OGH 10ObS23/94

OGH10ObS23/948.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Erich Reichelt (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hilda H*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Weitergewährung einer entzogenen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Oktober 1993, GZ 34 Rs 73/93-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. März 1993, GZ 20 Cgs 144/91-19, bestätigt wurde, nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte verpflichtete sich in einem am 23. März 1990 vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien zu 20 Cgs 171/88 geschlossenen Vergleich, der Klägerin ab 1. Oktober 1989 eine Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1991 entzog die Beklagte der Klägerin diese Pension mit Ablauf des Monates August 1991 unter Berufung auf die §§ 99 und 255 ASVG wegen Wegfalls der Invalidität.

Das Erstgericht wies das auf Weitergewährung der Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab.

Nach den wesentlichen erstgerichtlichen Feststellungen hat sich der Gesundheitszustand der nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig gewesenen Klägerin seit der Entziehung gegenüber dem zur Zeit des erwähnten Vergleiches dadurch geändert, daß die damals bestandene ausgeprägte endogene Depression mit Antriebsstörung, die eine regelmäßige, nutzbringende Arbeitsleistung verhinderte, nicht mehr besteht. Die unterweisbare und einordenbare Klägerin kann mit dem seit der Entziehung vorliegenden körperlichen und geistigen Zustand während der üblichen Arbeitszeit bei Einhalten der üblichen Pausen leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten, die keine Feinarbeiten sind und nicht unter dauerndem besonderem Zeitdruck ablaufen. Diese Leistungsfähigkeit reicht für viele Verweisungstätigkeiten aus.

Infolge dieser wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit sei die Klägerin nicht mehr invalid im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG. Dies rechtfertige nach § 99 Abs 1 leg cit die Entziehung der Invaliditätspension.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Es übernahm auch die bekämpfte Feststellung, daß die seinerzeit bestandene ausgeprägte endogene Depression nicht mehr besteht und daß (diesbezüglich) absolute Symptomfreiheit und "Gesundheit von dieser Erkrankung" vorliegt. Damit sei eine rechtlich relevante Besserung des bei der Gewährung der Leistung bestandenen Zustandes bewiesen. Deshalb treffe die Klägerin die objektive Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen für den Anspruch ungeachtet der festgestellten Besserung etwa wegen einer (bei Aufnahme einer Berufstätigkeit) zu erwartenden neuen Phase der endogenen Depression und damit verbundenen Krankenständen weiterbestehen. Eine solche drohende Verschlechterung sei jedoch nicht bewiesen.

In der Revision macht die Klägerin unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das Berufungsurteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 3 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung dieses Senates (SSV-NF 7/2 mwN) darf eine laufende Leistung nur bei einer wesentlichen (entscheidenden) Änderung der zur Zeit der Zuerkennung bestandenen Verhältnisse entzogen werden. Eine Änderung, die vor allem in der Wiederherstellung oder Besserung des körperlichen oder geistigen Zustandes liegen kann, ist bei Leistungen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit dann wesentlich, wenn die Arbeitsfähigkeit des Pensionsbeziehers so weit wiederhergestellt wird, daß er nicht mehr als invalid oder berufsunfähig gilt.

Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch die Vorinstanzen, daß bei der Klägerin eine solche entscheidende Änderung eingetreten ist, die die Entziehung der Invaliditätspension rechtfertigt, ist richtig.

Insoweit die Rechtsrüge nicht von den Feststellungen über den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der Klägerin seit der Entziehung, sondern davon ausgeht, daß noch immer eine endogene Depression besteht, ist sie nicht gesetzgemäß ausgeführt. Die nach den Feststellungen nicht vorherzusagende, aber auch nicht auszuschließende Möglichkeit einer neuerlichen Phase der endogenen Depression ändert nichts daran, daß seit der Entziehung eine völlige Remission dieses Leidens eingetreten ist, so daß die Klägerin wieder viele Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte