Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.433,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 905,60 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 16.4.1914 geborene Beklagte war bis zum Jahr 1963 Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 57 der KG V*****, einer landwirtschaftlichen Liegenschaft im Ausmaß von rund 22 ha 44 ar. Mit notariellem Übergabsvertrag vom 27.4.1963 übergab die Beklagte diese Liegenschaft ihrer damaligen Schwiegertochter, der am 20.6.1937 geborenen Klägerin. Als Gegenleistung wurde unter anderem ein Ausgedinge für die Übergeberin und ihren Ehegatten Gregor G*****, den Schwiegervater der Klägerin, vereinbart. Nach Punkt 6. des Übergabsvertrages verpflichtete sich die Klägerin, die übernommene Liegenschaft ohne Zustimmung der Beklagten und deren Ehegatten Gregor, aber auch ohne Zustimmung ihres eigenen Ehegatten Franz weder zu belasten noch ganz oder teilweise zu veräußern; sie bewilligte die grundbücherliche Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes für die drei genannten Personen. Lediglich einer allfälligen Mitbesitzaufnahme des Ehegatten der Klägerin auf Grund von Ehepakten sollte das Veräußerungsverbot der Beklagten und deren Ehegatten nicht im Wege stehen. Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot wurde in der Folge verbüchert; eine Verbücherung des Ausgedinges erfolgte hingegen nicht. Die Ehe der Klägerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 25.11.1966 aus dem Verschulden ihres Mannes gemäß § 47 EheG geschieden. Der Ehegatte der Beklagten verstarb am 9.3.1967.
Mit Übergabsvertrag vom 18.10.1991 übergab die Klägerin die oben genannte, der Landwirtschaft gewidmete Liegenschaft ihrem Sohn Gerhard G*****. Der Klägerin wurde ein Wohnrecht und ein Ausgedingte eingeräumt. Der Sohn der Klägerin übernahm in diesem Vertrag die weitere Verpflichtung den der Beklagten zustehenden Naturalauszug und überhaupt alle an sie zu erbringenden Ausgedingsleistungen auf Lebenszeit seiner Großmutter zu erbringen; er verpflichtete sich weiters, die übernommene Liegenschaft ohne Zustimmung der Klägerin weder zu belasten noch ganz oder teilweise zu veräußern und erteilte die Bewilligung für die bücherliche Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Klägerin. Die Klägerin übergab die Liegenschaft aus gesundheitlichen Gründen an ihren Sohn. Von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wurde ihr ab 1.3.1990 eine Erwerbsunfähigkeitspension zuerkannt. Bereits mit diesem Stichtag hatte sie die gesamte Liegenschaft ihrem Sohn verpachtet. Die Beklagte weigert sich nunmehr, der Übertragung der Liegenschaft von der Klägerin auf ihren Sohn die Zustimmung zu erteilen.
Im vorliegenden Rechtsstreit stellt die Klägerin das Begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, die grundbücherliche Löschung des zu ihren Gunsten ob der genannten Liegenschaft eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf ihre Kosten zu bewirken. Durch die schon vor 25 Jahren erfolgte Scheidung der Klägerin sei die Personenqualität des § 364 c ABGB bei ihrem geschiedenen Mann und der Beklagten nicht mehr gegeben, weshalb die dingliche Wirkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes weggefallen sei. Überdies sei der Geschäftszweck dieses Verbotes weggefallen, weshalb die Weigerung der beiden noch lebenden Verbotsberechtigten zur Übertragung der Liegenschaft an den Sohn der Klägerin unberechtigt sei und die Löschung bewilligt werden müsse. Gegen den ursprünglich mitbeklagten Franz G*****, dem geschiedenen Ehemann der Klägerin, wurde am 27.3.1992 mangels Erstattung einer Klagebeantwortung ein Versäumungsurteil erlassen. In der Folge stellte die Klägerin das Eventualbegehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, daß trotz des zu ihren Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes ob der genannten Liegenschaft die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Sohn der Klägerin, die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung und der Reallast des Ausgedinges sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes alles zu Gunsten der Klägerin bewilligt werden.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Haupt- und des Eventualbegehrens. Die dingliche Wirkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sei durch die Ehescheidung nicht gegenstandslos geworden; die Frage nach dem seinerzeitigen Geschäftszweck der Übergabe stelle sich gar nicht. Andernfalls wäre ja auch das Grundgeschäft, nämlich die seinerzeitige Übertragung der Liegenschaft an die Klägerin, auf Grund der Ehescheidung hinfällig. Die Beklagte sei nicht bereit, freiwillig in die Löschung ihrer dinglichen Rechte einzuwilligen. Nähere Gründe für ihre Haltung hat die Beklagte nicht vorgebracht.
Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Die Bestimmung des § 364 c ABGB, zweiter Satz, stelle bezüglich der dinglichen Wirkung eines rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes eindeutig auf die Zeit seiner Begründung und Eintragung im Grundbuch ab. Daß diese Eigentumsbeschränkung mit einer Änderung des geforderten Naheverhältnisses automatisch, wenn auch nur Dritten gegenüber, unwirksam werden sollte, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Ungeachtet der Ehescheidung sei daher die dingliche Wirkung des Verbotes auch hinsichtlich der Beklagten (ehemaligen Schwiegermutter) als Verbotsberechtigter aufrecht. Dem Willen des historischen Gesetzgebers zufolge liege dem § 364 c ABGB der Zweck der Erhaltung von Familienbesitz zugrunde. Er solle im Hinblick auf ein dem Willen des Verbotsberechtigten nicht entsprechendes und von ihm nicht gebilligtes Vorgehen zur Geltung kommen. Es sei offensichtlich, daß auch der Klägerin der Erhalt des Familienbesitzes am Herzen liege, da sie sich selbst im Übergabsvertrag vom 18.10.1991 ein Veräußerungs- und Belastungsverbot vorbehalten habe. Die Aufhebung der Bindung müsse aber dem rechtsgeschäftlichen Willen des Verbotsberechtigten überlassen bleiben, dieser habe jederzeit die Möglichkeit, die Zustimmung zu einer Veräußerung oder Belastung zu geben oder freiwillig in die grundbücherliche Löschung seines Rechtes einzuwilligen. Die obligatorische Wirkung des zwischen der Klägerin und ihrem Sohn geschlossenen Übergabsvertrages bleibe erhalten, bloß die grundbücherliche Durchführung werde verhindert. Der entgegen dem Veräußerungsverbot abgeschlossene Übergabsvertrag sei auch nicht nichtig, es sei nur die volle Erfüllung, die grundbücherliche Durchführung bis zur Zustimmung der Beklagten oder bis zu ihrem Tode hinausgeschoben. Auch das Eventualbegehren sei nicht berechtigt, da die Beklagte nicht gezwungen werden könne, eine Handlung vorzunehmen, die ihrem rechtsgeschäftlichen Willen nicht entspreche.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es teilte die erstgerichtliche Auffassung, daß durch die Scheidung der Ehe der Klägerin mit dem Sohn der Beklagten die gemäß § 364 c ABGB geforderte Personenqualität nicht verlorengegangen und das einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht gegenstandslos geworden sei. Für die Klägerin gebe es ohne Zustimmung der Beklagten keine Möglichkeit, die Löschung des Verbotes zu bewirken. Dem Einwand, durch die Ehescheidung sei jeglicher Geschäftszweck für das Verbot weggefallen, sei entgegenzuhalten, daß der Übergabsvertrag aus dem Jahr 1963 als Ganzes anzusehen sei und nicht hinsichtlich der Übergabe aufrecht bleiben, hingegen hinsichtlich des Verbotes aufgehoben werden könne. Wenn auch die Klägerin eine Vielzahl von Gründen angeführt habe, wonach die Übergabe der Liegenschaft an ihren Sohn auch im überwiegenden Interesse der Beklagten läge, so habe gleichwohl allein die Beklagte die Entscheidung zu treffen, ob sie einer Veräußerung der Liegenschaft zustimme oder nicht. Warum die Beklagte ihre Zustimmung verweigerte, obwohl das zu ihren Gunsten bestehende Verbot auch nach der Liegenschaftsübertragung weiterhin bestehen bleiben könne, sei vom Gericht nicht zu prüfen. Die Beklagte habe jedenfalls das Recht, ihre Zustimmung zur Veräußerung der Liegenschaft zu verweigern, da es gerade Sinn eines solchen Verbotes sei, eine nicht gewollte Übergabe zu verhindern. Die ordentliche Revision nach § 502 Abs. 1 ZPO sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen der dort näher umschriebenen Art hier nicht zu lösen seien.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Haupt- oder wenigstens des Eventualbegehrens und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der außerordentlichen Revision, hilfsweise die Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Die Revision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes zulässig, weil - soweit überblickbar - die einschlägigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs bereits längere Zeit zurückliegen (SZ 30/71; 5 Ob 15/77) und zu den unten dargestellten Einwendungen der Lehre gegen diese Rechtsprechung noch nicht Stellung genommen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Auszugehen ist von der Bestimmung des § 364 c ABGB, wonach ein vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dinglichen Rechtes nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger verpflichtet und gegen Dritte nur dann wirkt, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche eingetragen wurde. Kein Zweifel besteht zunächst daran, daß das Angehörigenverhältnis nach § 364 c ABGB im Zeitpunkt des Einlangens des Antrags auf Einverleibung des Verbotes noch aufrecht sein muß und das von Ehegatten im Scheidungsverfahren vereinbarte Verbot nach der Scheidung der Ehe daher nicht mehr verbüchert werden kann (SZ 64/180 = EvBl 1992/122 = NZ 1992, 255; ebenso 5 Ob 83/92). Dabei wurde darauf verwiesen, daß die Ausnahme von der prinzipiellen Verfügungsfreiheit des Liegenschaftseigentümers geschaffen worden sei, um die Erhaltung des Familienbesitzes zu ermöglichen, was gerade nicht der Zweckbestimmung eines zwischen Ehegatten anläßlich der Ehescheidung vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes entspreche. Im vorliegenden Rechtsstreit ist jedoch von Bedeutung, ob das zu Gunsten der Beklagten einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot durch die Scheidung der Ehe der Klägerin (ihrer Schwiegertochter) seine Rechtswirksamkeit verloren habe. In der Entscheidung SZ 30/71 (= JBl 1958, 120) sprach der Oberste Gerichtshof aus, ein zwischen Ehegatten begründetes und verbüchertes Veräußerungs- und Belastungsverbot behalte trotz Scheidung der Ehe seine dingliche Wirkung. Der § 364 c ABGB, zweiter Satz, stelle bezüglich der dinglichen Wirkung eines rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots eindeutig auf die Zeit seiner Begründung und Eintragung im Grundbuch ab. Daß diese Eigentumsbeschränkung mit einer Änderung des geforderten Naheverhältnisses automatisch, wenn auch nur Dritten gegenüber, unwirksam werden sollte, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, obwohl der § 364 c ABGB einen anderen Fall zeitlicher Beschränkung sehr wohl ins Auge fasse: Nämlich die Bindung nur des ersten Eigentümers, nicht aber seiner Rechtsnachfolger. Wäre das Gesetz von einer anderen Ansicht ausgegangen, so hätte es dies füglich zum Ausdruck gebracht. Dazu habe es sich aber offenbar nicht veranlaßt gesehen, weil es die Eigentumsbeschränkung ohnehin nur längstens auf Lebenszeit des ersten Eigentümers zugelassen, diese Dauer aber jedenfalls als tragbar angesehen habe. Auch die Interessenlage spreche für diese Rechtsansicht, insbesondere bei einem wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbot.
Diese Entscheidung wurde von Gschnitzer (JBl 1958, 121) zustimmend besprochen. Die Entscheidung sei von grundsätzlicher Bedeutung, denn die erörterte Frage sei bisher weder von der Literatur noch von der Judikatur behandelt worden - offenbar weil bis 1938 die Lösung der Ehe dem Bande nach die seltene Ausnahme gebildet habe. Würde das Veräußerungsverbot mit der Ehescheidung automatisch seine dingliche Wirkung verlieren, so hätte es der Ehegatte in der Hand, seinen Anteil an einen extraneus zu veräußern - eine Gefahr, die bei geschiedener Ehe viel größer als bei Währen der Ehe sei. Gerade das habe § 364 c ABGB verhindern wollen. Das ABGB kenne nur das dem römischen Recht entstammende schlichte Miteigentum, nicht das deutsch-rechtliche Eigentum zur gesamten Hand, das die Verfügung eines Miteigentümers über seinen Teil ausschließe. Bei einem besonderen Naheverhältnis zwischen den Mitgenossen, wie bei Ehegatten oder Eltern und Kindern werde dieser Mangel des ABGB empfindlich. Die dritte Teilnovelle habe ihm dadurch abzuhelfen versucht, daß sie in solchen Fällen die Verbücherung und damit die dingliche Wirkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes vorsehe. Die Funktion des § 364 c ABGB, zweiter Satz sei es also, zum Schutze des Familienbesitzes dem Miteigentum Gesamthandwirkung zu verleihen. Gewiß erscheine mit der Aufhebung des Naheverhältnisses auch die Aufhebung der Bindung geboten, aber nicht automatisch. Dem widerspräche schon das Buchprinzip. Dem widerspreche ferner, daß auch die Wirkungen der ehelichen Gütergemeinschaft nicht mit der Scheidung, sondern erst mit der Auseinandersetzung erlöschen. Dem widerspreche schließlich die Interessenlage: Der Schaden durch das Fortdauern der Bindung trotz Wegfalls des Naheverhältnisses sei geringer, als wenn in einem so gefährlichen Moment die Bindung automatisch erlöschen und vielleicht ein nicht wieder gut zu machender Akt gesetzt würde.
Auch in der Folge wurde von der überwiegenden Lehre die Auffassung vertreten, daß ein zwischen Ehegatten begründetes bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot durch die Scheidung nicht seine dingliche Wirkung verliere (Gschnitzer, Sachenrecht1 138;
Gschnitzer/Faistenberger, Barta, Call, Eccher, Sachenrecht2 156;
Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht 193; Feil, ABGB-Handkommentar III 178; Schwimann/Pimmer, ABGB-Praxiskommentar 2, 120, Rz 10 zu § 364 c; Spielbüchler in Rummel ABGB1 Rz 6 zu § 364 c; Petrasch in Rummel ABGB1 Rz 2 zu § 1266). Der Oberste Gerichtshof hielt in der Entscheidung 5 Ob 15/77 - in anderem Zusammenhang - seine Rechtsansicht aufrecht.
Kritik an dieser Auffassung übte, soweit überblickbar, erstmals Hofmeister in einem am 4.12.1985 gehaltenen Vortrag (Vortragsbericht ÖJZ 1986, 752). Insbesondere hinsichtlich des wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbotes beim Ehegatten-Miteigentum im Scheidungsfall sei das Problem des nachträglichen Titel (Zweck-)Wegfalls unbefriedigend gelöst. Im Gegensatz zur Auffassung des Obersten Gerichtshof in SZ 30/71 erscheine das Weiterbestehen des Verbots weder im Verhältnis der geschiedenen Gatten zueinander noch deren Gläubigern gegenüber als gerechtfertigt. Eine gesetzliche Umstandsklausel im Sinne der Vorschläge Ehrenzweigs hätte hier Klarheit geschaffen; ein Anspruch auf Löschung des Verbots im Scheidungsfall könne jedoch auch im Weg der Auslegung (Ehegatteneigenschaft nicht nur als Begründungs-, sondern auch als Bestandsvoraussetzung des Verbots) erzielt werden. Vom "Telos" her finde dieses Auslegungsergebnis noch zusätzlich darin eine Stütze, daß zur Zeit des Inkrafttretens der dritten Teilnovelle 1917 eine Scheidung dem Band nach nur für einen geringen Teil der Bevölkerung in Betracht gekommen sei, sodaß eine Anpassung der Regelung des § 364 c ABGB in Richtung auf einen Wegfall des Verbots im Scheidungsfall wegen der zwischenzeitlichen Änderungen des Scheidungsrechts naheliegend erscheine (aaO 753). In seiner Besprechung der Entscheidung SZ 64/180 (NZ 1992, 259) hielt Hofmeister an seiner Meinung fest, daß gerade in einer Zeit, in der Scheidungen dem Bande nach allen Verheirateten möglich seien und Wiederverheiratungen nach Scheidung zur Tagesordnung zählten, auch der Weiterbestand des verbücherten Belastungs- und Veräußerungsverbotes nicht mehr zeitgemäß sei. Sollte im Scheidungsfalle im Hinblick auf gemeinsame Kinder noch ein Bedürfnis nach Erhaltung des Familienvermögens bestehen, so könne dies durch Verbücherung neuer Verbote zu Gunsten der Kinder erfolgen, das fiktive Gebilde eines Familienvermögens Geschiedener brauche (hauptsächlich zum Nachteil der Gläubiger) hiefür nicht herangezogen zu werden. Auch Petrasch führte nunmehr aus (in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1266), daß ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nach herrschender Meinung und SZ 30/71 auch sonst seine Wirksamkeit behalten solle, leuchte vom Zweck des § 364 c ABGB, die Eigentumsbindung nur unter nächsten Angehörigen zuzulassen, nicht ein. Demgegenüber verteidigte Spielbüchler (in Rummel ABGB2 Rz 6 zu § 364 c) die herrschende Auffassung und ergänzte, daß die dagegen vorgebrachten Zweifel den Gesetzeszweck zu eng sehen würden.
Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von der im Einklang mit der herrschenden Lehre stehenden Judikatur (SZ 30/71 = JBl 1958, 120; 5 Ob 15/77) abzugehen. Dafür spricht zunächst der Wortlaut des § 364 c ABGB, wonach das Verbot nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger verpflichtet und es gegen Dritte dann wirkt, wenn es zwischen den dort genannten Personen begründet und im öffentlichen Buch eingetragen wurde. Während das Gesetz die Bindung nur des ersten Eigentümers, nicht aber seiner Rechtsnachfolger als einen Fall zeitlicher Beschränkung normiert, ist ihm nicht zu entnehmen, daß der Wegfall des Naheverhältnisses zwischen den dort genannten Personen die dingliche Wirkung des Verbotes unwirksam machen solle. Aber auch eine am Gesetzeszweck orientierte Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Löschung des Verbotes im Scheidungsfall könnte (im Sinne Hofmeisters) auch nur im Wege einer (ausdehnenden) Auslegung erzielt werden, indem man die Ehegatteneigenschaft nicht nur als Begründungs-, sondern auch als Bestandsvoraussetzung des Verbotes ansehen würde. Damit würde aber, wie bereits Spielbüchler angedeutet hat, der Gesetzeszweck des Verbotes zu eng gesehen.
Das Veräußerungs- und Belastungsverbot ist grundsätzlich ein obligatorisches Rechtsverhältnis und verpflichetet zur Unterlassung einer Verfügung durch Veräußerung und/oder Belastung; seine Übertretung macht nach allgemeinen Regeln schadenersatzpflichtig. Das Verbot begünstigt eine bestimmte Person, häufig auch einen Dritten. Da der Begünstigte anders als bei Unterlassung tatsächlichen Verhaltens vom Unterbleiben der Veräußerung oder Belastung allein keinen unmittelbaren Vorteil hat, ist die Bedeutung des Verbotes nur im Zusammenhang mit anderen Rechtslagen zu bestimmen. Es kann zB a) bestimmte erbrechtliche Erwartungen sichern oder (durch Garantie der letztwilligen Verfügbarkeit) wahrscheinlich machen: Bleibt die Sache im Vermögen des Eigentümers, so fällt sie dem begünstigten Erben zu oder kann dem Dritten hinterlassen werden; durch Vertrag können so Wirkungen ähnlich der Nacherbschaft erzielt werden; oder b) die Zuständigkeit des Partners eines Schuldverhältnisses zur Sache festschreiben und so die Durchsetzung der aus diesem Verhältnis entspringenden Ansprüche (auch Dritter) gewährleisten. Erst die zugrunde liegende wirtschaftliche Absicht (Rechtslage) erlaubt es, die Tragweite des Verbotes und die Bedeutung geänderter Umstände zu beurteilen (Spielbüchler aaO Rz 2). Die verbotswidrige Veräußerung oder Belastung ist wirksam; nur bei Liegenschaften erhält das Verbot durch Verbücherung Wirkung gegen Dritte. Maßgeblich ist daher das Verhältnis des Belasteten zum Begünstigten, nicht zu dem, der das Verbot auferlegt (Spielbüchler aaO Rz 6 mwN).
Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, daß das der Beklagten eingeräumte bücherliche Belastungs- und Veräußerungsverbot im Zusammenhang damit begründet wurde, daß sie die in ihrem Alleineigentum stehende landwirtschaftliche Liegenschaft mit Übergabsvertrag in das Alleineigentum der Klägerin übertrug, sich dabei aber erhebliche Ausgedingsleistungen vorbehielt. Da das Ausgedinge als solches nicht verbüchert wurde, muß dem Belastungs- und Veräußerungsverbot auch die Wirkung beigelegt werden, daß es die Ausgedingsleistungen sichern sollte. In diesem Sinne sollte die Zuständigkeit der Klägerin als Partner eines Schuldverhältnisses (nämlich der Ausgedingsleistungen) zur übergebenen Sache festgeschrieben und so die Durchsetzung der aus diesem Verhältnis entspringenden Ansprüche gewährleistet werden. Der Zweck eines solchen dinglichen Verbotes besteht also nicht allein in der angestrebten Erhaltung des Familienbesitzes, sondern auch darin, daß der übergebene landwirtschaftliche Betrieb als Grundlage für die dem Übernehmer (der Übernehmerin) obliegenden Ausgedingsleistungen erhalten bleiben soll, weil das dingliche Verbot sogar die zwangsweise Pfandrechtsbegründung oder Zwangsversteigerung hindert (Spielbüchler aaO Rz 8 mit Judikaturnachweisen). Sieht man aber den Schutz des Übergebers eines landwirtschaftlichen Betriebes hinsichtlich der von ihm zu beanspruchenden Ausgedingsleistungen als einen der Zwecke für die enge Verbindung des Übernehmers mit den landwirtschaftlichen Liegenschaften im Sinne der genannten Festschreibung der Zuständigkeit des Partners eines Schuldverhältnisses an, dann fällt dieser Zweck auch durch die Ehescheidung des Übernehmers nicht weg, weil der Übergeber auch nach der Ehescheidung noch ein berechtigtes Interesse daran haben kann, daß der Übernehmer ohne Zustimmung des Übergebers landwirtschaftliche Liegenschaften weder belasten noch veräußern darf; die Liegenschaften sollen ja weiterhin die Haftungsgrundlage für das Ausgedinge darstellen. Ob die Ausgedingsleistungen, wie dies etwa die Klägerin im vorliegenden Fall behauptet, auch auf andere Weise gesichert werden könnten, etwa indem der Sohn der Klägerin diese Ausgedingsleistungen übernehmen würde, kann nicht entscheidend sein, weil der Verbotsberechtigten ein Schuldnerwechsel nicht aufgedrängt werden darf. Die Scheidung ihrer Ehe gibt aus all diesen Gründen der Klägerin keinen Anspruch, von der verbotsberechtigten Beklagten die grundbücherliche Löschung des Verbotes zu verlangen. Das Hauptbegehren wurde daher zutreffend abgewiesen.
Die Beklagte kann aber auch nicht gezwungen werden, im Sinne des Eventualbegehrens zur Veräußerung der Liegenschaft ihre Zustimmung zu erteilen. Während in der älteren Rechtsprechung vielfach der Standpunkt vertreten wurde, solange das Verbot im Grundbuch eingetragen sei, könne auch mit Zustimmung des Berechtigten keine Belastung oder Veräußerung erfolgen (vgl ZBl 1931, 63; ZBl 1932/309), entspricht es seit dem Gutachten des Obersten Gerichtshofs vom 24.1.1933, SZ 15/17 ständiger Rechtsprechung und Lehre, daß eine Belastung und in der Folge auch eine Veräußerung der Liegenschaft zuässig sei, wenn der Begünstigte ausdrücklich oder stillschweigend zustimme, weil er auf ein subjektives Recht jederzeit verzichten könne und es nur vom Willen des Berechtigten abhängen könne, ob er trotz des eingetragenen Verbotes einer Belastung oder Veräußerung zustimme. Immer aber wurde die Zustimmung des Begünstigten vorausgesetzt und nur unter dieser Voraussetzung die Belastung oder Veräußerung für zulässig erklärt. Es wurde also dem freien Willen des Begünstigten überlassen, ohne daß eine Erzwingung dieser Willenserklärung für zulässig erklärt wurde. So wurde in SZ 15/17 ausgeführt, es sei richtig, daß es damit in die Willkür des Verbotsberechtigten gestellt sei, einzelne an der Liegenschaft Rechte erwerben zu lassen, andere nicht. Das sei aber die notwendige Folge des einem bestimmten Verbotsberechtigten eingeräumten Rechts. Der dem § 364 c ABGB zugrunde liegende Zweck der Erhaltung des Familienbesitzes solle nur gegenüber einem unwirtschaftlichen, der Absicht des Verbotsberechtigten nicht entsprechenden und von ihm nicht gebilligten Vorgehen zur Geltung kommen. Daraus geht hervor, daß die Zustimmung zur Belastung oder Veräußerung vom Berechtigten freiwillig erteilt werden muß und nicht etwa durch ein Urteil diese Zustimmung erzwungen werden darf (NZ 1970, 172 = JBl 1970, 476; NZ 1982, 171). Ob im Fall eines sittenwidrigen Rechtsmißbrauches (vgl § 1295 Abs. 2 ABGB) etwas anderes zu gelten habe, braucht hier nicht erörtert zu werden, weil dafür keine Anhaltspunkte vorliegen. Damit erweist sich aber auch das Eventualbegehren als unberechtigt.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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