Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Rekurs- und Revisionsrekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Aufgrund einer vom Antragsteller am 11.April 1989 beim Bezirksgericht Villach eingebrachten und am 5.Mai 1989 der Antragsgegnerin zugestellten Scheidungsklage wurde letztlich mit rechtskräftigem Urteil des genannten Gerichtes vom 14.Juli 1992 zu 3 C 10/90p-37 die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs.1 EheG geschieden und gemäß § 61 Abs.3 EheG ausgesprochen, daß den Kläger das Alleinverschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Diese Entscheidung wurde beiden Streitteilen am 30.September 1992 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft (die Antragsgegnerin hat ausdrücklich in einem Schriftsatz auf Rechtsmittel dagegen verzichtet [ON 38 in 3 C 43/89 des Erstgerichtes]).
Bereits am 6.April 1989 hat die Antragsgegnerin als Klägerin beim Friedensrichteramt Oetwil an der Limmat um Durchführung eines Sühneverfahrens betreffend Ehescheidung angesucht und wurde ihr am 19.4.1989 unter Verzicht auf den Sühneversuch wegen Auslandaufenthaltes des Antragsgegners die Weisung an das Bezirksgericht Zürich erteilt (d.h. ihr Begehren an das Bezirksgericht Zürich überwiesen). Dort ist das Scheidungsverfahren noch anhängig. Das Schweizer Gericht hat seine Zuständigkeit in Überprüfung des Art.8 des Österreichisch-Schweizerischen Vollstreckungsverfahrens bejaht, weil es zur Ansicht kam, daß das von der Antragsgegnerin in der Schweiz erhobene Begehren zuerst "anhängig" gemacht worden sei (ON 30 in 3 C 10/90p des Erstgerichtes).
Am 21.1.1993 stellte der Antragsteller unter Bezug auf das österreichische Scheidungsurteil den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG in dem Sinn, daß der in der Ehewohnung K***** in Villach noch befindliche Hausrat ohne Auferlegung einer Ausgleichszahlung ihm in das Alleineigentum überwiesen werde. Die in der Schweiz ergehende Entscheidung werde in Österreich nicht anerkannt werden.
Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit, weil über derartige Anträge allein das Schweizer Scheidungsgericht zu entscheiden habe und eine österreichische Entscheidung in der Schweiz nicht vollstreckbar wäre.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ab. Es folgerte rechtlich, daß im Schweizer Verfahren zwingend auch über das in Österreich gelegene Vermögen der zu Scheidenden im Scheidungsurteil zu entscheiden sei. Da in der Schweiz ein Scheidungsverfahren (richtig wohl Aufteilungsverfahren) schon vor dem österreichischen Antrag erhoben worden sei, sei die österreichische Zuständigkeit nicht gegeben.
Das Rekursgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung diesen Beschluß. Es bewertete den Streitgegenstand als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Ohne auf das in Österreich ergangene rechtskräftige Scheidungsurteil einzugehen, folgerte es rechtlich, daß der Aufteilungsantrag an ein "Zweitgericht" im Sinne des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages gerichtet sei. Das österreichische Gericht müsse daher nach Art.8 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsabkommens die Durchführung eines Verfahrens über denselben Gegenstand zwischen den gleichen Parteien im Hinblick auf das schon früher anhängig gemachte Schweizer Scheidungs- und Aufteilungsverfahren ablehnen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist berechtigt.
Art.8 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (BGBl. 1962/125) lautet:
Ist ein Verfahren vor einem Gericht eines der beiden Staaten anhängig und wird die Entscheidung über den Gegenstand dieses Verfahrens im anderen Staat voraussichtlich anzuerkennen sein, so hat ein später befaßtes Gericht dieses anderen Staates die Durchführung eines Verfahrens über denselben Gegenstand und zwischen denselben Parteien abzulehnen.
Der Oberste Gerichtshof hat zu Art.2 dieses Vertrages ausgesprochen, daß er, wie die meisten Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge, nur Beurteilungs-, aber keine Befolgungsregeln enthält. Aus ihm sind daher keine Regeln zu gewinnen, die eine internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte schaffen oder eine nationale Zuständigkeit ausschließen. Die Beurteilungsregeln wenden sich nur an das Zweitgericht, das prüfen muß, ob die Zuständigkeit des Erstgerichtes nach den Vorschriften des Vertrages derart gegeben war, daß die Entscheidung auch im Zweitstaat geltend gemacht werden kann (vgl. MGA JN14 § 42/5). Diese Grundsätze müssen aufgrund des vergleichbaren Wortlautes auch für Art.8 des zitierten Vertrages gelten. Der Frage, welches Scheidungsverfahren vor dem anderen im Sinne des Art.8 des zitierten Vertrages zuerst "anhängig" gemacht worden ist - die Auslegung des Wortlautes spricht eher für den Standpunkt des Obergerichtes des Kantons Zürich im Sinne einer Gerichts- und nicht einer Streitanhängigkeit - muß, weil hier die für die Beurteilung erforderlichen Kriterien nicht vollständig vorliegen, auf sich beruhen bleiben, weil nunmehr möglicherweise in Verletzung des zitierten Abkommens eine rechtskräftige österreichische Entscheidung vorliegt. Die Wirkung einer in Österreich in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung kann nur durch ein Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsverfahren oder durch Entscheidung nach § 42 Abs.2 JN beseitigt werden; all diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil die entsprechenden Anträge nicht gestellt worden sind. Außerdem hängt die österreichische Gerichtsbarkeit nicht davon ab, ob die Entscheidung im Ausland anerkannt wird (MGA JN14 § 42/6). Der Antragsgegnerin ist der Vorwurf zu machen, daß sie den ursprünglich im Scheidungsverfahren erhobenen Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit nicht zum Gegenstand eines Zwischenverfahrens bzw. zum Gegenstand einer Berufung gegen das Scheidungsurteil gemacht hat. Die rechtskräftige Ehescheidung kann nunmehr nicht mehr aus der Welt geschaffen werden und löst jedenfalls im Gebiet der Republik Österreich die damit verbundenen Folgen aus, so unter anderem auch, daß innerhalb eines Jahres ab der Rechtskraft bei sonstigem Verlust auf die Antragserhebung ein Aufteilungsverfahren im Sinne der §§ 81 ff EheG beantragt werden muß. Das österreichische Aufteilungsverfahren stellt daher einen Annex zum österreichischen Scheidungsverfahren dar, und ist daher ähnlich wie das Schweizer Verfahren damit verbunden, allerdings sieht letzteres eine gemeinsame Erledigung im Scheidungsurteil vor, während das österreichische Verfahren eine Zweigliedrigkeit vorsieht, d.h. daß das Aufteilungsverfahren vom rechtskräftigen Ausspruch über die Scheidung abhängig ist. Beiden Verfahren gemeinsam sind die zwingenden prozessualen Zusammenhänge im aufgezeigten Sinn.
Verwehrt man einem Antragsteller die Einleitung eines Aufteilungsverfahrens aufgrund eines rechtskräftigen österreichischen Scheidungsurteiles im Hinblick auf ein im Ausland noch anhängiges Scheidungsverfahren, so läuft dieser in Gefahr, die Jahresfrist und damit seine Antragslegitimation zu verlieren. Dies wäre auf jeden Fall dann gegeben, wenn die Antragsgegnerin ihre Schweizer Ehescheidungsklage zurückzieht. Wenn auch möglicherweise die Entscheidung im österreichischen Aufteilungsverfahren nur für das Gebiet der Republik Österreich Rechtswirksamkeit haben wird, kann dem Antragsteller für das in Österreich gelegene Vermögen das ihm aus der Rechtskraft der Entscheidung erwachsene Recht nicht abgesprochen werden.
Die angefochtene Entscheidung war daher wie jene des Erstgerichtes zu beheben und dem Erstgericht die sachliche Erledigung über den ohnedies nur das inländische Vermögen betreffenden Aufteilungsantrag des Antragstellers aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)