Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin S 34.335,95 (darin S 1.515,99 Umsatzsteuer und S 40 Barauslagen) an Verfahrenskosten erster Instanz, S 9.465,19 (darin S 1.577,53 Umsatzsteuer) an Verfahrenskosten zweiter Instanz und S 10.783,68 (darin S 797,28 Umsatzsteuer und S 6.000 Barauslagen) an Revisionskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Dagmar Sch***** wandte sich zur Finanzierung des Kaufes der Eigentumswohnung von der Nebenintervenientin um Kreditgewährung an die klagende Kreditunternehmung. Diese drängte auf entsprechende Besicherung des Kredites durch Beistellung eines Bürgen, Mitschuldners oder einer anderen Besicherung. Die Nebenintervenientin war letztlich bereit, eine Mithaftung für den Kredit zu übernehmen. Intern war vereinbart, daß Dagmar Sch***** die Verbindlichkeit zur Gänze allein abdeckt. Der von der Klägerin vorgelegte Kreditvertrag wurde von Dagmar Sch***** und der Nebenintervenientin unterfertigt, die eine Haftung als Mitschuldnerin übernahm. Mit ihrer Unterschrift nahmen sie den Inhalt des Kreditvertrages (s. die Punkte 7 bis 16) zustimmend zur Kenntnis. Punkt 8 des Kreditvertrages lautet im wesentlichen: "Zur weiteren Sicherstellung des Kredites verpfänden der Kreditnehmer und die Mitschuldner den pfändbaren Teil ihrer jetzt und künftig zustehenden Ansprüche gegen ihre Arbeitgeber bzw bezugsauszahlenden Stellen. Der Kreditgeber ist berechtigt, die bezugsauszahlenden Stellen jederzeit von dieser Verpfändung zu verständigen und von diesen sämtliche Auskünfte über das Gehaltskonto des Kreditnehmers oder Mitschuldners zu verlangen. Um bei Durchsetzung des Pfandrechtes des Kreditgebers unnötige Kosten zu vermeiden, sind der Kreditnehmer und die Mitschuldner damit einverstanden, daß der Kreditgeber sie für den Fall der Nichtbezahlung der fälligen Kreditforderung auffordert, ihre Ermächtigung dazu zu erteilen, daß der Kreditgeber berechtigt ist, die verpfändeten Bezüge durch Einziehung bei den bezugsauszahlenden Stellen zu verwerten. Diese Aufforderung ist an die vom Kreditnehmer bzw an die vom Mitschuldner zuletzt bekanntgegebene Adresse zu übermitteln und hat eine Rückäußerungsfrist von 14 Tagen und den besonderen Hinweis zu enthalten, daß im Falle der Nichtäußerung die Ermächtigung als erteilt gilt. Der Kreditnehmer und die Mitschuldner ermächtigen den Kreditgeber weiters, die bezugsauszahlende Stelle von dieser Aufforderung in Kenntnis zu setzen. ...".
Dagmar Sch***** leistete nur unmittelbar nach Kreditzuzählung die vereinbarten Tilgungsraten. Nach Insolvenz ihres Arbeitgebers war sie nicht mehr in der Lage, weitere Kreditbeträge zu leisten, sodaß der aushaftende Kreditbetrag fälliggestellt und gegen Dagmar Sch***** eingeklagt wurde. Im März 1988 trat die Klägerin erstmals an die Nebenintervenientin heran und forderte sie zur Zahlung auf. Ungeachtet einer vorausgehenden Mahnung wurde die Kreditschuld weder durch die Nebenintervenientin noch die Hauptschuldnerin abgedeckt. Außergerichtliche Vergleichsgespräche zwischen Vertretern der Klägerin und dem Vertreter der Nebenintervenientin brachten keinen Erfolg. Mit Schreiben vom 4.3.1988 verständigte die Klägerin die Beklagte vom Inhalt des Punktes 8 des Kreditvertrages und setzte sie erstmals von der Verpfändung der Bezüge der Nebenintervenientin in Kenntnis. Die von diesem Schreiben in Kenntnis gesetzte Nebenintervenientin hatte sich innerhalb der ihr gesetzten Frist von 14 Tagen nicht dagegen ausgesprochen, daß die Klägerin die ihr verpfändeten Forderungen einziehen kann. Die Beklagte leistete lediglich eine Zahlung in der Höhe von S 3.360 nach Zustimmung des Nebenintervenientenvertreters, der aber Ende August 1990 die Anweisung erteilte, künftig keine weiteren Überweisungen zu tätigen. Die Beklagte vertrat gegenüber der Klägerin die Ansicht, zu einem Lohneinbehalt bzw Einbehalt der Abfertigung der Klägerin nicht verpflichtet zu sein, weil mangels gerichtlichen Auftrags keine Lohnpfändung vorliege und der Nebenintervenientenvertreter einer Zahlung nicht zugestimmt habe.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten als ehemalige Dienstgeberin der Nebenintervenientin einen Betrag von S 54.793,10 sA, die die Beklagte infolge der Verpfändung der Bezüge ihrer Dienstnehmerin und Benachrichtigung hievon einbehalten und an die Klägerin überweisen hätte müssen.
Die Beklagte und die auf ihrer Seite einschreitende Nebenintervenientin bestritten das Klagebegehren, weil kein gerichtlicher Auftrag zur Pfändung der Gehaltsbezüge vorliege.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Nebenintervenientin sei rechtskräftig im Verfahrene 2 Cg 459/90 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt zur Bezahlung der aushaftenden Schuld verurteilt worden. Die Verbindlichkeit der Beklagten gründe sich auf Punkt 8 des Kreditvertrages und das zugunsten der Klägerin begründete Vertragspfandrecht. Die Wirkungen des Pfandrechtes seien im Zeitpunkt der Verständigung der Beklagten von der Verpfändung eingetreten und nicht von einem gerichtlichen Exekutionstitel abhängig gewesen.
Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil in die Abweisung des Klagebegehrens ab. Eine Lohn- oder Gehaltsforderung des Verbrauchers könne dem Unternehmer nicht zur Sicherung oder Befriedigung seiner noch nicht fälligen Forderungen abgetreten werden. Die vorliegende Forderungsverpfändung käme aufgrund der Vereinbarung in ihrer Wirkung der Sicherungszession weitgehend gleich und unterliege dem Verbot des § 12 KSchG. Die zusätzliche Ermächtigung zur Durchsetzung der Kreditsicherung widerstreite ebenfalls der Verbotsregelung des § 12 KSchG.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
§ 12 Abs 1 KSchG bestimmt: "Eine Lohn- oder Gehaltsforderung des Verbrauchers darf dem Unternehmer nicht zur Sicherung oder Befriedigung seiner noch nicht fälligen Forderungen abgetreten werden."
Ob es sich um eine fällige oder nicht fällige Unternehmerforderung handelt, bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des Abtretungsvertrages (vgl Krejci in Rummel ABGB2 Rz 4 zu § 12 KSchG).
Nach den Materialien (744 BlgNR 14. GP 32) umfaßt dieses Verbot der Sicherungsabtretung, die wieder bloß eine treuhänderische Bindung im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher bedeutet, nicht die Verpfändung von Lohn- oder Gehaltsforderungen. Diese soll nicht verhindert werden, weil eine Lohn- oder Gehaltsforderung des Arbeitnehmers oft das einzige Sicherungsmittel ist, das er bei einer notwendigen Kreditaufnahme anbieten kann, und damit oft seine einzige Kreditbasis ist und weil Gläubiger der Lohn- und Gehaltsforderung der Verbraucher als Dienstnehmer bleibt bei Zession hingegen der Unternehmer. Dem Unternehmer steht nur ein Sicherungsrecht zu, das erst gerichtlich durchzusetzen ist, sodaß der Bestand der gesicherten Forderung im Gegensatz zur Abtretung, wo ungeachtet des Bestehens einer Unternehmerforderung der Drittschuldner (= Dienstgeber) aufgrund der Zession mit schuldbefreiender Wirkung an den Unternehmer zahlen wird, zunächst vom Gericht geprüft wird (Welser, Anm zum Konsumentenschutzgesetz JBl 1979, 449 [459];
Kosesnik-Wehrle-Lehofer-Mayer, Konsumentenschutzgesetz 396; Schilcher in Krejci, KSchG-Handbuch 452 f; Koziol-Welser, I9 516).
Dagegen haben Doralt und Koziol schon in ihrer Stellungnahme zum Ministerialentwurf Einwände vorgebracht (47 ff mwN). Zwischen Sicherungszession und Verpfändung sei kein wirklich relevanter Unterschied festzustellen. Bestehe die vermeintlich gesicherte Forderung des Unternehmers in Wahrheit nicht, dann spreche vieles dafür, daß auch die Sicherungsabrede unwirksam sei und damit der Titel für die Sicherungszession fehle, sodaß der Verbraucher weiterhin Gläubiger sei. Der Drittschuldner könne dann nach Mitteilung dieses Umstandes nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an den Unternehmer leisten. Auch wenn der Verbraucher bei der Verpfändung noch Gläubiger der Lohnforderung sei, könne er nur mehr Zahlung an den Unternehmer oder Hinterlegung verlangen. Das Argument der Regierungsvorlage, daß bei Verpfändung nur im Exekutionswege nach Erlangung eines Exekutionstitels in einem Prozeß auf die verpfändete Forderung gegriffen werden könne, berücksichtige nicht, daß die für die Sicherungszession typische freie Verwertung auch beim Pfandrecht vereinbart werden könne (vgl Koziol-Welser, II9 133 mwN; Strasser-Grillberger, Probleme des Zessionsrechtes 16; RdW 1987, 324).
Krejci (aaO Rz 8) verweist darauf, daß nur Forderungsverpfändungen, die aufgrund entsprechender Vereinbarungen in ihrer Wirkung der Sicherungszession weitgehend angeglichen werden, dem Verbot des § 12 Abs 1 KSchG unterliegen. Dies gelte vor allem für solche Forderungsverpfändungen, die infolge entsprechender Abreden der Vorstellung der Materialien widersprechen, wonach der Gläubiger auf verpfändete Forderungen nur im Exekutionsweg und somit unter Erwirkung eines Exekutionstitels greifen könne (zit in Kosesnik-Wehrle aaO, 97).
Die Sicherungszession wie auch die Verpfändung von Lohn- und Gehaltsforderungen bewirken in gleicher Weise die Sicherung des Gläubigers, bei Nichterfüllung seines Anspruchs bestimmte Forderungen seines Schuldners gegen Dritte zu verwerten. Sie verfolgen damit denselben Zweck (Strasser-Grillberger aaO, 15 f; Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts 245). Beide bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Einhaltung eines Modus, der die Publizität gewährleistet (Koziol-Welser I9 292, II9 148), wie beispielsweise beim Faustpfand die Übergabe und beim Forderungspfand die Verständigung des Drittschuldners (Koziol-Welser II9 124).
Die Verpfändung der Lohn- und Gehaltsansprüche der Nebenintervenientin als Mitschuldnerin diente der Sicherstellung aller zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht fälligen Forderungen aus dem Dagmar Sch***** gewährten Kredit. Die Klägerin durfte erst nach Ermächtigung der Nebenintervenientin und Fälligkeit des Kredites und Verzug der Kreditschuldnerin die Gehaltsforderung vom Dienstgeber einziehen. Es war vereinbart, daß bei Nichtbezahlung der fälligen Kreditforderung die Klägerin die Nebenintervenientin zur Erteilung dieser Ermächtigung auffordert, wobei Stillschweigen als Zustimmung gelten sollte. Die Vereinbarung, daß Schweigen als Zustimmung zu werten ist, ist nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zulässig, wenn der Verbraucher bei Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen wurde und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist zur Verfügung hat. Der Verbraucher darf durch Abreden bei der Abgabe von willens- oder sonstigen vertragsrelevanten Erklärungen, die dem Unternehmerinteresse entgegenstehen, nicht behindert und die Abgabe von dem Unternehmer günstigen Erklärungen nicht soweit erleichtert werden, daß sie dem Verbraucher geradezu unterstellt werden (Krejci aaO Rz 35 zu § 6 KSchG mwN).
Da die Nebenintervenientin nach Erfüllung der vereinbarten Hinweispflicht (durch Hinweis auf Fälligkeit und Einziehungsberechtigung der Klägerin im Falle des Stillschweigens der Nebenintervenientin) die ihr gesetzte Frist ungenützt verstreichen ließ, trat die vereinbarte Erklärungsfiktion ein. Das Schweigen der Nebenintervenientin galt daher als Zustimmung zur Einziehung der verpfändeten Gehaltsforderungen durch die Klägerin. Demzufolge hat auch die Nebenintervenientin zunächst die Beklagte angewiesen, die Lohnabzüge, wie es der Vereinbarung entsprach, vorzunehmen, diese Anweisung dann aber widerrufen. Dieser einseitige und willkürliche Widerruf der bereits an die Klägerin erteilten Zustimmung zur Einziehung der Forderung ist unbeachtlich. Durch die vertraglich vereinbarte Rechtspflicht nach Aufforderung der Klägerin, sich zu äußern, war die ebenfalls vereinbarte Rechtspflicht des Schweigens derart normiert, daß die Nebenintervenientin sich nicht bloß unter Berufung auf einen gegenteiligen Willen (Widerruf der Zustimmung) den rechtsgeschäftlichen Wirkungen ohne erfolgreiche Anfechtung der Willenserklärung entziehen konnte (Frotz in FS Ostheim 92). Es kommt daher, wie die Beklagte und die Nebenintervenientin in ihren Berufungen als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz anführen, auf den Umfang der der Beklagten von der Nebenintervenientin erteilten Ermächtigung und ihren Widerruf nicht an. Daß die rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Nebenintervenientin bei Abschluß des Kreditvertrages bzw bei Erteilung ihrer Zustimmung zur Einziehung der Forderung mangelhaft gewesen wären, hat sie nur insofern behauptet, als sie Irreführung durch Dagmar Sch***** behauptet hat. Diese habe ihr nur mitgeteilt, sie müsse nur den Erhalt der Restschuld von S 80.000 quittieren. Da nach diesen Behauptungen der Irrtum weder von der Klägerin veranlaßt wurde noch dieser hätte auffallen müssen noch rechtzeitig aufgeklärt wurde, ist diese Einwendung schon mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 871 Abs 1 ABGB unbeachtlich, so daß selbst das Fehlen von Feststellungen oder diesbezügliche in der Berufung behauptete Verfahrensmängel nicht von Bedeutung sind. Dazu kommt, daß der Nebenintervenient nur Einwendungen oder Sacheinreden erheben kann, die das Rechtsverhältnis der Hauptpartei zum Prozeßgegner betreffen, nicht aber auch solche kraft eigenen Rechtes (Koziol-Welser I9 294; SZ 48/67).
Die Beklagte war daher verpflichtet, die pfändbaren Gehaltsteile der Nebenintervenientin einzubehalten und an die Klägerin abzuführen.
Das Urteil wirkt sich auf das zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten bestandene Rechts(=Dienst-)verhältnis rechtlich nicht aus. Der Nebenintervenientin kommt nicht die Rechtsstellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten zu. Die von der Beklagten vorgenommene Außerstreitstellung der Höhe des Klagebegehrens, sohin das Zugestehen von Tatsachen (Fasching, LB2 Rz 844), konnte von der Nebenintervenientin daher nicht beeinflußt werden (Fasching, LB2 Rz 404). Feststellungen über den pfändbaren Teil des Gehaltes und der Abfertigung konnten deshalb unterbleiben. Sie können erst im allfälligen Regreßverfahren von Bedeutung sein.
Das Ersturteil war daher wiederherzustellen, die Berechnung der Kosten erster Instanz infolge der Abänderung des angefochtenen Urteiles der zweiten Instanz neu vorzunehmen. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die für Beratungstätigkeit verrechneten Steuerberaterkosten von S 840 zur Ermittlung der Höhe des Klagebetrages dienten nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Bei Kenntnis des Gehaltes der Nebenintervenientin (Beil. /B) bedurfte es zur Ermittlung der pfändbaren Gehalts- und Abfertigungsteile für die rechtskundig vertretene Klägerin nicht der Beratung durch einen Steuerberater.
Die von der Klägerin für Einschreibgebühr angesprochenen Barauslagen sind bereits gemäß § 23 Abs 1 RAT im Einheitssatz enthalten.
Für die erfolgreiche Bekämpfung der Kostenentscheidung des Erstgerichtes steht der Nebenintervenientin kein Kostenersatzanspruch zu (§ 11 Satz 2 RATG).
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