OGH 9ObA7/94

OGH9ObA7/9426.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Zörner und Hofrat Robert List als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erwin K*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ***** reg. Gen. mbH, ***** vertreten durch Dr.Hans Bichler, Dr. Wolfgang Spitzy und Mag.Edgar Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 405.566,02 brutto sA und Feststellung (Gesamtstreitwert S 456.566,02), infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.September 1993, GZ 31 Ra 39/93-67, womit infolge Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7.April 1992, GZ 15 Cga 1137/90-61, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 17.704,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.950,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die zwischen den Streitteilen zur Zeit des Dienstantrittes des Klägers am 1.9.1974 erzielte schriftliche Willenseinigung über den Inhalt des Dienstvertrages des Klägers eine Punktation bildete und die unterlassene Einholung der Zustimmung des *****verbandes" zum Dienstvertrag des Klägers dem Kläger nicht schaden konnte, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu entgegnen:

Bei Auslegung eines Vertragsinhaltes und Ermittlung der Willensübereinstimmung der Parteien sind auch die objektiven Umstände, die der Vertragserrichtung und den Parteienerklärungen zugrunde lagen, zu beachten (Rummel in Rummel ABGB2 § 914 Rz 7; Lüderitz, Auslegung von Rechtsgeschäften 339; MietSlg 28.085; 9 Ob A 107/93).

Der Kläger war zu einer Beschäftigung bei der ***** Genossenschaft ***** nur unter der Voraussetzung bereit, daß er und seine Familie durch einen "Vertrag für leitende Angestellte", der von der Beklagten im wesentlichen unverändert seit Jahrzehnten als Vertragsschablone verwendet wurde und von dem er nur wußte, daß daraus Pensionsansprüche hervorgehen, abgesichert würden. Dieses Verlangen bildete zusammen mit dem weiteren Inhalt seines Schreibens vom 16.7.1974 (Beilage./U), das die Punkte des beabsichtigten Dienstvertrages umschrieb, eine Einheit und war von Seiten des Klägers Bedingung des Dienstvertrages. In der schriftlichen Annahme der Hauptpunkte des Dienstvertrages (Beilage B) hielt die Beklagte unter anderem fest, daß Übereinstimmung bestehe, daß der Kläger nach Erreichung der notwendigen Zeit als leitender Mitarbeiter einen Vertrag "für leitende Angestellte" im Sinne des Beschlusses des Verbandsvorstandes erhält. Diese Formulierung ist wieder von der im Zuge der Übergabe dieses Schreibens durch den in Personalangelegenheiten völlig allein entscheidungsbefugten Hans G***** gemachten Äußerung "daß er dem Kläger entgegen dem ursprünglichen Vorhaben den Vertrag für leitende Angestellte noch nicht aushändigen könne ........" nicht zu trennen. Aus diesem Gesamtverhalten der Beklagten beim Dienstantritt des Klägers am 1.9.1974 war ihr Wille, mit dem Kläger nach Ablauf einer bestimmten Zeit als leitender Mitarbeiter (Wartezeit) den Vertrag erst abschließen zu wollen, nicht erkennbar. Nach dem Verständnis des Klägers als redlicher Erklärungsempfänger (Rummel aaO § 863 Rz 8; 9 Ob A 120,121/93), war daraus lediglich abzuleiten, daß die Aushändigung der förmlichen Vertragsurkunde erst nach Ablauf einer Wartezeit erfolgen sollte ansonsten die vom Kläger gesetzten Bedingungen - Abschluß eines Vertrages für leitende Angestellte - akzeptiert wurden. Dafür sprach vor allem auch die im Zuge der Vertragsgespräche und später nicht mehr widerrufene Äußerung des Hans G***** auf die Frage des Klägers, ob der Vertrag für leitende Angestellte zur Anwendung komme, wenn dem Kläger vor Ablauf der Wartezeit "etwas zustoße" "selbstverständlich, gar keine Frage". Die Formulierung der Annahme des Anbotes des Klägers durch die Beklagte sprach daher mangels eines Vorbehaltes nicht gegen das Vorliegen der von den Vorinstanzen zutreffend angenommenen Punktation über sämtliche Punkte des Dienstvertrages, zumal diese bestimmt, oder was den Inhalt der Vertragsschablone für den Dienstvertrag für leitende Angestellte betrifft, bestimmbar waren. Es fehlte ein objektiv erkennbarer Vorbehalt weiterer Einigung oder eines weiteren beabsichtigten Vertragsabschlusses, sodaß kein Vorvertrag vorliegt (Zöllner, Der arbeitsrechtliche Vorvertrag in FS Floretta, 455 f; ZAS 1969/2 [Koziol]; ZAS 1976/24[Rummel]).

Wenn der Kläger daher vom Abschluß des Vertrages ausging, der ihm nach Ablauf der Frist "automatisch in den Schoß fallen würde", so wird dies durch die von der Revisionswerberin zitierten Urkunden nicht widerlegt. Als Folge des Vertragsabschlusses urgierte der Kläger daher auch immer wieder die Ausfolgung des Vertrages und drängte darauf, den Anspruch auf den Vertrag für leitende Angestellte neuerlich schriftlich zu fixieren, den Anspruch auf den Vertrag durchzusetzen oder die mit Schreiben vom 30.8.1974 gemachte Zusage zu realisieren. Das von ihm im Schreiben vom 1.9.1980 unter der Rubrik Dienstvertrag gesetzte Fragezeichen läßt ebenfalls nicht auf die Annahme eines mangelnden Bindungswillens der Beklagten durch den Kläger schließen, weil er immer deponierte, daß der Vertrag für leitende Angestellte ihm bindend zu gesichert worden sei. In diesem Zusammenhang ist die Formulierung "die Voraussetzungen für den zugesagten Vertrag" in Beilage D nur der Hinweis auf den Eintritt der Bedingung der Erfüllung der Wartezeit und somit der Voraussetzung, die der bisherigen Ausfolgung der Urkunde über den bereits abgeschlossenen Dienstvertrag entgegenstand.

Es bedurfte auch keiner eigenen Regelung in der Vertragsschablone,

wer die für die Zuerkennung eines "Vertrages für leitende

Angestellte" durch den Vorstand erforderliche Zustimmung des

"*****verbandes" einzuholen hätte. Aus dem Sinn dieser Bestimmungen,

das Dienstverhältnis jener Angestellten zu regeln "........., denen

mit Zustimmung des "*****verbandes" durch Beschluß des

Vorstandes........ die Anwendung dieser Bestimmungen zuerkannt wird,"

ergibt sich, daß der Vorstand seine Beschlußfassung als konstitutiven Akt, der dem Angestellten die Rechte aus der Vertragsschablone entgültig zuerkannte, an die vorherige Einholung der Zustimmung des *****verbandes selbst gebunden hat, sodaß es daher seine Sache gewesen wäre, vor der Beschlußfassung für eine solche Zustimmung zu sorgen.

War aber lediglich die Vertragsaushändigung an die Erfüllung einer Wartezeit geknüpft, so konnte der Kläger auf Grund der Äußerung des Hans G*****, das erzielte Verhandlungsergebnis "müsse dem Vorstand erst passieren", mangels eines entsprechenden Vorbehaltes nach der am 29.8.1974 abgehaltenen Vorstandssitzung beim Dienstantritt am 1.9.1974 davon ausgehen, daß sämtliche sonstigen Vertragsvoraussetzungen erfüllt waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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