OGH 13Os162/93

OGH13Os162/9322.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Dezember 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Mayrhofer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf D* wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juli 1993, GZ 2 b Vr 10.028/92‑71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00162.9300000.1222.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf D* des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu 3 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 22. August 1992 an dem in W* gelegenen Schrebergartenhaus der Christine N* ohne deren Einwilligung eine Feuersbrunst verursacht hat.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er auch mit Berufung an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt.

Dem Urteil läßt sich mit hinreichender Deutlichkeit (Z 5) entnehmen, daß das Erstgericht die mit "spätestens ca zwischen 21.45 Uhr bis ca kurz vor 22.00 Uhr" festgestellte (US 10) Abfahrt des Angeklagten vom Lokal "R*" aus dem angenommenen Fahrzeitbedarf bis zum Tatort rückgerechnet (US 32), also den Abfahrtszeitpunkt keineswegs als unverrückbaren Ansatz angenommen hat. Ein allenfalls etwas größerer Fahrzeitbedarf bliebe daher ohne Einfluß auf die ‑ aus anderen Gründen ‑ als erwiesen angenommene Tatsache, daß der Angeklagte um 22.10 Uhr am Tatort eingetroffen ist.

Deutlich genug haben die Tatrichter auch ihre Überzeugung von der Verwendung eines dem tatsächlichen (raschen) Brandverlauf entsprechenden Initiierungsmittels zum Ausdruck gebracht (US 11/12, 36 bis 38). Ebenso eindeutig sind die Feststellungen über die Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen Josef V* als jene Person, die er als den Fahrer des VW‑Busses, den er kaum eine Stunde zuvor beim Betreten der Siedlung beobachten konnte, wiedererkannt hatte, und von dem er befürchtete, er könnte noch im Gartenhaus sein (US 14, 19 bis 23).

Auch die gerügten Unvollständigkeiten (Z 5) liegen nicht vor. So kommt der Existenz eines dem vom Angeklagten benützten, in Farbe und Bauart gleichenden VW‑Busses keine Bedeutung zu, weil die Identifizierung des Täterfahrzeuges nicht auf Grund dieser (allgemeinen) Merkmale allein erfolgte (US 21, 22, 24). Auch hinsichtlich der Identifizierung der Person des Angeklagten durch den Zeugen V* hat das Erstgericht alle wesentlichen Beweisergebnisse vollständig erörtert (US 19 bis 23). Der Beschwerdehinweis darauf, daß dem Zeugen schon beim ersten Zusammentreffen (um 22.10 Uhr) sofort bewußt geworden sein müßte, daß es sich bei der von ihm beobachteten Person um jene handle, mit der er schon öfters gestritten hat, erweist sich demgegenüber als unzulässiger Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Urteilsbegründung leidet auch nicht an den behaupteten Aktenwidrigkeiten (Z 5). Der Beschwerdeführer bezeichnet selbst die Stelle aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 20. Jänner 1993 (= S 510/I), an welcher der Zeuge V* angibt, das Kennzeichen des VW‑Busses "angeschaut" zu haben. Daß der Zeuge hievon nicht schon vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter gesprochen hat und dies im Urteil nicht erwähnt wurde, vermag weder eine Aktenwidrigkeit noch sonst einen Begründungsmangel zu bewirken. Auch die Aussage des Zeugen Erwin K* wurde im Urteil richtig wiedergegeben (vgl. S 47/II mit US 22).

Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen teils das Wesen einer Aktenwidrigkeit, das eben nur in einer unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des entscheidenden Inhalts von Aussagen (und Urkunden) besteht, teils geht er von der irrigen Ansicht aus, der Inhalt von Aussagen müsse wörtlich zitiert werden, teils führt er in der Beschwerde nur einzelne Sätze aus den Aussagen an und läßt bei dem Vergleich mit den Angaben der Entscheidungsgründe andere Aussageteile unberücksichtigt. Gerade der entscheidenden Frage, ob es der Angeklagte war, den die Zeugen um 22.10 Uhr am Tatort gesehen haben, hat das Erstgericht besonderes Augenmerk zugewendet und diese Frage mit in jeder Hinsicht mängelfreien Begründung bejaht (US 19 ff).

Auch bei der Feststellung, der Angeklagte hätte gewußt, daß die Zeugin N* zur Brandzeit nicht im Haus war (US 14), ist den Tatrichtern keine Aktenwidrigkeit unterlaufen, haben sie doch zur Begründung dieses Umstandes nicht eine bestimmte Aussage wiedergegeben, sondern dies daraus erschlossen, daß der Angeklagte auf Grund eines Telefonates am späten Nachmittag des Tattages von der Wochenendfahrt der Zeugin nach Mondsee Kenntnis erlangt hatte (US 9/10).

Der Vorwurf eines inneren Widerspruchs (Z 5) geht gleichfalls fehl, denn der Beschwerdeführer vermag nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit (§ 285 a Z 2 StPO) aufzuzeigen, inwiefern das Unvermögen des Gerichtes, die Reihenfolge der Geschehnisse ab dem Erscheinen des Angeklagten am Brandplatz exakt feststellen zu können (US 14), mit den unabhängig von dieser Reihenfolge aus dem Verhalten des Angeklagten gezogenen Schlußfolgerungen logisch nicht vereinbar wäre.

Es versagt aber auch der Einwand einer unzureichenden Begründung (Z 5) in bezug auf die Annahme einer Tatausführung durch den Angeklagten trotz der aus seiner Beobachtung durch Zeugen resultierenden Gefahr einer Entdeckung und trotz des Umstandes, daß die Herkunft des Brandinitiierungsmittels nicht geklärt werden konnte. Bei diesen Einwendungen handelt es sich vielmehr der Sache nach um Überlegungen, die nur im Rahmen einer Tatsachenrüge (Z 5 a) Berücksichtigung finden können, doch ergeben sich für den Obersten Gerichtshof weder daraus noch sonst aus den ‑ an Hand des bezüglichen weiteren Beschwerdevorbringens (Z 5 a) eingehend geprüften ‑ Akten (erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hingegen verfehlt ihre prozeßordnungsgemäße Darstellung, denn unter dem Prätext von "Feststellungsmängeln" werden in Wahrheit Erhebungsmängel im Sinne einer Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung (Z 5 a) geltend gemacht, die aber gleichfalls zu ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der für den Schuldspruch maßgebenden Tatsachenfeststellungen keinen Anlaß bieten, weil davon Umstände betroffen sind, die entweder den Urteilsannahmen gar nicht widerstreiten oder vom Erstgericht ohnedies zumindest der Sache nach in den Kreis seiner Erwägungen mit einbezogen worden sind.

Die Strafbemessungsrüge (Z 11) schließlich ist unbegründet, weil eine Brandstiftung jedenfalls auch gegen das Rechtsgut des fremden Vermögens gerichtet ist und daher die Vorstrafen des Angeklagten wegen Diebstahls mit Recht als erschwerend gewertet worden sind.

Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde als zum Teil offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

 

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