OGH 13Os25/94

OGH13Os25/9416.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.März 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kramer als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 6 a E Vr 15991/93 anhängigen Strafsache gegen Ganiyu O***** wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 und 2 Z 2 SGG und § 15 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. Jänner 1994, AZ 25 Bs 21/94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Ganiyu O***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Ganiyu O***** wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3.Februar 1994 (ON 21) rechtskräftig wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 und 2 Z 2 SGG und § 15 StGB zu einer - für eine Probezeit von drei Jahren - bedingt nachgesehenen fünfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte am 7.Dezember 1993 in Wien Kokain gewerbsmäßig anderen überlassen bzw. zu überlassen versucht. Seit 9.Dezember 1993 (Festnahme 7.Dezember 1993, S 19, 25) befand er sich aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 lit. c StPO in Untersuchungshaft (ON 7). Am 22.Dezember 1993 (ON 13) beschloß die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Fortdauer der Untersuchungshaft nach § 180 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 lit. b StPO. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde gegen diesen Ratskammerbeschluß keine Folge und führte das Ende der Haftfrist mit 21.März 1994 an. Es bejahte den dringenden Tatverdacht, das Vorliegen der Haftgründe nach § 180 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 lit. b StPO und fand die Dauer der Untersuchungshaft in Relation zu der zu erwartenden Strafe nicht unangemessen. In der Hauptverhandlung vom 3. Februar 1994 verfügte der Einzelrichter im Anschluß an die Urteilsverkündung die Enthaftung des Verurteilten (ON 21).

In seiner fristgerecht gegen die angeführte Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien erhobenen Grundrechtsbeschwerde wendet sich der Verurteilte gegen die Annahme der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr. Er kritisiert überdies pauschal die unterbliebene Enthaftung gegen Anwendung gelinderer Mittel und macht auch einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend.

Die Grundrechtsbeschwerde versagt jedenfalls schon mit ihren Einwänden gegen die Tatbegehungsgefahr. Denn mit Recht schloß das Oberlandesgericht aus der gewerbsmäßig begangenen Weitergabe von Kokain, deren der Beschwerdeführer (damals) dringend verdächtig war, in Verbindung mit seiner schlechten Einkommenslage, er würde im Falle seiner Enthaftung ungeachtet des gegen ihn geführten Verfahrens erneut gleichartige strafbare Handlungen begehen, um auf diese Weise (fortlaufend) seine Einkommenssituation zu verbessern. Den Beschwerdeausführungen zuwider geht die (teils vollendete, teils versuchte) gewerbsmäßig begangene Weitergabe von Kokain in der vom dringenden Tatverdacht umfaßten Menge von mehr als 1,7 Gramm über das Kriterium einer Straftat mit bloß leichten Folgen (vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 § 22 RN 9 a) weit hinaus, sodaß die Voraussetzungen nach § 180 Abs. 2 Z 3 lit. b StPO vorlagen.

Den Beschwerdeausführungen zuwider konnte auf Grund der vorliegend gegebenen Ausprägung des in Rede stehenden Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr der Haftzweck durch gelindere Mittel nicht erreicht werden. Angesichts dessen erübrigt sich die Prüfung, ob im Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zusätzlich noch die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr gegeben waren.

Fehl geht der Beschwerdeführer bei der ihm zur Last gelegten, durchaus beachtlichen Delinquenz schließlich auch mit dem Einwand, die Untersuchungshaft sei zur Bedeutung der Sache oder zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis gestanden. Dies gilt auch unter dem Blickwinkel der später gewährten bedingten Strafnachsicht, da zum Zeitpunkt der Beschlußfassung durch das Oberlandesgericht der erst (nachher) bei Urteilsfällung durch § 43 StGB und das unter anderem in der Hauptverhandlung abgelegte volle und reumütige Geständnis eröffnete Aspekt der bedingten Strafnachsicht gegenüber jenen Kriterien der Strafbemessung in den Hintergrund trat (vgl. 12 Os 19/94), die aus der gewerbsmäßig betriebenen, jedoch entschieden zu unterbindenden Kokainweitergabe folgten.

Da sohin durch den bekämpften Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien der Beschwerdeführer im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde (§ 2 Abs. 1 iVm § 8 GRBG), war die Beschwerde - in Übereinstimmung mit dem (nicht weiter ausgeführten) Antrag der Generalprokuratur - als unbegründet abzuweisen.

Demzufolge hatte gemäß § 8 GRBG der Ausspruch über den beantragten Ersatz der Beschwerdekosten zu entfallen.

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