Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 7.471,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.245,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Bediensteten der beklagten Partei erhielten nach Dienstantritt gegen Vorlage eines Lichtbildes vom Besoldungsamt der beklagten Partei einen Berechtigungsausweis "zur begünstigten Benützung städtischer Einrichtungen" ausgestellt. Ursprünglich wurde dieser Berechtigungsausweis durch Stempelung jährlich verlängert, sodann wurde aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die jährliche Stempelung durch den Zusatz "bis auf weiteres" ersetzt. Auch die Angehörigen der Bediensteten sowie die Pensionisten erhielten einen derartigen Berechtigungsausweis. Der Kreis der Personen, die städtische Einrichtungen begünstigt benützen konnten, wurde immer wieder erweitert, etwa um die Bediensteten des Tiroler Landestheaters, der Innsbrucker Verkehrsbetriebe sowie der Stubaitalbahn. Darüber hinaus wurden Ermäßigungen für den Besuch von Bädern (mit Einzelkarten) auch Schülern und Senioren, Mitgliedern eines Blindenverbandes, Mitgliedern der Wasserrettung, Behinderten, geschlossenen Einheiten (Bundespolizei, Bundesgendarmerie, Bundesheer), Grundwehrdienern, Zivildienern und Studenten im gleichen Ausmaß gewährt wie den städtischen Bediensteten; Senioren, Behinderte und Mitglieder eines Blindenverbandes wurden auch bei Einzelkarten für die Sauna städtischen Bediensteten gleichgestellt. Punktekarten für die Bäder erhielten Schüler und Studenten zu gleichen Bedingungen wie die städtischen Bediensteten.
Der Berechtigungsausweis diente darüber hinaus zur Inanspruchnahme von Ermäßigungen auf den Bergbahnen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe.
Ein ausdrücklicher Hinweis auf die jederzeitige Widerruflichkeit der Begünstigungen war letztmals in einem vom Magistratsdirektor im Auftrag des Oberbürgermeisters verfaßten Rundschreiben vom 28.März 1941 enthalten.
Die Stadtwerke wurden seit dem Jahre 1940 als eigener Betrieb geführt. Aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 29.Juni 1978 wurden die bisher im Rahmen der Hoheitsverwaltung betriebenen Bäder in die Stadtwerke übergeführt und gleichzeitig die Nordkettenbahn und die Muttereralmbahn aus den Stadtwerken ausgegliedert und in die Innsbrucker Verkehrsbetriebe AG eingegliedert.
Die Stadtwerke Innsbruck, die das Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerk sowie die Bäder betreiben, werden von der beklagten Partei als selbständiges, im Firmenbuch registriertes Unternehmen mit eigenem Vermögen geführt. Die Festsetzung der Grundsätze für die Erstellung der Tarife ist dem Gemeinderat vorbehalten; der Bürgermeister ist zur Führung der Betriebs- und Verwaltungsgeschäfte der Stadtwerke berufen und ihm unterstehen die bei den Stadtwerken beschäftigten Bediensteten. Der Jahresabschluß der Stadtwerke bildet einen Bestandteil der Jahresrechnung der beklagten Partei.
Die Ermäßigungen wurden jeweils mit den Tarifen in der Regel jährlich neu festgesetzt und schwankten etwa zwischen 27 und 37 % bei den Einzelkarten für die Sauna sowie zwischen 46 und 49 % bzw 32 und 36 % bei den Einzelkarten für die Hallenbäder und das Freibad.
Mit Gemeinderatsbeschluß vom 18.Dezember 1991 wurde sämtlichen Bediensteten der beklagten Partei und deren Angehörigen die begünstigte Benützung der der beklagten Partei (bzw den von ihr betriebenen Stadtwerken) gehörigen Bade- und Saunaanstalten entzogen.
Die klagende Partei begehrte neben entsprechenden Leistungen die Feststellung, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, ihren in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis beschäftigten Bediensteten, deren Ehegatten, geschiedenen Ehegatten und Kindern, soweit diese vor dem 31.Dezember 1991 Anspruch auf Ausstellung des Berechtigungsausweises hatten und nach wie vor einen derartigen Anspruch haben, im einzelnen näher bezeichnete Begünstigungen bei den in ihrem Eigentum stehenden Bäder- und Saunaanstalten zu gewähren, in eventu, diesem Personenkreis entsprechende Zuschüsse zu den nunmehr verlangten Eintrittspreisen zu zahlen. Bereits seit dem Jahre 1939 seien den städtischen Bediensteten diese Ermäßigungen von der beklagten Partei als Dienstgeberin in Form von Sozialleistungen eingeräumt worden; der einseitige Widerruf sei rechtsunwirksam.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei sei nicht parteifähig; darüber hinaus sei das gestellte Leistungsbegehren unzulässig. Die Begünstigungen seien nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses, sondern im Rahmen der Tarifgestaltung der einen selbständigen Wirtschaftskörper bildenden Stadtwerke gewährt worden. Ebenso wie den Bediensteten der beklagten Partei seien verschiedenen Personengruppen, wie Senioren, Studenten und Schülern im Rahmen der Tarifgestaltung Begünstigungen gewährt worden. Derartige Begünstigungen könnten im Rahmen der Tarifpolitik abgeändert oder aufgehoben werden. Die unmittelbare Dienstbehörde habe lediglich Berechtigungsausweise ausgestellt, die zunächst nur für ein Jahr gegolten hätten. Aus Gründen der Verwaltungsvereinbarung sei die Gültigkeit dieser Ausweise auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Die Begünstigungen seien aber nicht durch die Ausstellung der Ausweise, sondern durch die Tarifpolitik des Gemeinderates wirksam geworden. Die Ausweise seien lediglich Legitimationsurkunden.
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 28.August 1982 verwarf das Erstgericht die Einrede der mangelnden Parteifähigkeit der klagenden Partei.
Sodann wies das Erstgericht sämtliche Klagebegehren ab. Die Vergünstigungen seien den Bediensteten nicht vorbehaltslos gewährt worden; zwar sei der im Rundschreiben vom 28.März 1941 enthaltene Hinweis auf die freie Widerruflichkeit in weiteren Schreiben nicht wiederholt worden, doch habe die beklagte Partei zunächst die Gültigkeit der Ausweise auf ein Jahr beschränkt und diesen Vorgang sodann aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung durch den mit Stempel aufgedruckten Vermerk "bis auf weiteres" ersetzt und damit die freie Widerruflichkeit weiterhin zum Ausdruck gebracht. Im übrigen seien entgeltferne Begünstigungen, wie die Vermittlung günstiger Einkaufsgelegenheiten, die Beschaffung von Theaterkarten oder Darlehensaktionen für Wohnungszwecke nicht als individueller Entgeltbestandteil, sondern als Teilnahme an Wohlfahrtseinrichtungen anzusehen, insbesondere dann, wenn sie im vorliegenden Fall nicht nur Dienstnehmern, sondern auch anderen Verbrauchergruppen gewährt würden. Dies zeige besonders deutlich, daß die von der beklagten Partei gewährten Begünstigungen nicht Entgelt für geleistete Arbeit, sondern Sozialleistungen ohne Entgeltcharakter darstellten. Gegen den Entgeltcharakter der eingeräumten Vergünstigungen spreche auch, daß der Dienstgeber der Belegschaft gleich einem Großkunden zur Förderung seines Absatzes und damit im Eigeninteresse Rabatte einräume. Gingen diese Vorteile nicht über die dritten Personen gewährten Begünstigungen hinaus, seien sie nicht als Arbeitsentgelt anzusehen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Die von der beklagten Partei ausgestellten Berechtigungsausweise seien als Legitimationsurkunden anzusehen, aus denen sich weder der Umfang noch die Dauer der Begünstigung ergebe. Die Begünstigungen seien nicht von der Personalabteilung der beklagten Partei als Entgelt, sondern vom Gemeinderat im Rahmen der Tarifgestaltung gewährt worden, wobei der Prozentsatz - wenn auch in engen Grenzen - im Rahmen der jährlichen Festsetzung geändert worden sei. Für das Leistungsbegehren fehle die Klagslegitimation nach § 54 Abs 1 ASGG.
Gegen die Abweisung der erhobenen Feststellungsbegehren richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung eines der Feststellungsbegehren abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit die Revisionsgegnerin neuerlich die mangelnde Parteifähigkeit der klagenden Partei ins Treffen führt, ist sie darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof an die rechtskräftige Verwerfung der diesbezüglichen Einrede gebunden ist (siehe Fasching ZPR2 Rz 1905).
Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zu Unrecht wendet sich die Revisionswerberin auch gegen die zutreffende (§ 48 ASGG) rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, die geltend gemachten Begünstigungen seien nicht als Entgelt für die von den Dienstnehmern der beklagten Partei geleisteten Dienste anzusehen.
Ergänzend ist diesen Ausführungen noch folgendes zu erwidern:
Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann die Gewährung von Ermäßigungen bei der Benützung städtischer Einrichtungen der Gewährung von Naturalentgelt in Form von Deputaten nicht gleichgestellt werden. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, handelte es sich bei diesen Ermäßigungen anders als etwa bei dem im Rahmen des Leistungsaustausches bezahlten Naturallohn um entgeltferne Begünstigungen (siehe Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht3 I 190), denen der erforderliche enge Zusammenhang mit der Arbeitsleistung schon deswegen fehlte, weil sie in gleicher Höhe auch anderen Gruppen als den Bediensteten der beklagten Partei gewährt wurden. Nach redlicher Verkehrsauffassung konnten die Dienstnehmer der beklagten Partei daher aus der Einräumung der Begünstigung an sie und ihre Angehörigen nicht auf den Willen ihres Dienstgebers schließen, ihnen diese Leistung als Teil des aus dem Arbeitsvertrag geschuldeten Entgeltes zu erbringen; sie mußten vielmehr davon ausgehen, daß sie der Dienstgeber durch diese Maßnahme ebenso wie die anderen begünstigten Gruppen lediglich aus sozialen Gründen fördern wollte (siehe Eypeltauer, Die Mitwirkung des Betriebsrates an betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen, DRdA 1986, 102 ff und 194 ff [202 f], wonach immer dann, wenn die Leistungserbringung sehr stark von sozialen Kriterien abhängig gemacht wird, die Schenkungsabsicht und damit die Unverbindlichkeit in den Vordergrund tritt).
Soweit die Revisionswerberin auf die die Gewährung von Flugbegünstigungen an das Bordpersonal betreffende Entscheidung Arb 9812 = ZAS 1980/21 (krit Mayer-Maly) = DRdA 1981/3 (krit Spielbüchler) hinweist, ist ihr zu erwidern, daß - wie sich insbesondere aus der darin zitierten Vorentscheidung Arb 9573 = JBl 1979, 215 ergibt - die Freiflüge und Flugpreisermäßigungen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach genau festgelegte, den einzelnen Dienstnehmern unter Berücksichtigung ihrer Familienverhältnisse individuell zuerkannte und überdies in mehrfacher Hinsicht von der Dauer ihrer Unternehmenszugehörigkeit abhängige Begünstigungen waren, auf deren Gewährung dem einzelnen Dienstnehmer nach der (durch den Kollektivvertrag ausdrücklich vorgesehenen) Betriebsvereinbarung ein Rechtsanspruch gegen die beklagte Fluggesellschaft zustand. Anders als im vorliegenden Fall bestand dort ein enger Konnex zwischen Arbeitsverhältnis und Begünstigung, die nicht nur bezüglich ihres Ausmaßes bestimmt, sondern auch noch von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig war.
Da daher die von der beklagten Partei den Dienstnehmern bei Benützung städtischer Einrichtungen gewährte Begünstigung mangels Entgeltcharakters nicht die beklagte Partei für die Zukunft verpflichtender Inhalt der Einzelarbeitsverträge wurde, erübrigt es sich, auf die Revisionsausführungen zur Frage des Widerrufsvorbehaltes einzugehen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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