OGH 15Os192/93

OGH15Os192/9320.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Jänner 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich S***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 7.Oktober 1993, GZ 12 Vr 496/93-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem bekämpften Urteil wurde Friedrich S***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 19.April 1993 in Wels den Rudolf P***** dadurch, daß er ihm ein Fixiermesser mit 10 cm Klingenlänge wuchtig in den Bauch stieß, eine schwere Verletzung, nämlich einen tiefen Bauchstich, der eine Entfernung eines Teiles des Dünndarmes bewirkte, verbunden mit einer mehr als vierundzwanzigtägigen Gesundheitsschädigung, absichtlich zugefügt.

Der Angeklagte wurde hiefür nach § 87 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt und gemäß § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der gegen den Schuldspruch und gegen den Ausspruch der Anstaltsunterbringung gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit c - der Sache nach indes Z 10 - StPO gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Soweit sich der Beschwerdeführer sowohl in der Mängelrüge (Z 5) als auch in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen die Annahme des Erstgerichtes wendet, es sei mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten, daß er unter dem Einfluß seiner Abartigkeit neuerlich zumindest eine gerichtlich strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen werde (US 6), macht er keinen Nichtigkeitsgrund geltend, sondern führt inhaltlich eine Berufung aus, weil er sich insoweit gegen eine Ermessensentscheidung wendet (SSt 57/23, 54/37, 54/45, 54/72, 50/28, 47/32 uvam). Darauf wird im Rahmen der - ohnedies auch erhobenen - Berufung einzugehen sein.

Das Schöffengericht begründete die Feststellung der Absicht des Angeklagten, dem Rudolf P***** eine schwere Körperverletzung zuzufügen, mit der jedermann einsichtigen Lebensgefährlichkeit eines Bauchstiches mit einem Fixiermesser (mit zehn Zentimeter Klingenlänge), mit der aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr.H***** entnommenen Konstatierung, daß es sich um einen heftigen, mit Wucht geführten Stich handelte und mit dem Hinweis auf eine den Stich begleitende Äußerung des Angeklagten über ein "Hineinhauen" des Messers in den Leib des Attackierten und erachtete das Leugnen des Angeklagten hinsichtlich der "subjektiven Tatseite" (mithin der Absichtlichkeit) als unglaubwürdig (US 7 ff).

Indem der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) allein darauf abstellt, daß aus der Begehungsart kein zwingender Schluß auf das spezielle "Verletzungserfordernis" (ersichtlich gemeint:

Vorsatzerfordernis - vgl die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang zitierten Ausführungen Burgstallers im WKzStGB § 87 Rz 8) zulässig sei und auf seine (vom Erstgericht abgelehnte) Verantwortung zurückgreift, daß er P***** lediglich zur Rede stellen wollte, sowie angesichts einer herabgesetzten Dispositionsfähigkeit kein strenger Maßstab anzulegen sei, zeigt er keinen dem Urteil anhaftenden formalen Begründungsmangel auf, sondern strebt in der Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung eine für ihn günstigere Beweiswürdigung an.

Soweit er hinwieder in der Mängelrüge moniert, für die Feststellung der Ursächlichkeit zwischen seiner geistigen und seelischen Abartigkeit und der Tat fehle jede Begründung, übergeht er, daß das Schöffengericht die Feststellung der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten ausdrücklich auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr.S***** stützte (US 9), dessen Beweiswert vom Beschwerdeführer gar nicht angezweifelt wird. Das Erstgericht kam unter diesen Umständen mit der Bezugnahme auf dieses Gutachten seiner Verpflichtung zur gedrängten Darstellung, aus welchen Gründen es die in Rede stehende Tatsache als erwiesen angenommen hat (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), nach.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) beschränkt sich der Beschwerdeführer auf einen globalen Verweis auf die Mängelrüge (Z 5).

Damit bringt er den angerufenen (eigenständigen) Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil er nicht jene sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken, auf die dieser eigenständige Nichtigkeitsgrund abstellt, deutlich und bestimmt bezeichnet.

Auch die Ausführungen zu den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründen (Z 9 lit a und 9 lit c - der Sache nach Z 10) sind nicht prozeßordnungsgemäß.

Bei der Entscheidung über eine auf einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund gestützte Nichtigkeitsbeschwerde hat nämlich der Oberste Gerichtshof die Richtigkeit der Gesetzesanwendung auf der Grundlage des im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhaltes zu prüfen. Die Ausführungen einer solchen Nichtigkeitsbeschwerde hat daher von dem im Urteil festgestellten Sachverhalt auszugehen. Sie erfordert das Festhalten an dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleichung mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und den Nachweis, daß das Erstgericht bei Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen sei. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn sie eine im Urteil festgestellte Tatsache bestreitet, wenn sie sich auf eine Tatsache stützt, die im Urteil nicht festgestellt ist, oder wenn sie einen Umstand verschweigt, der im angefochtenen Urteil festgestellt ist (Mayerhofer-Rieder, StPO3 § 281 E 30 uvam).

Der Beschwerdeführer verläßt den festgestellten Urteilssachverhalt, indem er in seinen Rechtsrügen die Kausalität zwischen seiner geistig-seelischen Abartigkeit und der Anlaßtat verneint (dagegen die Urteilsfeststellungen US 6, 12) sowie die Feststellung seiner auf eine schwere Körperverletzung des Kontrahenten gerichtete Absicht negiert (dagegen Urteilsfeststellungen US 4, 7) und nur solcherart zum Schluß kommt, seine Tat sei als Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 1 StGB zu beurteilen.

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Die Entscheidung über die vom Angeklagten erhobene Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz (§ 285 i StPO).

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