OGH 4Ob15/94

OGH4Ob15/9412.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Arnulf Summer und Dr.Nikolaus Schertler, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei ***** C***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. Dezember 1993, GZ 2 R 266/93-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 28.September 1993, GZ 6 Cg 121/93k-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagte hat über die Verbreitung ihres Magnetkartensystems für

Skilifte in Skigebieten folgende Angaben gemacht:

a) In einer im Oktober 1992 herausgegebenen Werbebroschüre: "Heute sind weltweit schon in mehr als 800 Skigebieten Skidata - Systemlösungen im Einsatz";

b) In einem Geschäftsbrief vom 7.1.1993 an eine Skiliftgemeinschaft:

"850 mit System - Skidata ausgestattete Skigebiete weltweit belegen die Kompetenz unseres Unternehmens im Bereich Ticketing im Skibereich";

c) In einer um die Jahresmitte 1993 veröffentlichten Werbebroschüre:

"Rund 1000 Skigebiete arbeiten inzwischen mit der Magnettechnologie".

Das Rekursgericht trat zwar der erstgerichtlichen Beweiswürdigung bei, daß der Klägerin die Bescheinigung der Unrichtigkeit dieser Werbeangaben nicht gelungen sei, vertrat aber in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß hier die Voraussetzungen für eine Beweislastverschiebung gegeben seien, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, die Richtigkeit ihrer Werbebehauptungen zu bescheinigen. Es erließ daher eine einstweilige Verfügung, mit der es der Beklagten verbot, zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten oder die Behauptung zu verbreiten, daß rund 1000 Skigebiete mit der von der Beklagten entwickelten Magnettechnologie arbeiten.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist ungeachtet des nicht bindenden Ausspruches (§§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 letzter Satz ZPO), daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung trifft zwar auch bei Inanspruchnahme einer Spitzenstellung grundsätzlich den Kläger die Beweislast für die Unrichtigkeit der Werbeangaben des Beklagten; eine Verschiebung der Beweislast tritt aber dann ein, wenn der Kläger im Einzelfall mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, während dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben. Entscheidend ist, ob die Umstände des konkreten Falles ausnahmsweise eine solche Überwälzung der Beweis-(Bescheinigungs-)last auf den Beklagten rechtfertigen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 819 Rz 80 zu § 3 dUWG; ÖBl 1983, 42; ÖBl 1984, 97; 4 Ob 100/88; ÖBl 1992, 42; MR 1992, 78 uva). Auch über den Bereich der Alleinstellungswerbung hinaus ist diese Beweislastverschiebung unter den genannten Voraussetzungen bei sonstigen Verstößen gegen § 2 UWG für anwendbar erklärt worden (4 Ob 315/76; ÖBl 1977, 71 = SZ 50/20). Die gleichen Grundsätze wurden auch im Falle von Beweisschwierigkeiten des Klägers bei Schadenersatzansprüchen aus Vertragsverletzungen angewandt (SZ 49/109; SZ 56/78).

Die Frage aber, ob die konkreten Umstände eines Einzelfalles die grundsätzlich mögliche Verschiebung der Beweislast rechtfertigen, berührt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Revisions(rekurs)rechts; auch kann in der Auffassung des Rekursgerichtes, daß die vorliegenden Umstände die Beweislastverschiebung gebieten, keine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Die Klägerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund hingewiesen; sie hat daher gemäß § 393 Abs 1 EO die Kosten der Rechtsmittelgegenschrift (nur) vorläufig selbst zu tragen.

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