OGH 13Os34/94

OGH13Os34/9413.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jannach als Schriftführerin, in der beim Landesgericht Linz zum AZ 22 Vr 281/94 anhängigen Strafsache gegen Mag.Adolf H* wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Mag. Adolf H* gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. Februar 1994, AZ 8 Bs 72/94 (GZ 22 Vr 281/94‑15 des Landesgerichtes Linz) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0130OS00034.9400000.0413.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Mag.Adolf H* im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Gegen Mag.Adolf H* wurde mit Beschluß des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes Linz vom 13.Februar 1994 wegen des dringenden Verdachtes des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB die Voruntersuchung eingeleitet (S 1 verso, ON 6) und nach Vernehmung zur Sache über den Beschuldigten aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO die Untersuchungshaft verhängt (S 241). Eine Ausfertigung des Beschlusses (ON 7) wurde ihm sofort, seinem Verteidiger am 14.Februar 1994 zugestellt. Noch an diesem Tag überreichte der Verteidiger einen Enthaftungsantrag (ON 8), am 15.Februar 1994 mittels Telekopierer eine Haftbeschwerde (ON 9), die auf dem Postweg auch am 16.Februar 1994 (ON 10) einlangte.

Noch am selben Tag (16.Februar 1994) wurde die Haftbeschwerde dem Oberlandesgericht Linz vorgelegt, wo sie am 22.Februar 1994 einlangte (ON 12).

Mit seinem sofort am 22.Februar 1994 gefaßten Beschluß (ON 15) gab das Oberlandesgericht Linz der Haftbeschwerde Folge, stellte fest, daß der Beschluß des Untersuchungsrichters nicht gesetzmäßig ist, und hob die Untersuchungshaft auf, worauf nach fernmündlicher Verständigung um 15.15 Uhr dieses Tages um 15.45 Uhr die Enthaftung des Beschuldigten erfolgte (ON 13 und 14).

Gegen den Beschluß des Beschwerdegerichtes erhebt Mag.Adolf H* eine nominell nur auf § 2 Abs 2 GRBG gestützte Grundrechtsbeschwerde. In dieser behauptet er, daß seine Enthaftung zu spät erfolgt sei, weil sie ‑ wie er meint ‑ schon auf Grund seines Enthaftungsantrages hätte verfügt werden müssen. Überdies sei die Vorlage seiner Beschwerde durch die erste Instanz verzögert worden, was eine verspätete Entscheidung des Oberlandesgerichtes zur Folge gehabt hätte, darüber hinaus bemängelt er die seine Haft begründende Entscheidung des Untersuchungsrichters.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Zunächst ist davon auszugehen, daß Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde nach § 1 Abs 1 GRBG nur gerichtliche Entscheidungen oder Verfügungen nach Erschöpfung des Instanzenzuges sein können. Der Grundrechtsbeschwerde unterliegen demnach Beschlüsse, gegen die kein Rechtsmittel zulässig ist, wie auch Rechtsmittelentscheidungen ohne weiteren Rechtszug, im letzteren Fall aber nur diese und nicht (auch) vorangegangene Entscheidungen von Vorinstanzen (JAB 852 BlgNR XVIII.GP zu § 1).

Unter diesem Gesichtspunkt ist das in der Grundrechtsbeschwerde enthaltene weitwendige Vorbringen gegen den (erfolgreich bekämpften) Beschluß des Untersuchungsrichters sowie gegen dessen angebliche (tatsächlich aber nicht vorliegende) Verzögerungen, gegen die keine Beschwerde nach § 113 StPO ergriffen wurde (EvBl 1993/115), schon von vornherein verfehlt.

Nach § 2 Abs 2 GRBG kann überdies auch aus Anlaß einer die Freiheitsbeschränkung beendenden Entscheidung oder Verfügung die Grundrechtsbeschwerde "mit der Behauptung erhoben werden, daß die Entscheidung oder Verfügung zu spät getroffen worden sei". Diese Erweiterung des Anwendungsbereiches trägt dem Umstand Rechnung, daß das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen an der Feststellung einer entsprechenden Grundrechtsverletzung mit deren Beendigung nicht unbedingt wegfallen muß. Demnach sollen ungerechtfertigte Verzögerungen durch das Gericht der letzten Instanz in jedem Fall als Grundrechtsverletzung bekämpfbar sein. Auch verspätete Entscheidungen von Vorinstanzen können "aus Anlaß einer die Freiheitsbeschränkung beendenden Entscheidung oder Verfügung", als Grundrechtsverletzung aufgegriffen werden (erneut JAB aaO), sofern dadurch die Enthaftung verzögert wurde.

Die vorliegende Beschwerde ist jedoch nicht in der Lage, eine derartige, aus der Sicht des § 2 Abs 2 GRBG im hier aktuellen Sachzusammenhang wahrnehmbare Grundrechtsverletzung aufzuzeigen, weil die Haftbeschwerde ‑ entgegen den Ausführungen der Grundrechtsbeschwerde ‑ umgehend an das Oberlandesgericht vorgelegt wurde, sodaß insoweit eine Verspätung in erster Instanz (die zu einer zu späten Entscheidung zweiter Instanz geführt hätte) nicht eintrat. Eine im Bereich der zweiten Instanz eingetretene Verspätung wurde ‑ mit Fug ‑ überhaupt nie behauptet.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Demgemäß hat eine Kostenentscheidung zu entfallen (§ 8 GRBG).

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