Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen die mit S 7.969,92 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.328,32 USt) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 4.8.1952 bei der Firma Röhren- und Pumpenwerk B***** GesmbH bzw deren Rechtsnachfolgerin, der Firma Röhren- und Pumpenwerk R***** AG angestellt und zwar ab 29.6.1984 als Geschäftsführer der GesmbH bzw später als Vorstandmitglied der Aktiengesellschaft.
Am 14.10.1991 wurde über das Vermögen der AG der Konkurs eröffnet. Am 13.11.1991 erklärte der Kläger gegenüber der Gemeinschuldnerin seinen vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis gemäß § 25 KO. Er beantragte Insolvenz-Ausfallgeld, darunter an Abfertigung 12 Monatsentgelte in der Höhe von insgesamt S 1,400.724,--. Die beklagte Partei erkannte dem Kläger an Insolvenz-Ausfallgeld für Abfertigung S 407.952,-- zu und lehnte einen Anspruch auf den Restbetrag von S 992.772,-- (mit Bescheiden vom 23.11.1992) ab.
Der Kläger begehrt (zusätzliches) Insolvenz-Ausfallgeld von S 355.248,-- und führt aus, sein letztes Monatsentgelt im Mai 1984 habe S 80.692,-- brutto betragen und der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 3 Z 4 und Abs 4 IESG betrage (für das Jahr 1991) S 763.200,--. Die Differenz zwischen dem ihm von der beklagten Partei zuerkannten Abfertigungsbetrag von S 407.952,-- und diesem Grenzbetrag stelle den Klagebetrag dar.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte u.a. vor, es sei hier der Grenzbetrag für das Jahr 1984 von S 576.000,-- maßgeblich, denn die Abfertigung des Klägers sei bei seiner Bestellung zum Organmitglied im Jahre 1984 fällig gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von S 168.048,-- netto samt 4 % Zinsen vom 14.11.1991 bis 14.2.1992 statt und wies das Mehrbegehren von S 187.200,-- netto samt 4 % Zinsen seit 14.11.1991 sowie 4 % Zinsen aus S 168.048,-- seit 15.2.1992 ab.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der gemäß § 1 Abs 4 IESG maßgebliche Grenzbetrag (2-fache Betrag der Höchstbeitragsgrundlage) für das Jahr 1984 betrage S 1.600,-- für einen Kalendertag; die dem Kläger gebührende Abfertigung von 12 Monatsentgelten sei daher mit S 576.000,-- begrenzt, sodaß dem Kläger zu dem ihm bezahlten Teilbetrag die Differenz auf diesen Grenzbetrag (aus dem Jahr 1984) gebühre.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, indem es ihm unter Berücksichtigung des unangefochten gebliebenen Teilzuspruches einen weiteren Betrag von S 312.048,-- sA zuerkannte und das Mehrbegehren von S 43.200,-- - rechtskräftig - abwies.
Das Berufungsgericht vertrat den Standpunkt, unter den nach "Zeiträumen bemessenen Entgeltansprüchen" (§ 1 Abs 4 Z 1 IESG) sei auch die Abfertigung zu verstehen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe im Jahr 1991 geendet und demgemäß sei der Grenzbetrag dieses Jahres von S 720.000,-- maßgeblich. Der Kläger dürfe nicht von der den allgemeinen "Lohnindex" berücksichtigenden Steigerung der Höchstbeitragsgrundlage ausgeschlossen werden, auch wenn sein abhängiges Arbeitsverhältnis schon im Jahre 1984 durch die Bestellung zum Geschäftsführer geendet habe.
Die gegen das berufungsgerichtliche Urteil aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionswerberin führt aus, die Höhe der Abfertigung eines zum organschaftlichen Vertreter bestellten Angestellen bestimme sich nach dem letzten Bezug vor der Bestellung zum Organmitglied. Der "Zeitpunkt der bedungenen Zahlung" (§ 1 Abs 3 Z 4 IESG) sei das Jahr 1984 gewesen. Mit der Bestellung des Klägers zum Organmitglied sei die Abfertigung fällig geworden.
Dem ist folgendes zu entgegnen:
Die (stillschweigend getroffene) Vereinbarung, die mit der Bestellung des bisherigen Angestellten zum Organmitglied fällig gewordene Abfertigung nicht auszuzahlen, sondern weiterhin die Abfertigungsregelung nach dem Angestelltengesetz unter Einbeziehung der als Angestellter zurückgelegten Zeiten beizubehalten, ist grundsätzlich wirksam und schiebt die Fälligkeit auch des nach dem IESG gesicherten, aus dem Angestelltenverhältnis erfließenden Abfertigungsanspruches hinaus. Dabei ist der Berechnung des gesicherten Anspruches das letzte Entgelt vor der Bestellung zum Organmitglied zugrundezulegen (SZ 62/90 = ZAS 1989/28, 205 [mit Anm von G. Schiema] = RdW 1989, 400 = Infas 1990 A 62; GesRZ 1989, 221 = WBl 1989, 377; ecolex 1990, 252; W.Schwarz ua, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz3, 69). Die Frage, ob das Hinausschieben der Fälligkeit der Abfertigung einem Günstigkeitsvergleich nach § 40 AngG standhalten und für den zum Organmitglied bestellten Angestellten aufgrund des anzustellenden Günstigkeitsvergleiches diesen Vorgang zulässig machen (kritisch dazu G.Schiema, ZAS 1989, 207 f) kann, muß hier nicht entschieden werden.
Der Wortlaut des § 1 Abs 3 Z 4 IESG ("Nettobetrag im Zeitraum der bedungenen Zahlung") schließt keineswegs eine Stundungsvereinbarung in dem Sinn aus, daß für die Gegenüberstellung der gesicherten und der ausgeschlossenen Ansprüche nur die gesetzliche Fälligkeit der Abfertigung iSd § 23 Abs 4 AngG maßgeblich wäre. Diesfalls hätte der Gesetzgeber den Ausdruck der "gesetzlichen Fälligkeit" gebrauchen müssen, wollte er derartige Vereinbarungen ausschließen.
Durch die jährliche Veränderung der Grenzbeträge infolge der geänderten Höchstbeitragsgrundlagen (Tomandl, System der Sozialversicherung, 31 f) erfolgt eine Valorisierung nach Art eines Lohnindex, die für Arbeitnehmer und Personen, die keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld haben (§ 1 Abs 6 IESG), in gleicher Weise wirkt und einen Ausgleich für Änderungen des inneres Wertes von Entgelten aus früheren Perioden bewirkt. Wenn für Angestellte, die Mitglieder des Organs der juristischen Person sind, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist (§ 1 Abs 6 Z 2 IESG), die Bemessungsgrundlage das Entgelt vor der Bestellung zum Mitglied des Vertretungsorganes bildet, so wird damit in einer der Teleologie des IESG entsprechenden Weise zwischen Angestellten und Geschäftsführern bzw Vorstandmitgliedern differenziert, indem ein "Entgeltstop" bzw ein "Einfrieren" in der Höhe des letztmalig als Angestellter bezogenen Entgelts eintritt. Wenn solcherart schon keine Aufwertung entsprechend der im Unternehmen üblichen Gehaltssteigerungen erfolgt (vgl G.Schiema, Zur Insolvenzentgeltsicherung von Organmitgliederansprüchen, ZAS 1989, 37, 41; W.Schwarz ua aaO, 69), so soll zusätzlich zu diesen "Entgeltstop" nicht auch noch eine weitere Sanktion durch Zahlung eines zeitlich weiter zurückliegenden und damit nahezu zwangsläufig niedrigeren Grenzbetrages treten.
Während das Einfrieren der Entgelthöhe im Zeitpunkt der Bestellung des Angestellten zum Organmitglied spezifisch mit dem Überwechseln eines Arbeitnehmers mit geschützten Ansprüchen in den Kreis der Personen mit nichtgeschützten Ansprüchen verknüpft ist, fehlt es bei den sich ändernden Grenzbeträgen, die durch die Fälligkeit der gesicherten Zahlung bestimmt werden, an einer derartigen spezifischen Verknüpfung, denn die Valorisierung nach der Höchstbeitragsgrundlage macht diesen Unterschied nicht, indem der Zeitfaktor der weiter zurückliegenden Fälligkeit sich in gleicher Weise für Angestellte und Personen im Sinne des § 1 Abs 6 IESG auswirkt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG iVm § 41, 50 ZPO.
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