OGH 11Os184/93

OGH11Os184/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager und Dr. Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kramer als Schriftführerin, in der bei dem Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 19 Vr 2540/93 anhängigen Strafsache gegen Heinz Günther N***** und eine andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 und 15 StGB sowie wegen des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 StGB über die Grundrechtsbeschwerde des Heinz Günther N***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 11. November 1993, AZ 9 Bs 460/93 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Heinz Günther N***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Heinz Günther N*****und eine andere Beschuldigte ist beim Landesgericht für Strafsachen Graz zu AZ 19 Vr 2540/93 ein Strafverfahren anhängig, im Zuge dessen unter anderem gegen Heinz Günter N***** Anklage wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 und 15 StGB sowie wegen des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach dem § 231 StGB erhoben wurde (ON 23).

Inhaltlich dieser (im Zeitpunkt der Behandlung der Grundrechtsbeschwerde ersichtlich noch nicht rechtswirksamen) Anklage liegt Heinz Günther N***** zur Last, am 14. August 1993 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte des Postamtes 8020 Graz durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorlage der Kontonummernkarte und des Reisepasses des Siegfried N***** auf dem Ersatzscheck, der ihm vom Postbeamten Arnold P*****vorgelegt wurde, und durch Nachmachen der Unterschrift des Siegfried N*****, zur Aushändigung eines Geldbetrages von 40.000 S verleitet und zur Ausfolgung eines Betrages von 594.000 S zu verleiten versucht zu haben, wodurch "das genannte Postamt" (gemeint: die Österreichische Postsparkasse) am Vermögen geschädigt wurde bzw. werden sollte. Überdies wird ihm angelastet, am 14. August 1993 den Reisepaß des Siegfried N*****, mithin einen amtlichen Ausweis, der für einen anderen ausgestellt war, durch Vorlage beim Postamt gebraucht zu haben, als wäre er für ihn ausgestellt.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluß wurde einer Beschwerde des Heinz Günther N***** gegen den Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. Oktober 1993, GZ 19 Vr 2540/93-19, womit die Fortsetzung der Untersuchungshaft über Heinz Günther N*****aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach dem § 180 Abs 2 Z 3 lit c StPO angeordnet wurde, nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wurde Heinz Günther N*****am 16. November 1993 zugestellt, worauf der ihm gemäß § 41 Abs 2 StPO beigegebene Verfahrenshilfeverteidiger am 29. November 1993, also fristgerecht, beim Landesgericht für Strafsachen Graz Grundrechtsbeschwerde erhob.

In dieser Grundrechtsbeschwerde behauptet Heinz Günther N***** die Verletzung seines Grundrechtes auf persönliche Freiheit mit der Begründung, der einzig auf die Verantwortung der Mitbeschuldigten Judith W*****gegründete Tatverdacht sei in Wahrheit nicht gegeben, im übrigen habe die am 27. Oktober 1993 durchgeführte Haftprüfungsverhandlung in Verletzung des § 194 Abs 3 StPO verspätet stattgefunden. Schließlich sei auch der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr weggefallen.

Mit keinem der wiedergegebenen Argumente ist die Beschwerde im Recht.

Abgesehen davon, daß sich der angefochtene Beschluß ausdrücklich auch auf die Verantwortung des (damals mitbeschuldigten) Friedrich W***** stützt und den dringenden Tatverdacht sohin entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht ausschließlich mit der Verantwortung der Judith W*****begründet, zeigt auch eine vom Obersten Gerichtshof vorgenommene Prüfung der Aktenlage, daß die Beschwerdeeinwände den im § 180 Abs 1 StPO verlangten höheren Grad an Wahrscheinlichkeit, daß der Beschwerdeführer die ihm angelasteten (ursprünglich rechtlich anders beurteilten) Straftaten begangen habe, angesichts der vom Oberlandesgeicht Graz angeführten belastenden Angaben der (teils ehemaligen) Mitbeschuldigten nicht zu entkräften vermögen. Die abschließende Beurteilung der von der Beschwerde in Frage gestellten Glaubwürdigkeit der Verantwortung der Mitbeschuldigten Judith W*****muß aber dem erkennenden Gericht vorbehalten bleiben.

Der Hinweis auf die - ausgehend vom Beginn der Untersuchungshaft - verspätet durchgeführte Haftprüfungsverhandlung muß unter dem Gesichtspunkt der Grundrechtsbeschwerde ebenfalls versagen, weil wegen der für die Erhebung der Grundrechtsbeschwerde vorausgesetzten Erschöpfung des Instanzenzuges (§ 1 Abs 1 GRBG) im Sinn der dazu gefestigten, auf die bezughabenden Gesetzesmaterialien gestützten Judikatur des Obersten Gerichtshofs Unzulänglichkeiten oder Verzögerungen im Rahmen der Voruntersuchung nicht zum Gegenstand der Grundrechtsbeschwerde gemacht werden können, wenn nicht zuvor der gesetzlich eingeräumte Instanzenzug ausgeschöpft wurde. Abgesehen davon, daß § 194 Abs 3 StPO nicht anordnet, innerhalb welcher Frist die amtswegige Haftprüfungsverhandlung durchzuführen ist, wäre es sohin Sache des Beschwerdeführers gewesen, eine verzögerte Aktenvorlage an die Ratskammer bei dieser (§ 113 StPO) zu monieren.

Weswegen der vom Oberlandesgericht Graz in der angefochtenen Entscheidung mit ausführlicher Begründung für aufrecht erachtete Tatverdacht nach § 180 Abs 2 Z 3 lit c StPO weggefallen sein soll, wird von der - insoweit nicht näher substantiierten - Grundrechtsbeschwerde nicht dargetan; ebensowenig wird eine Unverhältnismäßigkeit der bisherigen Haftdauer behauptet, die nach Umständen des Falles - jedenfalls derzeit - auch noch nicht gegeben ist.

Aus den genannten Gründen war der Grundrechtsbeschwerde ein Erfolg zu versagen, weswegen auch ein Ausspruch über die begehrten Kosten zu unterbleiben hatte.

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