OGH 8ObS1/94

OGH8ObS1/9417.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Retzer und Dr.Warnung als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ulrike W*****, vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr.Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Graz, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 99.754,55 Insolvenzausfallgeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.Oktober 1993, GZ 8 Rs 47/93-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15.März 1993, GZ 31 Cgs 336/92-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage der Berechtigung der Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Insolvenzausfallgeld nach verfristeter Antragstellung zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die diesbezügliche Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen, daß eine Nachsicht der im § 6 Abs.1 IESG normierten Rechtsfolgen der Fristversäumung nur bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe in Betracht kommt. Berücksichtigungswürdige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn dem Arbeitnehmer billigerweise die Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 1 Abs.1 IESG nicht zugemutet werden konnte oder ihm die betragsmäßige Angabe seiner Ansprüche nicht rechtzeitig möglich war. Diese Bestimmung verfolgt das Ziel, Härtefälle zu vermeiden, bedeutet jedoch nicht, daß jede Säumnis die Nachsicht rechtfertigt; vielmehr ist im Einzelfall wenn auch nicht unter Anwendung besonders strenger Kriterien zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Nachsicht der Fristversäumung vorliegen (9 ObS 14/92). Die Nachsicht der Rechtsfolgen ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Fristversäumung vom Arbeitnehmer durch auffallende Sorglosigkeit verschuldet wurde. Derselbe Maßstab muß auch für die Fristversäumung durch einen Bevollmächtigten des Dienstnehmers gelten, will man eine weder sachlich gerechtfertigte noch vom Gesetzgeber gewollte Schlechterstellung der unvertretenen Dienstnehmer vermeiden (9 ObS 20, 21/89; AnwBl. 1990, 450; 9 ObS 14/93).

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin hat das Gericht zweiter Instanz keineswegs aktenwidrig den Schluß gezogen, daß der Klagevertreter nach Vorlage des "sinnlosen Schreibens" seines Konzipienten habe erkennen müssen, daß im vorliegenden Fall eine Kontrolle der Tätigkeit des Rechtsanwaltsanwärters erforderlich gewesen wäre. Vielmehr ergibt sich aus den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes (AS 63), daß der Rechtsanwaltsanwärter, der sich offensichtlich nicht gut auskannte, ein sinnloses Schreiben verfaßt hatte, welches den Klagevertreter zu der Äußerung veranlaßt habe, "daß er einen solchen Unsinn nicht unterschreibe". Dieser Sachverhalt rechtfertigt aber die Annahme der Vorinstanzen, daß die durch den Vertreter der Klägerin unterbliebene Überwachung der Durchführung seines Auftrages zur Verfassung des fristgebundenen Antrages nicht mehr als berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne der zitierten Gesetzesstelle qualifiziert werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

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