OGH 14Os20/94

OGH14Os20/9415.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Mag.Strieder, Dr.Ebner und Dr.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kramer als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung der Kata B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§§ 15, 75 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Betroffenen gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30.November 1993, GZ 20 y Vr 5063/93-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kata B***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil sie nach dem Wahrspruch der Geschworenen am 18.April 1993 in Wien dadurch, daß sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, "Edeltraud F***** mit einem 29,5 cm langen Messer mit Klingenlänge 16,15 cm, mit dem sie aus einer Entfernung von ca einem halben Meter mehrere, zumindest aber zwei bis drei Stichbewegungen in Richtung deren Bauchhöhle ausführte, vorsätzlich zu töten versuchte und damit eine Tat begangen hat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist und die ihr, wäre sie zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB zuzurechnen wäre."

Dieses Urteil bekämpft die Betroffene mit einer auf die Gründe der Z 4 und 5 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der indes keine Berechtigung zukommt.

Der Beschwerdeauffassung (Z 4) zuwider steht die Mangelhaftigkeit des Hauptverhandlungsprotokolls nicht unter Nichtigkeitssanktion. Der von der Betroffenen behauptete Verfahrensmangel, der in dem unterlassenen Protokollsvermerk erblickt wird, die von der Verteidigung vorgelegten Lichtbilder nicht zum Akt zu nehmen, kann daher mit der damit behaupteten Unvollständigkeit des Hauptverhandlungsprotokolles nicht begründet werden.

Ebensowenig ist eine verspätete Zustellung der Protokollsabschrift mit Nichtigkeit bedroht.

Daß während der (gesamten) Rechtsmittelausführungsfrist die Urschrift des Hauptverhandlungsprotokolles dem Verteidiger (im Wege der Akteneinsicht) - entgegen der Vorschrift des § 271 Abs 6 StPO - nicht zur Verfügung gestanden wäre, wird nicht behauptet.

Der Umstand, daß der medizinische Sachverständige die Hauptverhandlung vor deren Schluß verließ, - worin die Betroffene einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 430 Abs 4 StPO erblickt - stellt den damit geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z 4) ebenfalls nicht her, ist doch das Erfordernis der Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung nicht als Anwesenheitspflicht während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung zu verstehen. Nach der Zielsetzung der zitierten Gesetzesstelle soll einerseits sichergestellt werden, daß der Sachverständige die Ergebnisse des Beweisverfahrens in seinem Gutachten berücksichtigt, andererseits dem Betroffenen und seinem Verteidiger die Möglichkeit eingeräumt werden, zu den Ausführungen des Sachverständigen Stellung zu nehmen (vgl EvBl 1982/151). Daß der Sachverständige im vorliegenden Fall an der Hauptverhandlung nach Abschluß des Beweisverfahrens und Erstattung seines Gutachtens nicht mehr teilnahm, bewirkt daher keinen Gesetzesverstoß.

Die Verfahrensrüge (Z 5) hinwiederum entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Denn abgesehen davon, daß die Frage nach dem Eigentümer der Tatwaffe keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft, bezieht sich keiner der unter diesem Nichtigkeitsgrund vorgebrachten Beschwerdeeinwände auf einen von der Verteidigung in der Hauptverhandlung gestellten Antrag, durch dessen Abweisung sie in ihren Rechten beeinträchtigt worden wäre, womit es aber bereits an den formellen Voraussetzungen für eine Urteilsanfechtung nach § 345 Abs 1 Z 5 StPO gebricht.

Seinem Inhalt nach erschöpft sich das Beschwerdevorbringen im übrigen in einer unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung der Geschworenen. Diese Kritik ist auch unter dem Aspekt des Nichtigkeitsgrundes des § 345 Abs 1 Z 10 a StPO unberechtigt. Mit seinen Hinweisen auf Widersprüche in den Aussagen der Zeugen F***** und K***** sowie auf angeblich tatortspezifische Gegebenheiten vermag die Beschwerdeführerin keine aktenkundigen Umstände aufzuzeigen, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die teils unbegründete, teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 a Z 2, 285 d Abs 1 Z 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die (angemeldete, aber nicht ausgeführte) Berufung folgt (§§ 285 i, 344 StPO).

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