OGH 11Os35/94

OGH11Os35/9429.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. März 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Czedik-Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz L***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls, teils durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1, Z 2, 129 Z 2, 130 zweiter Satz und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Dezember 1993, GZ 5 a Vr 8711/93-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Berufung wegen Schuld" des Angeklagten werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz L*****des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls, teils durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 2, 130 zweiter Satzund 15 StGB (A./) und des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 StGB (B./) schuldig erkannt.

Darnach hat er

A./

fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Bargeld gewerbsmäßig in der Religionsausübung dienenden Räumen aus Opferstöcken, teils durch Einbruch Nachgenannten mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. am 16. Jänner in G*****Verfügungsberechtigten der Pfarrkirche G*****durch Aufbrechen eines Opferstockes Bargeld in nicht mehr feststellbarer Höhe;

2. am 29. März 1993 Verfügungsberechtigten der Stadtpfarrkirche L*****Bargeld in nicht mehr feststellbarer Höhe wegzunehmen versucht und

3. am 2. Juli 1993 in Maria L*****Verfügungsberechtigten der Wallfahrtskirche des Klosters Maria L*****Bargeld in nicht mehr feststellbarer Höhe;

B./

am 30. Juni 1993 in der Wallfahrtskirche des Klosters Maria L***** Handlungen, die geeignet sind, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, vor unmündigen Personen vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen, indem er vor dem am 10. September 1981 geborenen Jürgen K***** und vor dem am 25. Mai 1982 geborenen Markus Sch***** sein Glied entblößte und mit diesem spielte.

Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der im übrigen auch "Berufung wegen Schuld" angemeldet hat und - ebenso wie der öffentliche Ankläger - den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Soweit im Rahmen der auf das Faktum A./3. beschränkten Mängelrüge (Z 5) die unterlassene zeugenschaftliche Einvernahme des Pfarrhelfers Rainer W*****gerügt wird, ist sie lediglich darauf zu verweisen, daß nach dem System der Nichtigkeitsgründe das Urteil nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur dann nichtig ist, wenn das Gericht die erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt, nicht aber auch dann, wenn es die möglichen Beweisquellen unvollständig ausgeschöpft hat. Eine solche mangelhafte Beweiserhebung kann nur aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO gerügt werden, wofür im vorliegenden Fall allerdings die formelle Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung fehlt.

Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung hinwieder wäre nur dann gegeben, wenn Beweisergebnisse von den Tatrichtern mit Stillschweigen übergangen worden wären. Auch das ist nicht der Fall. Im angefochtenen Urteil wird ausführlich und mit den Denkgesetzen im Einklang dargelegt, weswegen der Angeklagte (auch) im Faktum A./3. nach Auffassung der erkennenden Richter als Täter feststeht.

Aber auch die in der Tatsachenrüge (Z 5 a) angeführten Argumente sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Das angefochtene Urteil befaßt sich zum Faktum A./1. ausdrücklich auch damit, daß der Zeuge Viktor W*****bei der Gegenüberstellung mit dem Angeklagten während der Hauptverhandlung dessen Identität nicht mehr mit völliger Sicherheit feststellen konnte und begründet, weswegen es auf die ursprünglich eindeutigen Angaben dieses Zeugen vor der Gendarmerie zurückgreifen konnte.

Ähnliches gilt für das Faktum A./2., weil einerseits die Ausforschung des Angeklagten auf Grund der vom Zeugen Anton Sch*****notierten PKW-Kennzeichen erfolgte und die Unsicherheit dieses Zeugen bei der Agnoszierung des Angeklagten sich auf die nicht entscheidungswesentliche Frage bezog, ob der Angeklagte auch mit jener Person ident war, die der Zeuge anläßlich einer Verhandlung vor dem Landesgericht Krems getroffen und damals für den Angeklagten gehalten hatte. Im übrigen bietet die Tatsachenrüge keinen Raum für eine Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. All das gilt aber auch für die von der Beschwerde selbst als Beweiswürdigungsbekämpfung deklarierten Ausführungen zum Faktum B./, gegen dessen Urteilsannahmen sich ebenfalls keine erheblichen Bedenken ergeben.

Die offenbar unbegründete Nichigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Ebenso war mit der in den Prozeßgesetzen nicht vorgesehenen (vom Beschwerdeführer angemeldeten, in der Folge nicht ausgeführten) "Berufung wegen Schuld" zu verfahren.

Demzufolge ist zur Entscheidung über die (Straf-)Berufungen gemäß § 285 i StPO der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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