OGH 4Ob23/94

OGH4Ob23/9422.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH, Wien 1., Biberstraße 15, vertreten durch Dr.Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. S***** Gesellschaft mbH, 2. E*****, beide vertreten durch Dr.Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 540.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 2.Dezember 1993, GZ 2 R 89/93-16, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22.Juli 1993, GZ 10 Cg 126/93x-8, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Streitentscheidend ist die Frage, ob ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise (ÖBl 1958, 61; ÖBl 1977, 39 uva) die Angaben auf dem Etikett des Insektenabwehrmittels der Beklagten "Biowelt" und "mit Wirkstoffen der Natur" in einem Sinn versteht, der mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt und geeignet ist, den Entschluß der angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen (stRSp ÖBl 1979, 100; SZ 54/97 uva). Ob eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen zur Irreführung geeignet ist, muß - ähnlich wie die Gesundheitswerbung - nach strengen Maßstäben beurteilt werden. Aussagen über die Natürlichkeit oder die Umweltverträglichkeit eines Erzeugnisses sind in hohem Maß geeignet, den Kaufentschluß des Verbrauchers zu beeinflussen. Mit Umwelthinweisen darf deshalb nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung der umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist (SZ 63/168; ÖBl 1991, 77; ecolex 1993, 611 = WBl 1993, 364 mwN). Ganz allgemein gilt, daß der Gesamteindruck einer Ankündigung maßgebend ist (stRSp SZ 44/176 uva) und daß der Werbende bei mehrdeutigen Angaben die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (stRSp zB ÖBl 1979, 100; ÖBl 1992, 35 uva).

Mit dieser Rechtsprechung steht die Entscheidung des Rekursgerichtes im Einklang:

Sowohl mit der Bezeichnung "Biowelt" als auch mit der Angabe "mit Wirkstoffen der Natur" wird suggeriert, daß der Verbraucher mit dem Erzeugnis der Beklagten ein Insektenabwehrmittel "ohne Chemie" erhalte, dessen Wirkung auf Stoffen beruht, die in der Natur vorkommen. In dieser Erwartung wird der Verbraucher enttäuscht:

"Biowelt Gelsenschutz" enthält den synthetisch hergestellten Stoff 3-(N-n-Butyl-N-acetyl)-aminopropionsäure-ethylester, welcher insektenabwehrend wirkt. Aus welchen Gründen dieser pharmakologisch wirksame Stoff beigesetzt ist, spielt keine Rolle. Ebensowenig kommt es darauf an, ob und in welchem Maß die natürlichen Inhaltsstoffe Insekten abwehren. Insektenabwehrend wirkt jedenfalls auch der synthetisch hergestellte Wirkstoff und zwar naturgemäß auch dann, wenn die insektenabwehrende Wirkung der natürlichen Inhaltsstoffe ausreichte. Schon aus diesem Grund ist "Biowelt Gelsenschutz" nicht nur seinen Inhaltsstoffen, sondern auch seiner Wirkung nach nicht das, was zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher aufgrund der Angaben auf dem Etikett erwartet. Ob der Verwendung der Bezeichnung "Biowelt" (k)ein gesetzliches Verbot entgegensteht, ist nicht entscheidend, geht es im vorliegenden Verfahren doch allein darum, ob die angesprochenen Verkehrskreise mit dieser Bezeichnung unrichtige Vorstellungen verbinden, die geeignet sind, ihren Kaufentschluß positiv zu beeinflussen.

Da somit keine der von den Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen erheblich im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ist, ist der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten beruht §§ 40, 50 ZPO.

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