Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, es werden das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (B 2) und - gemäß § 290 Abs. 1 StPO - in der Unterstellung der zu A III als Verbrechen der schweren Nötigung abgeurteilten Tathandlungen auch unter die Z 3 des § 106 Abs. 1 StGB, demgemäß auch in dem Ausspruch über die Freiheitsstrafe einschließlich der Vorhaftanrechnung, sowie ferner der Widerrufsbeschluß gemäß (richtig:) § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Der (als "Beschwerde" bezeichneten) Berufung des Angeklagten gegen das Einziehungserkenntnis wird nicht Folge gegeben.
Mit ihren gegen den Ausspruch über die Freiheitsstrafe gerichteten Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte, dieser auch mit seiner Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß, auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde der am 26.April 1971 geborene Paul S***** (zu A I) des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB, (zu A II) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB, (zu A III) des Verbrechens der schweren Nötigung nach (zu ergänzen: § 105 Abs. 1 und) § 106 Abs. 1 Z 1 und Z 3 StGB, (zu B) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und (zu C) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 3 WaffenG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 26 Abs. 1 StGB wurde auf Einziehung eines Luftdruckgewehres und eines Dolches erkannt. Gleichzeitig erging ein Widerrufsbeschluß im Sinne des § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO.
Dem Schuldspruch zufolge hat der Angeklagte in Wien
A vom 3.Oktober 1992 bis 7.Oktober 1992 Claudia J*****
I auf eine Weise widerrechtlich gefangen gehalten, die ihr besondere Qualen bereitete, indem er sie in ihre Wohnung einsperrte, würgte und mehrfach sexuell mißbrauchte, zeitweise fesselte und durch das Vorzeigen gefährlicher Waffen in Todesangst versetzte;
II wiederholt mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt, indem er sie bis zur Bewußtlosigkeit würgte und mit Stich- und Schußwaffen bedrohte, zur Duldung des Beischlafes und Vornahme dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, nämlich des Mundverkehrs, genötigt;
III durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu Handlungen genötigt, indem er
a sie unter Vorweisung von Schußwaffen mit dem Umbringen bedrohte, und zwar
1 am 5.Oktober 1992 sich telefonisch bei ihrem Dienstgeber krank zu melden;
2 zur Abstandnahme von einer polizeilichen Anzeigeerstattung nach ihrer Freilassung;
b indem er unter Vorweisung von Schußwaffen drohte, auf ihren Vater zu schießen, und zwar am 5.Oktober 1992 ihrem Vater, der sie besuchen wollte, durch die geschlossene Tür zuzurufen, sie sei krank und wolle ihn nicht sehen;
B vom 8.Oktober 1992 bis April 1993 nachstehende Personen wiederholt telefonisch mit dem Tode gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, nämlich
1 Claudia J*****, indem er ankündigte, sie und auch jeden Mann, mit dem er sie sehen würde, umzubringen;
2 die Eltern der Claudia J*****, indem er ankündigte, daß diese nicht mehr lange leben würden;
C 1 im Jahre 1992 unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole besessen und geführt;
2 im Jahre 1992 bis April 1993 Waffen, nämlich ein Gewehr, sowie einen Dolch, besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffenG verboten ist.
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 2, 5, 5 a, 9 lit. a, 9 lit. c und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Ausspruch über die Verhängung der Freiheitsstrafe - wie auch die Staatsanwaltschaft - mit Berufung und das Einziehungserkenntnis mit einer als "Beschwerde" bezeichneten Berufung (§ 443 Abs. 2 StPO). Den Widerrufsbeschluß ficht er mit Beschwerde an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich nur in einem Punkt als berechtigt.
Eine Nichtigkeit nach Z 2 des § 281 Abs. 1 StPO liegt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur dann vor, wenn "trotz der Verwahrung des Beschwerdeführers" ein Schriftstück über einen nach dem Gesetze nichtigen Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakt in der Hauptverhandlung verlesen wurde. Demgemäß muß der Beschwerdeführer rechtzeitig - das heißt, vor Verlesung eines von ihm konkret zu bezeichnenden Schriftstückes - dem Verlesungsvorgang entgegentreten. Eine derartige für die Verwirklichung der behaupteten Nichtigkeit unabdingbare Prozeßerklärung kann indes vorliegend nicht geltend gemacht werden, weil die nach Verlesung von Aktenteilen und nach Abschluß des Beweisverfahrens abgegebene Erklärung, die Durchführung einer näher bezeichneten Hausdurchsuchung (ohne richterliche Entscheidung und ohne Gefahr im Verzug) sowie die polizeiliche Öffnung eines Briefes "zu rügen", weder nach dem Zeitpunkt der Äußerung noch nach ihrem Inhalt darauf abzielte, das Verlesen bestimmter Schriftstücke zu verhindern. Somit erübrigt es sich aber, auf das auch in anderer Beziehung unrichtige Prämissen enthaltende Vorbringen zu diesem Beschwerdepunkt näher einzugehen.
Die Beschränkung der genannten Prozeßerklärung des Verteidigers auf eine "Rüge" der Polizeitätigkeiten ergibt sich auch aus dem mit der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde verbundenen Protokollberichtigungsantrag. Soweit der Angeklagte mit seinem Berichtigungsverlangen zum Teil nicht durchgedrungen ist und gegen die erstgerichtliche Beschlußfassung eine (mit der Gegenausführung zur Berufung der Staatsanwaltschaft verbundene) Beschwerde ergriffen hat, war diese nicht zu beachten, weil gegen eine abgelehnte Protokollsberichtigung ein Rechtsmittel nicht zulässig ist (EvBl 1948 Nr. 243 ua).
Ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO liegt vor, wenn der Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen (§ 270 Abs. 2 Z 4 und 5 StPO) mit einem der vom Gesetz näher bezeichneten Fehler behaftet ist. Der Beschwerdeführer behauptet die Mängel der Undeutlichkeit, der Unvollständigkeit, der unzureichenden Begründung sowie der Aktenwidrigkeit, wobei er jeweils einleitend die Art solcher Fehler zutreffend umschreibt, dies dann aber in den sachbezogenen Rügen gänzlich unberücksichtigt läßt.
Mit allen Einwänden gegen die Urteilsaussprüche über die innere Tatseite übersieht der Beschwerdeführer die von den Feststellungen über die objektive Vorgangsweise ausgehenden Schlußfolgerungen des Erstgerichtes (US 19). Die Anschauung, daß ein Täterwillen zur Freiheitsentziehung und zur Vergewaltigung nur bei ausdrücklichen Feststellungen über Bekundungen der Claudia J*****, sie sei mit dem Geschehen nicht einverstanden, anzunehmen gewesen wäre, stellt eine auf eine unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung hinauslaufende Spekulation dar.
Die eingewendete Undeutlichkeit der Urteilsfeststellungen über die Beendigung der Lebensgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und Claudia J***** ist nicht ersichtlich. In der Beschwerde wird bloß auf untaugliche Weise versucht, der Urteilsannahme, daß Claudia J***** nach Auflösung der Wohngemeinschaft keine engere Beziehung mit dem Angeklagten eingehen wollte, die inhaltliche Tragweite abzusprechen. Mit der Behauptung, "nach den übrigen Ergebnissen des Beweisverfahrens" habe eine Verlobung bestanden, die in absehbarer Zeit zu einer Eheschließung führen sollte, wird abermals in unzulässiger Weise gegen die Lösung einer Beweisfrage durch das Schöffengericht angekämpft, nicht aber ein formeller Begründungsmangel aufgezeigt.
Keine entscheidende Tatsache betrifft es, ob der Angeklagte anläßlich der Verübung der Delikte laut Punkt A des Urteilssatzes bereits vor Betreten der Wohnung der Claudia J***** die Absicht hatte, auf die Frau unter Benützung von Waffen massiv Druck auszuüben. Die diesbezüglichen Urteilsüberlegungen, welche mit den zur Angabe von Gründen für sich allein nicht ausreichenden Worten "offensichtlich" und "offenbar" verknüpft sind (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 116), haben für die Subsumtionsfrage keinerlei Bedeutung, weshalb die kritisierten Begründungspassagen auf sich beruhen können. Dies gilt ebenso für die bloß ein unerhebliches Detail des Gesamtgeschehens und keine selbständige Tathandlung berührende Frage, ob bei der ersten Vergewaltigung ein Fassen an den Hals der Claudia J***** ("offenbar") ein (nochmaliges) Würgen andeuten sollte.
Alle zur behaupteten Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe ins Treffen geführten Beschwerdeeinwände richten sich gegen die Annahme der Verläßlichkeit der Angaben der Claudia J***** und nehmen entweder in prozeßordnungswidriger Weise die für die Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten gegebenen Gründe nicht zur Kenntnis oder erörtern Nebensächlichkeiten, auf welche das Schöffengericht schon wegen der auf eine gedrängte Darstellung der maßgeblichen Erwägungen eingeschränkte Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nicht einzugehen brauchte. Entgegen dem Beschwerdestandpunkt ist es nämlich nicht notwendig, im Urteil alle durch das Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände einer Erörterung zu unterziehen und zu jedem einzelnen von einem Angeklagten oder Zeugen vorgebrachten Satz Stellung zu nehmen. Ebensowenig ist das Schöffengericht verpflichtet, sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im voraus auseinanderzusetzen. Somit genügt es, der Beschwerde zusammenfassend zu erwidern, daß kein einziger der darin angeführten Verfahrensumstände mit der Annahme der Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin J***** über die einzelnen Tathandlungen unvereinbar ist. Auch dargelegte Unstimmigkeiten in den Angaben der Zeugin Ingrid J***** über den möglichen Tatzeitpunkt könnten ihrem Wesen nach allenfalls bloß das als entscheidende Tatsache nicht in Betracht kommende Datum (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 32 zu § 260 und E 31 zu § 262) der bezüglichen Angriffe des Angeklagten auf Claudia J***** laut Punkt A des Urteilssatzes in Frage stellen, nicht aber das von der Zeugin Claudia J***** geschilderte Geschehen. Das Erstgericht hatte auf Grund unmittelbaren Eindrucks Gelegenheit, sich ein persönliches Urteil über die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin zu bilden. Zusätzlich führte es in den Entscheidungsgründen noch weitere Überlegungen an, weshalb den Schilderungen der Zeugin gefolgt wurde. Die in unwesentlichen Einzelheiten verfangene Bekämpfung dieser Überzeugungsbildung vermag keine unvollständige Begründung im Sinne einer stillschweigenden Übergehung damit unvereinbarer Verfahrensergebnisse aufzuzeigen; sie erschöpft sich vielmehr in dem einer Mängelrüge verschlossenen Versuch, den Beweiswert einer Zeugenaussage würdigend zu relativieren.
Zum weiters erhobenen Beschwerdevorwurf, das Erstgericht habe in den Entscheidungsgründen Beweismittel berücksichtigt, deren Heranziehung durch ein Beweisverwertungsverbot untersagt gewesen sei, wird nicht substantiiert, aus welcher gesetzlichen Norm sich ein derartiges Verbot ergeben sollte. Mit den Behauptungen, im Zuge des Verfahrens hätten Polizeibeamte eine ungesetzliche Hausdurchsuchung vorgenommen und ein Briefgeheimnis verletzt, lassen sich die behaupteten Verwertungsverbote nicht dartun, weil dafür eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung erforderlich wäre (EvBl 1992/197). Schon aus diesem Grund ist es auch hier nicht erforderlich, zu den vom Beschwerdeführer angenommenen Voraussetzungen seiner Rüge umfassend Stellung zu nehmen. Bloß der Vollständigkeit halber sei dem beigefügt, daß Sicherheitsorgane die gesetzliche Befugnis zur Vornahme einer Hausdurchsuchung haben, wenn gegen jemanden ein Haftbefehl erlassen wird (§ 141 Abs. 2 StPO) und daß der vom Beschwerdeführer als ein "an Claudia J***** gerichteter Brief" bezeichnete Gegenstand nach dem Akteninhalt kein Poststück war, sondern ein unter ungeklärten Umständen in der Untergrundbahn zurückgebliebenes, dem äußeren Anschein nach eine Videokassette enthaltendes und zu einem mit "Polizei" beschriebenen Briefumschlag gehörendes Päckchen, welches erst geöffnet wurde, nachdem ein an der Sache Berechtigter anders nicht ermittelt werden konnte.
Gegen welche Feststellung oder Erwägung die im übrigen nicht der Lebenserfahrung entsprechende Beschwerdebehauptung gerichtet ist, es sei notorisch, daß "blaue Flecken" (Blutunterlaufungen) "in der Regel nicht vor Ablauf einer Woche nach ihrem Entstehen vergehen", wird vom Angeklagten nicht deutlich bezeichnet. Demgemäß ist dieser Einwand einer näheren sachlichen Überprüfung entzogen.
Die bemängelte Feststellung, daß der Angeklagte am 3.Oktober 1992 eine Tasche bei sich hatte, in der sich Handschellen, eine Pistole, eine Pumpgun samt Munition, ein Patronengürtel samt Munition und ein Dolch befanden, vermochte das Gericht ohne weiters unter Heranziehung der Angaben der Zeugin Claudia J***** zu treffen. Dabei wurde sehr wohl in Betracht gezogen, daß es ungeklärt blieb, wie der Angeklagte in den Besitz der genannten Schußwaffen gelangt sein konnte. Das Gericht erwog die Möglichkeit des Ausborgens und berücksichtigte die Überlegung, daß die triste finanzielle Lage des Angeklagten gegen deren Kauf sprach (US 18). Die Frage der Art der Schußwaffenerlangung wurde vom Erstgericht dem Sinne nach schließlich offen gelassen und hiezu angemerkt, daß die unterbliebene Aufklärung dieses Umstandes der Überzeugung des Gerichtes von der Richtigkeit der Angaben der Zeugin über die Verwendung der Waffen durch den Angeklagten keinen Abbruch tat. Damit gab das Erstgericht eine ausreichende Begründung für seine Urteilsannahme und legte logisch sowie empirisch einwandfrei dar, aus welchen Erwägungen es die auch insoweit leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt ansah. Das Verlangen des Beschwerdeführers nach noch weiteren Urteilserörterungen darüber, ob er eine konkrete Möglichkeit gehabt habe, sich Waffen auszuborgen, ist ebenso wie sein Hinweis auf Verfahrensergebnisse, wonach er kein Geld zum Ankauf von Schußwaffen hatte, zur Aufzeigung eines Begründungsmangels nicht geeignet.
Der nach Art einer Schuldberufung vorgetragenen Tatsachenrüge (Z 5 a) genügt es zusammenfassend zu erwidern, daß die dort ins Treffen geführten Argumente nicht geeignet sind, Bedenken erheblicher Art im Sinne objektiv vernünftiger Zweifel (15 Os 131/91) gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
Soweit die auf materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe (nominell Z 9 lit. a, 9 lit. c und 10) abzielenden, zum Teil auch in der Mängelrüge geäußerten Einwände nicht wegen der Erörterung von Beweisfragen und wegen sich von den Feststellungen entfernender Argumentation von vornherein als prozeßordnungswidriges Vorbringen unbeachtlich bleiben müssen, führt ihre Überprüfung zu folgenden Ergebnissen:
Hinsichtlich der Freiheitsentziehung (A I des Schuldspruches), der Vergewaltigung (A II) und der Nötigungen (A III) wurde den entsprechenden subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen unmißverständlich jeweils durch die Feststellung Rechnung getragen, daß der Angeklagte dabei durchwegs ein Handeln gegen den Willen der Claudia J***** ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (US 10 f). Somit liegt diesbezüglich weder ein Feststellungsmangel vor, noch verbleibt Raum für die Hypothese des Angeklagten, sein Vorsatz könnte wegen eines Tatbildirrtums gefehlt haben.
Ferner trifft es nicht zu, daß durch die Verurteilung wegen Vergewaltigung und schwerer Nötigung auch die Freiheitsbeschränkung abgegolten und nicht gesondert zurechenbar wäre. Die Annahme einer Scheinkonkurrenz der Strafdrohung des § 99 StGB kommt nur unter dem Gesichtspunkt der Konsumtion in Betracht (SSt 56/20), wenn die Freiheitsentziehung nicht wesentlich über jenes Maß hinausgeht, das mit der Begehung des Primärdelikts schon der Natur nach notwendig (und regelmäßig) verbunden ist und wenn sie (überdies) im Vergleich zum Primärdelikt einen wesentlich geringeren Unrechtsgehalt aufweist, sodaß durch die Bestrafung das gesamte Unrecht des Täterverhaltens erfaßt wird (Leukauf-Steininger Komm3 § 99 RN 27). Im vorliegenden Fall einer tagelangen Hinderung des Opfers am Verlassen der Wohnung hat die Freiheitsentziehung eine auf der Hand liegende eigenständige strafrechtliche Bedeutung, weshalb sie gesondert nach § 99 StGB strafbar ist.
Der Schuldspruch A I wegen Freiheitsentziehung schließt die qualifizierte Begehungsweise nach § 99 Abs. 2, zweiter Fall, StGB ein, weil der Festgehaltenen besondere Qualen bereitet wurden. An dieser Reichweite des Schuldspruches wurde durch einen in den Entscheidungsgründen (und demnach nicht im Urteilstenor) enthaltenen Bezeichnungsfehler ("erster Fall") nichts geändert. Die Beschwerdeausführungen, welche an diesen Bezeichnungsfehler Rechtsfolgen knüpfen wollen, gehen somit ins Leere. Darüber hinaus geben die damit im Zusammenhang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers nur noch zur Erwähnung Anlaß, daß die gerichtliche Annahme einer über die rechtliche Beurteilung in der Anklageschrift hinausgehenden Tatqualifikation durchaus zulässig wäre (§ 267 StPO), und in einer solchen Abweichung für sich allein ein Nichtigkeitsgrund nicht erblickt werden könnte.
Entgegen der Beschwerdemeinung stellt das Würgen eines Opfers bis zur Bewußtlosigkeit eine außergewöhnlich brutale und rücksichtslose Aggressionshandlung dar, die dem Begriff schwerer Gewalt im Sinne des § 201 Abs. 1 StGB entspricht (Leukauf-Steininger Komm3 § 201 RN 12).
Für die Verwirklichung der schweren Nötigungen laut A III des Schuldspruches bedurfte es - der von irrigen Voraussetzungen geleiteten Beschwerde zuwider - keines Täterwillens, das Opfer "in Furcht und Unruhe" zu versetzen oder die angedrohten Angriffe auszuführen. Weshalb aber die festgestellten Drohungen mit dem Umbringen und dem Erschießen unter den gegebenen Umständen keinen Eindruck eines ernst zu nehmenden Täterwillens zur angekündigten Tötung im wörtlichen Sinn vermittelt haben sollen, wird in den auf die Wiedergabe zweier Kommentarstellen beschränkten, von anderen Tatsachenprämissen ausgehenden Beschwerdeausführungen nicht dargetan, sodaß sich ein sachliches Eingehen hierauf erübrigt.
Zu den gefährlichen Drohungen laut Punkt B des Schuldspruches brachte das Erstgericht sehr wohl ein der Absichtlichkeit entsprechendes Streben des Angeklagten zum Ausdruck, die Zeugin Claudia J***** in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 11). Ob die Äußerungen die für den Charakter einer gefährlichen Drohung maßgebliche Eignung hatten, der Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z 5 StPO), ist nicht auf der Tatsachenebene, sondern im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu entscheiden, sodaß das Verlangen nach derartigen Sachverhaltsfeststellungen fehl geht. Hingegen betrifft der Einwand, daß die Ankündigungen des Angeklagten als (nicht im wörtlichen Sinn ernstgemeinte) "milieubedingte Unmutsäußerungen" keine gefährlichen Drohungen gewesen seien, die dahinterstehende Absicht und damit eine Frage tatsächlicher Natur. Allerdings werden vom Beschwerdeführer mit der Bezugnahme auf "die gegebene Situation" und auf Alter sowie Lebenserfahrung der Claudia J***** keine Indizien für ein Fehlen dieses Bedrohungsinhaltes aufgezeigt. Demnach ist dem Erstgericht weder der hiezu eingewendete Feststellungsmangel, noch der damit inhaltlich reklamierte Begründungsmangel unterlaufen.
Hingegen ist der gegen den Schuldspruch laut B 2 gerichtete Einwand, wonach nicht ersichtlich sei, ob die Drohung auch den Bedrohten zur Kenntnis gekommen ist, berechtigt.Zu der dem Angeklagten angelasteten, gegen die Eltern der Claudia J***** gerichteten gefährlichen Drohung mit dem Tod (wobei die Tat laut Anklageschrift durch eine Äußerung gegenüber Claudia J***** verübt worden sei: S 67), läßt das Ersturteil sowohl über den äußeren Sachverhalt als auch über die innere Tatseite ausreichende Konstatierungen vermissen. Die Annahme, der Angeklagte habe (auch) mit dieser Äußerung die Absicht verbunden, Claudia J***** in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 11), besagt nichts darüber, ob tätergewollt die Eltern der Genannten die einer speziellen Erwartungsangst ausgesetzten Opfer der gefährlichen Drohung sein sollten und den beiden Personen diese Ankündigung auch tatplanmäßig zugekommen ist. Es wird hiedurch vielmehr die Notwendigkeit abgrenzender Feststellungen darüber unterstrichen, inwieweit eine derartige Tathandlung nicht Element einer der bereits laut B 1 des Schuldspruches erfaßten gfährlichen Drohungen gegen Claudia J***** war, welche auch mit der Ermordung ihrer Eltern bedroht worden sein könnte, ohne daß die drohende Ankündigung für ihre Eltern bestimmt gewesen sein müßte. Aus dem Fehlen hinlänglicher Feststellungen hierüber folgt die Notwendigkeit, den betroffenen Schuldspruch aufzuheben und in diesem Umfang eine Verfahrenserneuerung anzuordnen.
Keinerlei Berechtigung kommt all jenen Beschwerdebehauptungen zu, wonach für den Schuldspruch wegen Vergewaltigung ein Verfolgungsantrag des Opfers (§ 203 Abs. 1 StGB) und für den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung (laut B 1 des Urteilssatzes) eine Verfolgungsermächtigung der Bedrohten (§ 107 Abs. 4 StGB) erforderlich gewesen wäre. Denn der erstgenannte Einwand läßt unberücksichtigt, daß die Bestimmung des § 203 Abs. 1 StGB sich nicht auf Deliktsfälle der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB bezieht, wogegen mit der Behauptung, es habe damals zwischen dem Angeklagten und der Bedrohten Claudia J***** eine die Anwendung des § 107 Abs. 4 StGB erfordernde Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs. 2 StGB bestanden, die Konstatierung übergangen wird, derzufolge zur Tatzeit der gefährlichen Drohung weder eine Wohnungsgemeinschaft bestand, noch vom Opfer eine engere Beziehung mit dem Angeklagten gewünscht wurde (US 7). Ein für die außereheliche Lebensgemeinschaft essentielles eheähnliches Verhältnis lag daher zwischen dem Angeklagten und der Zeugin Claudia J***** nicht vor. sodaß der Angeklagte die gefährlichen Drohungen nicht gegen eine Angehörige (im Sinne des § 72 Abs. 2 StGB) gesetzt hat.
In Ansehung des Schuldspruches wegen Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 3 WaffenG (C) genügt zur Widerlegung des Standpunktes des Beschwerdeführers der Verweis auf § 12 Abs. 2 WaffenG, wonach ein Waffenverbot nicht erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird und eine diesbezügliche Berufung keine aufschiebende Wirkung hat, weshalb es für die Tatbestandsverwirklichung nicht darauf ankommt, ob das Verbot rechtskräftig und dies dem Angeklagten erkennbar war.
Nach dem Gesagten konnte mithin der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten nur insoweit, als sie sich gegen den Schuldspruch zu B 2 richtet, ein Erfolg beschieden sein.
Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß durch die ohne spruchmäßige Bezeichnung der den Strafsatz bedingenden Tatumstände gebliebene Unterstellung der Nötigungstaten laut A III des Schuldspruchs auch unter die Strafbestimmung des § 106 Abs. 1 Z 3 StGB eine von einem ungerügten Verstoß gegen § 260 Abs. 1 Z 1 StPO (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO) begleitete Nichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklicht wurde, welche gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen aufzugreifen war.
Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten nämlich in dieser Beziehung keine ausreichenden Feststellungen, welche die vorgenommene rechtliche Beurteilung zu tragen vermögen (SSt 54/28). Das Erstgericht beschränkte sich vielmehr auf den Ausspruch, daß durch die Nötigungstaten besonders wichtige Interessen der Claudia J*****, insbesondere berufliche Interessen, verletzt worden seien, wobei es der erzwungenen Krankmeldung (A III a 1) die Bedeutung beimaß, "berufliche Konsequenzen heraufzubeschwören" (US 11 und 20). Diese Sachverhaltsannahmen lassen eine verläßliche Beurteilung nicht zu, ob durch eine oder mehrere der Nötigungstaten schwerwiegende Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen bewirkt wurden, die - vergleichbar den nach § 106 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB die Nötigung qualifizierenden schweren Nachteilen (SSt 50/40) - in die Interessensphäre der Claudia J***** nachhaltig eingegriffen haben. Als derart qualifizierendes Nötigungsziel kommt etwa die Auflösung eines Dienstverhältnisses in Betracht; bei einer Nötigung zur unrichtigen Krankmeldung zwecks Vortäuschung eines harmlosen Grundes für eine erzwungene Abwesenheit vom Arbeitsplatz kann aber ein solcher gleichartiger schwerer Nachteil keinesfalls ohne weiteres angenommen werden; die nicht näher determinierte abstrakte Möglichkeit ungenannter beruflicher Konsequenzen entspricht nicht dem Begriff einer besonders wichtigen Interessenverletzung. Auch in Ansehung der anderen Nötigungstaten ist eine Beeinträchtigung besonders wichtiger Interessen der Genötigten aus den Urteilskonstatierungen nicht ableitbar. Der Feststellungsmangel erfordert daher die Urteilsaufhebung in der davon betroffenen Subsumtion und die Anordnung einer diesbezüglichen Erneuerung des Verfahrens.
Die vom Angeklagten gegen das Einziehungserkenntnis als "Beschwerde" bezeichnete Berufung (§ 443 Abs. 2 StPO), über die trotz der notwendigen Aufhebung des sonstigen Strafausspruches (und als deren Folge auch des Widerrufsbeschlusses) sogleich entschieden werden kann, ist nicht berechtigt.
Nach der eigenen Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (S 249 f) stehen die eingezogenen Waffen in seinem Eigentum und wurden lediglich "zur Aufbewahrung" seiner Mutter, der Inhaberin der von ihm mitbenützten Wohnung, übergeben. Bei dieser Sachlage stehen sie dem Angeklagten zu jederzeitigem Gebrauch zur Verfügung, sodaß von einer Gewähr dafür, daß die Gegenstände nicht zur Begehung strafbedrohter Handlungen verwendet werden könnten, keine Rede sein kann.
Es war demnach insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstelle.
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