OGH 11Os12/94

OGH11Os12/948.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kramer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Zoran Z***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Jugendschöffengericht vom 22. November 1993, GZ 3 c Vr 915/93-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. Oktober 1977 geborene Zoran Z*****- abweichend von der auf das Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB lautenden Anklage - des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 5. Juli 1993 in Wien Bernwalda R*****zu töten versuchte, indem er sie gewaltsam auf ein Bett stieß, sich auf sie warf und ihr mit einem Messer zwei Stichwunden an der linken Halsseite zufügte.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die (nominell) auf Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte (undifferenziert ausgeführte) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die in keinem Punkt berechtigt ist.

Mit der Behauptung einer Aktenwidrigkeit (Z 5) vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, inwieweit in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt worden sei, das deren Inhalt nicht bildet bzw. inwieweit der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben worden sei. Der unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nur einen formalen Vergleich gestattende Nichtigkeitsgrund einer Aktenwidrigkeit wird nicht zur Darstellung gebracht, wenn behauptet wird, daß zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und den diesen zugrunde gelegten Beweisergebnissen ein Widerspruch bestehe. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) beruhenden Schlüsse kann jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 191 zu § 281 Z 5). Vorliegend konnten sich die Tatrichter sowohl auf die Aussage der Zeugin Bernwalda R*****, als auch auf die eigene Verantwortung des Angeklagten vor Polizei und Gericht stützen. Beide haben insoweit übereinstimmend angegeben, daß der Angeklagte Stiche mit einem Messer gegen den Hals der Zeugin geführt hat. Daß diese Stiche in der konkreten Situation letztlich nur zu relativ ungefährlichen Schnittverletzungen geführt haben, ist weder aktenwidrig noch stehen die bezüglichen Urteilsannahmen zueinander in einem nach den Denkgesetzen unauflösbaren Widerspruch. Der Angeklagte selbst hat vor dem Untersuchungsrichter am 19. Juli 1993 erklärt, weswegen es trotz der Stichführung zu relativ unbedeutenden Verletzungsfolgen gekommen ist (61 a verso). Damit ist auch die Beschwerdebehauptung widerlegt, alle auf der konstatierten Stichführung aufgebauten Überlegungen der Tatrichter entbehrten einer entsprechenden Grundlage.

Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge ferner die Einholung des "Gutachtens eines Gerichtsmediziners" durch das Erstgericht vermißt, ist er lediglich darauf zu verweisen, daß in diesem Zusammenhang nach dem System der Nichtigkeitsgründe eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nur gegeben sein kann, wenn das Gericht die erhobenen Beweise unvollständig gewürdigt hat, nicht aber auch dann, wenn es die möglichen Beweisquellen unvollständig ausgeschöpft hat. Eine solche Mangelhaftigkeit des Verfahrens könnte ausschließlich aus dem Titel des § 281 Abs 1 Z 4 StPO gerügt werden; daran fehlt es aber vorliegend schon an der formalen Voraussetzung einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung (Mayerhofer-Rieder aaO E 149, 150 zu § 281 Z 4; E 82 zu § 281 Z 5).

Mit dem übrigen - nicht nach den einzelnen Anfechtungspunkten substantiierten Vorbringen - versucht der Beschwerdeführer lediglich zu anderen als den von den Tatrichtern getroffenen Feststellungen (vor allem zur subjektiven Tatseite) zu gelangen; er bekämpft indes damit auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren nach wie vor unzulässige Weise die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes nach Art einer Schuldberufung .

Die Ausführungen versagen aber auch unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5 a), weil es der Beschwerde nicht gelingt, aus den Akten Umstände darzutun, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

In dem als Rechtsrüge (Z 10) zu wertenden Vorbringen vermeint der Beschwerdeführer - neben einer unbeachtlichen rechtlichen Kritik am zudem verfehlten - (vgl Mayerhofer-Rieder aaO E 52 ff zu § 259) Freispruch vom Verbrechen des schweren Raubes - die ihm angelastete Tathandlung wäre als Vergehen der "leichten Körperverletzung nach § 83 StGB" zu beurteilen gewesen; die Rüge orientiert sich jedoch dabei nicht am festgestellten Urteilssachverhalt und ist demgemäß nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die zum Teil unbegründete, zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben wird (§ 285 i).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Stichworte