OGH 6Ob652/93

OGH6Ob652/9320.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Mathias S*****, wider die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr.Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen 52.094,88 S samt Nebenforderungen (Revisionsgegenstand: 31.570,08 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das zum Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 17.Februar 1992, GZ 12 Cg 257/90-17, ergangenen Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 8. November 1993, AZ 3 R 100/92 (ON 21), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger forderte vom Beklagten Anwaltshonorar für die Vertretung in zwei bezirksgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten im Betrag von zusammen 29.130,08 S sowie restliches Honorar für außergerichtliche anwaltliche Verrichtungen im Zusammenhang mit einem Liegenschaftskauf des Beklagten im Betrag von 22.964,80 S, (nach Klagseinschränkung) also insgesamt 52.094,88 S samt Nebenforderungen.

Der Beklagte bestritt nicht nur die Berechtigung der Klagsansprüche, sondern wendete aufrechnungsweise eine Gegenforderung von 17.534,24 S ein, die er aus dem Umstand ableitete, vom Kläger zum Erlag des Liegenschaftskaufpreises von 2 Mio S aufgefordert worden zu sein, der kaufvertraglich nicht gedeckten Forderung nachgekommen zu sein, aber vom Kläger als Treuhänder, der den Betrag erst wesentlich später im Interesse des Käufers verwendet habe, keine Abrechnung über die Zwischenzinsen erhalten zu haben; darüber hinaus wendete der Beklagte eine weitere Gegenforderung von 36.000 S ein, die er darauf gründete, daß eine wesentlich überhöhte Honorarforderung für außergerichtliche anwaltliche Leistungen, zu denen der Beklagte als Teilhaber an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Kläger beauftragt habe, zu Lasten des Beklagten bezahlt worden wäre.

Das Prozeßgericht erster Instanz befand die klageweise geltend gemachten Honoraransprüche nur im Teilbetrag von 48.794,88 S als berechtigt, die beiden erwähnten Gegenforderungen dagegen zur Gänze als unberechtigt und gab demgemäß - unter Formulierung eines dreigliedrigen Urteilsspruches - dem Klagebegehen unter Abweisung des Teilbegehrens von 3.300 S samt Nebenforderungen nur im Teilbetrag von 48.794,88 S samt Nebengebühren statt.

Der Kläger ließ die Teilabweisung unangefochten. Der Beklagte erklärte in seiner Berufung, das erstinstanzliche Urteil in dessen gesamten klagsstattgebenden Teil anzufechten, führte sein Rechtsmittel allerdings nur zur restlichen Honorarforderung des Klägers für dessen außergerichtliche anwaltlichen Leistungen im Zusammenhang mit dem Liegenschaftskauf sowie zu den beiden aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen aus (also nicht zu den Honoraransprüchen für die Vertretung in den beiden Rechtsstreitigkeiten).

Das Berufungsgericht befand die Honorarforderung des Klägers für dessen anwaltliche Leistungen im Zusammenhang mit dem Liegenschaftskauf im Sinne einer Pauschalhonorarvereinbarung nur im Betrag von 20.440 S als berechtigt und dabei im Teilbetrag von 18.000 S als getilgt, somit nur im Restbetrag von 2.440 S als unberichtigt aushaftend. Die beiden aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen erachtete das Berufungsgericht als nicht berechtigt. Es sprach daher in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles - ebenfalls unter Formulierung eines dreigliedrigen Urteilsspruches - aus, daß die Klagsforderung lediglich mit dem Betrag von 31.570,08 S (= 29.130,08 S + 2.440 S) zu Recht, im Restbetrag von 20.524,80 S (d.s. 3.300 S schon nach dem diesbezüglich unangefochten gebliebenen erstinstanzlichen Urteil zuzüglich weiterer 17.224,80 S) aber nicht zu Recht bestehe, während die Gegenforderungen des Beklagten in der Höhe von 17.534,24 S sowie 36.000 S bis zur Höhe der berechtigten Klagsforderung nicht zu Recht bestünden; es verpflichtete den Beklagten demgemäß unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung des Betrages von 31.570,08 S samt Nebenforderungen an den Kläger. Dazu sprach das Berufungsgericht unter Zitierung des § 500 Abs 2 Z 2 ZPO aus, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Der Beklagte erhebt dessenungeachtet gegen das Berufungsurteil ein als außerordentliche Revision bezeichnetes Rechtsmittel mit der Anfechtungserklärung, das Berufungsurteil anzufechten, und mit einem auf (vollständige) Klagsabweisung zielenden Abänderungsantrag. Die Revisionsausführungen befassen sich ausschließlich mit den aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen. Zur Rechtsmittelzulässigkeit beschäftigt sich der Revisionswerber nur mit den Voraussetzungen einer Revisionszulässigkeit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Zur Revisionsgrenze nach § 502 Abs 2 ZPO enthält die Revisionsschrift keinerlei Ausführungen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO unzulässig.

Als Streitgegenstand kommt im Sinne der Revisionszulässigkeitsbegrenzung nach § 502 Abs 2 ZPO - vom Zwischenfeststellungsantrag abgesehen - nur ein klageweise verfolgter Anspruch in Betracht. Daß im Fall der aufrechnungsweisen Geltendmachung einer Gegenforderung eine urteilsmäßige Entscheidung über diese gemäß § 411 Abs 1 ZPO bis zur Höhe des Betrages, mit welchem aufgerechnet werden soll, auch der Rechtskraft teilhaft wird, ändert daran nichts.

In der einredeweisen Geltendmachung einer Gegenforderung ist nämlich nur ein wesensmäßig eingeschränkter Sachentscheidungsantrag enthalten. Dieser ist ausschließlich darauf gerichtet, für den Fall der Anerkennung der Klagsforderung als zu Recht bestehend diese durch urteilsmäßige Aufrechnung mit der eingewendeten Gegenforderung zu tilgen. Gedanklich mag darin ein Leistungsbegehren des Beklagten gesehen werden, bei dem jedoch die "Vollstreckung" auf die Klagsforderung beschränkt bleiben soll (was im übrigen selbst im Falle eines gemäß § 391 Abs 3 ZPO zulässigen Teilurteils über die Klagsforderung auch beim Endurteil über die Gegenforderung bedacht werden müßte). Kommt es zu keinem Teilurteil über die Klagsforderung, erfolgt die "Vollstreckung" bereits mit der Entscheidung (bedingt durch den Eintritt ihrer Rechtskraft) und führt deshalb insoweit zur formellen Abweisung des in Ansehung der Klagsforderung begehrten Leistungsbefehls. Die verfahrensrechtliche Besonderheit der Prozeßaufrechnung ist darin gelegen, daß die Urteilsvollstreckung ausnahmsweise bereits in das Titelverfahren einbezogen wird, weil der Beklagte für den Fall, daß der vom Kläger angestrebte Leistungsbefehl in Ansehung seiner Klagsforderung zu erlassen wäre, dessen Durchsetzung auf den Befriedigungsgegenstand seiner Gegenforderung beschränkt und gleichzeitig auch vollzogen wissen will.

Dieser ausschließlich auf die Tilgung der Klagsforderung beschränkte Sachantrag, der in der aufrechnungsweisen Geltendmachung einer Gegenforderung enthalten ist, ist auch der Grund dafür, daß durch den Prozeßaufrechnungseinwand der durch die Klagsforderung bestimmte Streitgegenstand wertmäßig nicht erweitert wird.

Das hat auch in dem Fall zu gelten, daß der Beklagte - unter einer formellen Reihung seiner Prozeßaufrechnungsanträge oder ohne solche (vgl SZ 64/160) - mehrere die Klagsforderung wertmäßig insgesamt übersteigende Gegenforderungen aufrechnungsweise einwendet, mögen diese Gegenforderungen untereinander in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen oder nicht (aA allerdings noch ZBl 1918/125, die für die Streitwertberechnung davon ausgeht, man müsse mehrere aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderungen gleich behandeln wie eine Klagenhäufung; gerade diesem Ansatz wäre aber nicht zu folgen, weil die mehreren Gegenforderungen, soweit sie die Klagsforderung insgesamt wertmäßig übersteigen, nur entweder in einem ausdrücklich erklärten oder zu unterstellenden Eventualverhältnis eine nach der anderen oder aber nur verhältnismäßig als prozessual geltend gemacht anzusehen wären).

Daß der Rechtsbestand oder die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung unter Umständen einziger oder doch hauptsächlicher Inhalt der Verhandlung gewesen sein mochte, macht die Gegenforderung ebensowenig zum "Streitgegenstand" wie ein auf die außergerichtliche Aufrechnung der Klagsforderung mit ihr gegründeter reiner Schuldtilgungseinwand.

Die Revisionsgrenze im Sinn des § 502 Abs 2 ZPO wird unabhängig von der Höhe der aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen ausschließlich vom Geldbetrag (oder Geldwert) der klageweise geltend gemachten Ansprüche bestimmt, soweit die erstinstanzliche Entscheidung hierüber Gegenstand der angefochtenen Berufungsentscheidung war.

Gegenstand der berufungsgerichtlichen Entscheidung war aber, nachdem die erstinstanzliche Teilabweisung des Klagebegehrens in einem Teilbetrag von 3.300 S vom Kläger unbekämpft geblieben war, nur noch eine restliche Gesamthonorarforderung von 48.794,88 S. Der Entscheidungsgegenstand des Berufungsurteils überstieg damit die Revisionsgrenze von 50.000 S nicht. Der berufungsgerichtliche Ausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 Z 2 ZPO trifft zu. Der Revisionswerber hat, wie bereits erwähnt, dessen Unrichtigkeit erst gar nicht darzulegen versucht, sondern das Revisionshindernis nach § 502 Abs 2 ZPO einfach übergangen.

Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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