OGH 4Ob158/93

OGH4Ob158/9311.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ART-DECO ***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 31.August 1993, GZ 2 R 84/93-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten vom 30.Juli 1993, GZ 1 Cg 244/93y-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin erzeugt und vertreibt Emailschmuck. Die Beklagte ist eine am 10.6.1993 im Firmenbuch des Landesgerichtes St.Pölten registrierte GmbH. Sie betreibt den Handel mit Modeschmuck im Rahmen jenes Unternehmens, das bis zu ihrer Eintragung von ihrer Geschäftsführerin Elisabeth K***** als nicht registriertes Einzelhandelsunternehmen geführt worden war.

Im Verfahren 38 Cg 184/93g des Handelsgerichtes Wien wurde Elisabeth K***** auf Antrag der Klägerin mit einstweiliger Verfügung verboten, im geschäftlichen Verkehr die Angabe "ART-DECO" mit dem Großbuchstaben "R" (im Kreis als Symbol für ein registriertes Warenzeichen), insbesondere auf Colliertürmen oder sonstigen Verkaufsbehelfen zu verwenden, sowie aufgetragen, Colliertürme und andere Verkaufsbehelfe, welche diesen Hinweis auf eine Markenregistrierung tragen, aus den Detailgeschäften zurückzuziehen. Am 15.7.1993 beantragte Elisabeth K***** diese einstweilige Verfügung wieder aufzuheben. Das österreichische Patentamt habe auf ihren Antrag zur Zl 148.203 die Marke "ART-DECO" mit dem Beginn der Schutzdauer 14.7.1993 registriert. Seither benütze sie diese Bezeichnung erlaubterweise als Marke. Damit sei der Gebrauch des Großbuchstabens "R" im Kreis als Registrierungshinweis nicht mehr irreführend. Tatsächlich wurde jedoch für Elisabeth K***** folgende Wort-Bild-Marke für die Warenklassen 14 (Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitinstrumente), 20 (Möbel, Spiegel, Rahmen) und 21 (Glaswaren, Porzellan und Steingut) registriert:

Die an dieser Stelle befindliche Grafik kann nicht angezeigt werden.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr die Angabe "ART-DECO" mit einem "R" im Kreis zu verwenden, insbesondere auf Colliertürmen und Verkaufsbehelfen sonstiger Art und Werbematerial, sowie zu gebieten, Türme, Verkaufbehelfe und Werbematerial aus den Detailgeschäften zurückzuziehen. Die Beklagte verwende in ihrem Betrieb seit ihrer Registrierung am 10.6.1993 das Wortzeichen "ART-DECO" mit einem durch den Buchstaben "R" im Kreis symbolisierten Registrierungshinweis. Eine Wortmarke dieses Inhalts sei aber nicht eingetragen. Sollte aber die Beklagte die eingetragene Wort-Bild-Marke ihrer Geschäftsführerin in ihrer Gesamtheit verwenden, dann würde durch die Nähe des Registrierungshinweises zu dem Wortbestandteil "ART-DECO" der unrichtige Eindruck erweckt, daß dieser Wortbestandteil allein als Wortmarke registriert worden sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag - ohne Anhörung der Beklagten - ab und traf die weitere Feststellung, daß nicht als bescheinigt angenommen werden könne, daß die Beklagte "das R für 'ART-DECO' auf Verkaufsbehelfen und sonstigem Werbematerial" verwendet habe. Mangels Verwendung des beanstandeten Kennzeichens durch die Beklagte sei der Unterlassungsanspruch nicht begründet.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Urkunden traf es, in Abweichung vom Erstgericht die Feststellung, daß die Beklagte mindestens seit 14.7.1993 die Bezeichnung "ART-DECO" als Marke benütze. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht folgendes aus:

Der Bildteil der Marke Elisabeth K*****s habe keine eigene, vom Sinn des Wortbestandteils "ART-DECO" verschiedene Bedeutung; er verstärke durch die Verwendung der Stilelemente dieses Kunststils nur den durch den Wortbestandteil vermittelten Eindruck. An der Bezeichnung "ART-DECO" bestehe für Kunstgegenstände, und damit auch im Bereich des Handels mit Modeschmuck, ein absolutes Freihaltebedürfnis, so daß sie nicht als Wortmarke für Kunstgegenstände registriert hätte werden dürfen. Jedenfalls erwecke die räumliche Nähe zwischen dem Buchstaben "R" im Kreis und dem Schriftzug "ART-DECO" (in dem von der Beklagten verwendeten Kennzeichen) den Eindruck, daß diese Worte für die Anmelderin markenrechtlich geschützt seien. Das Hinzufügen des Registrierungssymbols zu dem (für sich allein absolut) schutzunfähigen Zeichenbestandteil sei geeignet, die beteiligten Verkehrskreise über den Schutzumfang des registrierten Warenzeichens in Irrtum zu führen. Der Irrtum über ein Schutzrecht sei aber auch geeignet, das Publikum zu einem Kaufentschluß zu veranlassen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist - entgegen den Ausführungen in der Revisionsrekursbeantwortung - zulässig, weil eine Rechtsprechung über die Irreführungseignung unrichtiger Schutzrechtshinweise in bezug auf Warenzeichen fehlt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Die Beklagte bekämpft mit ihren Ausführungen, aus den Prozeßerklärungen Elisabeth K*****s im Verfahren 38 Cg 184/93g des Handelsgerichtes Wien hätte nicht der Schluß gezogen werden dürfen, daß nunmehr die Beklagte das Zeichen "ART-DECO" mit einem Schutzrechtshinweis verwende, in Wahrheit nur - in unzulässiger Weise - die Beweiswürdigung des Rekursgerichtes. In der Unterlassung der Vernehmung der von der Klägerin angebotenen Auskunftsperson erblickt die Beklagte jedoch keine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens.

Der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung der Beklagten daß für die Bezeichnung "ART-DECO" im Bereich des Handels mit Modeschmuck kein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe, ist nicht beizupflichten:

Zugunsten der Geschäftsführerin der Beklagten ist nicht die Wortmarke "ART-DECO" sondern eine Wortbildmarke registriert, in welcher - neben einem durch stilisierte Blumen gekennzeichneten Bildteil und dem Wort "VIENNA" auch die Bezeichnung "ART-DECO" vorkommt. Die Feststellung des Rekursgerichtes, daß die Beklagte seit 14.7.1993 "ART-DECO" als Marke benützt, umfaßt sowohl den Sachverhalt, daß die Beklagte die für ihre Geschäftsführerin registrierte Marke in ihrer Gesamtheit benützt, als auch jenen, daß die Beklagte nur den Wortbestandteil "ART-DECO" mit dem Großbuchstaben "R" im Kreis als Registrierungshinweis verwendet. In beiden Fällen hängt aber die Irreführungseignung des Registrierungshinweises davon ab, ob für den Zeichenbestandteil "ART-DECO" markenrechtlicher Schutz besteht, weil der Registrierungshinweis unmittelbar neben dem Wort "ART-DECO" und nicht erst nach dem Ende der Wortbestandteile, also nach dem Wort "VIENNA" steht, so daß auch die registrierte Marke beim Publikum den Eindruck erwecken kann, daß der Kennzeichenschutz für diesen Zeichenbestandteil allein erwirkt wurde. Der markenrechtliche Schutz eines einzelnen Bestandteiles eines Kombinationszeichens setzt aber auch dessen Kennzeichnungskraft voraus (ÖBl 1990, 165; ÖBl 1991, 98).

"Art deco" ist die Bezeichnung für eine in den Jahren 1920-1940 verbreitete, von Frankreich ausgehende Kunstrichtung, insbesondere auf dem Gebiet der Innenausstattung und des Kunstgewerbes (Brockhaus, Enzyklopädie19 II 151; Duden, Fremdwörterbuch5, 83). Auch Modeschmuck kann ein Erzeugnis des Kunstgewerbes sein; es gibt auch Modeschmuck im Stile der "Art deco" oder nach der Art dieses Stils. Ob eine Bezeichnung Kennzeichnungskraft hat oder ob an ihr ein Freihaltebedürfnis besteht, ist immer nur in bezug auf jene Waren zu prüfen, für die sie als Marke registriert werden soll. Demnach sind die eine Ware beschreibenden Angaben außer im Falle der Verkehrsgeltung für den Anmelder (§ 4 Abs 1 Z 2 und Abs 2 MSchG) ebenso von der Registrierung ausgeschlossen, wie solche Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG). Bei der Bezeichnung von Modeschmuck im Stil oder nach der Art der "Art deco" ist der Verkehr aber auf die Verwendung des Ausdrucks "Art deco" angewiesen. Der Ausdruck Art deco ist daher von der Registrierung als Kennzeichen von Kunstgegenständen dieser Stilrichtung und auch dieser Stilrichtung nachempfundener Gegenstände des Kunstgewerbes, wie Modeschmuck, nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ausgeschlossen. Auf die Registrierung der Marke kann sich die Beklagte nicht berufen, weil dieser nur wegen ihres Bildteiles Markenschutz gewährt worden sein kann; im übrigen aber ist der Oberste Gerichtshof bei der Beurteilung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes einer Marke ebensowenig an die Entscheidung des Patentamtes gebunden (ÖBl 1974, 115 uva), wie bei der Beurteilung, ob der Gebrauch einer Marke irreführend im Sinn des § 2 UWG ist.

Die Beklagte erweckt durch die Verwendung des Registrierungshinweises sowohl unmittelbar neben dem Ausdruck "ART-DECO" allein als auch beim Gebrauch der vollständigen registrierten Marke den unrichtigen Eindruck, daß sie durch Registrierung das Markenwort für sich monopolisiert habe. Wenn auch das "R" im Kreis an sich nur bedeutet, daß ein Zeichen registriert ist, erweckt die Beklagte durch die Art der Verwendung dieses Hinweises unrichtige Vorstellungen über den Schutzumfang.

Auch soweit sie die vollständige Marke ihrer Geschäftsführerin benützt, macht sie damit eine Angabe im Sinne des § 2 UWG (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Rz 19 zu § 3 dUWG; vgl zum Firmengebrauch WBl 1991, 30; in diesem Sinn auch 4 Ob 36/90). In beiden Fällen kann dieser Irrtum aber einen Einfluß auf den Kaufentschluß haben, weil ein nicht unbeträchtlicher Teil des angesprochenen Publikums, an dessen Kenntnisse und Fähigkeiten kein hoher Maßstab angelegt werden darf, zur Auffassung gelangen kann, Modeschmuck im Stil der Art deco nur bei der Beklagten erwerben zu können.

Die Ausführung im Revisionsrekurs, daß sich die Beklagte nicht (mehr) des Registrierungssymbols bediene, ist eine im Revisionsrekursverfahren unbeachtliche Neuerung.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jene über die der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.

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