OGH 7Ob24/93

OGH7Ob24/9323.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Waizer und Dr.Peter Waizer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei C***** Versicherung *****, vertreten durch Dr.Ivo Greiter u.a. Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 28.Mai 1993, GZ 4 R 127/93-21, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Februar 1993, GZ 10 Cg 82/92-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.771,20 (darin S 3.295,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30.11.1990 wurde die Fahrerkabine einer Baumaschine (Radlader), die auf einem LKW-Tieflader der klagenden Partei transportiert wurde, beim Durchfahren einer Brücke (Straßenunterführung) beschädigt. Die Gesamthöhe von LKW und Ladung überschritt die zulässige Gesamthöhe von 4 m um 24 cm. Der Unfall ereignete sich auf der Schnellstraße zwischen Biel und Lyss in der Schweiz.

Für das Fahrzeug der klagenden Partei bestand zum Unfallszeitpunkt eine Verkehrshaftungsversicherung bei der beklagten Partei, der die Besonderen Bedingungen für den gewerblichen Güterverkehr mit LKWs zugrunde lagen. Diese enthalten folgende Bestimmung:

"II. Ausschlüsse:

Ausgeschlossen sind Ansprüche

1. aus Anlaß von Beförderungen, bei denen öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt worden sind, zB Transporte ohne Genehmigungen, Nichteinhalten des Geltungsbereiches der Genehmigung oder der verkehrsmäßigen Beschränkungen; eine Überladung bis zu 10 % des Gesamtgewichts wird toleriert;

2. aus Schadensfällen, die der Versicherte, seine gesetzlichen Vertreter, Prokuristen oder Leiter von selbständigen Zweigniederlassungen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben;

3. aus Schadensfällen, die sonstige Erfüllungsgehilfen des Versicherten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht beachtet haben, sofern der Versicherungsnehmer oder eine der in Ziffer II.2. genannten Personen bei der Auswahl oder Überwachung der Erfüllungsgehilfen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt grob fahrlässig nicht beachtet haben....."

Die klagende Partei führt für die Firma VME International Sales AB, einer Tochterfirma der Firma Volvo, pro Jahr etwa 70 bis 120 Baumaschinentransporte durch. Der Luftdruck in den Reifen der Baumaschinen wird mit Genehmigung der Firma VME gesenkt, damit die gesetzlich zulässige Gesamthöhe des Transportes von 4 m nicht überschritten wird. Mit dem gegenständlichen Transport wurde Werner Z***** beauftragt, der damals seit etwa zwei bis drei Monaten bei der klagenden Partei beschäftigt war. Die Höhe des zu transportierenden Radladers war sowohl dem Disponenten Klaus H*****, der dem Fahrer Werner Z***** die Anweisung zum Transport erteilt hatte, als auch dem Geschäftsführer der klagenden Partei bekannt. Werner Z***** führte erstmals einen Transport eines derartigen Radladers durch. Nach dem Laden teilte er Klaus H***** telefonisch mit, daß die Gesamthöhe des LKWs und des Ladegutes 4 m übersteige. Es kann nicht festgestellt werden, ob Klaus H***** nun sagte, daß die Gesamthöhe 4,2 m nicht überschreiten dürfe oder daß die Gesamthöhe 4 m nicht überschreiten dürfe. Weiters kann nicht festgestellt werden, ob Klaus H***** dem Werner Z***** die Anweisung gab, die Luft aus den Reifen des Radladers auszulassen oder ob er sagte, daß die von Werner Z***** angegebene Gesamthöhe von 4,15 m passe. Beim transportierten Radladertyp ist es durchaus möglich, die Höhe des Fahrzeuges durch das Ablassen von Luft aus den Reifen um etwa 19 bis 20 cm zu senken. Durch weiteres Luftauslassen könnte der Radlader zwar noch um 4 bis 5 cm abgesenkt werden, wobei es jedoch dann erforderlich ist, daß unter die Achskörper Holz gelegt wird, damit die Reifen des Radladers nicht beschädigt werden. Üblicherweise wird die Höhe der Radlader von den Kraftfahrern der klagenden Partei durch Luftablassen um etwa 20 cm gesenkt. Die Höhe der Ladefläche der Tieflader und der Sattelauflieger der klagenden Partei beträgt zwischen 90 und 100 cm. Die Höhe der Ladefläche des zum gegenständlichen Transport verwendeten Tiefladers betrug 1 m.

Die klagende Partei hatte sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz eine Bewilligung für die Durchführung des Transportes wegen Überbreite (2,75 m) und Übergewicht (29 t) erwirkt. Im Antrag gab die klagende Partei die Höhe des Radladers mit 3,10 m und die Gesamthöhe des Transportes mit 4 m an. Das Bundesamt für Polizeiwesen in Bern erteilte diese Genehmigung für den Zeitraum vom 30.11. bis 14.12.1990 und schrieb folgende Fahrtroute vor: Basel-N 2-Egerkingen-N 1-Schönbühel-T 6-Lyss Nord- Autostraße-Ausfahrt Brügg-Brügg Firma N*****. Werner Z***** behob diese Sondergenehmigung anläßlich seiner Einreise in die Schweiz am Vormittag des 30.11.1990. Er hielt die vorgeschriebene Fahrtroute nicht ein, sondern verließ die Autobahn schon vor der Verzweigung Schönbühel, nämlich bei Solothurn, um über Biel nach Brügg zur Firma N***** zu fahren. Die aufgrund der Überbreite und des Übergewichts vorgeschriebene Route wäre auch mit der Überhöhe von 4,23 m befahrbar gewesen, da in der Schweiz alle Autobahnbrücken mindestens 4,3 m hoch sind.

Werner Z***** war vorher noch nie zur Firma N***** in Brügg gefahren. Klaus H***** hatte ihm auch nicht die Fahrtroute mitgeteilt.

Die schwedische Versicherungsanstalt S***** hat der Firma N***** den entstandenen Schaden ersetzt und von der klagenden Partei mit Schreiben vom 28.10.1991 den Ersatz in Höhe von SKr 391.052 gefordert. Die klagende Partei vereinbarte mit der Versicherungsanstalt S*****, bis zum Ausgang des gegenständlichen Prozesses zuzuwarten. Die beklagte Partei wurde vom Forderungsschreiben nicht verständigt.

Am 14.3.1991 kam es in Zell am See zu einem ähnlichen Unfall. Ein Tieflader der Klägerin transportierte eine Baumaschine von Köflach nach Weer. Es kam ebenfalls in einer Unterführung zu einem Streifkontakt, weil die für LKW und Ladung vorgeschriebene Gesamthöhe von 4 m überschritten wurde. Auch damals lag keine Bewilligung des zuständigen Landeshauptmannes für den Transport mit Überhöhe vor.

Die klagende Partei begehrte die Feststellung, daß die beklagte Partei für den vorliegenden Schadensfall Versicherungsschutz im Rahmen der vertraglich vereinbarten Haftungssummen zu gewähren habe. Es sei branchenüblich, daß bei Baumaschinentransporten versucht werde, die Höhe des Transportgutes zu reduzieren, um die zeit- und kostenaufwendige Einholung von Sondergenehmigungen entbehrlich zu machen. Werner Z***** habe offensichtlich auf die klare Anweisung seines Dienstgebers vergessen, nach Beladung den Reifendruck des Radladers so weit zu reduzieren, daß die zulässige Gesamthöhe von 4 m nicht überschritten werde. Außerdem habe er die vorgeschriebene Fahrtroute, die für Transporte bis zu 4,3 m Gesamthöhe geeignet gewesen wäre, verlassen. Der Schaden sei daher auf ein Fehlverhalten des Fahrers zurückzuführen. Punkt II. Z 1 der Versicherungsbedingungen stelle in Wahrheit eine Obliegenheit dar. Der Versicherer sei daher nur von der Leistung frei, wenn die Obliegenheitsverletzung dem Versicherungsnehmer selbst zuzurechnen sei. Für eine Verletzung durch Hilfspersonen hafte der Versicherungsnehmer nicht. Punkt II der Bedingungen sei zudem sittenwidrig, weiters unklar und widersprüchlich.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie vertrat die Ansicht, daß Punkt II. Z 1 einen zulässigen Risikoausschluß beinhalte. Abgesehen davon sei der klagenden Partei selbst grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil sie die Einholung der entsprechenden Genehmigung unterlassen und die Überwachung des Fahrers grob fahrlässig vernachlässigt habe. Es lägen daher auch die Ausschlüsse gemäß Art II Z 2 und 3 vor. Zudem habe die klagende Partei auch die Obliegenheiten verletzt, die nächste Polizeidienststelle einzuschalten, die beklagte Partei vom Forderungsschreiben des Absenders zu verständigen und die Forderung zurückzuweisen. Die Schadenersatzansprüche des Absenders seien nach CMR bereits verjährt, so daß das Feststellungsinteresse fehle.

Letzterem Einwand hielt die klagende Partei entgegen, daß die Verjährungsfrist durch die sofortige Anmeldung des Schadenersatzanspruches des Absenders unterbrochen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Punkt II Z 1 der Bedingungen sei gemäß § 915 ABGB dahin auszulegen, daß eine Leistungsfreiheit nur bei bestimmten gravierenden Verletzungen öffentlich-rechtlicher Vorschriften eintrete. Die Klausel sei keineswegs sittenwidrig, weil sie den zulässigen Zweck habe, den Versicherer vom erhöhten Risiko zu befreien. Es handle sich hiebei zwar nicht um einen Risikoausschluß, sondern um eine Obliegenheit. Es sei jedoch dem Geschäftsführer der klagenden Partei und dem Disponenten Klaus H***** ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, weil nicht erwiesen sei, daß sie trotz Kenntnis der tatsächlichen Höhe des Transportes an Werner Z***** konkrete Anweisungen erteilt hätten, die Gesamthöhe auf 4 m zu verringern. Zudem wäre selbst bei einer noch vertretbaren Absenkung des Radladers um 20 cm die zulässige Gesamthöhe überschritten worden. Die klagende Partei habe keinerlei Überwachungsmaßnahmen gesetzt. Es liege ein von der klagenden Partei zu vertretender grober Organisationsmangel vor. Der Unfall sei zwar bei der Polizei gemeldet worden. Eine weitere Obliegenheitsverletzung liege aber darin, daß der beklagten Partei die Geltendmachung des Regreßanspruches seitens des Transportversicherers nicht unverzüglich mitgeteilt worden sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Einer allfälligen Obliegenheitsverletzung dahin, daß die beklagte Partei vom Forderungsschreiben der Firma Scandia nicht verständigt worden sei, mangle es an der Kausalität im Sinn des § 6 Abs 3 VVG. Die beklagte Partei sei aber schon deshalb leistungsfrei, weil Art II Z 1 der Bedingungen entgegen der Ansicht des Erstgerichtes einen - zulässigen - Risikoausschluß beinhalte. Leistungsfreiheit bestünde aber auch bei Beurteilung dieser Bestimmung als Obliegenheit, weil der klagenden Partei ein grobes Organisationsverschulden zur Last liege. Der Disponent Klaus H***** falle nicht unter die in Art.II Z 2 der Bedingungen genannten Personen. Auch sei die Anwendung des § 1313a ABGB auf Obliegenheiten des Versicherungsvertragsrechtes abzulehnen, sodaß ein grobes Verschulden des Fahrers Z***** und des Disponenten Klaus H***** nicht die Voraussetzungen des Art.II Z 2 und Z 3 erfüllten. Es liege aber ein Organisationsverschulden der klagenden Partei im Sinne grober Fahrlässigkeit vor. Dieses bestehe darin, daß im Betrieb der klagenden Partei grundsätzlich nicht um eine Sondergenehmigung für überhohe Transporte angesucht werde, sondern davon ausgegangen werde, daß eine entsprechende Absenkung des Ladegutes durch die Fahrer vorgenommen werde, um die gesetzliche Höchsthöhe nicht zu überschreiten. Eine solche, grundsätzlich risikoreiche Vorgangsweise könnte nur dann als nicht grob fahrlässig betrachtet werden, wenn die klagende Partei in ihrer Betriebsorganisation sicherstellen könnte, daß eine entsprechende Absenkung des Ladeguts in technisch richtiger Weise jeweils auch tatsächlich vorgenommen werde. Es zeige sich aber gerade beim gegenständlichen Fall, daß die klagende Partei derartige Anordnungen kaum gegeben haben könne, habe sich doch ergeben, daß bei der vom Disponenten H***** und auch vom Geschäftsführer der klagenden Partei als üblich bezeichneten Vorgangsweise ein Absenken auf die gesetzliche Höchsthöhe nur bei gleichzeitigem Unterstellen der Achsen mit Holz möglich gewesen wäre. Die klagende Partei habe nicht einmal behauptet, daß hiezu generelle Anordnungen erteilt oder überhaupt je so vorgegangen worden sei. Es sei auch die Kausalität der Vertragsverletzung für das schädigende Ereignis zu bejahen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Fahrer Z*****, wäre ihm auch die Sondergenehmigung wegen Überhöhe ausgehändigt worden, zusätzlich auf die besondere Gefährlichkeit eines Abweichens von der vorgeschriebenen Fahrtroute aufmerksam geworden wäre. Es sei nicht undenkbar, daß er in einem solchen Fall auf der vorgeschriebenen Fahrtroute geblieben wäre, weil er eher mit der Notwendigkeit, zu niedrige Unterführungen passieren zu müssen, gerechnet hätte. Es sei auch nicht auszuschließen, daß er langsamer und vorsichtiger gefahren und daher noch in der Lage gewesen wäre, sein Fahrzeug rechtzeitig vor der Unterführung, in der sich der Unfall ereignet habe, anzuhalten. Die klagende Partei habe daher den ihr obliegenden Kausalitätsgegenbeweis nicht erbracht. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der ordentlichen Revision seien gegeben, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob Art.II Z 1 der Bedingungen einen Risikoausschluß oder eine Obliegenheit darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, kommt es bei der Unterscheidung zwischen einer Obliegenheit, die einer Überprüfung nach den zwingenden Bestimmungen der §§ 6, 15a VersVG standzuhalten hat und einer Risikobegrenzung primär nicht auf den Wortlaut der Vertragsbestimmung, sondern auf deren materiellen Inhalt an. Maßgebend ist, ob in erster Linie ein vom Versicherungsnehmer einzuhaltendes Verhalten bedungen werden sollte oder ob der Versicherer von vorneherein gewisse Tatsachen von seiner Haftung ausschließen wollte, die unmittelbar geeignet sind, zum Versicherungsfall zu führen und die gegenüber der allgemeinen Risikoumschreibung ein qualitativ abweichendes Risiko darstellen (VersR 1991, 571; 7 Ob 8/92). Bei der Risikoabgrenzung wird von Anfang an ein bestimmter Gefahrenumstand von der versicherten Gefahr ausgenommen, ohne daß es dabei auf ein schuldhaftes, pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsnehmers ankäme (VersR 1988, 200 mit Berufung auf Petrasch in ZVR 1985, 66; VersR 1991, 571). Entscheidend ist, ob das Handeln des Versicherungsnehmers im Vordergrund steht oder ob sein Verhalten hinter objektiven Voraussetzungen zurücktritt (ZVR 1985/160).

Diese Ansicht ("Verhaltenstheorie") vertritt auch Schauer, Einführung in das österreichische Vertragsversicherungsrecht2 189 f). Obliegenheiten seien Verhaltenspflichten des Versicherungsnehmers. Daher könnten jene Fälle, in denen die Leistungsfreiheit von Umständen abhänge, die der Versicherungsnehmer nicht durch sein Verhalten beeinflussen oder kontrollieren könne (Krieg, Unruhen und Aufstände), auch zulässigerweise als Risikoausschluß vereinbart werden. Bei Verhaltenspflichten, die der Gefahrenverwaltung dienen, differenziert Schauer weiters dahin, ob der Versicherer an der Einhaltung der Verhaltenspflicht ein Interesse habe. Wenn eine Verhaltenspflicht einer Gefahrenminderung oder der Verhinderung einer Gefahrenerhöhung diene, habe der Versicherer an ihrer Einhaltung ein ganz wesentliches Interesse, weil im Verletzungsfall das Risiko seiner Inanspruchnahme steige. Diese Verhaltenspflicht sei daher als Obliegenheit einzustufen. Wenn hingegen die Verletzung einer Pflicht zu einem völlig anders gearteten, qualitativ abweichenden Risiko führe, habe der Versicherer an ihrer Einhaltung kein Interesse, weil er dann ohnehin nicht hafte.

Auch die deutsche Rechtsprechung und Lehre stellt grundsätzlich darauf ab, ob eine Verhaltenspflicht des Versicherungsnehmers statuiert wird, auch wenn im Einzelfall teilweise differenziert und unterschiedlich argumentiert wird (vgl. Prölss-Martin VVG25, 90 ff).

Nach den dargestellten Abgrenzungskriterien der österreichischen Lehre und Rechtsprechung ist die hier zu beurteilende Bestimmung des Versicherungsvertrages ungeachtet dessen, daß sie als "Ausschluß" bezeichnet ist, als Obliegenheit zu beurteilen. Dem Versicherungsnehmer wird, soweit die Bestimmung auf den gegenständlichen Fall Bezug hat, die Verhaltenspflicht auferlegt, sich um die Erlangung einer behördlichen Sondergenehmigung des Transportes, der nicht den kraftfahrzeug- und verkehrsrechtlichen Vorschriften entspricht, zu bemühen oder einen solchen Transport zu unterlassen. Der Umfang des Risikos des Versicherers, zur Haftung herangezogen zu werden, hängt wesentlich davon ab, ob der Transport im Rahmen der gesetzlichen Sicherheitsvorschriften bzw. im Rahmen einer behördlichen Sondergenehmigung, die entsprechende weitere, der Sicherung dienende Auflagen statuiert (wie beispielsweise die Verpflichtung zur Einhaltung einer bestimmten, für den in Frage stehenden Transport sicheren Route; die Verpflichtung zur Beistellung eines Begleitfahrzeuges usw.) oder in einem diesen Vorschriften nicht entsprechenden und damit potentiell gefährlichen Bereich erfolgt. Der Versicherungsnehmer hat es in der Hand, durch Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bzw. der in einer Ausnahmegenehmigung erteilten Auflagen das Risiko im üblichen Rahmen zu halten oder dadurch, daß er sich nicht darum kümmert, zu vergrößern. Ein qualitativ abweichendes Risiko tritt durch den Verstoß des Versicherungsnehmers gegen diese Bestimmung des Versicherungsvertrages nicht ein. Der Versicherer, der grundsätzlich die Haftung für die entgeltliche Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen übernommen hat, hat ein wesentliches Interesse an der Einhaltung des in der strittigen Bestimmung geforderten Verhaltens, um seine Inanspruchnahme nach Möglichkeit zu vermeiden.

Die Entscheidung des BGH in VersR 1990, 482, auf die sich das Gericht zweiter Instanz zur Begründung seiner Ansicht unter anderem beruft, ist nicht ohneweiteres auf den hier vorliegenden Fall anwendbar. Während nämlich dort die Deckungspflicht des Luftfahrzeug-Haftpflichtversicherers vom Vorliegen der für den durchgeführten Luftfahrtbetrieb erforderlichen generellen behördlichen Genehmigung abhängig gemacht wurde, bedarf der Gütertransport auf der Straße grundsätzlich keiner besonderen behördlichen Genehmigung.

Punkt II Z 1 der Versicherungsbedingungen - wie im übrigen auch die Z 2 und 3 dieser Bestimmung - ist daher entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz als Festlegung einer Obliegenheit und nicht als Risikoausschluß zu qualifizieren.

Der Oberste Gerichtshof vermag der Argumentation der Revision, daß diese Bestimmung sittenwidrig sei, nicht beizupflichten. Schon der Text der hier strittigen Klausel läßt keinen Zweifel daran, daß jedenfalls die mangelnde behördliche Genehmigung eines genehmigungspflichtigen Transportes und - diesem Fall gleichgestellt - die Nichteinhaltung des Geltungsbereiches einer allenfalls vorliegenden Genehmigung zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen solle, mag auch der der beispielhaften Aufzählung vorangestellte generalisierende Halbsatz mißverständlich sein und für sich allein dem Wesen der vorliegenden Versicherungsart widersprechen. Durch die Anfügung bestimmter Fälle im nächstfolgenden Halbsatz ist zumindest für diese klargestellt, daß sie die Leistungsfreiheit zur Folge haben. Da der hier zu beurteilende Unfall auf einem Transport ohne die wegen der Überhöhe erforderliche behördliche Genehmigung (und nicht auf der vorgeschriebenen Strecke) stattfand und die Überhöhe zur Beschädigung des Transportgutes führte, ist der Schadensfall dem von Punkt II Z 1 der Bedingungen umfaßten Tatbestand zu subsumieren. Ob auch andere und allenfalls welche anderen Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften zum Verlust der Versicherungsdeckung führen, kann dahingestellt bleiben. Von einer wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertragsbestimmung kann daher keine Rede sein.

Wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannt hat, kommt es im Fall der Beurteilung des Punktes II Z 1 der Versicherungsbedingungen als Obliegenheit darauf an, ob der klagenden Partei ein grobes Organisationsverschulden vorzuwerfen ist. Insoweit ist auf die ausführliche, der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entsprechende Begründung des Gerichtes zweiter Instanz zu verweisen. Das Berufungsgericht hat gleichfalls zu Recht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit im Sinn eines groben Organisationsverschuldens und die Kausalität des Obliegenheitsverstoßes für den Schadenseintritt bejaht. Der erkennende Senat schließt sich auch insoweit den - oben wiedergegebenen - Ausführungen des Urteiles zweiter Instanz an (§ 510 Abs.3 ZPO). Es geht nicht an, daß trotz Kenntnis davon, daß es bei derartigen Transporten immer wieder zu beträchtlichen Überhöhen kommt, generell keine entsprechenden Genehmigungen eingeholt werden, sondern daß es ohne weitere Kontrolle den Fahrern (und sogar Fahrern, die erstmals einen solchen Transport durchführen und erst kurz bei der klagenden Partei tätig sind) überlassen wird, das Ladegut abzusenken, das zudem hiezu oft nicht entsprechend geeignet ist. Die Überhöhe des Transportes war für den Unfall zweifellos kausal. Daß der Fahrer die auch hinsichtlich der Überhöhe ungefährliche, wegen der Überbreite und des Übergewichtes vorgeschriebene Fahrtroute auch dann verlassen hätte, wenn entsprechende Auflagen wegen der Überhöhe erteilt worden wären, wurde nicht erwiesen. Für die mangelnde Kausalität wäre aber die klagende Partei beweispflichtig gewesen (VersR 1991, 571; Schauer aaO 184; Prölss-Martin aaO, 116).

Das angefochtene Urteil war daher wegen der schuldhaften Obliegenheitsverletzung der klagenden Partei zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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