OGH 6Ob10/94

OGH6Ob10/9414.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12.Juli 1993 verstorbenen Helmut B*****, infolge Revisionsrekurses des erblasserischen Sohnes Klaus Christian V*****, vertreten durch Dr.Heimo Verdino und Dr.Gottfried Kassin, Rechtsanwälte in St.Veit/Glan, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Dezember 1993, GZ 3 R 530/93-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirchen vom 8.November 1993, GZ A 201/93h-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 12.7.1993 verstorbene Helmut B***** war Alleineigentümer der 6,0592 ha großen Liegenschaft EZ *****. Davon sind 4,7818 ha landwirtschaftlich und als Garten genützt, 1,2549 ha Wald und 0,0225 ha Baufläche. In seinem Testament vom 22.1.1981 sezte der Erblasser seine Nichte Melitta M*****, nunmehr verehelichte D*****, zur Alleinerbin ein; seinen außerehelichen Sohn Klaus Christian V***** beschränkte er auf den Pflichtteil. Der landwirtschaftliche Betrieb verfügt über ein zur Bewirtschaftung der Liegenschaft notwendiges Wirtschaftsgebäude (Stadel mit Stall) und erforderliches Zubehör. Noch vor einigen Jahren umfaßte die Liegenschaft auch ein Wohngebäude. Da dieses stark sanierungsbedürftig war, wurde der Entschluß gefaßt, ein neues Wohnhaus zu errichten. Zu diesem Zweck wurde aus der Liegenschaft im Jahre 1990 eine Teilfläche von 614 m2 abgetrennt und in das Eigentum der erbl. Nichte Melitta D***** und deren Ehemannes übertragen, die darauf ein Wohnhaus, in welchem auch der Erblasser zuletzt wohnte, errichteten.

Die Nichte des Verstorbenen beantragte im Verlassenschaftsverfahren die Feststellung, daß die Liegenschaft einen Erbhof iSd Kärnter Erbhöfegesetzes darstelle, während der pflichtteilsberechtigte Sohn den Standpunkt vertritt, dieses Gesetz komme schon mangels eines Wohnhauses auf der Liegenschaft und wegen zu geringer Größe der landwirtschaftlichen Fläche nicht zur Anwendung.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Nachlaßliegenschaft einen Erbhof iSd Kärnter Erbhöfegesetzes 1990 darstelle. Die Hofgröße betrage knapp über 6 ha; eine Hofstelle und Zubehör seien vorhanden. Der Umstand, daß derzeit kein in die Verlassenschaft fallendes Wohngebäude mehr vorhanden sei, hindere die Annahme der Erbhofeigenschaft nicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Noterben keine Folge.

Im Gegensatz zur früheren Gesetzeslage setze das Kärnter Erhöfegesetz 1990 das Vorhanden eines Wohnhauses nicht mehr voraus. § 2 Abs 1 verlange nur mehr einen "mit einer Hofstelle versehenen Betrieb". Nach der Regierungsvorlage zu diesem Gesetz (462, 10) seien unter einer Hofstelle die zum Betrieb der Landwirtschaft erforderlichen Baulichkeiten zu verstehen, also etwa Scheunen, Ställe, Tennen, Silos, Lagerhallen, Garagen und ähnliches. Daß ein Wohnhaus in aller Regel vorhanden sein werde, setze nicht voraus, es müsse auch immer vorhanden sein. Nicht ein benütztes Wohnhaus, sondern das Vorhandensein der zum Betrieb notwendigen Baulichkeiten sei entscheidend.

Auch die im Gesetz für das Vorliegen eines Erbhofes angeführte Untergrenze von zumindest 5 ha werde durch das Flächenausmaß der Nachlaßliegenschaft von etwas mehr als 6 ha überschritten. Der Umstand, daß davon rund 1,2 ha auf Wald entfielen, ändere daran nichts. Nach § 2 Abs 2 Satz 2 Kärnter Erbhöfegesetz seien nur ausschließlich forstwirtschaftlich genutzte Güter nicht zu den landwirtschaftlichen Betrieben zu zählen. Dies bedeute, daß "gemischte Höfe", auf denen sowohl Land- als auch Fortwirtschaft betrieben werde, in den Anwendungsbereich des Kärnter Erbhöfegesetzes 1990 fielen. Es könne daher nicht ausschließlich die Größe der bloßen Landwirtschaft berücksichtigt werden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der über den Einzelfall hinaus erheblichen Frage, ob jedenfalls ein Wohnhaus vorhanden sein müsse und ob die landwirtschaftlich genutzte Fläche auch bei einem "gemischten Hof" zumindest 5 ha betragen müsse, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Zutreffend haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß anläßlich der Neufassung des Kärntner Erbhöfegesetzes 1990 durch BGBl 1989/658 die Definition des Erbhofes im § 2 geändert wurde. Während nach der alten Rechtslage normiert war, daß als Höfe mittlerer Größe im Sinne des Gesetzes mit einem Wohnhaus versehene landwirtschaftliche Besitzungen anzusehen sind, definiert § 2 Abs 1 Erbhöfe nunmehr als landwirtschaftliche, mit einer Hofstelle versehene Betriebe mittlerer Größe, deren Flächenausmaß überdies von 3 auf 5 ha angehoben wurde.

Die schon vom Rekursgericht zitierten erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage hiezu sind klar und eindeutig. Der Gesetzgeber wollte offenbar der Entwicklung Rechnung tragen, daß landwirtschaftliche Betriebe häufig nicht mehr von alten, oft nicht mehr mit vertretbaren Kosten sanierbaren Bauernhöfen, sondern von einer zeitgemäßen anderen Wohnmöglichkeit aus geführt werden. Das Vorhandensein eines Wohnhauses auf der Liegenschaft ist für die Beurteilung, ob ein Erbhof vorliegt, daher nicht mehr entscheidend.

Anders als im § 1 Anerbengesetz nF, in welchem Erbhöfe als mit einer Hofstelle versehene land- und forstwirtschaftliche Betriebe beschrieben werden, spricht § 2 Abs 1 des Kärnter Erbhöfegesetzes 1990 nur von landwirtschaftlichen, mit einer Hofstelle versehenen Betrieben, während aber im Abs 2 der Begriff der landwirtschaftlichen Betriebe auch auf solche erweitert wird, die ausschließlich oder vorwiegend dem Obst- oder Gemüseanbau dienen; nur ausschließlich forstwirtschaftlich genutzte Güter werden davon ausgenommen. Daraus ergibt sich durch Umkehrschluß aber, daß sogenannte "gemischte Höfe", auf denen sowohl Land- als auch Fortwirtschaft betrieben wird, unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen (vgl Kathrein Anerbenrecht S 56 Anm 2). Gerade in Kärnten sind solche gemischten Höfe, in welchen ein Teil des bäuerlichen Einkommens aus der Waldnutzung bezogen wird, der Regelfall. Das auf einen solchen Wald fallende Flächenmaß ist daher der rein landwirtschaftlich genutzten Fläche bei der Beurteilung, ob ein Gesamtflächenausmaß von mindestens 5 ha erreicht wird, hinzuzurechnen.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Erbhofeigenschaft bejaht. Dem Revisionsrekurs war ein Erfolg zu versagen.

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