OGH 10ObS135/93(10ObS136/93)

OGH10ObS135/93(10ObS136/93)22.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Monika Angelberger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Randus (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karoline E*****, Pensionistin,***** vertreten durch Dr.Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr.Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.März 1993, GZ 34 Rs 126/92-24, womit infolge Revision der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.Juni 1991, GZ 24 Cgs 283/90-14 teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in ihrem die Ausgleichszulage betreffenden Teil (Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteilsspruches) dahin abgeändert, daß sie insoweit lauten:

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin eine monatliche Ausgleichszulage von S 37,50 ab 1.7.1990 und von S 177,10 ab 1.1.1991 zu gewähren.

Das Mehrbegehren auf Gewährung einer Ausgleichszulage für die Zeit vom 2.10.1989 bis 30.6.1990 und auf Gewährung einer höheren Ausgleichszulage ab 1.7.1990 wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezieht von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter auf Grund eines Bescheides vom 27.10.1984 eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit gemäß § 253 a ASVG. Mit Erreichen des 60.Lebensjahres der Klägerin am 26.9.1989 wurde auf Grund der von ihr in England erworbenen 43 Versicherungsmonate beim britischen Versicherungsträger ein Pensionsfeststellungsverfahren nach den Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über soziale Sicherheit eingeleitet. Der britische Sozialversicherungsträger gewährte daraufhin der Klägerin mit Bescheid vom 20.2.1990 ab 2.10.1989 eine wöchentliche Pension von zunächst 4,53 Pfund Sterling, die jeweils in Intervallen von vier Wochen mittels Schecks bezahlt wurde. Für den Zeitraum vom 2.10.1989 bis 25.2.1990 erhielt die Klägerin die britische Pension nachbezahlt. Ab April 1990 wurde die wöchentliche Pension auf 4,87 Pfund Sterling erhöht. Die Klägerin löste die Schecks über ihr bei einer österreichischen Bank bestehendes Konto ein, wofür ihr Spesen von zumindest S 104 pro Scheck in Rechnung gestellt wurden.

Mit Bescheid vom 17.4.1990 stellte die Beklagte die der Klägerin gewährte vorzeitige Alterspension neu fest und sprach aus, daß ein Anspruch auf Ausgleichszulage nicht bestehe und der Überbezug von S 1.726,60 von der laufenden Monatspension in Abzug gebracht werde, weil eine britische Leistung hinzugetreten sei und die Summe aus der Pension und den sonstigen anzurechnenden Einkünften den Richtsatz überschreite. Die unter Berücksichtigung der englischen Teilpension errechnete österreichische Pension betrug ab 1.1.1990 S 5.086,80, ab 1.7.1990 S 5.137,70 und ab 1.1.1991 S 5.394,60.

Mit Bescheid vom 4.10.1990 anerkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage ab 1.7.1990 und stellte ihn mit monatlich S 37,50 fest.

Die Klägerin erhob gegen beide Bescheide Klagen. Sie begehrte einerseits die Unterlassung der Rückforderung des Überbezugs von S 1.726,60 und andererseits die Gewährung einer höheren Ausgleichszulage. Dazu brachte sie vor, daß sie zwar eine britische Pension erhalte, ihr jedoch für die Scheckeinlösung durchschnittliche Kosten zwischen S 104 und S 112 pro Scheck erwachsen würden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klagebegehren.

In dem zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren wies das Erstgericht das auf Unterlassung der Rückforderung eines Überbezuges gerichtete Klagebegehren ab, gab jedoch dem hinsichtlich der Ausgleichszulage erhobenen Klagebegehren dahin Folge, daß es diese Ausgleichszulage ab 1.4.1990 mit S 45, ab 1.7.1990 mit S 149,50 und ab 1.1.1991 mit S 303,20 als zu Recht bestehend feststellte. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß die Nachzahlung der britischen Pension als Vorschuß zu gelten habe und daher der Überbezug einbehalten werden konnte. Die britische Pension vermindere sich um die vom Bankinstitut in Rechnung gestellten Spesen, sodaß sich als Nettoeinkommen im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG die britische Pension vermindert um die Bankspesen darstelle.

Das Gericht zweiter Instanz wies die von der Klägerin erhobene Berufung als verspätet zurück. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge und setzte die der Klägerin gebührende monatliche Ausgleichszulage ab 1.4.1990 mit S 45, ab 1.7.1990 mit S 149,50 und ab 1.1.1991 mit S 289,10 fest. Zum Problem der Bankspesen führte das Berufungsgericht aus, die Klägerin mache die im Monatsdurchschnitt S 112 betragenden Kosten der Einlösung der Verrechnungsschecks nicht als Kosten der Überweisung der englischen Pension geltend, sondern als Kosten der Einlösung der ihr in voller Höhe zugekommenen Verrechnungsschecks. Die Klägerin habe gegen den britischen Versicherungsträger Anspruch auf eine Pension, zahlbar in englischen Pfund. Englische Pfund würden in Österreich kein mit Annahmezwang ausgestattetes Zahlungsmittel darstellen. Bei dem von der Klägerin genannten Einlösen handle es sich daher um einen Verkauf dieser Valuta. Der Erlös sei hiebei geringer als der tatsächliche Umrechnungskurs. Die bei dem Geschäft von den Geldinstituten verrechneten Provisionen und Gebühren gingen zu Lasten des Verkäufers der Valuta. Das ASVG enthalte zwar keine Definition des Begriffes "Einkünfte", doch könne nicht zweifelhaft sein, daß die britische Pension solche Einkünfte darstelle. Es handle sich jedoch nicht um Einkünfte in Geld im Sinne eines staatlich anerkannten und mit Annahmezwang ausgestatteten Zahlungsmittels, sondern um Einkünfte in Geldeswert. Die Kosten der Einlösung der auf eine Fremdwährung lautenden Verrechnungsschecks seien als Verluste im Sinne der genannten Gesetzesstelle anzusehen. Die Berufung der Beklagten sei nur insoweit teilweise berechtigt, als die Ausgleichszulage ab 1.1.1991 bei richtiger Berechnung nicht 303,20 S sondern 289,10 S betrage.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil von der Beklagten erhobene Revision ist berechtigt.

Gegenstand der Revisionsausführungen sind lediglich die der Klägerin aus der Einlösung (dem Verkauf) der britischen Verrechnungsschecks erwachsenden Bankspesen. Bei diesen Spesen handle es sich weder um einen Verlust noch um einen gesetzlich geregelten Abzug im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG. Es liege nämlich allein in der Sphäre und Dispositionsfreiheit der Klägerin, ob und in welchem Ausmaß Bankspesen anfielen, weshalb diese Kosten auch von ihr allein zu vertreten seien. Es sei auch nicht geprüft worden, welche anderen kostengünstigeren Modalitäten einer Pensionsüberweisung bestünden. Nach Art 37 Abs 1 des Abkommens könnten Leistungen vom leistungspflichtigen Träger einer vertragschließenden Partei mit befreiender Wirkung in deren Währung geleistet werden. Es stünde daher dem jeweiligen Versicherungsträger frei, laufende Zahlungen in Schilling oder in Pfund Sterling zu überweisen. Die Möglichkeit, daß die Klägerin ihre britische Pension nach Rücksprache mit dem britischen Versicherungsträger allenfalls auch in österreichischen Schillingen erhalten könnte, was keine zusätzlichen Kosten verursachen würde, sei nicht in Erwägung gezogen worden. Die Berücksichtigung der Bankspesen von S 112 im Monatsdurchschnitt sei daher unberechtigt.

Dieser Auffassung ist im Ergebnis zuzustimmen. Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob es kostengünstigere Arten der Überweisung der britischen Pension nach Österreich gebe, weil die mit der Pensionsüberweisung aus dem Ausland im Zusammenhang stehenden inländischen Bankspesen keinen Einfluß auf die Höhe der Ausgleichszulage haben.

Auszugehen ist vom § 292 Abs 1 ASVG, wonach der Pensionsberechtigte, solange er sich im Inland aufhält, Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension hat, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommens (und der hier keine Rolle spielenden Unterhaltsansprüche) nicht die Höhe des Richtsatzes erreicht. Nettoeinkommen ist dabei die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge (§ 292 Abs 3 ASVG). Das Gesetz unterscheidet also zwischen der Pension des Ausgleichszulagenwerbers einerseits und dem aus seinen übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommen andererseits. Die Begriffsdefinition des Nettoeinkommens als die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlichen Abzüge bezieht sich ausdrücklich nur auf Nettoeinkommen im Sinne der Absätze 1 und 2 des § 292 ASVG, nicht aber auf die Pension des Ausgleichszulagenwerbers. Deshalb wurde wiederholt entschieden, daß bei der Berechnung der Ausgleichszulage zwischen der Pension, zu der sie gewährt werden soll und die ungeschmälert zu berücksichtigen ist, und den übrigen Einkünften unterschieden werden muß, das heißt, daß der Ermittlung des Anspruchs auf Ausgleichszulage nicht die Netto-, sondern die Bruttopension zugrunde zu legen ist (SSV-NF 3/129; 10 ObS 177/93 mwN).

Dem Berufungsgericht ist beizustimmen, daß es sich bei der britischen Teilpension um "übrige Einkünfte des Pensionsberechtigten" im Sinne des § 292 Abs 1 handelt. Die Definition des Begriffes Nettoeinkommen gilt nämlich auch für den Fall, daß es sich bei den übrigen Einkünften um einen Pensionsanspruch handelt, allerdings um einen anderen als den, zu dem die Ausgleichszulage gewährt werden soll. Während die Pension, zu der die Ausgleichszulage hinzutreten soll, bei der Berechnung der Ausgleichszulage in voller Höhe, also brutto anzusetzen ist, ist die hinzutretende Pension im Ausmaß ihres Nettobezuges zu berücksichtigen (Teschner-Widlar, ASVG 52.ErgLfg 1418 unter Hinweis auf die Praxis der PVAng und einen nicht verlautbarten Erlaß des BMfSV vom 24.7.1979, 23.242/1-5/79). Wenngleich also die der Klägerin gebührende britische Pension mit ihrem Nettobetrag anzusetzen wäre, handelt es sich bei den oben genannten Bankspesen aber weder um Verluste noch um gesetzlich geregelte Abzüge im Sinne des § 292 Abs 3 ASVG. Daß es sich nicht um gesetzliche Abzüge handelt, bedarf keiner näheren Begründung. Die Worte "Ausgleich mit Verlusten" fügen sich, wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (SSV-NF 4/1), nur dann widerspruchsfrei in den übrigen Gesetzestext ein, wenn man ihnen den Sinn beilegt, den sie im § 2 Abs 2 EStG haben, nämlich, daß ein Verlust, also ein Überschuß der Betriebsausgaben oder Werbungskosten über die Einnahmen, der sich aus einer Einkunftsart ergibt, mit anderen Einkünften, also mit dem Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben oder Werbungskosten bei einer anderen Einkunftsart, auszugleichen ist. Die Wendung "nach Ausgleich mit Verlusten" nimmt also auf die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit bedacht. Hingegen soll die vorgesehene Verminderung der Einkünfte um die gesetzlich geregelten Abzüge zum Ausdruck bringen, daß sich das Nettoeinkommen erst nach Abzug von Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträgen ergibt. Außer dem Abzug dieser gesetzlich geregelten Abzüge sollen keine weiteren Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen zulässig sein. Insbesondere Werbungskosten sollen nicht abgesetzt werden können, zumal sie in der Regel schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern Berücksichtigung gefunden haben werden (RV zur 29.ASVG-Novelle 404 BlgNR 13.GP, 106; ebenso OLG Wien SSV 19/86, offenbar zustimmend zitiert bei Teschner-Widlar aaO 1417). Nach § 16 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Ob Bankspesen und Kontoführungskosten bei unselbständig Erwerbstätigen und Pensionisten überhaupt zu den Werbungskosten zu zählen sind (vgl dazu Doralt, EStG-Kommentar2 623, 639; Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch 671), braucht hier nicht erörtert zu werden, weil solche Kosten bei Ermittlung des für die Ausgleichszulage maßgeblichen Nettoeinkommens nicht zu berücksichtigen sind. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 60/81 (= Arb 10.642 = RZ 1987, 272 = ZAS 1989, 25 ua), nach der ein Vertragsbediensteter die mit der gesetzlich vorgeschriebenen Führung eines Gehaltskontos und der Abhebung der dorthin überwiesenen Geldleistungen verbundenen Spesen und Kosten selbst zu tragen hat, das heißt nicht vom Dienstgeber rückersetzt verlangen kann. Die Bestimmung des § 104 Abs. 6 Satz 2 ASVG, wonach Gebühren für die Auszahlung (Überweisung) von Geldleistungen aus der ... Pensionsversicherung vom Versicherungsträger zu tragen sind, bezieht sich nur auf eigene Geldleistungen, nicht aber auf die eines ausländischen Versicherungsträgers.

Aus dem bisher Gesagten folgt, daß die der Klägerin erwachsenen Bankspesen nicht vom Träger der Ausgleichszulage zu finanzieren sind. Die Nettoeinkünfte der Klägerin wurden demgemäß von den Vorinstanzen um S 112 monatlich zu niedrig angenommen. Dies führt im Ergebnis dazu, daß die Klägerin bis 30.6.1990 überhaupt keinen Anspruch auf Ausgleichszulage hat, ab 1.7.1990 nur einen solchen von S 37,50 und ab 1.1.1991 einen solchen von S 177,10. Im übrigen wurde gegen die Ermittlung des Nettoeinkommens, insbesondere die Umrechnung der britischen Pension in österreichische Schillinge durch die Beklagte von der Klägerin kein Einwand erhoben; insoweit bestehen auch dagegen keine rechtlichen Bedenken. Ob die Klägerin ihre Bankspesen niedriger halten könnte, indem sie etwa den britischen Versicherungsträger dazu brächte, ihr die Pensionsleistung in österreichischen Schillingen zu zahlen (Art 37 Abs 1 des Abkommens) oder indem sie etwa das Euro-Giro-Service der Postsparkasse nutzen würde, braucht bei dieser Rechtslage nicht untersucht zu werden.

In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen entsprechend abzuändern.

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