Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin macht im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung über den Nachlaß nach dem gemeinsamen Vater von ihrer Schwester, der Beklagten, ihren Pflichtteil mit folgendem Klagebegehren geltend:
"Die beklagte Partei ist schuldig, zu Handen des Klagsvertreters den Betrag von S 100.000,-- samt 1,5 % kkm p.m. Verzugszinsen seit 26.9.1988, wobei diese Verzugszinsen vierteljährlich im Nachhinein zu den Quartalsterminen (31.3., 30.6., 30.9. und 31.12.) zu berechnen und zum Kapital hinzuzuschlagen sind, zu bezahlen....".
Nach einem Teilanerkenntnisurteil vom 21.6.1990 über S 50.000,-- "samt 4 % Zinsen seit 21.3.1990" (ON 4) wurde die Beklagte mit Endurteil des Erstgerichtes vom 23.4.1992 schuldig erkannt, "der klagenden Partei den Betrag von S 50.000,-- samt 1,5 % kkm p.m. Verzugszinsen zu bezahlen....". In der dagegen am 1.6.1992 zur Post gegebenen Berufung beantragte die beklagte Partei, dem Klagebegehren "lediglich mit einem Betrag von S 32.257,19 s.A. bestehenden Betrag Folge zu geben".
Offensichtlich durch diese Berufung wurde das Erstgericht darauf aufmerksam, daß der Spruch seines Urteils vom 23.April 1992 unvollständig ist; es faßte daher am 17.6.1992 einen Berichtigungsbeschluß und gab dem Spruch seines Endurteiles vom 23. April 1992 (unter Auslassung der Kostenentscheidung) folgende Fassung:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 15.000,-- samt 1,5 % Verzugszinsen, kkm.p.m. seit 26.9.1988 aus S 100.000,--, wobei die Verzugszinsen vierteljährlich im Nachhinein, zu den Quartalsterminen (31.3., 30.6., 30.9. und 31.12.) kontokorrentmäßig zu berechnen und zum Kapital hinzuzuschlagen sind, zu bezahlen....".
Dieser Berichtigungsbeschluß wurde der beklagten Partei am 2.Juli 1992 zugestellt. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, die ihr zugekommene Ausfertigung des Endurteils zwecks Ersichtlichmachung der Berichtigung binnen 14 Tagen dem Gericht vorzulegen.
Die Urschrift des erstgerichtlichen Endurteiles vom 23.4.1992 (ON 14) wurde am 14.Oktober 1992 mit dem (fehlerhaften) Wortlaut des Berichtigungsbeschlusses vom 17.6.1992 richtiggestellt, nachdem der Beschluß mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen war. Dem Berufungsgericht lag daher bei der mündlichen Verhandlung über die Berufung der beklagten Partei am 29.April 1993 bereits die berichtigte (jedoch immer noch fehlerhafte) Fassung des angefochtenen Endurteiles vor. Die von der Berufung betroffenen Teile des erstgerichtlichen Urteiles wurden in der mündlichen Berufungsverhandlung verlesen; daraufhin erstattete die beklagte Partei ihren Berufungsvortrag, ohne ihr Vorbringen oder ihre Rechtsmittelanträge zu ergänzen. Es wurde auch nicht gerügt, daß über das in berichtigter Fassung vorliegende Urteil des Erstgerichtes verhandelt wurde, vielmehr wurde übereinstimmend festgehalten, daß es sich beim zugesprochenen Kapital laut Berichtigungsbeschluß vom 17.6.1992 nicht um S 15.000,--, sondern um S 50.000,-- handelt.
Mit Urteil vom 29.4.1993 bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes. Der Entscheidung lag, wie dies auf S.4 der Urteilsausfertigung zum Ausdruck kommt, die Annahme zugrunde, daß die beklagte Partei vom Erstgericht zur Zahlung weiterer S 50.000,-- "samt den in der Klage begehrten Zinsen" verurteilt worden war. Das Berufungsurteil wurde der beklagten Partei am 18.Mai 1993 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.
Am 14.Juli 1993 stellte die beklagte Partei den Antrag auf Zustellung einer berichtigten Ausfertigung des Ersturteiles vom 23.April 1992. Als ihr dann am 17.8.1993 die berichtigte Ausfertigung des Endurteiles vom 23.April 1992 zugestellt wurde, erhob sie dagegen neuerlich Berufung, und zwar mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren "lediglich mit einem Betrag von S 32.257,19 samt Zinsen seit 1.April 1992 Folge zu geben". Gleichzeitig stellte sie den Eventualantrag, das zu 3 R 198/92 vom Oberlandesgericht Graz durchgeführte Berufungsverfahren einschließlich der ergangenen Entscheidung für teilnichtig zu erklären und der Berufung der "klagenden" (richtig: beklagten) Partei in Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles und diesbezüglicher Abänderung der Berufungsentscheidung dahingehend Folge zu geben, als das Zinsenbegehren für den Zeitraum vom 26.9.1988 bis 31.3.1992 abgewiesen und die Zinsen erst ab dem Zeitraum vom 1.4.1992 zugesprochen werden. Die beklagte Partei erhob den weiteren Eventualantrag, in Ergänzung des Berufungsverfahrens 3 R 198/92 unter Miteinbeziehung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, das Berufungsurteil vom 29.4.1993 dahingehend zu ergänzen, daß der Berufung insoweit Folge gegeben wird, als in diesbezüglicher Abänderung des erstinstanzlichen Urteiles das Zinsenbegehren für den Zeitraum vom 26.9.1988 bis 31.3.1992 abgewiesen und die Zinsen erst ab 1.4.1992 zugesprochen werden. Die diesbezügliche Berufungsschrift wurde dem Erstgericht am 21.September 1993 überreicht.
Das Berufungsgericht wies mit der angefochtenen Entscheidung dieses Rechtsmittel als sowohl unzulässig als auch verspätet zurück. Es folgerte rechtlich, daß mit der Zustellung der berichtigten Ausfertigung des Endurteiles vom 23.April 1992 keine neue Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt worden sei, weil der beklagten Partei von Anfang an klar habe sein müssen, daß das Estgericht dem Klagebegehren zur Gänze stattgeben wollte und sie daher zur Zahlung der im Klagebegehren angeführten Zinsen verurteilt wurde. Damit erweise sich die Berufung als verspätet. Sie sei darüber hinaus auch unzulässig, weil das angefochtene Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Überdies dürfe gegen ein Urteil grundsätzlich nur eine Berufungsschrift eingebracht werden. Es könne dahingestellt bleiben, ob es der Beklagten wegen der besonderen Lage des Falles (Zustellung des Berichtigungsbeschlusses nach Einbringung der Berufung) möglich gewesen wäre, innerhalb der gegen den Berichtigungsbeschluß offenstehenden Rechtsmittelfrist oder einer gedachten Berufungsfrist von 4 Wochen ihr Rechtsmittel in Ansehung des Zinsenbegehrens näher zu konkretisieren.
Im nunmehr vorliegenden Rekurs macht die beklagte Partei geltend, daß sie die Wirkungen des Endurteiles vom 23.April 1992 erst mit der Zustellung der berichtigten Ausfertigung am 17.August 1993 gegen sich gelten lassen müsse. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung vom 29.April 1993 bereits das jetzt angefochtene Urteil war. Das Berufungsgericht habe sich mit den das Zinsenbegehren betreffenden Rechtsfragen auch gar nicht auseinandergesetzt. Der Entscheidungswille des Erstgerichtes hinsichtlich der Zinsen sei zwar schon durch den Berichtigungsbeschluß vom 17.Juni 1992 hervorgekommen, doch komme es für den Lauf einer neuen Rechtsmittelfrist nicht auf diesen Beschluß, sondern auf die Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung an. Der Rekursantrag geht dahin, das zu 3 R 198/92 beim Oberlandesgericht Graz durchgeführte Berufungsverfahren als nichtig oder teilnichtig zu erklären, die am 21.9.1993 überreichte Berufung als rechtzeitig zu behandeln und dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung darüber aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Hinblick auf § 519 Abs.1 Z 1 ZPO zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Richtig ist, daß im Falle der beantragten oder von Amts wegen verfügten Berichtigung des Urteiles die Rechtsmittelfristen grundsätzlich erst mit der Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung beginnen (MGA ZPO14 § 419/24) und daß daran auch die vorherige Zustellung des Berichtigungsbeschlusses nichts zu ändern vermag (3 Ob 598/87 mit ausdrücklicher Ablehnung der in RZ 1983, 47/5 veröffentlichten gegenteiligen Entscheidung). Ebenso mag zutreffen, daß der Entscheidungswille des Erstgerichtes hinsichtlich der Zinsen aus der noch unberichtigten Ausfertigung des Endurteiles vom 23.April 1992 nicht so eindeutig hervorging, wie das Berufungsgericht annimmt, da allein schon der fehlende Beginn des Zinsenlaufes und die verabsäumte Akkordierung mit dem Teilanerkenntnisurteil über S 50.000,-- samt 5 % Zinsen seit 21.März 1990 (ON 4) zu Zweifeln Anlaß geben konnte. Auf diese Rechtsfragen kommt es jedoch im gegenständlichen Fall nicht an.
Auszugehen ist davon, daß das Berufungsgericht am 29.April 1993 über genau jenes Urteil verhandelte und entschied, das die beklagte Partei jetzt erneut mit Berufung anficht. Daß dies möglicherweise in Verletzung von Verfahrensvorschriften geschah, die - der Wertung der §§ 405, 498 Abs.1 ZPO folgend - eine Beschränkung des Verhandlungs- und Entscheidungsgegenstandes auf die Überprüfung des Ersturteils in der den Parteien zugestellten unberichtigten Fassung verlangt hätten, kann nicht mehr aufgegriffen werden, weil das Berufungsurteil (und damit auch das Ersturteil) in Rechtskraft erwachsen ist. Die in der Berufungsverhandlung vom 29.4.1993 getroffene Klarstellung (vgl. AS 130 oben), daß der Zuspruch der angefochtenen Entscheidung nicht wie im Berichtigungsbeschluß irrtümlich S 15.000,--, sondern den Betrag von S 50.000,-- umfaßt, entspricht einer Berichtigung nach § 419 Abs.3 ZPO. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, richtete sich daher die am 21.September 1993 eingebrachte Berufung gegen eine bereits rechtskräftig gewordene Entscheidung. Die Zurückweisung des Rechtsmittels erfolgte daher zu Recht.
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