OGH 7Ob587/93

OGH7Ob587/9323.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Christoph Raabe, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Waltraud G*****, vertreten durch Dr.Felix Spreitzhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 58.200,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23.März 1993, GZ 45 R 82/93-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 8.September 1992, GZ 3 C 227/92i-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Untergerichte werden dahin abgeändert, daß das Urteil lautet:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 41.684,04 samt 4 % Zinsen seit 5.9.1991 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren von S 16.515,96 samt 4 % Zinsen seit 5.9.1991 wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei Verfahrenskosten von insgesamt S 13.659,68 (darin enthalten S 1.457,28 Umsatzsteuer und S 4.900,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen S 1.800,-- an Barauslagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im Eigentum der W*****-GesmbH (W*****) stehende, vom Land Niederösterreich geförderte Eigentumswohnung in B*****, wurde von Ing.B***** in einer Zeitungsannonce zum Kauf angeboten. Daraufhin setzte sich ein Mitarbeiter der klagenden Partei mit Ing.B***** in Verbindung und bot sich als Vermittler an. Ing.B***** erklärte, daß er über die Wohnung verfügungsberechtigt sei, mit der W***** eine Sondervereinbarung habe und einen Käufer namhaft machen dürfe. In der Folge wurde die Wohnung von der klagenden Partei inseriert. Aufgrund des Inserates besichtigte die Beklagte die Wohnung und unterfertigte ein Kaufanbot, in dem es auch heißt: "Ich biete nach ausführlicher Besichtigung und nach Kenntnisnahme der für mich wesentlichen Punkte des mir von der Firma C***** erstmals genannten Objektes (Eigentumswohnung) in ***** B*****, dem Verfügungsberechtigten, Herrn Ing.B*****, für das Objekt einen Kaufpreis in der Höhe von S 998.000... Die durch die Annahme dieses Anbotes fällig werdende vereinbarte anteilige Vermittlungsprovision (Käufer) in der Höhe von S 48.500,-- zuzüglich 20 % USt, sohin insgesamt einen Betrag von S 58.200,--, werde ich unverzüglich bei C***** hinterlegen. Diese Provision entspricht den in der Verordnung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16.6.1978 festgelegten Sätzen". Weiters wurde vereinbart, daß zusätzlich zum genannten Kaufpreis ein Förderungsdarlehen von ca. S 619.000,-- zu übernehmen ist. Die Beklagte übergab dem Mitarbeiter der klagenden Partei ein Angeld von S 70.000,--. Anläßlich der Besichtigung der Wohnung wurde der Beklagten mitgeteilt, daß es sich um eine geförderte Wohnung handle. Gerhard S*****, der Mitarbeiter der klagenden Partei, wies sie darauf hin, daß der Kauf nur wirksam werde, wenn die W***** "gegenzeichne". Warum Ing.B***** im Kaufanbot als Verfügungsberechtigter aufschien, wurde nicht näher erläutert. Ing.B***** war bei der Besichtigung selbst anwesend, hatte die Schlüssel zur Wohnung und sprach davon, daß er ein Vorkaufsrecht habe. Sinngemäß war auch von einer Sondervereinbarung mit der W***** die Rede. Nach dem schließlich zwischen der W***** und der Beklagten zustandegekommenen Kaufvertrag betrug der Gesamtkaufpreis S 1,157.889,90. Der Kaufpreis war dergestalt zu berichtigen, daß S 331.822,40 bar zu erlegen und im übrigen das Wohnbauförderungsdarlehen von S 825.867,40 zu übernehmen war. Das Land Niederösterreich stimmte als Verbotsberechtigte der Einverleibung des Eigentumsrechtes für die beklagte Partei zu. An Ing.B***** leistete die Beklagte keine Zahlung. Von der W***** hatte die klagende Partei keinerlei Vermittlungsauftrag erhalten.

Die klagende Partei begehrte die im Kaufanbot mit S 58.000,-- bezifferte Vermittlungsprovision.

Die Beklagte bestritt dem Grund und der Höhe nach. Sie wendete ein, daß die W***** als Wohnungseigentümerin und Verkäuferin keinen Vermittlungsauftrag an die klagende Partei erteilt habe, weshalb der klagenden Partei keine Provision im Sinn des § 8 Abs.2 ImmV zustehe. Der Provisionsanspruch sei auch deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte Erstbezieherin nach der W***** gewesen sei.

Die klagende Partei stützte ihr Begehren daraufhin auch auf Schadenersatz, weil sie die Wohnung der Beklagten vermittelt habe und die Beklagte von der W***** als Käuferin akzeptiert worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß es zwar seit der Aufhebung der Bestimmung des § 8 Abs.10 ImmV durch den Verfassungsgerichtshof zulässig sei, für die Vermittlung geförderter Objekte auch mit dem Käufer eine Provision zu vereinbaren. Es liege jedoch keine erfolgreiche Vermittlung im Sinn des § 8 Abs.2 ImmV vor, weil die W***** nicht Auftraggeber der klagenden Partei gewesen sei. Auf eine Vereinbarung gemäß § 9 Abs.1 Z 5 lit.a ImmV habe sich die klagende Partei nicht gestützt. Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch lägen nicht vor.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem derartigen Fall fehle. Da Ing.B***** im Kaufanbot lediglich als Verfügungsberechtigter bezeichnet und der Beklagten auch mitgeteilt worden sei, daß es sich um eine geförderte Wohnung handle und der Kauf nur wirksam werde, wenn die W***** "gegenzeichne", sei klargestellt worden, daß das im Vermittlungsauftrag bezeichnete Geschäft zumindest nicht allein zwischen Ing.B***** und der Beklagten zustandekommen sollte, sondern daß vielmehr die W***** (zumindest auch) Vertragspartner werden mußte. Der zwischen der Beklagten und der W***** geschlossene Kaufvertrag sei daher auf eine erfolgreiche Vermittlung der klagenden Partei gemäß § 8 Abs.2 ImmV zurückzuführen. Darüber hinaus liege zumindest ein zweckgleichwertiges Geschäft vor. Da die Nachweisung der Kaufgelegenheit genüge, sei die Beklagte zur Zahlung der im Kaufanbot vereinbarten Vermittlungsprovision verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

Nach § 8 ImmV dürfen Provisionen oder sonstige Vergütungen im allgemeinen nur für eine erfolgreiche Vermittlung vereinbart werden. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist die Vermittlung nur dann als erfolgreich anzusehen, wenn das im Vermittlungauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft durch die Tätigkeit des Immobilienmaklers zwischen dem Auftraggeber und dem vom Immobilienmakler namhaft gemachten Interessenten rechtswirksam zustandegekommen ist.

Im vorliegenden Fall waren sowohl Ing.B***** als auch die Beklagte die Auftraggeber der klagenden Partei. Auch wenn aus den Feststellungen der Untergerichte nicht eindeutig hervorgeht, ob die Beklagte der klagenden Partei einen ausdrücklichen Vermittlungsauftrag zum Erwerb der Eigentumswohnung erteilt hat, kann an der zumindest schlüssigen Auftragserteilung der Beklagten kein Zweifel sein. Eine Provisionspflicht besteht auch für denjenigen, der die Vermittlungstätigkeit duldet oder sich der Tätigkeit eines Vermittlers nutzbringend bedient, um den gewünschten Erfolg herbeizuführen, sofern für ihn erkennbar ist, daß er die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch nimmt (MietSlg. 39.706 mwN). All dies trifft schon nach dem Inhalt des von der Beklagten unterfertigten Kaufanbotes zu, das zugleich die verdienstliche Tätigkeit der klagenden Partei zum Ausdruck bringt und auf die Provisionspflicht hinweist.

Da somit der Beklagten selbst die Stellung des Auftraggebers im Sinn der Bestimmungen der ImmV zukam und der von der Beklagten angestrebte Wohnungskauf auch ausgeführt wurde, ist lediglich zu prüfen, ob das Rechtsgeschäft mit dem von der klagenden Partei der Beklagten gegenüber namhaft gemachten Verkaufsinteressenten zustandekam. Dies ist zu bejahen, weil der Beklagten aufgrund der ihr anläßlich der Wohnungsbesichtigung erteilten Informationen - insbesondere des Erfordernisses der "Gegenzeichnung" des Anbotes durch die W***** - und der Bezeichnung des Ing.B***** im Antrag als eines (bloßen) Verfügungsberechtigten und nicht als des im Anbotformular ebenfalls vorgesehenen Verkäufers oder Abgebers klar sein mußte, daß als Verkaufsinteressent zumindest auch die W***** in Betracht kam. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß der Beklagten die rechtliche Position des Ing.B*****, der ihr gegenüber zunächst als Verhandlungspartner auftrat, nicht eindeutig klargelegt wurde.

Selbst bei der Annahme, es sei der Beklagten seitens der klagenden Partei ein anderer als der tatsächliche Vertragspartner als Kaufinteressent namhaft gemacht worden, wäre die Vermittlungstätigkeit der klagenden Partei wegen der Zweckgleichwertigkeit des vermittelten und des abgeschlossenen Geschäftes im Sinn des § 8 ImmV provisionspflichtig. Das Zustandekommen eines Geschäftes, das zwar nach den vom Makler geförderten Bemühungen nicht unmittelbar angestrebt worden war, dem aber eine vergleichbare wirtschaftliche Bedeutung beizulegen ist, löst dem Grunde nach in gleicher Weise wie der Abschluß des zunächst angestrebten Geschäftes eine Provisionspflicht aus (MietSlg. 39.709 mwN). Entscheidend ist, daß ein Vertrag, wie er dem dem Vermittler erteilten Auftrag entspricht, zustandegekommen ist (MietSlg. 39.706). Die Frage der Zweckgleichwertigkeit kann sich bei allen möglichen Abweichungen des letztlich abgeschlossenen vom aufgetragenen Geschäft stellen, etwa bei Abweichungen im Vertragstyp oder auch bei den Vertragsparteien. Hiebei kommt es nicht auf das Vorliegen einer besonderen Vereinbarung gemäß § 9 ImmV an. Es geht vielmehr um die Frage der Auslegung des jeweiligen, auch schlüssig möglichen Vermittlungsvertrages und der zulässigen Provisionsvereinbarung im Sinn des § 8 ImmV, der insoweit einer erweiternden Analogie bedarf (Jabornegg in ÖJZ 1992, 653 f; 7 Ob 555/93).

Es ist im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen, daß die Beklagte die Wohnung nur gekauft hätte, wenn Ing.B***** der Eigentümer der Wohnung gewesen wäre. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, worin für sie der wirtschaftliche Unterschied gelegen sein sollte, ob sie nun die Wohnung von Ing.B***** oder jemand anderem kauft. Der Provisionsanspruch der klagenden Partei gegenüber der Beklagten (die Frage des Provisionsanspruches gegenüber der W***** ist hier nicht zu beurteilen) besteht daher unabhängig davon, ob eine Provisionspflicht für die im § 9 ImmV aufgezählten Tatbestände vereinbart wurde.

Das Gericht zweiter Instanz hat daher die grundsätzliche Provisionspflicht der Beklagten - zumindest im Ergebnis - zu Recht bejaht. Es hat sich jedoch mit der Bestreitung der Höhe des Klagebegehrens nicht auseinandergesetzt.

Gemäß § 10 ImmV darf der Immobilienmakler für die Vermittlung des Kaufes eines Liegenschaftsanteiles bei einem S 500.000,-- übersteigenden Wert höchstens 3 % des Wertes (mit jeder der beiden Parteien des Kaufvertrages) vorsehen. Gemäß § 12 ImmV ist der Wert nach dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis für das Objekt und dem Betrag, der den vom Käufer übernommenen Verpflichtungen, den Hypotheken und sonstigen geldwerten Leistungen entspricht, zu berechnen. Da nach den Feststellungen der Untergerichte der zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarte Kaufpreis S 1,157.889,80 einschließlich des bar zu erlegenden Teiles und einschließlich des zu übernehmenden Wohnbauförderungsdarlehens betrug, errechnet sich die Provision nach den Vorschriften der Immobilienmaklerverordnung, die insoweit Konsumentenschutzbestimmungen darstellen (vgl. MietSlg. 42.479 mwN) und auf die im übrigen auch in der Provisionsregelung im Anbot Bezug genommen wird, mit S 34.736,70 + S 6.947,34 an 20 %iger Umsatzsteuer, somit insgesamt S 41.684,04. Das Mehrbegehren von S 16.515,96 war daher in Abänderung des Urteiles der zweiten Instanz abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs.2 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf die §§ 43 Abs.1, 50 ZPO.

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