OGH 1Ob578/93

OGH1Ob578/9311.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Wilfried G*****, vertreten durch Dr. Peter Raits ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die Antragsgegnerin Gemeinde F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Festsetzung der Höhe einer Entschädigung nach § 20 Sbg ROG 1977, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 25. Mai 1993, GZ 22 R 227/91-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Radstadt vom 29. März 1991, GZ II Nc 12/91-9, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Entschädigungsbegehrens des Antragstellers im Gesamtbetrag von S 311.988,34 als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleiben, werden dahin abgeändert, daß der verbleibende Antrag des Antragstellers, es werde dafür, daß durch die Wirkungen des am 2.3.1977 in Kraft getretenen Flächenwidmungsplanes F***** das ihm gehörige Grundstück EZ ***** Grundbuch F***** (Grundstück Nr.*****) von Bauland in Grünland umgewidmet und dadurch die Verbauung der vorbezeichneten Grundfläche verhindert wurde, wodurch er vermögensrechtliche Nachteile erlitten habe, ein restlicher Entschädigungsbetrag von S 183.083,77 zuerkannt, abgewiesen wird.

Die Anträge beider Parteien auf Zuerkennung von Verfahrenskosten werden abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer der EZ ***** Grundbuch F*****. Das Ausmaß dieses Grundstückes beträgt 661 m2. Mit Bescheid vom 19.9.1969 erklärte die Bezirkshauptmannschaft ***** über Antrag des Rechtsvorgängers des Antragstellers das neu gebildete Grundstück ***** mit der Maßgabe zum Bauplatz gemäß § 14 Bebauungsgrundlagengesetz 1968, daß unter anderem folgende Verpflichtung erfüllt und eingehalten werde:

„Der Güterweg ***** ist abzweigend vom Güterweg ***** bis zur östlichen Begrenzung der Parzelle ***** auf die in der Mappe dargestellte Breite von ca. 4 m zu bringen und mit gutem Straßenmaterial zu befestigen. Auf der Parzelle ***** oder ***** ist eine Ausweiche herzustellen.“

Mit Bescheid vom 16.5.1972 erteilte der Bürgermeister der Antragsgegnerin dem Antragsteller die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück *****. Nach der Bauverhandlungsschrift vom 21.3.1972 wurde die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung an die Einhaltung verschiedener Bedingungen, unter anderem eine der Bauplatzerklärung entsprechenden Auflage hinsichtlich der Verbreiterung des Güterweges ***** geknüpft. Weiters wurde ausgesprochen, daß die Baubewilligung erst dann in Kraft trete, wenn der Baubehörde das privatrechtliche Übereinkommen zwischer der Güterweggenossenschaft ***** und dem Antragsteller vorgelegt werde.

Im Rahmen eines baubehördlichen Verfahrens zur Feststellung des Erlöschens der Baubewilligung sprach der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17.1.1985, GZ 83/06/0050-5, aus, daß es sich bei der oben zitierten Beschränkung des Baubewilligungsbescheides um eine aufschiebende Bedingung und nicht etwa um eine Auflage handle. Infolge der Formulierung „... tritt erst in Kraft“ werde abweichend von den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck gebracht, daß die nach diesen Bestimmungen zwar ab Rechtskraft zu rechnenden Fristen zur Bauausführung infolge des abweichenden Inhalts des Bescheides erst ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens zu rechnen seien. Da dieses Inkrafttreten (durch Vorlage eines privatrechtlichen Übereinkommens zwischen der Güterweggenossenschaft ***** und dem Antragsteller) erst im zeitlichen Geltungsbereich des Baupolizeigesetzes erfolgt sei, bestimme sich die Dauer der Frist nach dessen § 9 Abs. 7.

Darüber hinaus wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ***** vom 30.1.1990 gemäß § 22 lit. b Bebauungsgrundlagengesetz 1968 von Amts wegen die Bauplatzerklärung für das Grundstück ***** wegen Verstreichens der zehnjährigen Frist ab Rechtskraft der Bauplatzerklärung zum Beginn mit der Bebauung der Grundfläche aufgehoben.

Die Antragsgegnerin erließ erstmals im Jahre 1977 einen Flächenwidmungsplan, der am 2.3.1977 wirksam wurde. Darin ist das Grundstück ***** als Grünland im Sinne des § 16 Sbg. ROG 1968, LGBl. 1968/78, ausgewiesen.

Am 28.12.1981 beantragte der Antragsteller gemäß § 20 Sbg. ROG 1977 die Festsetzung einer Entschädigung durch die Salzburger Landesregierung, da infolge des Flächenwidmungsplanes die Bebauung seines Grundstückes verhindert, dieses selbst wesentlich wertgemindert worden sei, und er im Hinblick auf die Bebaubarkeit des Grundstückes Aufwendungen und Ausgaben getätigt habe. Im Zuge dieses verwaltungsbehördlichen Verfahrens erließ die Salzburger Landesregierung am 9.8.1983 einen abweislichen Bescheid, der mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.1.1985, AZ 83/06/0198, wegen Rechtswidrigkeit im wesentlichen mit der Begründung aufgehoben wurde, daß § 20 Abs. 1 Sbg. ROG 1977 ausdrücklich sowohl die Erlassung wie auch die Änderung des Flächenwidmungsplanes als Ursache der Umwidmung festlege, sodaß der Begriff „Bauland“ nicht auf das durch einen Flächenwidmungsplan gewidmete Bauland eingeschränkt werden könne, zumal vor Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes schon eine Bauplatzerklärung vorgelegen sei. Einen weiteren abweislichen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 28.1.1987 hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.6.1989, AZ 87/06/0033, als rechtswidrig auf; der am 28.12.1981 gestellte Entschädigungsantrag des Antragstellers sei rechtzeitig eingebracht, da für ihn infolge des § 24 Abs. 11 Sbg. ROG 1977 die Fünfjahresfrist des § 20 Abs. 1 lit. b ROG 1968 maßgeblich sei; diese am 2.3.1977 beginnende Fünfjahresfrist sei erst am 2.3.1982 abgelaufen.

Schließlich erließ die Salzburger Landesregierung am 12.1.1990 einen Bescheid, mit welchem

1. das Entschädigungsbegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend festgestellt und

2. die von der Antragsgegnerin bis längstens 30.3.1990 an den Rechtsvertreter des Entschädigungswerbers zu leistende Entschädigungssumme mit S 100.952,07 festgesetzt, das Mehrbegehren hingegen als unbegründet abgewiesen wurde.

Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Antragstellers am 16.1.1990 zugestellt.

Am 15.1.1991 beantragte der Antragsteller beim Erstgericht gemäß § 20 Abs. 4 Sbg. ROG 1977 die gerichtliche Neufestsetzung des Entschädigungsbetrages mit S 495.072.11.

Die Antragsgegnerin trat diesem Begehren entgegen. Der Antragsteller habe das Grundstück nicht als Bauland erworben, da zum Zeitpunkt des Erwerbes noch kein Flächenwidmungsplan in F***** und damit kein ausgewiesenes Bauland bestanden habe. Das Grundstück sei erst späterhin zum Bauplatz erklärt worden. Die vom Antragsteller begehrten einzelnen Beträge seien nicht entschädigungspflichtig. Die Auflagen der Bauplatzerklärung hinsichtlich der wegmäßigen Erschließung seien nicht erfüllt worden, weshalb eine Ausnützung des Bescheides nicht möglich gewesen sei. Der Antragsteller habe die als Voraussetzung der Verbauung erforderliche Zufahrt nicht sicherstellen können. Eine allfällige Alternativzufahrt sei durch den Bauplatzerklärungsbescheid nicht gedeckt gewesen. Die Baubewilligung sei nie wirksam geworden, weil der Baubehörde die vorgeschriebene privatrechtliche Übereinkunft mit der Güterweggenossenschaft***** nicht vorgelegt worden sei. Durch die Anfechtung des Bescheides der Salzburger Landesregierung bei Gericht sei dieser Bescheid auch dem Grunde nach außer Kraft getreten.

Das Erstgericht setzte die Entschädigungssumme mit S 106.379,01 fest. Der Antragsteller habe das verfahrensgegenständliche Grundstück als Bauland erworben, eine Bauplatzerklärung und einen Baubewilligungsbescheid erwirkt. Die Zufahrt zum Grundstück sei in Form der Güterwege ***** und ***** sichergestellt gewesen. Gemäß § 20 Abs. 1 Sbg. ROG 1977 seien nur der Kaufpreis und die Beträge, die der Antragsteller an die Güterwegegenossenschaft bis zur Umwidmung des Grundstückes geleistet habe, entschädigungsfähig. In keinem Zusammenhang mit der Baureifmachung stünden die Kosten der Errichtung und Verbücherung des Vertrages, die Kosten der Vermessung, die Vermögenssteuer und die mit der tatsächlichen Errichtung des Bauwerkes im Zusammenhang stehenden Kosten. Die nach dem Wirksamwerden des Flächenwidmungsplans am 2.3.1977 entstandenen Aufwendungen seien nicht mehr entschädigungsfähig. Fahrtkosten könne der Antragsteller nur insoweit geltend machen, als sie im Zusammenhang mit der Baureifmachung erfolgt seien. Die Valorisierung habe bis zum Wirksamwerden des Flächenwidmungsplans zu erfolgen. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ergebe sich die Gesamtentschädigung im Betrage von S 106.379,01. In der Bezahlung des von der Salzburger Landesregierung festgesetzten Entschädigungsbetrags von S 100.952,07 und der - ursprünglichen - Annahme dieses Betrags durch den Antragsteller könne kein stillschweigender Verzicht auf die Stellung eines Antrags auf Neufestsetzung der Entschädigung durch das Gericht erblickt werden.

Gegen diese Entscheidung erhoben beide Parteien Rekurs. Der Antragsteller ließ eine Teilabweisung im Betrage von S 73.797,23 unangefochten und beantragte die Festsetzung eines Entschädigungsbetrags von S 421.274,88. Die Antragsgegnerin wendete sich gegen den Zuspruch von S 106.379,01 sowie gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten, beantragte sohin vollständige Antragsabweisung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und erkannte diese schuldig, dem Antragsteller die mit S 5.657,40 bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig, weil zur Frage, ob mit Wirksamwerden eines Flächenwidmungsplans bereits erteilte Bauplatzerklärungen oder Baubewilligungen erlöschen, eine Rechtsprechung des OGH nicht vorliege.

Dem Rekurs des Antragstellers gab das Rekursgericht teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch im Ausmaß von S 106.379,01 sowie die Teilabweisung im Betrage von S 238.191,11. Es änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß dem Antragsteller ein weiterer Teilbetrag von S 2.758,70 zugesprochen wurde. Schließlich hob es hinsichtlich eines restlichen Teilbegehrens im Betrage von S 73.946,07 und des Ausspruches über die Verfahrenskosten die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß die Kosten des Rechtsmittelverfahrens weitere Verfahrenskosten seien; der ordentliche Revisionsrekurs sei hinsichtlich dieses Teils der Entscheidung, der über den Rekurs des Antragstellers absprach, unzulässig.

Zu den Ausführungen des Rekursgerichtes, soweit sie den Rekurs des Antragstellers betreffen, muß nicht weiter Stellung bezogen werden, da sich diese Ausführungen nur auf die Berechtigung einzelner Ansprüche bzw. die Höhe dieser Ansprüche beziehen, das Begehren des Antragstellers auf Festsetzung eines Entschädigungsbetrages aber ohnehin - wie noch darzustellen sein wird - zur Gänze nicht berechtigt ist.

Zum Rekurs der Antragsgegnerin führte das Rekursgericht aus:

Der Bescheid der Salzburger Landesregierung, mit dem eine Entschädigung zuerkannt wurde, sei zur Gänze außer Kraft getreten, weshalb auch über das grundsätzliche Vorliegen eines Entschädigungsfalles im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens abzusprechen sei. Es sei gemäß § 20 Abs. 1 Sbg. ROG zu prüfen, ob durch den Flächenwidmungsplan 1977 dem Antragsteller gehörendes Bauland in Grünland umgewidmet und dadurch die Verbauung des Grundstücks des Antragstellers verhindert worden sei. Die Baulandeigenschaft des Grundstücks des Antragstellers sei aufgrund der Bauplatzerklärung aus dem Jahre 1969 hinreichend dokumentiert. Bei „Bauland“ im Sinne des § 20 Abs. 1 Sbg. ROG müsse es sich nicht um eine durch einen Flächenwidmungsplan solcherart gewidmete Grundfläche handeln. Daß die in der Bauplatzerklärung zur Auflage gemachte Verbreiterung des Güterweges ***** im Jahre 1977 noch nicht ausgeführt gewesen sei, stehe der Annahme der Baulandeigenschaft ebensowenig entgegen wie der Umstand, daß die Bauplatzerklärung mittlerweile im Jahre 1990 rechtskräftig aufgehoben wurde. Es sei davon auszugehen, daß im Jahre 1972 für das Grundstück des Antragstellers eine in formelle Rechtskraft erwachsene Baubewilligung erlassen worden sei, die nach ihrem Inhalt aber erst „nach Vorlage eines privatrechtlichen Übereinkommens mit der Güterweggenossenschaft *****“ in Kraft treten sollte. Bis zum März 1977 habe der Antragsteller der Baubehörde ein derartiges Übereinkommen nicht vorgelegt, sodaß die Baubewilligung noch nicht in Kraft gesetzt worden sei. Es sei sohin von einer Bebaubarkeit des Grundstücks ***** zum Zeitpunkt März 1977 auszugehen, da die Auflage der Bauplatzerklärung zu erbringen gewesen wäre. Inwieweit ein privatrechtliches Übereinkommen mit der Güterweggenossenschaft ***** zustandegebracht hätte werden können, sei ohne Belang, weil es denkbar sei, daß dem Antragsteller eine andere verkehrsmäßige Zufahrt gelungen wäre und dies einer entsprechenden Änderung der Baubewilligung hätte zugrundegelegt werden können. Somit sei das Grundstück ***** im März 1977 zur Verbauung geeignet gewesen, und es sei dessen Verbauung einzig und allein durch den Flächenwidmungsplan 1977 gänzlich verhindert worden.

Eine außergerichtliche Einigung infolge Zahlung des von der Salzburger Landesregierung festgesetzten Entschädigungsbetrages durch die Antragsgegnerin und deren vorbehaltlose Annahme durch den Antragsteller liege nicht vor. Daher habe der Antragsteller auf die Inanspruchnahme der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis auch nicht verzichtet.

Schließlich nahm das Rekursgericht zu der von der Antragsgegnerin erstmals im Rekurs aufgeworfenen Frage, ob eine rechtskräftige Bauplatzerklärung oder Baubewilligung durch die spätere Erlassung eines Flächenwidmungsplanes erlösche, Stellung. Die Übergangsbestimmungen sowohl des § 22a Satz 2 Sbg. ROG 1968 wie auch des § 24 Satz 2 Sbg. ROG 1977 normierten gleichlautend, daß bestehende, rechtskräftig bewilligte Bauten von diesen Gesetzen nicht berührt werden. Gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. idF der Novelle 1982 sei die Rückwidmung von Bauland durch die erstmalige Erlassung eines Flächenwidmungsplans entschädigungsfähig. Vor der Raumordnungsnovelle 1982 sei in der Urfassung des Sbg. ROG 1977 ausdrücklich als entschädigungsfähige „unbillige Härte“ angeführt gewesen, „wenn bei Wirksamwerden des Flächenwidmungsplanes bereits eine Bauplatzerklärung oder Baubewilligung erteilt“ war. Daraus sei der Wille des Gesetzgebers abzuleiten, daß sowohl Bauplatzerklärungen wie auch Baubewilligungen ihre Wirksamkeit verlieren, sofern die dadurch zugelassenen Baumaßnahmen nicht bereits ausgeführt seien. Dies müsse im vorliegenden Fall umso mehr gelten, als die Baubewilligung im Jahr 1977 zwar formell rechtskräftig, aber noch nicht in Kraft getreten gewesen sei.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, mit welchem die Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung dahin begehrt wird, daß der vom Antragsteller geltend gemachte Entschädigungsanspruch als nicht zu Recht bestehend erkannt und das Entschädigungsbegehren zur Gänze abgewiesen werde, ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegnerin hatte in ihrem Rekursantrag die gänzliche Abweisung des Antrags auf Festsetzung eines Entschädigungsbetrags begehrt. Diesem Rekurs wurde seitens des Rekursgerichtes nicht Folge gegeben, der ordentliche Revisionsrekurs aber für zulässig erklärt. Lediglich hinsichtlich der infolge Rekurses des Antragstellers ergangenen Entscheidung (Punkt II. des angefochtenen Beschlusses) hat das Rekursgericht ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei. Dies hat aber - wie die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs richtig ausführt - für den von der Antragsgegnerin erhobenen Revisionsrekurs keine Bedeutung, weil - wie schon dargestellt - hinsichtlich dieses Rechtsmittel ausdrücklich die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses bejaht wurde. Es ist daher über das gesamte Begehren des Antragstellers abzusprechen, wenn es sich insgesamt als nicht berechtigt erweist.

In der Sache selbst ist auszuführen:

Der im vorliegenden Fall entscheidungswesentliche § 20 Sbg. ROG 1977 idF der Novelle 1982, LGBl. 1982/87, lautet:

„Abs. 1: Wenn durch den Flächenwidmungsplan oder dessen Änderung Bauland in Grünland oder Verkehrsfläche umgewidmet und dadurch die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, ist für die dadurch entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile auf Antrag eine angemessene Entschädigung zu leisten. Als vermögensrechtliche Nachteile gelten:

1. Aufwendungen des Eigentümers oder Dritter mit seiner Zustimmung, die im Vertrauen auf die bauliche Nutzbarkeit der Grundfläche für deren Baureifmachung erbracht worden sind;

2. jener Teil des Wertes der Grundfläche, der bei ihrem Erwerb wegen ihrer Widmung als Bauland gegeben war, soweit er in der Gegenleistung (...) seinen Niederschlag gefunden hat. ...

Abs. 3: Kommt die Gewährung einer Entschädigung in Betracht, so hat die Entschädigung einschließlich der mit ihrer Festsetzung verbundenen, von der Partei nicht verschuldeten Verfahrenskosten die Gemeinde zu leisten. Der Antrag auf Entschädigung ist bei sonstigem Anspruchsverlust innerhalb von drei Jahren ab Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes bei der Gemeinde einzubringen.

Abs. 4: Die Entschädigungssumme ist von der Landesregierung nach Anhörung beeideter Sachverständiger durch Bescheid festzusetzen. Jeder der beiden Teile kann, wenn er sich durch die Entscheidung über die Festsetzung der Entschädigungssumme benachteiligt hält, innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Bescheides die Festsetzung des Betrages der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich das Grundstück befindet. Wenn die gerichtliche Entscheidung angerufen wird, tritt der Bescheid der Landesregierung hinsichtlich der Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entschädigung kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden.

....“

Nach § 20 Sbg. ROG ist sohin Voraussetzung für die Leistung einer Entschädigung einerseits der Umstand, daß durch den im Jahre 1977 erlassenen Flächenwidmungsplan Bauland des Antragstellers in Grünland umgewidmet und andererseits dadurch die Verbauung seines Grundstücks verhindert wurde.

Es ist im Verfahren über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht mehr strittig, daß das Grundstück des Antragstellers Nr.***** vor Erlassung des Flächenwidmungsplans Baulandeigenschaft hatte (siehe S. 19 der Entscheidung des Rekursgerichtes bzw. die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.1.1985, AZ 83/06/0198). Ebenso unstrittig ist, daß der Flächenwidmungsplan 1977 eine Änderung dahingehend herbeiführte, daß dieses Bauland des Antragstellers als Grünland gewidmet wurde. Eine der Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Entschädigung im Sinne des § 20 Abs. 1 Sbg. ROG ist sohin gegeben.

Zu prüfen ist aber, ob (allein) durch den Flächenwidmungsplan die Verbauung des oben genannten Grundstücks des Antragstellers verhindert wurde. Dies ist zu verneinen.

Dem Antragsteller wurde im Jahre 1972 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf der Grundparzelle Nr.***** unter der Bedingung erteilt, daß die Baubewilligung erst dann in Kraft trete, wenn der Baubehörde ein bestimmtes privatrechtliches Übereinkommen vorgelegt wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 17.1.1985, AZ 83/06/0050, ausgesprochen, daß es sich bei der maßgeblichen Beschränkung des Baubewilligungsbescheides um eine aufschiebende Bedingung handle; die Baubewilligung sei demnach, obwohl mit der baulichen Maßnahme noch nicht begonnen worden sei, noch nicht erloschen. Die Fristen zur Bauausführung begännen erst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bescheides zu laufen. Das bedeutet, daß auch jetzt noch eine in Rechtskraft erwachsene Baubewilligung vorliegt, die erst dann in Kraft tritt, wenn die oben angeführte aufschiebende Bedingung erfüllt wird. Dem Antragsteller war sohin zum Zeitpunkt der Erlassung des Flächenwidmungsplans eine auch heute noch gültige, in Rechtskraft erwachsene, wenngleich aufschiebend bedingte Baubewilligung erteilt gewesen. Eine solche Baubewilligung stellt einen individuellen, an den Antragsteller gerichteten Verwaltungsakt dar (Adamovich - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 264, 274; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 463).

Der Flächenwidmungsplan ist ein genereller, auf der Stufe einer Verordnung stehender Verwaltungsakt (Krzizek, System des österreichischen Baurechts I 228; Tichatschek, Raumordnung und Raumplanung in Österreich, 27; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 201 f, 265). Aufgabe der Flächenwidmungspläne ist, den Gemeinderaum zu ordnen (Krzizek, aaO I 231). Jedes Vorhaben, das mit dieser Ordnung im Widerspruch steht, muß als unzulässig angesehen werden (Krzizek, aaO II 176). Die Bebauungsbestimmungen sind grundsätzlich bei allen bewilligungspflichtigen Bauführungen einzuhalten (Krzizek, aaO I 212). Im Normalfall hat die Abänderung (oder Aufstellung) eines Flächenwidmungsplans, durch die eine Liegenschaft aus dem für Bauzwecke bestimmten Gebiet herausgenommen wird, zur Folge, daß das Recht des Grundeigentümers auf bauordnungsgemäße Verbauung der als Bauplatz genehmigten Liegenschaft unwirksam geworden ist (Gunder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, E 10 zu § 1 BO). Für die bauliche Ausnutzbarkeit einer Liegenschaft sind die Flächenwidmungspläne von ausschlaggebender Bedeutung. Um den wirtschaftlichen Nachteilen zu begegnen, die den Grundeigentümern bei Aufstellung (oder Änderung) von Raumordnungsplänen erwachsen, hat die österreichische Rechtsordnung unter anderem den Anspruch auf Entschädigung entwickelt (Krzizek aaO I 258). Grundsätzlich können Eigentumsbeschränkungen auch durch generellen Verwaltungsakt angeordnet werden, zB durch zeitlich befristete Bausperre bei Änderung des Flächenwidmungsplans (Krzizek aaO I 437). Es genießen aber individuelle Verwaltungsakte (hier: der in Rechtskraft erwachsene Baubewilligungsbescheid) einen gewissen Schutz durch die Rechtskraft. Generelle Vorschriften berühren die bestehenden Rechte nicht, außer sie treffen darüber ausdrückliche Verfügungen (Tichatschek, aaO 31; Krzizek aaO I 67). Eine Änderung der Flächenwidmungspläne ist auf Bescheide über eine erteilte Baubewilligung ohne Einfluß. Dies ist der rechtspolitische Grund, warum diese Bescheide in ihrer Wirksamkeit zeitlich begrenzt sind (Krzizek aaO I 68). Im vorliegenden Fall ist die Baubewilligung ja auch nur deshalb noch nicht erloschen, weil infolge der im Baubewilligungsbescheid enthaltenen aufschiebenden Bedingung der Bescheid noch gar nicht in Kraft getreten ist (siehe Entscheidung des VwGH vom 17.1.1985, AZ 83/06/0050).

Vom Antragsteller wurde nicht behauptet, daß im Flächenwidmungsplan oder sonst in einer Verordnung bzw. in einem Gesetz hinsichtlich der ihm erteilten Baubewilligung eine ausdrückliche, die Baubewilligung außer Kraft setzende Verfügung getroffen worden wäre. An den rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid ist sohin die ihn erlassende Behörde nach wie vor gebunden (vgl. Adamovich-Funk, aaO 409 f, 275; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 552 f; Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht 201 ff; Ermacora-Winkler-Koja-Rill-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht 200 f). Von einer rechtskräftigen Baubewilligung kann durch Herstellung des Bauwerks sohin auch dann Gebrauch gemacht werden, wenn sich nachher die Bebauungsbestimmungen (im Wege der Erlassung eines Flächenwidmungsplans) geändert haben (Krzizek aaO I 260).

Der vom Rekursgericht bedachte Umstand, daß der Gesetzgeber im § 20 Abs. 2 Sbg. ROG 1977 ursprünglich normiert hatte, es liege eine unbillige Härte insbesondere vor, wenn bei Wirksamwerden der Flächenwidmung für ein (umgewidmetes) Grundstück bereits eine Baubewilligung erteilt worden ist, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Grundvoraussetzung für die Zuerkennung einer Entschädigung war nämlich auch damals gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit., daß durch den Flächenwidmungsplan die Verbauung eines Grundstücks gänzlich verhindert wird. Eine derartige Verhinderung ist aber jedenfalls im vorliegenden Fall nicht eingetreten.

Der Umstand, daß nach den Übergangsbestimmungen des Sbg. ROG 1968 und auch des Sbg. ROG 1977 bestehende, rechtskräftig bewilligte Bauten von den Gesetzesänderungen nicht berührt werden, läßt nicht den Schluß zu, daß rechtskräftige Baubewilligungen eine Abänderung erfahren sollten.

Es hatten also weder der von der Gemeinde Filzmoos 1977 erlassene Flächenwidmungsplan noch sonst eine Verordnung oder gar ein Gesetz derogatorische Wirkung in Ansehung der dem Antragsteller bereits im Jahre 1972 erteilten Baubewilligung. Dem Antragsteller steht nach wie vor das Recht zu, bei Erfüllung der im Baubewilligungsbescheid enthaltenen aufschiebenden Bedingung innerhalb der dann zu laufen beginnenden Frist zur Bauausführung von der ihm erteilten Baubewilligung Gebrauch zu machen.

Da durch den Flächenwidmungsplan die Verbauung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks des Antragstellers nicht verhindert wurde, steht ihm auch keine Entschädigung zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 17.1.1985, AZ 83/06/0198, nicht mit der hier entscheidungswesentlichen Frage befaßt, sondern nur darüber abgesprochen, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück ursprünglich als Bauland anzusehen sei. Daß der Entschädigungsanspruch des Antragstellers vom Verwaltungsgerichtshof (dem Grunde nach) bejaht worden wäre, ist der zitierten Entscheidung nicht zu entnehmen.

Dem Revisionsrekurs ist im Sinne einer Abweisung des Antrags auf Festsetzung einer Entschädigung Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 3 Sbg. ROG. In dieser Bestimmung ist ein von der Gemeinde zu leistender Verfahrenskostenersatz lediglich dann vorgesehen, wenn die Gewährung einer Entschädigung an den Antragsteller in Betracht kommt und eine Entschädigung festgesetzt wird. Dies ist hier nicht der Fall, weshalb das Kostenersatzbegehren des Antragstellers abzuweisen ist. Einen Kostenersatz an die Antragsgegnerin sieht § 20 Abs. 3 Sbg. ROG (vergleichbar mit § 44 EisbEG) nicht vor, sodaß auch ein Kostenersatz an die Antragsgegnerin nicht in Betracht kommt (vgl. 1 Ob 20/91; 1 Ob 583/87; SZ 60/17, 269).

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