OGH 9ObA269/93

OGH9ObA269/9322.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Alfred Schätz als weitere Richter in Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Werner R*****, ***** vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr. Gertrude S*****, ***** vertreten durch Dr. Hans-Peter Benischke und Dr. Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wegen 277.704 S brutto sA (Revisionsstreitwert 121.288 S brutto sA), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. Juli 1993, GZ 7 Ra 28/93-12, womit infolge Berufung beider Parteien das Teilurteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. November 1992, GZ 36 Cga 160/92-5, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.789,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.131,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes zu erwidern:

Selbst wenn die Beklagte die vom Kläger in seinem Schreiben vom 15.9.1992 an den Sohn der Beklagten angeführten ehrenrührigen Tatsachen über das Privat- und Familienleben ihres Sohnes, seiner Eltern und Großeltern, seiner Verwandten, ausgeschiedener und noch im Betrieb tätiger Mitarbeiter des Unternehmens sowie Bekannter ihres Sohnes dem Kläger gegenüber gemacht haben sollte, hat der Kläger durch die Mitteilung dieser Äußerungen an den im Unternehmen beschäftigten Sohn seiner Dienstgeberin eine Handlung gesetzt, die, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, die Entlassung des Klägers nach § 27 Z 1 AngG rechtfertigte. Daß die Äußerungen des Klägers über das Verhalten seiner Dienstgeberin geeignet waren, zwischen der Beklagten und ihrem Sohn Zwietracht zu säen und damit betriebliche Interessen zu beeinträchtigen, liegt auf der Hand; auch Aussagen über das Privatleben des Dienstgebers fallen unter diesen Entlassungstatbestand, soferne sie dem Unternehmen abträglich sind (Martinek-M. und W. Schwarz, AngG7 605 f; Petrovic, Die Vertrauensunwürdigkeit als Entlassungsgrund nach § 27 Abs 1 letzter Satz AngG, ZRS 1983, 49 ff [54]). Ein berechtigtes Interesse an der Weitergabe der fast ausschließlich das Privat- und Familienleben betreffenden Mitteilungen kann dem Kläger, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nicht zugebilligt werden (siehe Petrovic aaO 54 f).

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß der Briefschutz gemäß § 77 Abs 6 iVm § 41 UrhG der Vorlage des Briefes zu Beweiszwecken in einem gerichtlichen Verfahren nicht entgegensteht; ferner ist auf den durch § 16 ABGB, Art 8 EMRK und § 112 StGB gewährleisteten Schutz des Privat- und Familienlebens hinzuweisen, auf Grund dessen ein Wahrheitsbeweis bezüglich ehrenrühriger Tatsachen des Privat- und Familienlebens (gemäß § 112 Abs 2 StGB) grundsätzlich unzulässig ist (siehe auch Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil**n I § 112 Rz 16 bis 19).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 52 Abs 1 Satz 2ZPO.

Stichworte