OGH 14Os180/93

OGH14Os180/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Obergmeiner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert Karl Johann H***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30. Juli 1993, GZ 20 e Vr 12796/92-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert Karl Johann H***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs. 1 StGB (Punkt II) schuldig erkannt.

Als Verbrechen nach § 87 StGB liegt ihm zur Last, am 14.Oktober 1992 Andrea W***** eine schwere Körperverletzung absichtlich dadurch zugefügt zu haben, daß er sie zu Boden stieß, sich auf sie kniete, sie an den Schultern packte und ihren Hinterkopf mindestens fünfmal gegen den Parkettboden stieß, wobei die Tat den Tod der Andrea W***** zur Folge hatte.

Der der Sache nach nur gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf § 345 Abs. 1 Z 6, 8 und 10 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist die Beschwerde zunächst, wenn sie eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) daraus abzuleiten sucht, daß "in der Hauptverhandlung niemals konkrete Tatsachen vorgebracht" worden seien, wonach der Angeklagte die ihm auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen im gegebenen Zusammenhang schuldspruchmäßig zur Last liegenden Tathandlungen gesetzt habe und daß "aus der Begehungsweise der Tat eine derartige Absicht (iSd § 87 Abs. 1 StGB) nicht geschlossen werden" könne.

Die Verfahrensrüge übergeht nämlich, daß die in der bezüglichen Eventualfrage zum Ausdruck gebrachte Verhaltensweise auf der Verantwortung des Beschwerdeführers im Vorverfahren basiert, welche im Wege der Verlesung (vgl. insbesondere S 64 f) jedenfalls (auch) Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen ist. Im übrigen ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen, inwiefern dem Schwurgerichtshof bei der Abfassung des (ohnedies breit gefächerten) Fragenschemas etwa eine Verletzung der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften über die Fragestellung an die Geschworenen unterlaufen sein sollte. Die Verfahrensrüge entbehrt daher der (zu einer sachbezogenen Erörterung des Einwands) erforderlichen Substantiierung (§§ 285 Abs. 1, 285 a Z 2, 344 StPO); wird doch in der Rechtsmittelschrift nicht dargetan, auf welch andere Weise nach Ansicht des Beschwerdeführers die bezügliche (Eventual-)Frage zu stellen gewesen wäre, welche die in der vom Schwurgerichtshof anklagekonform gestellten, von den Geschworenen jedoch verneinten Hauptfrage nach Mord enthaltenen Tathandlungen - die jedenfalls in der Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren Deckung finden (vgl. S 80, 90, 105) - wiedergibt. Daß aber eine Tatsache im Sinn des § 314 Abs. 1 StPO nicht nur "vorgebracht" ist, wenn sie in der Hauptverhandlung geradezu (konkret) "behauptet" wird, sondern auch dann, wenn sie sich aus den darin vorgeführten Beweismitteln immerhin mittelbar ergibt, sohin erschlossen werden kann, vorausgesetzt, daß sie durch die dafür maßgebenden Umstände wenigstens in den näheren Bereich der Möglichkeit gerückt wird (vgl. ÖJZ-LSK 1980/182), sei in diesem Zusammenhang noch der Vollständigkeit halber bemerkt.

Auch die Instruktionsrüge (Z 8) läßt mit dem bloßen Hinweis "aus dem ad Z 6 Gesagten ergibt sich, daß hinsichtlich der §§ 86 und 87 StGB eine unrichtige oder zumindest unvollständige Rechtsbelehrung den Geschworenen erteilt wurde", nicht erkennen, welche konkreten Umstände den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z 8) bilden sollen; sie gelangt solcherart gleichfalls nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.

Entgegen dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 10 a) schließlich - die ins Treffen führt, daß die exakte Todesursache vom gerichtsmedizinischen Sachverständigen nicht habe festgestellt werden können, weil "der Kopf der Andrea W***** nicht mehr gefunden werden konnte" und auch eine "Harn- und Blutuntersuchung" nicht mehr möglich gewesen, ferner der Beschwerdeführer trotz häufigen Streits mit Andrea W***** "kein brutaler Mensch" sei und er die Angaben über die Mißhandlung und Verletzung der Genannten (am 14.Oktober 1992) gegenüber der Polizei nicht von sich aus, sondern erst über Vorhalt gemacht habe - ergeben sich aus den Akten nach Prüfung der vom Angeklagten ins Treffen geführten Argumente gleichwie der übrigen Verfahrensergebnisse keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen (EvBl. 1988/116 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß §§ 285 d Abs. 1, 344 StPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien (§§ 285 i, 344 StPO).

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