OGH 7Ob626/93

OGH7Ob626/9315.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Patricia H*****, und Nina H*****, vertreten durch ihre Mutter Christa H*****, diese vertreten durch Dr.Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter Christa H***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 10.März 1993, GZ R 126/93-63, womit der erste Teil des Punkt 1. des Beschlusses des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 22.Jänner 1993, GZ 1 P 134/87-52, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der Beschluß zweiter Instanz wird im angefochtenen Umfang dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes insoweit, als damit die Befugnisse des Kollisionskurators auf die Vertretung der beiden Minderjährigen im Verfahren E 2850/91 des Bezirksgerichtes St.Pölten ausgedehnt wurden, ersatzlos behoben wird.

Text

Begründung

Anläßlich der Ehescheidung verpflichtete sich Christian H***** zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je S 3.500 für seine beiden in Obsorge der Mutter Christa H***** verbleibenden Töchter.

Am 14.6.1991 brachte die Mutter als Vertreterin der Minderjährigen beim Erstgericht einen Exekutionsantrag zur Hereinbringung der Unterhaltsrückstände für die Zeit vom 1.6.1987 bis 1.6.1991 in Höhe von S 147.000 (je Kind S 3.500 monatlich abzüglich je Kind bezahlter S 2.000 monatlich) und der ab 1.7.1991 fällig werdenden Unterhaltsbeiträge von je S 3.500 monatlich ein. Sie begehrte die Bewilligung der Lohnpfändung und hinsichtlich der Unterhaltsrückstände zudem die Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf der dem Vater Christian H***** gehörenden Liegenschaft EZ 605 der KG Stattersdorf. Dieser Exekutionsantrag wurde am 17.6.1991 bewilligt.

Der Vater bekämpfte die Exekutionsbewilligung mit seiner am 16.7.1991 zu 1 C 61/91 des Erstgerichtes eingelangten Oppositionsklage. Am 25.9.1991 wurde das Lohnpfändungsverfahren gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt.

Mit Beschluß vom 6.4.1992 bestellte das Erstgericht einen Kollisionskurator zur Vertretung der Kinder im Oppositionsstreit. Am 6.5.1992 erfolgte eine Umbestellung. Diese Beschlüsse erwuchsen in Rechtskraft.

Da der Kollisionskurator die Prozeßhandlungen der Mutter im Oppositionsverfahren nicht genehmigte und die Nichtigerklärung dieses Verfahrens beantragte, wurde das Oppositionsverfahren ab Klagszustellung aus Anlaß der Berufung des Vaters gegen das klagsstattgebende Urteil erster Instanz vom Gericht zweiter Instanz für nichtig erklärt.

Mit Beschluß vom 22.1.1993 dehnte das Erstgericht ua die Befugnisse des Kollisionskurators über dessen Antrag auf die Vertretung der Kinder auch im Verfahren E 2850/91 aus. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte insoweit diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da dem Kollisionskurator bereits die Vertretung der Kinder im Oppositionsprozeß obliege, erscheine es sachgerecht und konsequent, die Vertretungsbefugnis auf das Exekutionsverfahren auszudehnen, um eine gleichgelagerte Verfolgung des beschriebenen Anspruches sicherzustellen.

Über den weiteren Antrag des Kollisionskurators, ihn zur Einstellung der Exekution hinsichtlich der im Zeitraum von Oktober 1987 bis März 1991 geschuldeten Unterhaltsbeiträge zu ermächtigen, wurde noch nicht rechtskräftig entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz erhobene, nunmehr vorgelegte ao Revisionsrekurs der Mutter ist zulässig und berechtigt.

Nach § 271 ABGB muß das Gericht in Geschäften, die zwischen Eltern und einem mj.Kind vorfallen, angegangen werden, für den Minderjährigen einen besonderen Kurator ernennen. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre ist der Begriff "Geschäfte" hier weit auszulegen. Er umfaßt über seinen eigentlichen Anwendungsbereich - also Geschäfte, deren Partner der gesetzliche Vertreter und der Pflegebefohlene sind - hinaus auch andere Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen sowie insbesondere das Führen eines Rechtsstreites. Ein Kurator nach § 271 ABGB ist allerdings - wenngleich das im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt wird - nur im Fall einer Kollision, also eines Widerstreites zwischen den Interessen des Pflegebefohlenen und seines gesetzlichen Vertreters zu bestellen. Ist kein Intessengegensatz zu befürchten, dann ist kein Kollisionskurator zu bestellen. Die Rechtsprechung fordert das Vorliegen eines objektiven Tatbestandes, bei dem die Interessen auch eines pflichtbewußten gesetzlichen Vertreters den Interessen des von ihm Vertretenen zuwiderlaufen könnten (SZ 53/136; AÖV 1991, 106; RZ 1991/64 je mwN).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, inwieweit die Mutter im konkret bezeichneten Exekutionsverfahren in Hinkunft in die Rechte ihrer Kinder eingreifen sollte. Das Lohnpfändungsverfahren ist - durchaus den Intentionen des Kollisionskurators entsprechend - eingestellt, die bewilligte Pfandrechtsbegründung vollzogen, sodaß in diesem Verfahren ein weiteres Einschreiten seitens der betreibenden Parteien weder erforderlich noch wünschenswert ist. Allfällige Unterhaltsansprüche der Kinder für die Vergangenheit sind durch das Zwangspfandrecht abgesichert. Der Mutter kann nicht unterstellt werden, daß sie beabsichtige, die Löschung dieses Pfandrechtes zum Nachteil ihrer Kinder zu erwirken, zumal sie insoweit der Oppositionsklage des Vaters - zunächst durchaus auch mit Erfolg - entgegentrat und das Obsiegen der durch sie vertretenen Kinder in erster Instanz durch Umstände, die ihr nicht vorwerfbar sind, zunichte gemacht wurde.

Das offenbar vorhandene Interesse der Mutter, das Zwangspfandrecht aufrecht zu erhalten, läuft zumindest derzeit aus objektiver Sicht den Interessen der Kinder nicht zuwider. Es kann nach dem derzeitigen Akteninhalt nicht davon ausgegangen werden, daß die Oppositionsklage des Vaters jedenfalls erfolgversprechend sein und die Beibehaltung der Sicherstellung des strittigen Unterhaltsrückstandes durch das Zwangspfandrecht den Kindern nur den Nachteil der Kosten des Oppositionsverfahrens bringen werde.

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