OGH 11Os9/94(11Os19/94)

OGH11Os9/94(11Os19/94)1.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kramer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut V***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Oktober 1993, GZ 9 b Vr 6966/93-39, sowie über seine Beschwerde gegen den gemäß § 494 a Abs 4 StPO gemeinsam mit dem Urteil verkündeten (Wiederrufs-)Beschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Kain, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut V***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (A./) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs zu B./ hat er am 31. Oktober 1992 (zu ergänzen: in Wien) Alfred, Manfred und Ingrid B***** durch die Äußerung, er werde die ganze Familie ausrotten sowie Alfred B***** umbringen und ihm ein Loch in den Schädel schießen, mit dem Tod gefährlich bedroht. Von weiteren Anklagepunkten wurde Helmut V***** - ebenso wie drei Mitangeklagte - gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Lediglich den Schuldspruch zu B./ bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unberechtigt ist.

In der Mängelrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Urteilsfeststellung, in der Absicht gehandelt zu haben, die Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen. Diese (entscheidungswesentliche) Feststellung sei unzulänglich begründet, zumal das Urteil selbst ausführe, der Angeklagte habe bei vernunftgemäßer Überlegung keine nachvollziehbare Motivation gehabt, sondern offenbar aus Lust an der Aggression gehandelt.

Bei dieser Argumentation verwechselt der Beschwerdeführer die Vorsatzform der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) mit dem Motiv des Täters, das für die strafrechtliche Beurteilung an sich unerheblich ist und im angefochtenen Urteil ersichtlich nur illustrativ zur Charakterisierung des Angeklagten angeführt wurde. Ein in der Lust auf Aggression bestehendes Tatmotiv steht im übrigen einem Handeln mit der Absicht, einen anderen in Furcht und Unruhe zu versetzen, keineswegs entgegen. Die Annahme absichtlichen Handelns wurde vom Erstgericht aber mit dem Hinweis auf die Tatmodalitäten, vor allem auch darauf, daß sich der Beschwerdeführer zur Unterstreichung der Ernstlichkeit seiner Drohungen mit einem Schlaggegenstand ausgerüstet hatte, mängelfrei begründet (US 11).

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Beschwerdeführer die Erfüllung des Tatbestandes nach § 107 Abs 1 StGB, weil er nicht mit der Absicht gehandelt habe, eine andere Person - insoweit sei im Urteil auch nicht festgestellt worden, welche von den im Spruch genannten Personen - in Furcht und Unruhe zu versetzen. Es habe sich vielmehr um "milieubedingte Unmutsäußerungen" gehandelt, denen die Eignung nicht zugekommen sei, begründete Besorgnisse einzuflößen. Mit diesem Vorbringen weicht der Beschwerdeführer - soweit er damit neuerlich die Absicht, in Furcht und Unruhe zu versetzen, in Frage stellt - auf eine bei Ausführung der Rechtsrüge unzulässige Weise von den der rechtlichen Beurteilung zugrunde liegenden (mängelfrei begründeten) Tatsachenfeststellungen des Urteils ab. Die Tatrichter konstatierten nämlich ausdrücklich, daß der Angeklagte in der Absicht handelte, "Furcht und Unruhe auszulösen" (US 9 und 11). Inwieweit aber die objektive Eignung der drohenden Äußerungen im Sinn des § 74 Z 5 StGB zweifelhaft sein könnte, wurde von der Beschwerde nicht dargetan. Sie wohnt den Äußerungen des Beschwerdeführers nämlich auch unter Zugrundelegung des vom Erstgericht angenommenen (möglichen) Motivs der "Lust an der Aggression" inne. Soweit aber als Feststellungsmangel geltend gemacht wird, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, gegen wen sich die Drohungen richteten, ist auf den Wortlaut es Schuldspruchs zu verweisen, wonach der Angeklagte Alfred, Ingrid und Manfred B*****, also jede der genannten Personen bedrohte, die Zweit- und Drittgenannten als Mitglieder der Familie B***** durch die Äußerung, er werde "die ganze Familie" ausrotten, den Erstgenannten ebenfalls dadurch und überdies durch die Drohung, er werde ihn umbringen und ihm ein Loch in den Schädel schießen. Angesichts des Umstandes, daß der Angeklagte mit einer ganzen Gruppe sich feindselig gegen die Familie B***** gebärdender Personen auftrat und sich mit einem Schlaginstrument bewaffnet hatte, bestehen gegen die Annahme der (objektiven) Eignung seiner Drohung, die Genannten in Furcht und Unruhe zu versetzen, aus rechtlicher Sicht keine Bedenken. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Drohungen durch die Gegensprechanlage an der Haustür erfolgten, wobei der Angeklagte allerdings für die Bedrohten von den Wohnungsfenstern aus sichtbar war. Gefährliche Drohungen können unmittelbar oder mittelbar, in gleicher Weise mündlich, aber auch nur telefonisch oder schriftlich erfolgen. In tatsächlicher Beziehung ist nur die mit der Drohung verbundene, mehrfach erörterte Absicht des Täters erforderlich, die Opfer in Furcht und Unruhe zu versetzen, in rechtlicher Beziehung aber die - beim gegebenen Sachverhalt unzweifelhafte - Eignung seiner Äußerung, diesen Zustand herbeizuführen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aber auch der Berufung und der Beschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen rückfallsbegründenden Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier Delikte, den raschen Rückfall nach der Haftentlassung sowie die Begehung einer Straftat innerhalb der Probezeit einer Vorverurteilung gewertet, als mildernd hingegen das Geständnis zum Einbruchsdiebstahl angenommen. Ausgehend von diesen Strafbemessungsgründen hielt es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren für tat- und tätergerecht. Unter einem wiederrief es gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO die dem Helmut V***** zum Verfahren AZ 14 U 250/91 des Strafbezirksgerichtes Wien gewährte bedingte Strafnachsicht.

Abgesehen davon, daß das Erstgericht die Begehung einer Straftat während einer Probezeit zu Unrecht als erschwerend gewertet hat (siehe dazu Leukauf-Steininger Komm3 § 33 RN 8), wurden die Strafbemessungsgründe richtig dargestellt, vor allem aber - auch unter Berücksichtigung des Entfalls des zu Unrecht angenommenen Erschwerungsumstandes - die für die Bemessung der Strafe primär bedeutsame Schuld des Täters (§ 32 Abs 1 StGB) insgesamt richtig gewertet. Selbst die Berufung vermag Milderungsgründe, die bei den Strafbemessungserwägungen des Erstgerichtes keine Berücksichtigung gefunden hätten, nicht darzutun. Eine Notlage, von der in der Berufung die Rede ist, kann nach ständiger Judikatur nur dann als mildernd berücksichtigt werden, wenn sie objektiv als drückend zu empfinden ist, und zwar im Sinn eines bestehenden oder drohenden Mangels am notwendigen Lebensunterhalt (Leukauf-Steininger aaO § 34 RN 10). Davon kann angesichts des aufrechten Beschäftigungsverhältnisses des Angeklagten (siehe dazu US 6 iVm 219), mag es sich auch nur um eine Halbtagsarbeit gehandelt haben, keine Rede sein. Die behaupteten Sozialisierungsbemühungen des Angeklagten sind durch seinen äußerst raschen Rückfall sinnfällig widerlegt, weswegen dem Entfall des Erschwerungsgrundes der Begehung einer strafbaren Handlung während der Probezeit keine entscheidende Bedeutung zukommt; das Erstgericht wollte mit der Anführung dieser Tatsache, die ausschließlich bei der Beurteilung der Frage des Widerrufs ins Kalkül zu ziehen ist, ersichtlich nur diesen raschen Rückfall unterstreichen.

Für eine Herabsetzung oder bedingte Nachsicht eines Teiles der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe war daher kein Raum.

Die einschlägigen Vorstrafen zeigen im Verein mit dem raschen Rückfall überdies, daß die Annahme des Erstgerichtes, der Widerruf der im Verfahren zum AZ 14 U 2507/91 des Strafbezirksgerichtes Wien gewährten bedingten Strafnachsicht sei zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung geboten, zutrifft. Es mußte daher auch die - nicht weiter substantiierte - Beschwerde ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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