OGH 8Ob558/93

OGH8Ob558/9330.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag, Dr. Jelinek, Dr. Rohrer und Dr. Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas H*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Marco Formentini, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei P***** ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Karl Endl und Dr. Michael Pressl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 900.000,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei und der als Rekursbeantwortung bezeichneten, inhaltlich aber auch als Rekurs zu wertenden Rechtsmittelschrift der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. Dezember 1992, GZ 3 R 245/92-43, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Juni 1992, GZ 13Cg 184/89-37, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs der beklagten Partei wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei wird, soweit es sich hiebei inhaltlich um einen Rekurs handelt, als verspätet zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Rekurs der beklagten Partei:

1. Das Berufungsgericht ließ in seinem Aufhebungsbeschluß den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil in der bisher ergangenen Judikatur wohl Klagen, mit denen Schadenersatz wegen Nichterfüllung begehrt wurde, nicht aber der Inhalt eines erst während des Verfahrens eingebrachten vorbereitenden Schriftsatzes als wirksame Rücktrittserklärung gewertet wurden.

Die beklagte Partei gesteht selbst ausdrücklich als richtig zu, daß der Rücktritt vom Vertrag (hier vom Vergleich) nicht nur in der Klage (Reischauer in Rummel ABGB I**2 Rz 3 zu § 918 mwN), sondern auch in einem vorbereitenden Schriftsatz erklärt werden kann. Ob der Inhalt eines Schriftsatzes als Rücktrittserklärung zu verstehen ist, ist eine nicht reversible Frage des Einzelfalles, soferne wie hier diese Beurteilung mit den Denkgesetzen in Einklang steht: Der Kläger erhob nämlich unter Hinweis darauf, daß die beklagte Partei den Vergleich (Lieferung eines fabriksneuen Porsche Speedster Breitversion), mit dem der Streit über die Verletzung des ursprünglichen Kaufvertrages (Nichtlieferung eines Porsche Speedster Schmalversion) hätte bereinigt werden sollen, nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, nunmehr wiederum Schadenersatzansprüche aus der Verletzung des ursprünglichen Kaufvertrages; hierin ist eine konkludente Rücktrittserklärung gelegen.

2. Das Berufungsgericht ist mit seiner Rechtsansicht, im konkreten Fall das Verfahren nicht selbst zu ergänzen (§ 496 Abs 3 ZPO), sondern die Rechtssache zu diesem Zweck an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 496 Abs 1 ZPO), nicht von den Grundsätzen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in dieser Frage abgewichen.

3. Soweit die beklagte Partei behauptet, sie träfe kein wie immer geartetes Verschulden an der Nichterfüllung des Kaufvertrages über den Porsche Speedster-Schmalversion, weil sie mit Lieferschwierigkeiten nicht habe rechnen können, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus: Davon abgesehen, daß sie als Porsche-Händler von den Lieferschwierigkeiten informiert gewesen hätte sein müssen, hat sie der Kläger auf die in Fachzeitschriften mehrfach erwähnten Lieferengpässe infolge der geringen Produktionszahl hingewiesen und ausdrücklich gefragt, ob sie in der Lage wäre, das gewünschte Modell zu liefern. Unter diesen Umständen hätte sich die beklagte Partei sofort, noch vor Abschluß des Kaufvertrages von der Liefermöglichkeit überzeugen müssen. Deshalb kann auch von keinem Wegfall der Geschäftsgrundlage infolge unerwarteter Unmöglichkeit der Lieferung gesprochen werden.

4. Der Kläger ist daher, sofern er nach den zu ergänzenden Feststellungen wirksam vom Vergleich zurückgetreten sein sollte, berechtigt, von der beklagten Partei infolge der von ihr zu vertretenden - Nichterkundung als Verschulden - Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 920 ABGB Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu fordern; ein qualifiziertes Verschulden ist nicht vorausgesetzt, weil es sich bei dem Schaden, der dem Kläger aus dem Weiterverkauf des nicht gelieferten Porsches Speedster-Schmalversion erwächst, um positiven Schaden im Sinn des § 1323 ABGB handelt (Koziol, Österr. Haftpflichtrecht I**2 14 ff, 192 ff).

II. Zu dem als Rekursbeantwortung bezeichneten Schriftsatz der klagenden Partei:

Dieser Schriftsatz des Klägers, der am 16. April 1993 zur Post gegeben wurde, ist inhaltlich gesehen großteils ein Rekurs (siehe insb. Anfechtungserklärung und Rekursanträge); als solcher ist er allerdings verspätet, weil dem Kläger der zweitinstanzliche Aufhebungsbeschluß bereits am 12. Februar 1993 zugestellt wurde; insofern ist dieser Schriftsatz zurückzuweisen; soweit er sich als Rekursbeantwortung darstellt, waren hiefür keine Kosten zuzusprechen, weil auf die Unzulässigkeit des Rekurses der beklagten Partei nicht hingewiesen wurde, sodaß er nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

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