OGH 12Os179/93

OGH12Os179/933.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Rouschal und Dr.Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter M***** und Rudolf S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB, Walter M***** auch nach § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten, sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 14.Oktober 1993, GZ 14 Vr 329/93-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kodek, der Angeklagten und der Verteidiger Dr.Ploderer und Dr.Wolf, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die Freiheitsstrafe bei Walter M***** auf drei Jahre, bei Rudolf S***** auf ein Jahr erhöht.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 15.September 1963 geborene Walter M***** und der am 24.Jänner 1967 geborene Rudolf S***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB, Walter M***** auch in der Form des Versuchs nach § 15 StGB, schuldig erkannt. Demnach haben sie in Krems an der Donau (Justizanstalt Stein)

I./ Walter M***** allein von November 1992 bis Anfang 1993 Hüseyin A***** mindestens zweimal und vom 5.Feber 1993 bis 19.März 1993 Roland M***** zwei- bis dreimal mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben jeweils zur Vornahme eines Oralverkehrs, M***** zweimal auch zu einem Analverkehr, somit dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt und im November 1992 Hüseyin A***** zu nötigen versucht;

II./ Rudolf S***** und Walter M***** am 19.März 1993 Roland M***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem Walter M***** zu ihm sagte, wenn es freiwillig nicht gehe, gehe es auch anders, zur Durchführung eines Oralverkehrs mit Rudolf S***** und Gestattung eines Analverkehrs mit Walter M*****, sohin zu dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt.

Die von beiden Angeklagten dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a - von M***** auch aus Z 4 - StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht begründet.

Zur Beschwerde des Angeklagten Walter M*****:

Soweit sich die Verfahrensrüge (Z 4) dieses Angeklagten gegen die Nichterledigung des von ihm und seinem Verteidiger schriftlich gestellten Antrages (ON 23 und 24) auf zeugenschaftliche Einvernahme des Stepan D***** wendet, genügt es ihr zu erwidern, daß dieses Beweisbegehren in der Hauptverhandlung nicht wiederholt wurde und es mithin diesbezüglich an der Grundvoraussetzung für die Geltendmachung des relevierten Nichtigkeitsgrundes mangelt.

Die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wurden auch durch die Abweisung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, den Zeugen Johann E***** zum Beweis dafür zu vernehmen, daß Walter M***** niemals Suchtgiftkonsument war und auch nicht mit Suchtgift gehandelt hat, nicht geschmälert. Denn es kann der Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses (S 192 f) durchaus beigetreten werden, wonach "einerseits erfahrungsgemäß Strafgefangene nicht Tag und Nacht zusammenstecken und aufeinander achtgeben, welchen Tätigkeiten sich der andere gerade widmet" und andererseits dem Beweisthema im gegenständlichen Verfahren keine Relevanz zukommt.

In der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten M***** wird mit der Behauptung, das Erstgericht habe ohne konkrete Unterlagen die Glaubwürdigkeit des Zeugen M***** bejaht und sich darauf berufen, dieser wäre gar nicht in der Lage, sich eine erfundene Geschichte längere Zeit zu merken und bei den wiederholten Vernehmungen widerspruchsfrei wiederzugeben, kein formaler Begründungsmangel dargetan, sondern lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen; denn abgesehen davon, daß sie gar nicht verpflichtet gewesen wären, die Umstände anzuführen, auf denen ihre Überzeugung von der Glaubwürdigkeit des Zeugen M***** beruhte (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 270 ENr 134), stellt auch die kritisierte Einschätzung der (geistigen) Fähigkeiten dieses Zeugen einen Akt unbekämpfbarer richterlicher Beweiswürdigung dar (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 132).

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) ist global zu entgegnen, daß die darin ins Treffen geführten Argumente - soweit sie sich nicht überhaupt als unzulässige Kritik an der Bewertung der Beweiskraft der Belastungszeugen darstellen - weder einzeln noch im Zusammenhalt geeignet sind, Bedenken, geschweige denn solcher erheblicher Natur, gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Unbegründet ist schließlich auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) des Angeklagten M*****, weil die von ihm nach den Urteilskonstatierungen gegenüber Hüseyin A***** und Roland M***** gesetzten Gewalttätigkeiten und geäußerten Drohungen (US 5 bis 7 sowie 11 f) den Anforderungen des § 201 Abs. 2 StGB durchaus gerecht werden, und zwar auch unter Berücksichtigung des in der Beschwerde hervorgekehrten Umgangstons im Gefängnismilieu.

Zur Beschwerde des Angeklagten Rudolf S*****:

Wenn dieser Angeklagte in seiner Mängelrüge (Z 5) die ihm zur Last gelegten, im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Walter M***** gegenüber Roland M***** gesetzten Nötigungshandlungen (US 2 und 11 f) unter Hinweis auf die Angaben des Zeugen M***** in der Hauptverhandlung als unzureichend begründet rügt, genügt es ihm zu entgegnen, daß er dabei in verfälschender Verkürzung die in der Hauptverhandlung verlesenen (S 187) Bekundungen des Zeugen M***** unberücksichtigt läßt, wonach er auch von Simon zu homosexuellen Handlungen gezwungen wurde (S 79), beide Angeklagte ihn wehrlos machten, indem S***** ihn bei den Hüften nahm, während ihn M***** von hinten niederdrückte (S 33), und wonach Walter M***** ihm (dem Zeugen M*****) am 19. März erklärte, wenn es freiwillig nicht gehe, gehe es auch anders (S 86).

Die Antwort auf die Tatsachenrüge (Z 5 a) des Angeklagten S***** kann nach dem zur Mängelrüge Ausgeführten sich auf die Bemerkung beschränken, daß auch sie an den Angaben des Roland M***** im Vorverfahren vorübergeht und im übrigen darin keine Umstände aufgezeigt werden, die geeignet wären, die den Schuldspruch dieses Angeklagten tragenden Konstatierungen in Zweifel zu setzen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) des Angeklagten S***** entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich mit der darin aufgestellten Behauptung, der Beschwerdeführer habe nicht wissen können, ob das Sträuben des Roland M***** ernst gemeint oder nur "eine Laune" sei, er habe keine Drohungen oder sonstige Nötigungen gegen M***** ausgeübt, über die konträren tatrichterlichen Feststellungen - siehe oben - hinwegsetzt.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren sohin teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Schöffengericht verhängte nach § 201 Abs. 2 StGB über Walter M***** zwei Jahre, über Rudolf S***** acht Monate Freiheitsstrafe. Es wertete bei beiden Angeklagten die wegen Gewaltdelikten erlittenen Vorverurteilungen, bei Walter M***** auch die Wiederholung der Angriffe als erschwerend, als mildernd hingegen bei Walter M***** den Umstand, daß einer der Angriffe beim Versuch blieb, und bei Rudolf S***** die auf ihn erfolgte Einwirkung des Walter M*****.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten die Herabsetzung des jeweiligen Strafausmaßes, die Staatsanwaltschaft dessen Erhöhung an.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt, und zwar in Ansehung beider Angeklagter, Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, dem durch Gewalttätigkeiten geprägten und schwerst getrübten Vorleben beider Angeklagten jedoch nicht entsprechend Rechnung getragen. Demgemäß konnte dem Berufungsbegehren der Angeklagten nicht nähergetreten werden, sondern waren vielmehr in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft die Strafen den Täterpersönlichkeiten entsprechend und ausgewogen zu erhöhen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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