OGH 5Ob8/94

OGH5Ob8/941.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ö***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, S*****, B*****, vertreten durch Dr.Michael Wonisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegner 1.) Wolfgang W*****, ***** G*****, H***** (W2), 2.) Magdalena S***** G*****rödig, H***** (W8), 3.) Anton K***** G*****, H***** (W12), 4.) Silvia F***** G*****, H*****, 5.) Alois W*****, (W13) , S*****, W*****, 6.) Mag. Irmhild S***** S*****, F***** (W17), 7.) Gabriele H*****, H***** G***** 19 (W17),

8.) Regina L***** G*****, H***** (W18), 9.) Rosa M***** G*****, H***** (W19), 10.) Wolfgang W***** G*****, H***** (W20), 11.) Robert A***** G*****, H***** (W23), 12.) Ivana O***** G*****, H***** (W27),

13.) Ferdinand S***** G*****, H***** (W29), 14.) Monika K*****, H*****, B***** (W29), 15.) Peter O***** H*****, W***** (W30), 16.) Günther A*****, H*****, P***** (W30), 17.) Maria G***** G*****, H***** (W31), 18.) Daniela F*****, G*****, H***** (W32), 19.) Robert W*****, B*****, B***** (W32), 20.) Gertrude P***** W*****, T***** (W33), 21.) Therese P***** G*****, O***** (W33), 22.) Peter S***** G*****, H***** (W34), 23.) Ludwig F***** G*****, H***** (W3), 24.) Gabriele F***** G*****, H***** (W3), 25.) Ernst M***** G*****, H***** (W24), 26.) Hermine M***** G*****, H***** (W24), 27.) Kurt A***** G*****, H***** (W21), 28.) Helga A***** G*****, H***** (W21), 29.) Werner M*****, G*****, H***** (W11), 30.) Elfriede M***** G*****, H***** (W11), 31.) Franz R***** G*****, H***** (W15), 32.) Slobodanka R***** G*****, H***** (W15), 33.) Johann P***** G*****, H***** (W16),

34.) Karin P***** G*****, H***** (W16), 35.) Alfred G***** G*****, H***** (W5), 36.) Karin G***** G*****, H***** (W5), 37.) Gerhard A***** G*****, H***** (W6), 38.) Edith A***** G*****, H***** (W6),

39.) Franz B***** G*****, H***** (W9), 40.) Edith B***** G*****, H***** (W9), 41.) Stefan H***** G*****, H***** (W10), 42.) Friederike H***** G*****, H***** (W10), 43.) Dr. Hans Peter S***** G*****, H***** (W25), 44.) Christa S***** G*****, H***** (W25), 45.) Uta H***** G*****, H***** (W7), 46.) Erwin F***** G*****, H***** (W14),

47.) Herbert G***** G*****, H***** (W4), 48.) Sonja G***** G*****, H***** (W4), 49.) Ivan D*****, G*****, H***** (W22), 50.) Maria D***** G*****, H***** (W22), 51.) Dipl.Ing. Dr. Hubert K***** G*****, K*****-Gasse 14/86 (W26), 52.) Martin K*****, 5324 F*****, V***** (W26), 53.) Barbara K*****, F*****, V***** (W26), 54.) Georg W***** G***** H***** (W28), 55.) Erna W***** G*****, H***** (W28), 56.) Burkhart K***** G*****, H***** (W28), 57.) Brigitte K*****, G*****, H***** (W28), 58.) Dagmar H***** S*****, M***** (W1), wegen Feststellung der Angemessenheit des vereinbarten und begehrten Preises (§ 22 Abs 1 Z 6 WGG), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 17.Dezember 1992, GZ 22 R 652/92-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30.September 1992, GZ 18 Msch 24/92-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin, eine gemeinnützige Bauvereinigung, die als Wohnungseigentumsorganisatorin das Bauvorhaben G***** abwickelte und auf Grund der Endabrechnung vom November 1988 nunmehr Nachforderungen gegen die Käufer der Eigentumswohnungen geltend macht, stellte am 23.7.1992 beim Bezirksgericht Salzburg den Antrag, die Angemessenheit der begehrten und vereinbarten Preise auf Grund der (gleichzeitig vorgelegten) Endabrechnungen (Gesamtabrechnungen) der Häuser 1 bis 5 sowie der Einzelabrechnungen der Wohnungseigentumsobjekte W 1 bis W 34 gemäß § 22 Abs 1 Z 6 WGG im außerstreitigen Verfahren zu überprüfen. Sie brachte dazu vor, daß die "Gesamtendabrechnung" des im Dezember 1983 erstmals bezogenen Objektes zwar von der Prüfungsbehörde des Landes Salzburg als in Ordnung befunden und nach den Vorschriften des WFG 1968 genehmigt wurde, von den Antragsgegnern jedoch nicht akzeptiert werde. Da die Antragsgegner jedoch nicht akzeptiert werde. Da die Antragsgegner nicht dazu gebracht werden konnten, ihre Einwendungen zu präzisieren, sei die Antragstellerin genötigt, die gerichtliche Überprüfung und Feststellung der Angemessenheit der begehrten Preise zu verlangen. Die mittlerweile angestrengten Prozesse über Nachforderungen aufgrund der Endabrechnungen seien gemäß § 22 Abs 5 WGG unterbrochen worden, um die Entscheidung im gegenständlichen Verfahren abzuwarten.

Das Erstgericht wies diesen Sachantrag ab, ohne ihn überhaupt den Antragsgegnern zuzustellen. Es begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß die im außerstreitigen Verfahren vorzunehmende Überprüfung der Angemessenheit vereinbarter oder begehrter Preise und Entgelte für die Übertragung des Eigentums bzw die Überlassung des Gebrauchs von Wohnungen oder Geschäftsräumen gemäß § 22 Abs 1 Z 6 WGG nur von den Wohnungseigentümern, Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten, nicht jedoch von der gemeinnützigen Bauvereinigung verlangt werden könne. Mangels Antragsbefugnis sei daher die Anrufung des Außerstreitgerichtes durch die Antragstellerin unzulässig. Billige man ihr dennoch die Antragslegitimation zu, dann sei die in § 22 Abs 3 WGG normierte Fallfrist für die Anrufung des Außerstreitrichters längst verstrichen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß sie auf Zurückweisung des Sachantrages zu lauten habe. Die Antragslegitimation dessen, der ein Rechtsschutzbegehren geltend macht, sei zwar keine Frage des Verfahrensrechtes, sie gebe aber immer dann den Ausschlag für die Zulässigkeit eines bestimmten Verfahrens, wenn die Einleitung dieses Verfahrens von formalisierten Anträgen abhänge. Den Antrag einer gemeinnützigen Bauvereinigung, das von ihr errechnete und begehrte Entgelt (genau genommen die Richtigkeit ihrer Endabrechnung) im außerstreitigen Verfahren zu überprüfen, sehe jedoch - wie das Erstgericht richtig erkannt habe - § 22 Abs 1 Z 6 WGG (insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 22 Abs 2 WGG) nicht vor. Unabhängig davon sei die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges für die Feststellung der Preisangemessenheit der verfahrensgegenständlichen Objekte schon deshalb zu verneinen, weil die Antragstellerin die in § 22 Abs 3 WGG für die außerstreitige Klärung aller mit den Baukosten im weiteren Sinn zusammenhängenden Fragen gesetzte Frist von 3 Jahren versäumt habe. Eine solche Fristversäumnis schließe die Geltendmachung von Ansprüchen, wie sie hier verfolgt werden, zwar nicht im streitigen Rechtsweg, wohl aber im außerstreitigen Verfahren aus.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den nunmehr nachgeholten Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß in der Entscheidung WoBl 1991/70 (= MietSlg 41.524), die auch gemeinnützigen Bauvereinigungen das Recht einräumte, einen Preisüberprüfungsantrag iSd § 22 Abs 1 Z 6 WGG zu stellen, offen gelassen worden sei, ob dies auch für die Überprüfung der Baukostenverrechnung gilt. Bejahendenfalls sei zur Frage der Verfristung des Sachantrages nach § 22 Abs 3 WGG Stellung zu nehmen.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, daß das Recht, die Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Preises und Entgelts im außerstreitigen Verfahren zu verlangen, mangels ausdrücklicher gesetzlicher Einschränkung sowie im Hinblick auf § 22 Abs 4 Z 3 WGG auch der gemeinnützigen Bauvereinigung zukomme. Das gelte auch für die Überprüfung der Baukostenabrechnung. Schon aus prozeßökonomischen Gründen sei ihr ein diesbezügliches Interesse zuzubilligen, weil sie nur in einem Außerstreitverfahren eine allseitige Bindung an die Ergebnisse der Rechnungsprüfung erreichen könne. Die in § 22 Abs 2 und 3 WGG enthaltene Sonderregelung für die Überprüfung der Baukostenverrechnung gelte nur für Anträge der Nutzungsberechtigten, stelle jedoch die davon unbehelligte Antragslegitimation der gemeinnützigen Bauvereinigung nicht in Frage. Außerdem sei zu bedenken, daß ja die Antragstellerin eine umfassende Überprüfung der den Antragsgegnern vorgeschriebenen Preise verlange und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Baukostenabrechnung hiefür nur eine vom Außerstreitrichter zu lösende Vorfrage darstelle. Gegen die Verfristung des gegenständlichen Preisüberprüfungsantrages spreche schließlich noch, daß § 22 Abs 3 WGG ausschließlich den Schutz gemeinnütziger Bauvereinigungen bezwecke und in der Antragstellung ein zulässiger Verzicht auf die Präklusionswirkungen gelegen sei. Auch die Antragsgegner seien mit der Preisüberprüfung im außerstreitigen Verfahren einverstanden.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen sowie allenfalls auch den erstgerichtlichen Beschluß aufzuheben und einer der Vorinstanzen die Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung über den Sachantrag aufzutragen; allenfalls möge das an die Einbringung des Sachantrages samt zusätzlicher Bekanntgabe anschließende Verfahren als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des außerstreitigen Verfahrens hierüber aufgetragen werden.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß die durch das 3. WÄG (BGBl 1993/800) eingetretenen Rechtsänderungen zufolge des gleichgebliebenen § 39 Abs 16 WGG noch nicht anwendbar sind. Maßgebende Rechtsnorm für die Lösung des anstehenden Zuständigkeitsproblems ist daher § 22 WGG idF des 2. WÄG (BGBl 1991/68).

In der Sache selbst ist der Revisionsrekurswerberin beizupflichten, daß das Recht, den Außerstreitrichter zur Überprüfung der Zulässigkeit des vereinbarten oder begehrten Preises und Entgelts anzurufen, nicht nur den Nutzern der betreffenden Baulichkeit, sondern - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - auch der gemeinnützigen Bauvereinigung zusteht (WoBl 1991, 81/70; idS auch 5 Ob 85/91). Dieses Recht bezieht sich auch auf die Überprüfung der Baukostenverrechnung, wenn in ihr die Wurzeln aufklärungsbedürftiger Differenzen über die zulässige Höhe des begehrten Preises und Entgelts liegen. Da die Bindung aller Beteiligten an die Ergebnisse der Baukostenabrechnung nur in einem Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 6 und Abs 2 WGG zu erzielen ist, das alle in ihren Interessen unmittelbar berührten Personen einbindet (vgl Korinek - Funk ua, HB zum WGG, Anm 16 zu § 22), dürfen die Vorteile und Möglichkeiten eines solchen Verfahrens der gemeinnützigen Bauvereinigung nicht vorenthalten werden. Erst die allseitige und endgültige Bindung an die Baukostenabrechnung schafft die Voraussetzungen für darauf aufbauende, am Gleichbehandlungsprinzip orientierte Preis- und Entgeltsbemessungen. Bevor sich eine gemeinnützige Bauvereinigung auf Prozesse über Nachforderungen aus der Baukostenabrechnung einläßt, ist ihr daher zuzubilligen, sich in einem Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 6 WGG Klarheit darüber zu verschaffen, ob und welche Einwendungen gegen die Abrechnung bestehen.

Ein solcherart auf die Überprüfung der Zulässigkeit des "aufgrund der Baukostenabrechnung" begehrten Preises oder Entgelts abzielender Sachantrag macht - wie im Fall eines korrespondierenden Überprüfungsantrages der jeweiligen Nutzer - die Baukostenabrechnung selbst zum Verfahrensgegenstand, als ob gemäß § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 13 MRG ausdrücklich die durch § 22 Abs 2 WGG implicite zugelassene Zwischenfeststellung ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit begehrt worden wäre. Das zwingt zu der in § 22 Abs 2 Z 2 WGG unmißverständlich angeordneten (von der Antragstellerin auch geforderten) Zuziehung aller Betroffenen, erfordert aber auch die Beachtung der sonstigen Vorschriften über die Voraussetzungen, den Gang und Inhalt dieses besonderen Verfahrens.

Eine dieser Vorschriften besagt, daß ein Antrag iSd § 22 Abs 2 WGG, nach dem soeben dargelegten Verständnis also ein Antrag, der mit Wirkung für alle Beteiligten zur Überprüfung der Baukostenverrechnung auf ihre Übereinstimmung mit § 13 WGG führt, nur innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung, bei allfälligem früheren Beziehen der Baulichkeit ab diesem Zeitpunkt gestellt werden kann (§ 22 Abs 3 WGG). Diese Fristbestimmung wurde nach der bisherigen (hier noch maßgeblichen Rechtslage) so verstanden, daß sie der Abgrenzung des außerstreitigen Verfahrens vom streitigen Verfahren dient, ohne Einfluß auf die materiellrechtliche Stellung der Beteiligten zu nehmen (SZ 61/228). Zumindest in dieser Funktion ist die in § 22 Abs 3 WGG normierte Frist jeglicher Parteiendisposition entzogen, weil die Grenzen zwischen streitiger und außerstreitiger Gerichtsbarkeit zwingend sind und durch Parteienvereinbarung nicht verschoben werden können (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 113; SZ 64/49; die Ausführungen von Keinert, Grundfragen des zivilen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, 318 ff zur vertraglichen Erstreckung der Frist des § 22 Abs 3 WGG beziehen sich offensichtlich auf den materiellrechtlichen Anspruch und werden vor allem zur Rechtslage nach dem 3. WÄG zu beachten sein). Die von der Revisionsrekurswerberin selbst geforderte Gleichbehandlung von gemeinnützigen Bauvereinigungen und Nutzern bei der Gewährung von Rechtsschutzansprüchen schließt wegen des unstrittigen Ablaufs der Dreijahresfrist des § 22 Abs 3 WGG vor Einbringung des gegenständlichen Sachantrages daher auch sie vom außerstreitigen Rechtsweg aus. Die analoge Ausdehnung der den Nutzern einer Baulichkeit expressis verbis eingeräumten verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Überprüfung einer Baukostenabrechnung auf die selbst abrechnungspflichtige gemeinnützige Bauvereinigung hat nämlich alle einschlägigen Verfahrensbestimmungen unter Einschluß der Fristbestimmung des § 22 Abs 3 WGG zu erfassen. Die Gegenmeinung der Antrgstellerin würde dazu führen, daß sich die Bauvereinigung die Verfristung von Einwendungen ihrer Gegner in dem für die allseits bindende Überprüfung der Baukostenabrechnung vorgesehenen Verfahren zunutze machen könnte.

Gegen diese bereits von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht läßt sich auch nicht einwenden, daß § 22 Abs 3 WGG den Schutz gemeinnütziger Bauvereinigungen vor leichtfertigen Anträgen der Nutzer zur Überprüfung der Baukostenabrechnung bezweckt. Auch wenn der Gesetzgeber mit der fraglichen Fristbestimmung eine solche Absicht verfolgte, kann der Schutz in einem Mehrparteienverfahren, wie es im Fall einer Antragstellung nach § 22 Abs 2 WGG durchzuführen ist, nicht allein auf eine Person beschränkt sein. Die aus dem Schutzzweck abgeleitete Möglichkeit, auf die Wohltat der Befristung zu verzichten, ließe sich im übrigen - wie bereits erwähnt - keinesfalls auf die privatautonome Eröffnung des außerstreitigen statt streitigen Rechtsweges erstrecken.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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