European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:E35320
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Der am 24. August 1960 geborene Christian G* wurde des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG sowie der Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG und nach § 36 Abs. 1 Z 1, 2 und 5 WaffG schuldig erkannt. Demnach hat er
A. den bestehenden Vorschriften zuwider
1. in der Zeit von August 1992 bis Jänner 1993 Suchtgift in einer Menge in Verkehr gesetzt, die das Fünfundzwanzigfache der in § 12 Abs. 1 SGG angeführten großen Menge überstieg, indem er (a) ca. 200 Gramm Heroin und ca. 20 Gramm Kokain an den abgesondert verfolgten Karl W* (richtig: W*) und (b) ca. 120 Gramm Heroin an Christian F*, Willi P*, Walter R* sowie ca. 60 Gramm Heroin an einen unbekannten Mann verkaufte und (c) ca. 5 Gramm Kokain und eine unbekannte Menge Haschisch unbekannten Personen (kostenlos) überließ;
2. in der Zeit von 1990 bis 23.März 1993 Haschisch, Heroin und Kokain erworben und besessen und
B. in der Zeit von Sommer 1992 bis 23. März 1993 (1) drei Pistolen, Kaliber 9 mm, und (2) drei Signalstifte mit 25 Stück Munition besessen, ferner (3) eine Pistole, Kaliber 9 mm, und einen Signalstift mit 25 Stück Munition dem nicht zum Besitz befugten Karl W* und (4) eine Pistole Marke Derringer, Kaliber 22, dem ebenfalls nicht zum Besitz befugten Emanuel H* überlassen.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei er inhaltlich seiner (auf Urteilsaufhebung schlechthin und Teilfreispruch abzielenden) Rechtsmittelanträge (auch) die Schuldsprüche wegen der Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG (A,2) und nach § 36 Abs. 1 Z 1, 2 und 5 WaffG (B), im übrigen aber, gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO, der Sache nach die beim Suchtgiftverbrechen (A,1) angenommene Qualifikation nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG anficht.
Im ersteren Fall enthält die Nichtigkeitsbeschwerde kein sachbezogenes Vorbringen und entbehrt sie in diesem Umfang mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Umständen, die eine Nichtigkeit bilden sollen, der prozeßordnungsgemäßen Darstellung (§§ 285 Abs. 1, 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO). Auch darüber hinaus ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht.
Dem formell auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten ‑ der Sache nach aber auch die Z 3 (§ 260 StPO) relevierenden ‑ Hinweis, der Schöffensenat habe im Urteilstenor zum Schuldspruch A,1,b ‑ anders als in den Urteilsgründen ‑ den Verkauf von insgesamt ca. 240 Gramm (ca. 180 Gramm zuzüglich ca. 60 Gramm) Heroin festgestellt, ist durch die zwischenzeitige Urteilsangleichung die Grundlage entzogen.
Den Beschwerdeausführungen zuwider haftet den Urteilsgründen auch keine Aktenwidrigkeit (Z 5) darin an, daß der Schöffensenat die Angaben des Zeugen Karl W* insofern unrichtig wiedergegeben habe, als er davon ausgegangen sei, W* habe die vom Angeklagten erworbene Heroinmenge in der Hauptverhandlung (100 bis 150 Gramm), verglichen mit seinen Angaben (damals noch als Beschuldigter) vor dem Untersuchungsrichter (237 Gramm), geringer angegeben. Denn die relevierte Aussage des damaligen Beschuldigten W* vor dem Untersuchungsrichter betrifft nach dem Inhalt des Protokolls (S 51 a/I, ON 8) mit der angegebenen Menge von 237 Gramm und dem Hinweis, Heroin immer von Christian G* bezogen zu haben, ausschließlich den Erwerb vom Angeklagten und nicht bloß, wie der Beschwerdeführer wahrhaben will, den Gesamterwerb, von dem nur ein Teil über den Angeklagten realisiert worden sein soll. Indem der Beschwerdeführer auf die solcherart angeführte Weise versucht, seine Darstellung in der Hauptverhandlung, er sei vom Untersuchungsrichter mißverstanden worden, in ihrer Bedeutung aufzuwerten, macht er nicht den relevierten formellen Begründungsmangel geltend, sondern bekämpft in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffensenates.
Ins Leere geht schließlich auch die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Angeklagte dem Schöffensenat bei der Annahme der Qualifikationsvoraussetzungen nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG einen Rechtsirrtum mit dem Argument vorwirft, daß die maßgebliche "große Menge" im Sinne des § 12 Abs. 1 SGG hinsichtlich Heroin bei 5 Gramm Reinsubstanz liege. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, welcher in bezug auf das gegenständliche Suchtgift der vom Beschwerdeführer ersichtlich durch den Hinweis auf die Belegstelle in Foregger‑Litzka SGG2 (§ 12 Erl. IV) relevierten Empfehlung des Suchtgiftbeirates nicht folgte (ua EvBl. 1988/131), wird bei Heroin die sogenannte Grenzmenge bereits bei 1,5 Gramm Reinsubstanz (verbrechensqualifizierend nach § 12 Abs. 1 SGG) erreicht (vgl. EvBl. 1987/87; RZ 1987/48 = EvBl. 1988/3; Mayerhofer‑Rieder Nebenstrafrecht2 § 12 SGG ENr. 10 mwN). Damit wird die für die Annahme der Qualifikation des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG relevante Menge von (zumindest) 37,5 Gramm Reinsubstanz (als das Fünfundzwanzigfache der für Heroin maßgeblichen Grenzmenge) bei dem im Urteil festgestellten Quantum von mindestens 76 Gramm reinen Heroins ‑ wie das Erstgericht rechtsrichtig darlegte (US 8 f) ‑ bei weitem überschritten.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 12 Abs. 3 SGG dreieinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Dabei wertete es als mildernd das reumütige (Teil‑)Geständnis des Angeklagten und daß er sich der Polizei zur Aufklärung weiterer Straftaten zur Verfügung stellte, als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen und die Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit sowie die einschlägige Vorverurteilung.
Die eine Strafreduktion anstrebende Berufung des Angeklagten versagt.
Mit Recht wertete der Schöffensenat ‑ den Berufungsausführungen zuwider ‑ die eigene schwere Süchtigkeit des Angeklagten nicht als besonderen Milderungsumstand. Denn nur wenn der dem Suchtgiftmißbrauch ergebene Täter im Sinne des (vom Berufungswerber selbst angesprochenen) § 12 Abs. 2 SGG die Tat ausschließlich deshalb begangen hat, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtgift oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, liegt ein solcher besonderer Milderungsgrund vor (13 Os 28/88; Leukauf‑Steininger, Komm3 § 35 RN 30). Diese Voraussetzung wurde aber weder behauptet noch ist sie in diesem Ausmaß den Urteilsgründen, wo nur von einer sehr weitgehenden Absicht in Richtung einer Finanzierung des Eigenkonsums ("im wesentlichen", US 5) die Rede ist, oder der Aktenlage zu entnehmen. Immerhin haben die dem begehrten besonderen Milderungsgrund sehr nahekommenden Umstände im Rahmen der allgemeinen Schuldkriterien des § 32 StGB Berücksichtigung zu finden.
Indem das Erstgericht über den Angeklagten eine dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe verhängte, wurde dem jedoch im Ergebnis ohnehin ausreichend Rechnung getragen und es wurden auch die übrigen Strafzumessungsgründe entsprechend gewertet.
Den vom Erstgericht berücksichtigten nicht unbedeutenden Milderungsumständen stehen ebensolche, vom Erstgericht zutreffend herangezogene Erschwerungsumstände gegenüber, wobei die einschlägige Vorverurteilung besonders unter dem Blickwinkel, daß der Angeklagte relativ kurz nach Verbüßung einer vierjährigen Freiheitsstrafe wieder einschlägig straffällig wurde, im Ergebnis sachgerechte Beurteilung fand. Auf der Gegenseite zur erwähnten, das Schuldmaß mindernden Motivationslage beim Angeklagten, hauptsächlich seine eigene Sucht zu befriedigen, kann ‑ allgemein die Schuld belastend (§ 32 StGB) - nicht außer acht bleiben, daß der Angeklagte das ihm vorgeworfene Suchtgiftverbrechen in Ansehung einer Heroinmenge verübte, die das Doppelte der Übermenge nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG erreicht.
Stellt man die vorhandenen besonderen Strafzumessungsgründe ihrer Art nach als Erschwerungs‑ und Milderungsumstände einander gegenüber und wägt außerdem die zugunsten und zu Lasten des Angeklagten sprechenden allgemeinen Schuldkriterien gegeneinander ab, so erscheint die auf der Grundlage der gesetzlichen, bis zu fünfzehn Jahren reichenden Strafdrohung vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe schuldangemessen und auch unter Berücksichtigung präventiver Überlegungen nicht überhöht.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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