluß auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht erhobene Beschwerde wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285 i, 344; 498 Abs 3 StPO). Der Angeklagten steht die Möglichkeit offen, die Ausführung ihrer Berufung bei der darüber anzuberaumenden mündlichen Verhandlung nachzuholen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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