OGH 9ObA41/94

OGH9ObA41/9416.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Thomas Mais als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter P*****, Offsetdrucker, ***** vertreten durch Dr.Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, wider die beklagte Partei S***** KG, Offsetdruckerei, ***** vertreten durch Dr.Karl Mathias Weber, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 189.393,46 brutto sA (im Revisionsverfahren S 181.260,- brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.November 1993, GZ 33 Ra 132/93-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27.Mai 1993, GZ 6 Cga 36/93-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Entlassung des Klägers im Sinne des § 82 lit d, e und f GewO 1859 berechtigt erfolgte, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin, es hätten die Entlassungsgründe des § 82 lit d und f GewO 1859 noch näher geprüft werden müssen, entgegenzuhalten, daß sie damit nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht.

Die beklagte Partei behauptete im wesentlichen, daß sie den Kläger deswegen berechtigt entlassen habe, weil dieser einen Gewerbeschein für Grafik gelöst hätte und in betriebsschädigender Weise für einen Konkurrenten gearbeitet habe. Diesen Entlassungsgrund konnte die dafür beweispflichtige beklagte Partei nicht beweisen. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen kann von der Begehung einer strafbaren Handlung im Sinne des § 82 lit d GewO 1859 keine Rede sein; derartiges wurde auch nicht annähernd festgestellt. Soweit der Kläger einen eigenen Gewerbeschein hatte, umfaßte dieser nicht Tätigkeiten im Bereich des Drucks, sondern der Grafik und des Designs. Daß er damit ein der Verwendung "abträgliches Nebengeschäft" betrieben hätte bzw bereits vor der Entlassung entgeltlich und gewerbsmäßig im Gewerbe des Arbeitgebers tätig geworden wäre, ist nicht erwiesen (§ 82 lit e GewO 1859). Darauf kommt die Revisionswerberin auch nicht mehr zurück. Auf bloße Verdachtsgründe kann eine Entlassung aber nicht gestützt werden (Krejci in Rummel2 ABGB § 1162 Rz 25; Arb 9.238 ua).

Der Kläger besorgte auch keine "Angelegenheiten eines Konkurrenten mit den Betriebsmitteln der beklagten Partei" im Sinne einer beharrlichen Pflichtenverletzung gemäß § 82 lit f GewO 1859. Dazu steht nur fest, daß der Chauffeur der beklagten Partei auf Ersuchen eines Konkurrenten, der früher Arbeitnehmer der beklagten Partei war, manchmal Material dieses Konkurrenten zu einer Buchbinderei mitnahm, wenn er für die beklagte Partei ohnehin dorthin zu fahren hatte. Soweit es vorkam, daß der Kläger im Namen des Konkurrenten den Chauffeur ersuchte, Material zum Binden mitzunehmen, fuhr der (nicht entlassene) Chauffeur für den Konkurrenten und nicht für den Kläger. Abgesehen davon setzt der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflichtenvernachlässigung im Sinne des § 82 lit f GewO 1859 voraus, daß der Kläger wegen dieses Verhaltens ermahnt worden wäre; dies ist aber nicht der Fall (vgl Kuderna, Das Entlassungsrecht 72, Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I, 194 ua).

Die Revisionswerberin kann aber auch aus der Gesamtheit des Verhaltens des Klägers, der unbestritten als Arbeiter tätig war, keine die Entlassung rechtfertigende Vertrauensunwürdigkeit ableiten. Die Generalklausel des "wichtigen Grundes" nach § 1162 ABGB ist entgegen der Ansicht der beklagten Partei insbesondere durch die Entlassungsgründe der GewO 1859 sondergesetzlich konkretisiert. Da § 82 GewO 1859 nach herrschender Auffassung eine taxative Aufzählung der Entlassungsgründe enthält, ist eine subsidiäre Anwendung des § 27 Z 1 dritter Fall AngG nach wie vor nicht zulässig (vgl Kuderna aaO, 31; Schwarz-Löschnigg, ArbR4 440; Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 304; Krejci aaO Rz 1; Gruber, ecolex 1991, 868; Arb 6.239, 9.517, 10.631; DRdA 1988/1 [zustimmend W.Holzer]; ZAS 1989/5; 9 Ob A 94/92; 9 Ob A 27, 28/93 uva).

Der Kostenvorbehalt in in § 52 ZPO begründet.

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