OGH 6Ob5/94

OGH6Ob5/9410.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der "Apotheke A*****, Mag.pharm.Renate S***** KG" mit dem Sitz in ***** infolge Revisionsrekurses der Österreichischen Apothekerkammer, ***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 7. Jänner 1994, GZ 3 R 300/93-7, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Innsbruck vom 6.Dezember 1993, GZ 19 Fr 3304/93a-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung über den Eintragungsantrag zurückverwiesen.

Text

Begründung

Am 2.11.1993 meldeten die am 30.4.1944 geborene Mag.Renate S***** als persönlich haftende Gesellschafterin und der am 25.12.1946 geborene Dr.Christoph K***** als Kommanditist mit einer Vermögenseinlage von 50.000 S die von ihnen gegründete "Apotheke A*****, Mag.pharm.Renate S***** KG" mit dem Sitz in ***** zur Eintragung in das Firmenbuch an. Die Gesellschaft habe am 17.9.1993 begonnen und werde von der Komplementärin, die ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei Gericht zeichnete, einzeln vertreten; sie betreibe unter der Geschäftsadresse "*****" eine Apotheke.

Die vom Erstgericht gemäß § 14 FBG befaßte Landesgeschäftsstelle Tirol der Österreichischen Apothekerkammer wies in ihrer Stellungnahme vom 29.11.1993 darauf hin, daß nach ihrer Evidenz die Behauptung, die Gesellschaft betreibe unter der angegebenen Geschäftsadresse eine Apotheke, nicht zutreffe. Dort betreibe nämlich Mag.F***** eine Apotheke in der Form eines Einzelunternehmens; Mag.F***** sei auch die derzeitige Konzessionsinhaberin zum Betrieb dieser Apotheke. Mag.pharm.Renate S***** habe zwar beim Landeshauptmann einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb der Apotheke gestellt, könne sie aber nur dann erlangen, wenn sie die Nachweise gemäß § 46 Abs 2 ApG erbringe. Ein solcher Nachweis sei vermutlich nicht zu erbringen, habe doch Mag.F***** die Konzession noch nicht zurückgelegt. Es sei daher derzeit nicht gesichert bzw absehbar, ob überhaupt und wann die zur Eintragung angemeldete Kommanditgesellschaft die Apotheke in A***** mit einer Konzession der Komplementärin werde betreiben dürfen.

Das Erstgericht wies daraufhin den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft in das Firmenbuch mit der Begründung ab, daß gemäß § 9 ApG iVm § 12 Abs 2 ApG der Betrieb einer öffentlichen Apotheke auch in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft nur aufgrund einer Konzession zulässig sei; der Nachweis einer solchen Konzessionserteilung sei aber bisher nicht gelungen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und erteilte ihm den Auftrag, die beantragte Firmenbucheintragung zu verfügen; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Wegen des Mangels der zum Betrieb einer Apotheke erforderlichen Konzession allein könne die Eintragung einer zum Betrieb einer Apotheke gegründeten Kommanditgesellschaft nicht versagt werden, habe doch das Firmenbuchgericht gemäß § 7 HGB nur die handels- und firmenbuchrechtlichen Voraussetzungen, nicht aber auch öffentlich-rechtliche Erfordernisse zu prüfen. Letzteres habe nur dann zu erfolgen, wenn besondere gesetzliche Vorschriften die Beibringung behördlicher Genehmigungen vor der Eintragung vorschreiben. Das Fehlen der zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß § 9 Abs 1 ApG erforderlichen Konzession sei demnach unerheblich, schreibe doch weder diese Norm noch eine andere Bestimmung des ApG zwingend vor, daß das Vorliegen einer Konzession die Voraussetzung für die Eintragung einer zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gegründeten Kommanditgesellschaft in das Firmenbuch sei. Ob der Gesellschaftsvertrag den Bestimmungen des § 12 Abs 2 ApG entspreche, könne schon deshalb nicht überprüft werden, weil das HGB die eine Kommanditgesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch anmeldenden Gesellschafter nicht zur Vorlage des Gesellschaftsvertrages verpflichte. Da sonstige Eintragungshindernisse nicht zu sehen seien, werde das Erstgericht die beantragte Eintragung vorzunehmen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der gemäß § 2 ApothekenkammerG zuständigen und gemäß § 14 Abs 3 letzter Halbsatz FBG rechtsmittellegitimierten gesetzlichen Interessenvertretung ist berechtigt.

Allerdings hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von der Beantwortung der in den Vordergrund der Rechtsmittelausführungen gestellten Frage ab, ob im Sinne der von Feigl (in "Das Apothekenunternehmen", 132 f und 323 ff) vertretenen Auffassung, § 12 Abs 2 ApG iVm der im Schlußsatz des § 12 Abs 4 ApG normierten "Rechtsunwirksamkeit widersprechender Erklärungen, Vereinbarungen oder Beschlüsse jeder Art sowie Treuhandverträge für die Vertragspartner" als "sonderprivatrechtliche Norm für Apotheken" dem nach § 7 HGB vom Firmenbuchgericht zu prüfenden Privatrecht zuzurechnen ist: Die Rechtsmittelwerberin hat nämlich gar nicht behauptet, daß der Gesellschaftsvertrag inhaltlich den in § 12 Abs 2 Z 1 und 2 ApG gestellten Anforderungen nicht entspricht, sondern lediglich darauf verwiesen, daß im Apothekenunternehmen der Gesellschaft kein Konzessionsinhaber vorhanden ist. Damit wird aber der Mangel der nach § 9 Abs 1 ApG erforderlichen Voraussetzung für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke geltend gemacht, ist ein solcher doch nach dieser Bestimmung "nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig". Hiezu hat aber das Rekursgerich zutreffend erkannt, daß nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Straube und Friedl-Schinko in Straube, HGB Rz 12 zu § 1 und Rz 3 ff zu § 7; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht4 I, 5, 99 und 101; Kasper, Bedeutung der Gewerbeberechtigung bei der Firmenprotokollierung, JBl 1966, 18 ff; HS 1032/60; EvBl 1968/7 = HS 6020) zufolge § 7 HGB das Handelsrecht nicht die Aufgabe hat, die öffentlich-rechtliche Befugnis zu einem bestimmten Gewerbebetrieb zu überwachen. Daraus ergibt sich, daß das Firmenbuchgericht nur dort, wo besondere gesetzliche Vorschriften die Beibringung behördlicher Genehmigungen vor der Eintragung in das Firmenbuch vorschreiben, berechtigt ist, die Eintragung mit Rücksicht auf öffentlich-rechtliche Beschränkungen zu verweigern. Zwar ist die Gewerbeordnung gemäß § 2 Abs 1 Z 11 GewO 1973 auf die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten der Apotheker nicht anzuwenden, aber auch die Rechtsmittelwerberin vermag nicht in Abrede zu stellen, daß das Konzessionserfordernis für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke (§ 9 Abs 1 ApG) eine rein verwaltungsrechtliche Vorschrift ist, welche keineswegs die Beibringung der erteilten Konzession vor Eintragung der Firma eines auf die Führung eines Apothekenbetriebes gerichteten Unternehmens eines Einzelkaufmannes oder einer Personengesellschaft anordnet. Die beantragte Eintragung der Gesellschaft kann daher nicht schon deshalb verweigert werden, weil die Führung ihres Apothekenbetriebes ohne Konzession verwaltungsrechtlich unzulässig ist.

Dennoch verweist aber die Rechtsmittelwerberin zutreffend darauf, daß der vom Rekursgericht aus der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit öffentlich-rechtlicher Befugnisse zum Gewerbetrieb im Firmenbuchverfahren gezogene Schluß auf die Zulässigkeit der beantragten Eintragung verfehlt ist, besteht doch in tatsächlicher Hinsicht jedenfalls bei begründetem Verdacht einer wahrheitswidrigen Anmeldung eine materielle Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichtes (Friedl-Schinko aaO Rz 7 zu § 8; Hämmerle-Wünsch aaO 79 f; Kasper aaO 19 f; RZ 1972, 184 = NZ 1973, 142 = HS 8021). Gerade die Befassung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen im Firmenbuchverfahren dient nunmehr nach der ausdrücklichen Anordnung des § 14 Abs 1 FBG "zur Vermeidung unrichtiger Eintragungen", welche andernfalls gemäß § 26 Abs 1 FBG wieder von Amts wegen zu berichtigen wären.

Im vorliegenden Fall geht aus der Stellungnahme der Landesgeschäftsstelle der Österreichischen Apothekerkammer vom 29.11.1993 jedenfalls hervor, daß nach ihrer Evidenz die Behauptung, die Gesellschaft betreibe unter der angegebenen Geschäftsadresse in Axams eine Apotheke, unrichtig ist, weil die genannte Apotheke von Mag.F***** als Einzelunternehmen betrieben werde. Trifft dies aber zu, liegt nicht nur eine wahrheitswidrige Anmeldung, sondern auch eine Täuschungsfähigkeit der Firma der Gesellschaft im Sinne des § 18 Abs 2 HGB vor (ÖBl 1961, 94; EvBl 1979/228 = GesRZ 1979, 125 ua).

Es erweist sich demnach eine Aufhebung in die erste Instanz zur Prüfung der Richtigkeit der Anmeldung als unumgänglich. Das Erstgericht wird von den Gesellschaftern eine Stellungnahme zur Frage des Apothekenbetriebes der Gesellschaft abzufordern und deren Richtigkeit zu untersuchen haben. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage der Firmenausschließlichkeit im Sinne des § 30 HGB zu klären sein, ist doch nach dem im Akt erliegenden Firmenbuchauszug mit Abfragedatum 28.1.1994 nach wie vor eine "A***** Apotheke, Mag.pharm.Barbara K***** KG" registriert, auch wenn sich diese Gesellschaft im Liquidationsstadium befindet. Erst nach dem Ergebnis der Prüfungen wird das Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Eintragungsantrag zu treffen haben.

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